Verbotene Farben

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pippovic

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Mit geht es um das Thema Farb(aus)wahl für die Gewandung. Habe mich etwas belesen und immer wieder hört man einerseits "Das Mittelalter war bunt!" und andererseits, dass man je nach gewählter Darstellung bei der Farbauswahl doch einigen Regeln unterworfen ist. Ich zähle mal ein paar auf, die mir so in den Sinn kommen: - helles (fahles) Gelb wurde von Prostituierten getragen - rot war dem Adel vorbehalten - schwarz war sehr schwer zu färben und wurde nur vom Klerus benutzt - dunkle/kräftige Farben aus/und Doppelfärbung konnten sich niedere Schichten nicht leisten - usw. Was ist dran an diesen Geschichten und wie wähle mich meine Farben korrekt aus? Ich gehe nicht davon aus, dass die Farben der Kleidung in den historischen Bildern aus Bibeln und Handschriften korrekt wiedergegeben werden (konnten). Daher ist hier wahrscheinlich etwas Spielraum gestattet oder? Gruß pippovic
 
Ohne konkrete Angaben zu wann und wo ist die Frage unmoeglich zu beantworten. Und selbst mit dieser Auskunft auch nur bedingt. Fuers irische Fruehmittelalter gibt es einen Gesetzestext, der beschreibt, wer welche Farben tragen darf. Einfache Freie z.B. nur schwarz und gelb. Auf das Gotland des 10. Jahrhunderts oder das deutsche Spaetmittelalter laesst sich das natuerlich nicht uebertragen. Wenn ich mir neuzeitliche Trachten anschaue, stelle ich fest, dass es da sogar sehr kleinraeumig Unterschiede gibt und das ganze nicht statisch war, sondern sich immer weiter entwickelt hat.
 
Das mit dem Gelb ist durchaus regional unterschiedlich. Ja, blassgelb war als Schandfarbe angesehen. Aber: wann ist es blass und wann krãftiger? Und ob es ganz gelbes Gewand oder nur eine Armbinde ist war zum Teil von Stadt zu Standt für die verschiedenen Schandgruppen geregelt. Kann man also nicht über einen Kamm scheren. Was rot angeht ist rot nicht rot. Schau dir mal die Farbbreite an, die per Krapp realisiert werden kann. Und Krapp war eine leichter verfügbaren Farben. Was rot in England angeht kann ich nicht weiterhelfen mangels Spezialkenntnis. Was die Farbgebung in Schriften angeht, so soll sie die Kleiderfarbe darstellen/symbolisieren. Da dafür jedoch teilweise Pigmente genutzt werden müssen, die mit der Farbe der per Doge gefärbten Stoffe nicht immer übereinstimmt, ist es relativ zu sehen.
 
Gaaanz wichtig: Das meiste was man zu Kleidungsfarben im Mittelalter lesen kann ist großer Mist. Meiner Meinung nach war wichtiger als irgendwelche farbtheoretische Überlegungen wie aufwendig und wertvoll die Kleidung insgesamt war. Färbung kann dabei ein wesentlicher Aspekt sein. Muss aber nicht. Denn: Farbe ist nicht gleich Farbe. Ihr Wert und Status ist immer abhängig vom gefärbten Material, dem Färbemittel und dem Färbeprozess. Manche Färbungen bleichen schneller aus, manche greifen das Gewebe an. Und über allem steht welche Aussage der Träger machen will. Das Schwarz früher Benediktiner, das der dunkle Ton ungefärbter billigster Schafswolle war, hat einen anderen Stand und eine andere Aussage, als das schwarz am spätmittelalterlichem Burgunderhof, das in feiner Wolle, Samt und Seide durch aufwendige Mehrfachfärbungen entstand.
 
