Ronneburg, 15. Dez. 2007

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La Veuve

Guest
Ich hatte euch ja einen Bericht versprochen, falls ich mich doch noch auf die RoBu schleppen sollte ... Auf eine sternklare aber dementsprechend frostige Nacht folgte ein hell strahlender Morgen. Ein Morgen ohne große Pläne, mit der Chance auf Ausschlafen (wenn es denn der Katz' gefällt), gemütliches Frühstück und noch gemütlicheres Aussuchen des Tagesprogramms. Hm, da war doch noch was ... ach ja! Letzter Adventsmarkt auf der Ronneburg. Die Gelegenheit, mal die neue walnussgefärbte Wintercotta und das dickere Winterunterkleid auszuführen und meine hübschen Stoffknöpfe an den Ärmeln der Umwelt vorzustellen. Einfacher Gürtel, Haube und Tuch, quietschgrüne Cappa drüber ... fertig ist die Dress-Down-Variante der Witwe. Dem Himmel sei Dank, es ist zwar frostig kalt, aber die Straßen sind eisfrei. Von den Höhen des Taunus auf die Ronneburg ist ein gutes Stündchen Fahrt ... spätestens jetzt ist dam überglücklich, nicht in der guten alten Zeit, sondern viel mehr heute und mit funktionierender Heizung im Auto unterwegs zu sein. Genähte Wollstrümpfe halten die Füße und Waden schön warm, das Warmluftgebläse des Fuhrwerks tat sein übriges ... die Witwe kam mit klimakteriumsähnlichen Hitzewallungen an. Man sollte auch recht früh losfahren! Erstens erklimmt sich der Burgberg für's Fuhrwerk leichter und als Bonbon gibt's dann auch noch einen Parkplatz oben. Jedenfalls dann, wenn dam den "Augenaufschlag Marke Mülltonnendeckel" perfekt beherrscht, den Parkplatzwächter mit der sündigsten 0190er Stimme begrüßt und recht um für eine Parkmöglichkeit "oben" bittet ... Aus dem Auto gepuhlt, Cappa gradegezogen, Kopfbedeckung auf der im Wind renitent herumwuselnden Mähne festgetackert - und los geht's. Keine große Schlange an der Kasse, schließlich ist ja Samstag und schneidend kalt noch dazu. Von der Kassenbude ungebremst zum Waffelbäcker. Man kann über ihn sagen, was man will ... er hat einfach den besten Kaffee am Platz. Und so eine heiße Waffel hat auch was. Gefüttert und getränkt (und wieder Herrin ihrer horinzontalen und vertikalen Sinne) dann die Runde an den Händlerständen vorbei. Ein paar bekannte Gesichter schnell begrüßen, gelegentlich den Kaffee wieder entsorgen und dann erstmal die Wildbratwurst. Die ist so ziemlich das einzige MUSS, das der Witwe spontan beim Stichwort Ronneburg einfällt. Wer sie noch nicht probiert hat: Nachholen! Witzig, wenn man nicht erkannt wird (schließlich ist man den meisten irgendwann doch in der üblichen Klamotte bekannt, die Dress-Down-Variante ist neu und den meisten ohnehin unvorstellbar). Noch witziger, den Bekannten an sich vorbei laufen zu lassen, gute 10 Schritte weit, sich umzudrehen und aus voller Kehler "Guten Morgen" hinterherzuflöten. Spontanes Umdrehen auf der Gegenseite, Augenaufreißen und Farbwechsel der Gesichtsfarbe doch alle neun Farben des Regenbogens sind die Folge. So langsam füllte sich das Marktgeschehen auch mit einem steten Besucherstrom. Näher dazu auslassen kann ich mich nicht, ich habe noch keine Worte erfunden, um einige Darstellungen auch noch angemessen zu beschreiben. Witzigerweise meinte aber ein recht junger Mann zu mir: "Ey, das ist aber nicht mittelalterlich, was du da anhast!" ... OK, nachdem ich mich an der dritten oder vierten Tasse Kaffee des Tages erstmal verschluckt und dann wieder entschluckt hatte, war ich sogar in der Lage, den Sprecher in Augenschein zu nehmen. Schonmal nicht mein Beuteschema, der Knabe, also von mir als ganz dusselige Anmache abgetan. Nun gab dieser hoffnungsfroh und noch halbwegs jung-unschuldige Mensch noch einen abfälligen Kommentar von sich ... und da sollte ich friedlich bleiben? Moi? Nun, ich entschied mich für ein diplomatisches Good-bye in seine Richtung: "Ja, du hast vollkommen Recht! Unbedingt! Besonders, wenn man bedenkt, dass ich mich auf etwa 10 bis 20 Jahre einer Epoche festgelegt habe und du die kompletten tausend Jahre spazierenträgst ..." Sprach's und verschwand schier elfengleich (oder wie heißen noch diese niedlichen grauen Viecher mit dem Rüssel?) aus seinem Blickfeld. Am frühen Nachmittag war bereits ein spürbares Abflauen des Besucherstroms festzustellen. Immerhin, es war bissig kalt da oben. So etwa gefühlte minus 40 Grad. Auch innerhalb des Gemäuers fand sich kein wirklich warmes Plätzchen ... die Burgküche war zwar in Betrieb, allerdings ohne Kochbetrieb und das Feuerchen in der Kochstelle war dem angemessen. Also kaum wahrnehmbar. Alles in allem ein witziger Tag, der mal nicht von der Jagd hinter dem Sekundenzeiger der Uhr her bestimmt war. Und die Heimfahrt im himmlisch mit Heizung ausgestatteten modernen SUV erweckt ein ungeahntes Maß an Dankbarkeit. Das war's jetzt bis auf weiteres mit der Ronneburg, aber spätestens im Frühjahr, wenn es sich anbietet, sich nach dem Winter mit Freunden zu treffen und eine Wildbratwurst zu genießen, taucht man wieder dort auf ... ^^
 
Schön dass du dich doch hingeschleppt hast, sonst hätten wir auf den wieder schönen Bericht verzichten müssen :)
 
Vielen Dank für Deine Bericht, La Veuve!! Wir waren vor einigen Jahren auf der Ronneburg und fanden es von der Burg und dem Gelände her, sehr schön. Über alles andere kann man echt streiten. Wobei wir das damals noch nicht so stark empfunden haben. Da waren wir noch richtige Grünschnäbel und die Keltenfibel hat wunderbar zum mittelalterlichen Gürtel gepaßt :schock1 Liebe grüße, Franziska
 
Hallo La Veuve, vielen Dank für Deinen Bericht :thumbup: . Toll geschrieben, ich ich hab mich schiefgelacht :thumbsup: :thumbsup:
 
Vielen Dank La Veuve! Wie immer ein Genuss :D
 

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