Tipps für Nähanfänger

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pippovic

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Hallo liebe Näfreunde! Ich bin Anfänger in der Materie, möchte mir aber zukünftig den Großteil meiner Gewandung selbst nähen. Derzeit besuche ich einen VHS-Kurs, um zunächst mal verschiedene Stiche zu üben. Für den Anfang habe ich an ein Leibhemd als erstes ernsthaftes Projekt gedacht, da der Zuschnitt einfach ist und man die Fehler unter der Kotte nicht sieht :p Stoff soll natürlich Leinen sein, klar. Aber welche Art von Nächten sollte man verwenden und welches Garn? Was muss man allgemein beachten? Ich hab noch ein wenig Schwierigkeiten meine Naht wirklich gerade zu nähen, obwohl es eigentlich schon ganz passabel aussieht. Habe mir jetzt auch mal Messing-Nähnadeln bestellt, die sind aber noch unterwegs. Für Profihilfe bin ich dankbar. LG pippovic
 
In welchen Jahrhundert und welchem Kulturraum ist denn deine Darstellung angesiedelt? Zudem noch die Fragen: Hand- oder Maschienennähen und alles aus Leinen? Würde nicht eher eine Mischung aus Teilen Wolle und Teilen Leinen besser passen (Zb Hose Wolle, Oberteil Leinen, Mantel Wolle etc)? Was uns wieder zu der ersten Frage führt, dass wann und wo. Mein persönlicher Favorit ist allerdings der Rückstich und die Kappnaht! Hält wie geschweißt, ist praktisch unzerstörbar und geht (Verhältnismassig) schnell :)
 
Hallo! Vielleicht habe ich mich missverständlich ausgedrückt? Zunächst geht es nur um das Leibhemd (also Unterwäsche). Die waren ja eigentlich immer aus Leinen. Meine Darstellung ist in Südengland um 1350 angesiedelt, sollte aber für ein Leibhemd keine Rolle spielen. Für Oberbekleidung ist natürlich Wolle angesagt. Habe mir z.B. schon Walkloden für einen Mantel gekauft. Nähen will ich ausschließlich mit der Hand (zumindest ist das jetzt noch der Plan), was unsere Kursleiterin auch schon ziemlich schockiert hat :D Rückstich klappt schon ganz gut.
 
Hallo, Ich benutze so gut wie immer Leinengarn, habe aber auch schon gehört das es am besten ist wenn man immer den gleichen Garn wie Stoff nimmt. Wäre ja aber für ein Leibhemd auch Leinen. Auf Silvias Webseite sind ja einige aufgeführt. Ich benutze immer Überwendlingssich zum Kendeln und Rückstich zum zusammennähen. Ob die zusammen belegt sind weiss ich allerdings nicht... Wie weit bist du denn mit dem Schnitt? Ich denke du kannst die Ärmel um 1350 schon mit einer Naht hinten machen, auch wenn das für ein Leibhemd nicht nötig ist weil es ja keine Knöpfe hat. Ditto einsetzten, könntest du, musst du aber nicht. Was "Reit"schlitze angeht hast du auch eine auswahl, du kannst sie entweder vorne und hinten, an den Seiten (so habe ich es gemacht) oder garnicht machen. Den Ausschnitt habe ich Als T-Ausschnitt gemacht, das heisst mit schlitz, kannst du aber auch Rund oder Dreieckig machen. Ansonsten ist der Schnitt ziemlich genau so wie bei einer Cotte. Ergänzend noch eine Pinwand mit einigen Abbildungen zu Leibhemden (müsste auch was zu deiner Zeit dabei sein): https://de.pinterest.com/singadiesner/leibhemd/ (quelle: Pinterest). Liebe Grüsse, Singa
 
Hallo :) Für das Leinenhemd eignet sich ein gezwirnter Leinenfaden am besten. Wenn du diesen vor dem Nähen noch durch ein Stück Bienenwachs ziehst wird er haltbarer, fasert beim Nähen weniger auf und reißt dadurch auch nicht so leicht. Als Naht würde ich eine Kappnaht empfehlen, am besten beidseitig überwendlich genäht. Erst mit Vor- oder Rückstich zusammennähen, dann eine Nahtzugabe auf die Hälfte kürzen, die längere über die kürzere falten und zusammen überwendlich festnähen geht aber auch. Die beiden Nahtreihen sollten ziemlich nahe beieinander liegen (ca. 0,5 cm auseinander). Nach dem Schnitt für das Hemd hast du zwar nicht gefragt, aber ich würde den recht simpel halten: zwei Rechtecke (vorne und hinten) oder je nach Maßen des Stoffes auch im Ganzen ohne Schulternähte, seitlich dreieckige Keile, gerade oder leicht trapezförmig zugeschnittene Ärmel mit Naht unten und quadratischen Einsätzen unter der Achsel. Ich hab leider gerade keine Zeit, Bildbeispiele rauszusuchen, falls dir meine Erklärungen gar nichts sagen, beschwer dich, dann such ich bei Gelegenheit noch was ;)
 
