Assisi und Perugia

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Heidensohn

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Ich mache gerade ein Praktikum in der italienischen Provinz Umbrien, genauer gesagt direkt in Assisi und werde mir dieses Wochenende Assisi und am nächsten Perugia mit dem Fotoapparat in der Hand ansehen. Um mal wieder einen anderen Beitrag als klugscheißerisches Reindrängen in fremde Threads zu bringen, werde ich die Bilder hier verlinken und ein paar Worte zu den Städten schreiben. Ein wenig Historisches zur Einstimmung: Umbrien liegt genau in der Mitte Mittelitaliens. Die Provinz hat keinen Zugang zum Meer (als einzige südlich von Turin) und umfasst im Wesentlichen ein großes Haupt- und und einige Nebentäler in den Apenninausläufern, auf dessen Höhen alte Städte wie Spoleto, Orvieto, Gubio, Foligno (ok, das liegt im Tal am Fluss) und eben Perugia und Assisi liegen. In der Antike verlief hier die Grenze zwischen dem latinischen und dem etruskischen Einflussbereich. Perugia war im etruskischen 12-Städte-Bund und ich glaube sogar die südlichste Stadt des Bundes. Im Mittelalter gehörte die Gegend teils zum Herzogtum Spoleto, teils zur Markgrafschaft Tuszien, teils zum Patrimonium Petri des Papstes. Im 11. und 12. Jahrhundert begünstigte die Ablenkung der Herrscher durch nervige Könige/Kaiser von der anderen Alpenseite die Entstehung selbstbewusster Kommunen. Allerdings brachten die Päpste im 13. und 14. Jahrhundert diese (sich fröhlich untereinander bekriegenden) Stadtgemeinschaften wieder erfolgreich unter ihre Herrschaft, unter anderem indem sie die lokale Armutsbewegung geschickt in die Kirche integrierten. Entsprechend liegt hier die Wiege der franziskanischen Ordensgemeinschaften und ein ganzer Haufen Kunst, der um ihre Gründungsheiligen Franziskus und Klara geschaffen wurde. Für alle die studieren und Italienisch lernen wollen gut zu wissen ist, dass eine der beiden Ausländeruniversitäten Italiens in Perugia liegt. Dort werden in Zusammenarbeit mit dem ERASMUS-Programm (aber auch so) Sprachkurse angeboten, die sich wirklich lohnen. Gerade weil man da einen Monat oder länger in Perugia ist. Die Stadt habe ich letztes Jahr als sehr ausländerfreundlich erlebt (es gibt das sog. "The Little Blue Book" mit allem Wissenswerten für umsonst). Am Sonntag gibt's dann mehr. Aber zum Reinschnuppern schon mal ein paar Bilder, die ich noch vom letzten Besuch gefunden habe.
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Nicht zuviel Sehnsucht! Die Bilder sind von letztem Jahr im September. Momentan heult hier der Februarwind eiskalt um die Häuser und durch die Gassen. Städte auf Bergkuppen haben ziemlich viele Nachteile. :krank01
 
Heidensohn, da Du das hier "Um mal wieder einen anderen Beitrag als klugscheißerisches Reindrängen in fremde Threads zu bringen . . ." öffentlich schreibst, würde ich auch gerne mich öffentlich in Deinen Thread klugscheißerisch hineindrängen und mal fragen was das soll, was Dich dazu gebracht hat, ohne den angesprochenen Personenkreis einzugrenzen, uns die auf Threads antworten, als klugscheißerisch zu bezeichnen. Hierzu schon einmal genauso öffentlich meinen rechten digitalen Handschuh. Ein äußerst empörter Saxnoth
 
also das "Klugscheißerisch" bezieht Heidensohn definitiv auf sich... und meint damit einfach dass statt dass er immer nur "seine 5 cent" in einem bereits bestehenden Thread mit evtl. A-Ton dazugibt, auch mal einen eigenen Thread eröffnet mit Infos! ;) Kein Grund empört zu sein!
 