Zu 1350 in Südengland kann ich nichts sagen, aber falls es Dich interessiert, kann ich zur Karolingerzeit was beitragen:
- helles (fahles) Gelb wurde von Prostituierten getragen falsch - rot war dem Adel vorbehalten falsch - schwarz war sehr schwer zu färben und wurde nur vom Klerus benutzt falsch - dunkle/kräftige Farben aus/und Doppelfärbung konnten sich niedere Schichten nicht leisten falsch - usw. fast alles auch falsch
;)
 
Was genau ist denn eine "einfache Darstellung" für dich? Knecht? Knecht wo....oder Bürger? Handwerker? Das wäre im Vergleich zum Adel unterschiedlich, aber nicht "einfach". Ich kann mir vorstellen, dass diese Sache mit dem Rot und dem Adel von der teuren Kermes Färbung her kommt. Wie Lorenz schon schrieb, Rot ist nicht gleich Rot. Rot kannst du z.B. aus Kermes, aus Krapp und aus Rotholz machen....alles unterschiedliche Rottöne, alles unterschiedliche Preise. Wie falsch manche Vorstellungen sind, kann man z.B. schon im "Bayerischen Landfrieden" von 1244 nachlesen, da wird beschrieben, dass "den Bauern" nur schwarze oder billige blaue Kleidung gestattet wird. Klar ist Bauer nicht gleich Bauer, auch da gibt es viele unterschiedliche Stufen im Einkommen....aber - soviel zu Schwarz und Klerus und zu dem ach so oft verschmähten Blau ;) :p wobei hier auch Blau nicht gleich Blau ist. Das Blau aus Waid war grundsätzlich erst mal wesentlich mehr "Babyblau" als wir heute oft tragen. Je dunkler, desto mehr Arbeit - desto teurer. Ja, da kann man stundenlang weiter schreiben.....ich stimme einfach mal Panzerreiter zu - fast alles falsch. :D Nur : "dunkle/kräftige Farben aus/und Doppelfärbung konnten sich niedere Schichten nicht leisten" würde ich da fast zustimmen, wobei "dunkel" da Auslegungssache ist. Ich würde sagen teure Farbstoffe/Importfarbstoffe (Kermes, Rotholz, später Indigo, Safran....) gehen für eine einfache Darstellung eher nicht, da teurer. Ebenso Doppelfärbungen wie ein Tannengrün aus Reseda und Waid. Das ist halt doch aufwändiger und teurer in der Herstellung. Was aber geht ist Krapp (Orange bis Rot) Gelb ( Reseda ) Walnuss (Braun) alle Naturfarben vom Schaf von Grau bis Dunkelgrau/Braun und hell bis Mittelblau. Nur meine persönliche Meinung ;)
 
Was vermutlich auch oft außer Acht bleibt, ist das überfärben von natürlichen Farbtönen, also die Fasern von grauen oder braunen Schafen. Beispiel : das Kleid der Elisabeth von Thüringen ist aus unterschiedlich getönten Fasern gearbeitet und später mit Walnuss überfärbt worden.
 
Letzten Endes gibt es ja heute auch eine "Farbordnung" Polizei ist blau/silber oder grün, Feuerwehr ist rot, Müllabfuhr und Gemeindefahrzeuge meist orange. Aber es ist nicht verboten ein grünes oder rotes Auto zu fahren. Und fürs Mittelalter, einfach mal selbst eine einfache Färbung machen. Man sieht wie einfach es sein kann mit Birkenblättern ein schönes Gelb zu färben. Wenn Farben eher dem Adel zuzuordnen sind, dann welche mit exotischem/teuren Farbstoffen und/oder komplexer Färbung. Die mir bekannten Kleidungsvorschriften bezüglich "Schandfarben" betreffen nur einzelne Kleidungsteile. Da wäre der sog. "Judenhut" der ja zudem auch eine besondere Form hatte oder ein um den Arm gebundenes Tuch für Dirnen in Frankfurt und Köln. Die mir bekannten Verbote bezüglich Kleidung betreffen dann die Art des Stoffes (Seide, Brokat o.Ä.) den Schnitt (die länge des Schnabelschuhes, der Schleppe o.Ä.) oder schmückendes Zubehör (Pelzbesatz, aufgesetzte Edelsteine usw.) Und allen diesen Vorschriften ist gemein, sie sind jeweil nur zu einer bestimmten Periode und Region zuzuordnen. Dazu ist festzusellen das diese Vorschriften auch immer wieder neu erlassen wurden. Das sagt einem das sich die Menschen nicht so genau dran gehalten haben. Ausserdem wenn Gelb eine Schandfarbe gewesen wäre, warum taucht es dann in so vielen Wappen auf, ja die Fahne des HRRDN ist auf gelben Grund (zugegeben diese ist nicht aus dem genannten Zeitraum). Auch wenn Heraldisch da von Gold geprochen wird ist es doch gelb. Um auf den Anfang meines Post´s zurückzukommen, es gibt in Deutschland genaue Richtlinien für das Tuning an Autos, ich brauch mich nur ein paar Minuten an die Straße stellen um ein Auto zu sehen das eben nicht dem entspricht.
 