Hallo! Ich bin auch noch Nähanfänger, versäubere zuerst durch Umschlagen und einfachen Geradestich. Danach nähe ich beide Teile mit Rückstich zusammen. Da fasert nichts mehr. Gruß Chris
 
Ich empfehle fürs Leibhemd auch die Kappnaht, weil sie sehr haltbar ist - und so ein Leibhemd sollte erfahrungsgemäß strapazierfähig sein. Außerdem trägt sie sich auf der Haut recht angenehm, weil sie nicht so aufträgt. Das mit den geraden Nähten kommt mit der Übung von allein, da mach Dir mal nicht zuviel Gedanken drum.
 
Hallo, ich habe jetzt auch schon zweimal probehalber handgenäht, Rückstich mit aus dem Stoff getröseltem Faden. Die Stiche waren auch klein und relativ sauber geworden. Also nichts offensichtliches falsch genäht. Und doch, wenn ich die Naht auf die Aussenseite gedreht angesehen habe, sah man den Nähfaden... hab ich nicht fest genug genäht? LG Aden
 
Sieht man den Nähfaden immer oder nur wenn die Naht unter Zug steht? Letzteres ist - fürchte ich - relativ normal, vor allem bei dünneren Stoffen. Den Faden etwas fester zu ziehen kann aber helfen. Wenn man den Faden immer sieht, liegt das wahrscheinlich daran, dass die Naht nicht ganz gerade ist. Da reicht es leider schon, wenn ein Stich mal einen Millimeter (oder nen halben) aus der Reihe tanzt. Das passiert mir beim Rückstich ständig, weil beim "zurückstechen" ja immer der Faden vom "vorstechen" im Weg ist (tolle Beschreibung, ich weiß ;) ). Aber wenn man farblich passendes Garn verwendet, ist es eh nicht weiter tragisch, wenn man den Faden mal ein bisschen sieht :D
 
Es mag gefährliches Halbwissen sein, aber mir wurde jetzt schon mehrfach erzählt, dass die Nähte an Originalfunden auch nicht unbedingt so sauber waren, wie man es mit der heutigen Ästhetik als richtig empfinden würde. Das kann natürlich auch eine Ausrede sein, weil die LEute nicht gescheit mit der Hand nähen können. Kann dazu jemand mehr sagen?
 
Ganz pauschal kann man das nicht sagen, die meisten Sachen sind sehr ordentlich genäht (ich beziehe mich hauptsächlich auf die Funde aus London, Herjolfsnes und den Katalogteil aus Kanias "Kleidung im Mittelalter"). Da sind Stichlängen von ca. 3 mm Standard und kürzere auch durchaus vertreten Es gibt vereinzelt Kleidungsstücke, die weniger ordentlich genäht sind, wobei das auch noch deutlich ordentlicher ist als das, was mir schon im GroMi-Bereich untergekommen ist. Manchmal wurden auch Flicken angebracht oder die Kleidungsstücke anderweitig repariert/angepasst und dabei weniger ordentlich gearbeitet, als bei der ursprünglichen Anfertigung. Man darf einfach nicht vergessen, dass damals die Kleidung von Personen genäht wurde, die das entweder professionel gemacht haben oder zumindest in Heimarbeit seit sie eine Nadel halten konnten (übertrieben gesagt). Dieses Level an Übung sieht man den Nähten einfach an. Auch wenn es damals sicher auch weniger talentierte Näher gegeben haben mag (genau wie heute ;) ).
 
Ganz ehrlich: ist alles eine Frage der Uebung. Meine ersten Versuche von Hand gingen auch noch langsam und waren ungleichmaessig. Da ich mir fast taeglich anstelle von Fruehstueck mit 40-50 cm Handnaht mit feiner Messingnadel zum Kaffee und MoMa goenne bin ich mittlerweile echt schnell geworden und die Stichlaenge ist im Normalfall immer drei Faeden des Stoffes weit. Ja, die Naht ist nicht immer 100% gerade, aber die Stichlaenge ist konstant. Was heist das: Auch wer das nicht professionell macht kann einfachere Schnitte sehr genau hinbekommen. Und die halbe Stunde pro Tag war das, was "die Hausfrau" frueher vermutlich immer irgendwie untergebracht hatte.
 