Firiel trifft es sehr gut: Ich habe natürlich mich gemeint. Außerdem neige ich dazu viel zu schreiben ("Textwüste" nennt es mein Bruder) und deswegen manchmal das Gefühl habe mit meinen Beiträgen Diskussionen zu überrennen. :whistling: Aber danke für die Erinnerung, dass hier noch was fehlt. Wer es nicht erwarten kann, dem lege ich diesen Link mit Bildern vom Sommer und diesen mit Bildern der letzten Wochen ans Herz. Aber es kommt noch was Ausformulierteres nach.
 
Kommt man, wie ich, in Perugia mit dem Zug an, dann sieht man erstmal nicht viel von einer historischen Stadt. Auf der Fahrt erhascht man vielleicht einen recht kurzen Blick auf einen Berg aus Häusern, aber sobald man den Bahnhof verlässt, dann steht man erstmal in einer normalen hässlichen italienischen Stadt. Der McDonalds ist nur fünfzig Meter weiter auf der anderen Straßenseite im Untergeschoss eines 80er Jahre Großbaus. Will man in die Altstadt hat man drei Möglichkeiten: Man kann sich von mitleidig guckenden Italienern den Weg beschreiben lassen. Ich rate dringend davon ab diese Möglichkeit zu nehmen, denn die Rolltreppen fangen erst im oberen Drittel an und Perugia ist nicht etwa ein Berg aus Häusern, sondern Häuser auf (und um, und in) einem Berg, der Höhenunterschied zwischen Bahnhof und mittelalterlichem Hauptplatz soll angeblich über 150 Meter betragen.. Man kann sich am Kiosk oder dem Bahnhofscafé ein Biglietto für die Busse kaufen (Fahrkarten gelten nicht nach Fahrtstrecke/-linie, sondern auf Zeit. Meist eine halbe oder dreiviertel Stunde nach dem abstempeln im Bus) und in eine passende Linie steigen. Sollte man wie ich bei meinem ersten Besuch übermüdet und dehydriert sein - oder einfach einen empfindlichen Magen haben, dann wird einem nach dieser halsbrecherischen Fahrt durch italienischen Verkehr, Serpentinenstraßen und viel zu enge vollgeparkte Altstadtgassen ordentlich schlecht sein. Oder man nutzt die MiniMetro. Das ist die erste Sehenswürdigkeit, wenn sie auch garnicht mittelalterlich ist. Eine Kabinenseilbahn, bei der das Zugseil zwischen Schienen läuft, die im Tal auf Betonpfeilern wie eine Hochbahn verlaufen und dann in einem Tunnel direkt in den Stadtberg hineinführen. Man muss diese Konstruktion nicht lieben (wahrscheinlich besonders dann nicht, wenn es die eigenen Steuergelder waren, die dafür drauf gingen), aber sie unbestreitbar innovativ und bisher in ihrer alltäglichen Nutzung einzigartig. Die Fahrt ist ihre 1,50€ zumindest einmal wert. [media]http://www.youtube.com/watch?v=zA8jP_Vic_g&feature=player_detailpage[/media] Die eigentliche Altstadt von Perugia, das centro storico erstreckt sich auf der länglichen mittleren Kuppe, während sich an den Ausläufern des Hügels/Bergs die mittelalterlichen Vorstädte oder borghi anschließen. (Eine gute Karte gibt es hier .) Die Minimetro bringt einen direkt an die Flanke der Breitseite und man erreicht schnell das innere Zentrum, dass im wesentlichen aus dem Domplatz (Piazza del IV. Novembre), dem Platz auf der alten Papstfeste (Piazza italia) und der breiten Prachtstraße Corso Vannucci zwischen beiden besteht. Hier stehen die großen spätmittelalterlichen Palazzos, der eher uninteressante Dom, und der unscheinbare Tordurchgang hinter dem ein Gang zu einer etruskischen Zisterne führt. Corso Vannucci bei Februarregen und an einem Septembertag jeweils in die andere Richtung fotografiert:
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Was man als Mittelalterfreudn anschauen sollte (und was auch nichts kostet) erkennt ihr schon auf dem zweiten Bild rechts. Der Palazzo dei Priori, eine Mischung aus Patrizierpalast und Rathaus kann mit reichlich Skulptur aus dem 13./14. Jh. aufwarten, der Zeit als Perugia eine mächtige und unabhängige Kommune war. Natürlich findet sich das Wappentier der Stadt, der Greif besonder präsentiert: Was auf dem ersten Bild so grünlich über dem Tor an der Schmalseite schwebt sind die Kopien, auf dem rechten Bild die Originale. Löwe und Greif jeweils fast drei Meter lang.
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Aber auch der Torbogen an der Breitseite hat seine Figuren:
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Wer die Treppe hoch zum Tor an der Schmalseite geht, kann dort einen Blick in den spätmittelalterlich ausgemalten Ratssaal werfen.
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Und auf dem Domplatz direkt vor dieser Treppe (an deren oberen Ende übrigens eine nette "Kanzel" für das Reden zum Volk ist) steht dann noch so ein Brunnen genannt Fontana maggiore ...
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Auf den Platten des unteren Beckens befindet sich ein Bildzyklus von 1278, der auf 50 Platten die Monate, Geschehnisse aus dem Alten Testament, die "praktischen" und die sieben freien Künste abbildet. Und das obere Becken hat reichlich Eckfiguren aus derselben Zeit. Obendrauf steht im Bronzebecken dann noch die Allegorie der Stadt selbst.
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Im Palazzo dei Priori befindet sich auch die Nationalgallerie von Umbrien mit haufenweise Kunst. Eingang ist das reichlich verzierte Tor an der Breitseite. Es herrscht Fotoverbot und ein hervorragendes Sicherheitssystem, aber wer unter der Woche da ist kann mit einer Stunde Zeit und zumindest gebrochenem Italienisch in den obersten Stock in die Museumsverwaltung gehen, dort eine Erklärung beantragen sowie unterschreiben, dass er nur zu privaten oder wissenschaftlichen Zwecken fotografiert (und nicht veröffentlicht), und schon kann's losgehen. Leider hatte ich kein Stativ dabei, weshalb ich kein einziges unverschwommenes Foto habe. Aber die Galleria nazionale hat von 1250 bis in die Renaissance reichlich Malerei. Zeittypisch halt leider fast nur von Heiligen. Ein Raum umfasst wunderbare Elfenbeinschnitzereien und Goldschmiedearbeiten - aber auch noch weniger Licht. Im nächsten Teil geht es dann in die unterirdische Stadt, das archäologische Museum und auf den Aussichtspunkt.
 