Zu 1350 in Südengland kann ich nichts sagen, aber falls es Dich interessiert, kann ich zur Karolingerzeit was beitragen:
- schwarz war sehr schwer zu färben [...] falsch - dunkle/kräftige Farben aus/und Doppelfärbung konnten sich niedere Schichten nicht leisten falsch
1. Wie färbte man schwarz? 2. Wie kommst Du zu der Annahme, dass sich die Unterschicht kräftige Farben leisten konnte?
 
1. Zum Beispiel mit Eschenwinde, eisengebeizt. 2. Weil es damals keine "niederen Schichten" in diesem Sinne gab. Es gab Leute mit unterschiedlichen finanziellen Möglichkeiten. Wofür die Ihr Geld ausgaben, war gesetzlich nicht geregelt. Wer wollte, der konnte auch. Ob er es tat, war ihm überlassen. Heutzutage färben ganz normale Leute, die sich ein gewisses Knowhow angeeignet haben, unter relativ einfachen Bedingungen wunderschöne, kräftige und klare Farben. Warum sollten die Leute damals das nicht gekonnt haben? Färben zu können hat per se weder was mit viel Geld noch mit hohem sozialen Stand zu tun.
 
1. Zum Beispiel mit Eschenwinde, eisengebeizt. 2. Weil es damals keine "niederen Schichten" in diesem Sinne gab. Es gab Leute mit unterschiedlichen finanziellen Möglichkeiten. Wofür die Ihr Geld ausgaben, war gesetzlich nicht geregelt. Wer wollte, der konnte auch. Ob er es tat, war ihm überlassen.
1. Dass es mit relativ einfachen Mitteln möglich ist, ist mir klar - aber wurde es gemacht? 2. In jeder Gesellschaft gibt es (viele) Leute, die nicht mehr haben, als zum Leben notwendig ist. Warum sollte das bei den Karolingern anders gewesen sein?
Heutzutage färben ganz normale Leute, die sich ein gewisses Knowhow angeeignet haben, unter relativ einfachen Bedingungen wunderschöne, kräftige und klare Farben. Warum sollten die Leute damals das nicht gekonnt haben? Färben zu können hat per se weder was mit viel Geld noch mit hohem sozialen Stand zu tun.
Färbedrogen bekommt man heute ja sehr günstig, quasi hinterhergeschmissen. Ebenso Waagen, Thermometer und beschichtete Töpfe.
 
1. Dass es mit relativ einfachen Mitteln möglich ist, ist mir klar - aber wurde es gemacht? 2. In jeder Gesellschaft gibt es (viele) Leute, die nicht mehr haben, als zum Leben notwendig ist. Warum sollte das bei den Karolingern anders gewesen sein?
Bitte frage präzise und bleib dann auch bei deiner Fragestellung. Du änderst gerne mitten im Gespräch die Details Deiner Fragen. Mit Dir zu diskutieren ist anstrengend, weißt du das? 1. ursprüngliche Frage (TE): "schwarz war sehr schwer zu färben und wurde nur vom Klerus benutzt" Deine erste Abänderung der Frage: "wie färbte man schwarz?" (kein "nur vom Klerus benutzt" mehr, was aber integraler Bestandteil meiner ersten Antwort war: "falsch") Auf meine Antwort dann die zweite Abänderung der Frage: "[...] ist mir klar, aber wurde es gemacht?" Nebenbei: Wenn es dir klar ist, warum fragst du dann? Meine Antwort auf die wiederum veränderte Frage: Keine Ahnung, ich war nicht dabei. Und dabei möchte ich es nun auch belassen. Das ist keine Einladung, dieses "ich ändere meine Frage solange ab bis der andere aufgibt"-Spiel weiterzuspielen. Und dem TE ist die Karolingerzeit wahrscheinlich ohnehin eher egal, der macht was anderes. 2. Dito. Meine erste und zweite Antwort bezog sich auf die Eingangsfrage des TE und die Deine. Dort war von "niederen Schichten" oder "Unterschichten" die Rede. Man kann die karolingische Gesellschaftsstruktur nebst "Schichtung" derselben aber nur bedingt mit der des Hochmittelalters vergleichen. Jetzt setzt Du plötzlich "nieder" und "arm" gleich. Ja, auch bei den Karolingern gab es arme Leute. Und ja, die hatten höchstwahrscheinlich besseres mit ihrem Geld zu tun, als dafür teure Klamotten oder Stoffe zu kaufen. Gedurft aber hätten sie es. Und ob sie selbst gefärbt haben, immerhin sind viele Färberpflanzen ja mehr oder weniger Ackerunkräuter, sei mal dahingestellt.
 