Es ging auch nicht darum, dass sie es nicht konnten, sondern darum, dass es historisch häufig nicht so gemacht wurde. Nach meinen ersten Handnähten und dem was ich schon an Orginalen aus dem 18./19.Jhd gesehen habe, kann ich mir auch nicht wirklich vorstellen, wie man es nicht besser können soll. Aber wenn ordentliche Nähte mit 3mm Stichlänge bei den Funden so häufig vorkommen, ist das wohl eher eine Ausrede, um schlechte Handnähte zu rechtfertigen.
 
Außerdem muss man doch aus 2 Meter Entfernung sehen können, dass die Klamotte handgenäht und deswegen natürlich super "A" ist ;) :D Die Klamotten mussten damals was aushalten und allein deshalb mussten die Nähte halbwegs ordentlich genäht werden. Grobe Nähte halten einfach weniger aus, weshalb auch Arbeitskleidung nicht nur mit ein paar langen Stichen zusammengenäht werden sollte und spätestens, wenn es sich um etwas repräsentativere Kleidung handelt, ist eine ordentliche und aufwändigere Verarbeitung angesagt. Die Kleidung aus dem Herjolfsnes Fundkomplex war wahrscheinlich die "bessere Kleidung/Sonntagsstaat" von einfacheren Leuten. Hergestellt in Heimarbeit und auch da wurden zum Beispiel die Versäuberungen am Halsausschnitt mit winzigen Punktstichen gearbeitet.
 
Die Menschen waren schon immer ein bunter Haufen. Es gab immer schon sorgfältige und schludrige Typen. Und vieles war heute wie Damals Situationsabhängig. Mal muss es schnell gehen, mal möchte man mit der Arbeit, den Neid Anderer auf sich ziehen. Deshalb lohnt es immer zu schauen, was gibt es für meinen Zeitraum an erhaltenen Textilien, wie sehen die Nähte aus. Das findet sich mit etwas Glück in den beschreibenden Publikationen. Warum lesen, wenn man sich die Sachen im Museum genau angucken kann ? Im Museum sind bei alten Textilien nicht immer die Originalnähte zu sehen. Die Nähte der Original Stücke sind oft während der Restauration und Pflege gelöst worden, und nicht generell im Original Stich wieder zusammen gesetzt worden. Auch muss man schauen, was hat man für ein Textil, wo wurde es gefunden, welchen Zweck hatte es ? Viele erhaltene Stücke waren ein Teil einer Bestattungsausrüstung, da muss eine eigens gesetzte Naht nicht mehr so viel halten, wie für einen Lebenden. Ein ander Mal wollte man vielleicht auf den letzten Drücker etwas für eine Feier fertig bekommen, oder es wurde mal eilig zwischendurch geflickt. Es gibt Alltagskleidung, Arbeitskleidung, Festtagskleidung, Schutzkleidung, Zeremonielle Kleidung, Lumpen, Leichentücher ... Man kann nicht auf die lange Geschichte der Menschen zurück schauen und sagen "Aha früher hat man das immer so ... gemacht" Eins jedoch werden die Menschen sicherlich nicht gemacht haben, an einem wertigen Stück Kleidung, sei es Alltag oder Festtag, ausgerechnet an sichtbaren Nähten das nähen geübt zu haben.
 
Ein guter Punkt. Auch darf man nicht vergessen, welche unglaubliche Menge an Arbeit bereits in ein Stück Stoff geflossen ist. Die Naht ist da nur der allerletzte Schritt. Ohne besonderen Anlass (Flicken, schnell umarbeiten, muss fertig werden) wäre es seltsam, nachdem so viele Stunden für das Material investiert werden mussten ausgerechnet bei der Naht dann zu pfuschen.
 
So, um nun zum Thema der Tips fuer den Anfaenger zurueck zu kommen: Wer hat, kann natuerlich eine Naehmaschine zum groben zusammen heften nutzen. Dann hat man gleichzeitig geheftet und hat eine Linie an der man entlang von Hand naehen kann (wird gerader) und hat sogar eine Schablone fuer die Stichlaenge. Sobald die Nahht gesetzt ist, sollte man natuerlich dann die Hilfsnaht wieder rausziehen, aber das geht ja einfach...
 
Leute, erst mal vielen Dank für eure Kommentare. Da ist schon sehr viel nützliches dabei! Eine Frage habe ich noch. Wie geht man bei einer Kappnaht am besten praktisch vor, vor allem damit der Stoff nicht verrutscht? Gruß pippovic
 

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