Perugia: Teil 2 Ich hatte ja erwähnt, dass das eine Ende der zentralen Pracht-/Marktstraße Corso Vannucci der Piazza italia ist. Der ist eher unspaktakulär. Das neue Rathaus aus dem frühen 20. Jahrhundert steht recht klotzig rum und die meisten Leute zieht es an den mit ein paar Grünflächen gesäumten Rand des Platzes, wo man einen ordentlichen Ausblick über eine tiefer liegende Vorstadt und die Hügel Umbriens hat. Der Platz ist nach Außen durch eine beachtliche Mauer mit einem seltsamen Tor gestützt.
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Jetzt könnte man zurück zum Domplatz gehen -sollte man aber nicht. Denn in den Arkaden des Rathauses ist eine Rolltreppe. Sie führt nach unten direkt unter den Platz auf eine kleine unterirdische Straße, die bis zu dem in der Mauer gesehenem Tor, geht und Abzweigungen zu anderen Pforten und weiteren Rolltreppen in tiefer liegende Vorstädte hat. Und am Rand dieser offenen Wege erstrecken sich größtenteils abgesperrte, zum Teil als Ausstellungsräume genutzte Hausruinen. Der Geschichtliche Hintergrund ist folgender: Im Jahr 1540 erhob der Papst Paul III. in seinem mittelitalienischen Herrschaftsbereich eine von den Bewohnern als unverschämt angesehene Salzsteuer. Diese Steuer wurde gerade von den immer noch sehr selbstbewussten und selbstständigen Städten der Toskana verweigert und Perugia machte mit. In der folgenden Salzkrieg genannten Auseinandersetzung begannen die Städte ihr Brot ohne Salz zu backen (was man in der Toskana und Teilen Umbriens leider bis heute beibehalten hat) und Perugia fiel als eine der ersten Städte unter der militärischen Macht der Papstes. Der ließ daraufhin das Viertel, in dem die Anführer der antipäpstlichen Partei, die Familie der Baglioni, ihre Patriziersitze hatten, kompkett enteignen. Die Häuser wurden teils zugeschüttet und überbaut, teils als Keller genutzt und überbaut - man hielt sich nicht mit unnützen Dingen wie Abrissen auf. Nach nur drei Jahren schwer bewachter Bautätigkeit hatten der Papst an der Stelle des Viertels eine Veste, von der aus er die Stadt und die gesamte Gegend kontrollieren konnte.
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Als 1860 der Kirchenstaat aufgelöst wurde, wurden die oberen Bereiche der sowieso schon baufälligen Festung abgerissen, um an ihrer Stelle einen neuen italienischen Platz zu schaffen. Nur fand man unter den Hauptgebäuden keinen Fels und kein Fundament, sondern noch ältere Gebäude des alten Viertels. Kurzerhand deckelte man alles zu und scherte sich nicht weiter um dieses alte Zeug. Und heute? Nachdem die Stadtverwaltung in den 70ern begann die Altstadt vom Verkehr zu befreien und Fußgängern das Leben auf der Hügelkuppe zu erleichtern wurden zahlreiche Rolltreppen angelegt und in diesem Kontext öffnete man auch die Rocca paolina wieder. Versuche die "unterirdische Stadt" mit Geschäften und Ausstellungen etwas zu beleben kann man getrost als gescheitert betrachten, aber das Flair zwischen spätmittelalterlichen Patrizierhäusern, denen eigentlich nur Türen, Fenster und Dächer fehlen um von Außen wieder wie der Rest der Stadt auszusehen, ist wohl einzigartig. Und wenn man die Augen offen hält, findet man auch unversperrte Wege, die Tiefer in die Anwesen hineinführen.
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Vom Piazza italia konnte man eine einfache große Kirche mit eingerüsteten Turm sehen: Das ist das nächste Ziel, das ich empfehle, denn dort im alten Dominikanerkonvent ist das archäologische Museum untergebracht. Für das Mittelalter eigentlich gar nicht interessant, aber eine echte Bank für Etrusker und Römer. Der Kreuzgang des Konvents (den man auch ohne Eintrittskarte schon mal anschauen kann) ist gesäumt mit steinernen Graburnen (meistens quadratisch oder hausförmig) der etruskischen Bevölkerung: Es sind viele - und im ersten Stock des Kreuzganges kommen nochmal so viele. Die Mehrzahl ist mit mythologischen Szenen und etruskischer Beschriftung und in einer extra Abteilung des Museums gibt es eine besichtigbare Rekonstruktion des Fundzustandes einer etruskischen Familiengruft.Im Museum hat es Keramik und Metallfunde in Mengen und Qualität, die jeden nordalpinen Ur- und Frühgeschichtsarchäologen die Tränen in die Augen treiben. Ein halbes Dutzend fast kompletter Helme, mehrere Beinschienen, metallene Schildbezüge... Aufbereitet Erkenntnisse zur frühen Siedlungsgeschichte und -struktur fast aller Siedlungen/Städte im weiteren Umland... Ich bin ja schon sehr auf das Mittelalter fixiert, aber auch ich war beeindruckt.
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Wer dann noch das besondere Gesicht Perugias erleben möchte, dem rate ich sich zum Colle del sole, dem Sonnenhügel zu begeben. Das bedeutet zurück zum Domplatz und dann in die unglaublich verschachtelten und überbauten Gassen - solange bergauf gehen, bis es nicht mehr höher geht. Hier stand in etruskischer und römischer Zeit der Tempel des Sonnengottes und von hier hat man einen umwerfenden Ausblick über die alten Vorstädte und die Landschaft, denn die neuen Vorstädte sind fast alle auf der anderen Seite der Altstadt. Gassen:
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Ausblick bei schlechtem Wetter:
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Ausblick bei gutem Wetter:
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Nächstes Mal: Assisi
 
