Empfehlung - "The making of the Middle Ages"

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Tom Sculptor

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Moinsen zusammen, für alle, die wie ich "W-Menschen" sind und ständig "Warum?" fragen, kann ich das Buch "The making of the Middle Ages" von Richard William Southern nur empfehlen. Erschienen bereits 1953 in Yale, behandelt das Werk hauptsächlich die politischen und gesellschaftlichen Hintergründe, die zur Bildung dessen geführt haben, was gemeinhin als "Mittelalter" in einen Topf geworfen wird. Der Autor beschränkt sich in seinen Betrachtungen zwar hauptsächlich auf den Zeitraum von 972 bis 1204, läßt aber auch Ereignisse vor diesem Bereich nicht aus, die in die untersuchte Periode hinein wirken. Umgekehrt werden auch Entwicklungen erwähnt, die nach 1204 eintreten oder sich fortsetzen, aber ihren Ursprung in der behandelten Zeitspanne haben. Das Buch gliedert sich grob in vier Abschnitte (meine Übersetzung der Überschriften):
  • Lateinisches Christentum und seine Nachbarn
  • Gesellschaftliche Bande
  • Die Ordnung im christlichen Leben
  • Tradition des Denkens
und beleuchtet hier jeweils die Details, die in ihrer Gesamtheit die politische und gesellschaftliche Entwicklung des Mittelalters ausgelöst und gefördert haben. Hierzu werden nicht nur allgemeine Theorien aufgestellt, sondern an Hand von konkreten Personen/Orten/Geschichtsdaten ein lebendiges Bild gezeichnet. Wiewohl Engländer, blickt der Geschichtswissenschaftler Southern doch weit über den Tellerrand der britischen Inseln hinaus und folgt der tatsächlichen politischen und gesellschaftlichen Entwicklung, die nach allgemeiner Übereinstimmung von Mitteleuropa aus ging. Das Buch ist, obwohl reichlich auf Quellen gestützt und mit entsprechenden Zitaten, in überhaupt nicht trocken/wissenschaftlichem Stil verfaßt sondern bietet ein farbenfrohes, sehr lebendiges und einprägsames Bild der Schlüsselstationen zum und im Früh- und Hochmittelalter. Sprachlich ist das Werk auf der Zeit der Veröffentlichung entsprechend hohem Niveau, ein gelegentliches Nachschlagen von heute leider untergegangenen oder nicht mehr gebräuchlichen Vokabeln wird daher nicht ausbleiben können. Dennoch liest sich das Ganze sehr flüssig, logisch und einprägsam. Ich habe mein in Ehren (und ein paar Kaffeeflecken) ergrautes Exemplar für richtig kleines Geld über einen Gebrauchtbuch-Händler im Internet erstanden (war mal Bestandteil der Uni-Bibliothek Maryland) und kann es vorbehaltlos allen empfehlen, die nicht nur das "wie" sondern auch das "warum" interessiert. So weit ich weiß, wurde auch eine deutsche Übersetzung "Geistes- und Sozialgeschichte des Mittelalters: das Abendland im 11. und 12. Jahrhundert" aufgelegt - allerdings kenne ich die und die Qualität dieser Übersetzung leider nicht. Der sehr sperrige und typisch deutsch-gelehrt-erscheinende Titel bei gleichzeitig faktischer Unkorrektheit läßt mich allerdings Schlimmes befürchten (wie lebendig wäre doch die - sinngemäß richtigere - Übersetzung "Wie das Mittelalter gemacht wurde" gewesen). Vielleicht hat die deutsche Version schon jemand gelesen und kann dazu berichten...
 

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