Ich frage nicht, damit einer aufgibt, sondern weil ich etwas lernen will. Sehe in beiden Fällen keinen Grund mir hier eine absichtliche und boshafte Abänderung der Fragestellung zu unterstellen: 1.) Threadersteller: "schwarz war schwer zu färben" Du: "falsch!" Das legte für mich den Verdacht nahe, dass Du etwas genaueres darüber weißt, WIE schwarz gefärbt wurde, deshalb fragte ich:
1. Wie färbte man schwarz?
Ich finde, die Verwendung des Prätertitums sollte reichen, um zu erkennen, dass ich nach einer historischen Methode fragte. 2.)
Jetzt setzt Du plötzlich "nieder" und "arm" gleich.
Dann haben wir offensichtlich unterschiedliche Definitionen für "niedere Schichten".
 
Da muss ich mal intervenieren. Der TE schrieb: "schwarz war sehr schwer zu färben und wurde nur vom Klerus benutzt" Das ist eine logische UND-Verknüpfung - trifft nun auch nur eine der beiden Aussagen nicht zu (und das tut Aussage 2), lautet die Antwort wie von @Panzerreiter richtig gegeben: "falsch." Das "falsch" bezog sich damit nicht zwangsweise auf die erste Aussage ("schwarz war sehr schwer zu färben"), sondern kann sich auch auf die zweite Aussage ("schwarz wurde nur vom Klerus benutzt") bezogen haben. Und da diese zweite Aussage in der Karolingerzeit nicht zutrifft, lautet die Antwort ungeachtet der Färbeschwierigkeit hier richtigerweise "falsch".
 
Mich interessierte weder Klärus noch Färbeschwierigkeit*, sondern ob er ein historisches Färberezept kennt, welches mir noch nicht bekannt ist :) *oder ob sein "falsch" vor Gericht haltbar wäre.
 
Schwarz färben konnte man auf unterschiedliche Weise. Sicherlich war die Methode, ein Indigoblau so zu verändern, dass es schwarz wird, eher teuer und somit für einfache Schichten fast unmöglich. Das Farbverständnis war aber damals auch ein ganz anderes. Das was wir heute anthrazid nennen, galt damals sicherlich eher schon als schwarz. Und das zu färben ist nicht so schwer: Das Rezept ist wie bei einer Eisengallustinte. Die wurde ja damals auch in einfachen Klöstern schon verwendet. Beize mit Eisen und mit Tannin, dann gemahlene Galläpfel, zum Schluss Essig hinzugeben. Ohne Essig wusch sich das schwarz immer wieder raus und wurde eher ein mittleres grau. Mit Essig blieb es "schwarz". Auch nach dem Waschen. Falls jetzt jemand mosert: ich hab das schon probiert und ziemlich dunkel-anthrazidfarbenes, man kann eigentlich schon sagen fast schwarzes Ergebnisse raus bekommen.
 
Bei uns im Verein haben wir Flämisch Schwarz gefärbte Wollstoffe. Man sieht den Unterschied zu den chemischen Schwarzfärbungen nur im direkten Vergleich.
 

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