Toller Bericht :) Und dieses Bild mit den Rolltreppen und den alten Steinmauern drumrum ist mal ein Hammer ^^
 
irgendwie past die rolltreppe da nicht rein 8| . aber hammer bild sind das. was für ne kamera hast du ?
 
Argh, gut das man hier nicht sehen kann, wie glattweg bewunderden neidgelb werde, dass Du jetzt die Gelegenheit hast Dich da tummeln zu dürfen.
 
Perugias Sightseeingpunkte sind zwar toll, aber letztendlich recht schnell abgearbeitet. Was diese Stadt aber für mich so besonders macht ist das Gassengewirr und der Flair. Die Innenstadtwohnungen werden zu einem sehr großen Teil an ausländische Studenten der Università degli Stranieri vermietet und entsprechend gut gehen Kneipen, Copy/Internet-Points und kleine Läden in der Altstadt. Wer hier Zeit mitbringt kann sich in teils schmucken, teils zugemüllten, teils mit überraschenden Läden gesäumten (ein echt günstiger Maßschneider! Leider hatte ich dann doch keine 400 Euro für eine komplette Anzugsgarnitur zur Hand), teils mit nach Urin stinkenden vernagelten Hausresten verschandelten Gassen regelrecht verlieren. Mein größter "Fund" war der Besuch eines Buchbinders, den ich vor einem Jahr kurz getroffen hatte, in seiner Werkstatt. Er hat zwei geradezu winzige Klitschen in einer nur mit einheimischer Hilfe zu findenden Gasse (nicht nebeneinander, sondern gegenüber gelegen :huh: ), in denen er als junger, recht alternativer Handwerker hochwertigste Arbeit abliefert - sein derzeitiger Großauftrag kommt übrigens von einem Kardinal.
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Ganz nebenbei macht er auch noch Musik und gehört zu dem Kreis junger Leute, die dafür sorgen, dass die Altstadt von Perugia nicht nur bei Tag ein echtes Kulturhighlight ist, sondern es dort bei Nacht für so gut wie jeden Geschmack passende Kneipen, Clubs und Kleinstbühnen in den historischen Kellern und Parks gibt. Da habe ich verständlicher Weise keine Fotos gemacht, aber ich kann versichern: Eine Sommernacht mit einem Ortskundigen durch die Gassen zu ziehen ist ein Erlebnis für sich (besonders blieb mir ein "Musiker" im Gedächtnis, der in einem Garten mit Weinausschank vor einer sich drehenden Hypnosescheibe zu Beats vom Laptop Oboe und Klarinette spielte und dabei ein mit Spiralen bemalten Seidenkaftan mit spitzen Hut trug - er war auf eine beängstigende Weise gut :huh: ). Wenn man "Glück hat wird man am Sonntagmorgen dann auch von "Il Apocalisso" geweckt, der einen in Herrgottsfrühe weckt, weil man ihn durchs offene Fenster auf der leergefegten Straße lauthals vom Weltuntergang predigen hört. Für solche Erlebnisse und Aktivitäten ist aber auf jeden Fall Mai/Juni/Juli und September zu empfehlen. Ohne die Möglichkeit auf Straßen/Plätzen und in Gärten zu feiern sind mir die Keller dann doch meist zu eng. Dafür kommt man dank der vielen ausländischen Studenten (im Gegensatz zum Rest von Italien) sehr gut mit Englisch über die Runden - findet aber ohne Ortskundigen die besten Kneipen im Gassengewirr wahrscheinlich nicht.
 
Assisi liegt keine halbe Stunde Zugfahrt von Perugia entfernt und war bis ins Spätmittelalter nicht nur etwa gleichbedeutend mit der danach viel stärker gewaschenen und Provinzhauptstadt gewordenen Greifenstadt, sondern auch ziemlich oft im Krieg mit ihr. Man kommt - ob mit Bahn oder Auto - zuerst im Stadtteil St. Maria degli Angeli im Tal an und kann dann mit Auto, Bus oder, was ich bei leichtem Gepäck und akzeptablen Temperaturen sehr empfehle, zu Fuß in die Altstadt aufbrechen. So oder so wird man sehen, dass Assisi nicht wie Perugia auf der Hügelkuppe, sondern am Hang einer Vorhügels des Monte Subnasio liegt - und deswegen viel leichter zu fotografieren ist, also nicht wundern, wenn Autos mitten auf der Straße anhalten und der Fahrer aussteigt um ein Foto zu machen :rolleyes:.
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Die Terrassen auf denen sich die Stadt erstreckt wurden schon von Etruskern und Römern angelegt und die Marktplatzkirche St. Maria sopra Minerva heißt so, weil sie... der kaiserzeitliche Minervatempel ist. Der Turm gehört übrigens zum Rathaus nebenan und nicht zur Kirche.
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Auf dem Panoramafoto sieht man, dass den linken Abschluss der Stadt die Doppelbasilika San Francesco mit Franziskanerminoritenkonvent (auf dem römischen Gerichtsfelsen - zum Verbrecherschubsen - erbaut) bildet, während am rechten Ende der Stadt der Abschluss durch die Kirche Santa Chiara mit Klarissenkonvent gebildet wird, während ganz oben die Rocca maggiore (die "große Burg", im Gegensatz zur "kleinen Burg" links oberhalb von St. Chiara) die Krönung bildet. Mittendrin sind dann noch einige Sehenswürdigkeiten, besonders die Pinakothek, der Dom San Rufino mit Ausgrabungen und Museum, die Ausgrabungen unter dem Marktplatz, zahllose kleinere Kirchen und Kapellen, das Heiligtum San Damiano in den Olivenhainen unterhalb von St. Chiara und eine geradezu lächerlich große Auswahl an Läden, die zwischen hochwertigem Priesterbedarf und schlimmsten Touri-Kitsch schwanken. Ich gehe nicht näher auf die Kirchen, ihre weltberühmten Fresken, die unglaubliche Menge von drei Tuniken, einem Mantel und mehreren Schweiß/Taschentüchern des 13. Jahrhunderts in sehr guten Erhaltungszustand in den Reliquienschätzen, die zahlreichen spätmittelalterlichen Tafelbilder und Goldschmiedearbeiten im Museum von San Francesco, die Möglichkeit Vertreter ziemlich aller franziskanischen Orden zu treffen und zu sprechen, die sauberen Straßen und Plätze, die Schönheit der ins Abendrot getauchten Steinhäuser und Olivenhaine ein, denn dann würde ich noch sitzen, wenn ich heute morgen wieder ins Museum muss. Ich lasse einfach ein paar Bilder sprechen.
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Und überall Franziskus. Jeder Ort in und um die Stadt kann mit ihm in Verbindung gebracht werden - entweder man nimmt sich einen guten Führer, oder liest sich vorher mal die Lebensgeschichten dieses sehr interessanten Menschen durch, sonst entgehen einem viele Sachen. Erstaunlich wie sich eine ganze Stadt auf das Wirken eine Mannes (ok, ok, Chiara/Klara noch dazu: Eines Mannes und einer Frau), der vor 800 Jahren gelebt hat, ausrichten kann. Worauf ich noch genauer eingehen werde sind die Basilikan von San Francesco mit dem Sacro Convento und das Mittelalterfest Calendimaggio.
 
Ja, auf die obigen Sachen wollte ich eingehen, aber hab's dann doch nicht gemacht. Jetzt bin ich wieder in Perugia und fahre morgen an einen Ort, den ich vorher noch nicht kannte. Die Templerkomturei San Bevignate Ich hab da was von Fresken gehört. Fresken auf denen tatsächlich Templer zu sehen sein sollen. :schock1
 
Ui, da bin ich gespannt! Viel Spaß und schöne Entdeckungen! Gibt es wieder Bilder zu sehen? :thumbup:
 

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