Franken in Mittelhessen, 8. Jh.

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Meister Reinmar

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Anlässlich der 1250-Jahr-Feier meines Heimatdorfes im Jahr 2014 existieren in unserer Gruppe gerade Ideen zu einer Darstellung möglichst zeitnah an der Gründungszeit. Das Jahr der ersten Erwähnung ist 764 und der Ort liegt mittem im Lahntal in der Nähe von Limburg an der Lahn in Mittelhessen. Sprich: Wir streben eine hessisch-fränkische Darstellung im 8. Jahrhundert an. Und ich habe einfach leider ausgesprochen wenig Ahnung von irgendetwas vor dem Jahr 1000, außer vielleicht von sprachlichen Aspekten, aber auch die Rekonstruktion eines plausiblen althochdeutschen Dialektes (das einzige was ich momentan beitragen kann) kommt aufgrund der dünnen Quellenlage auch nicht sooo nennenswert voran. Ich wäre also sehr sehr dankbar für alle Tipps und Links zu guten Quellen, die einem ganz generell den Einstieg in die Thematik erleichtern. Besonders würde mich zunächst mal die Kleidung interessieren, weil ich nur ungern aussehen möchte wie der pauschale Frühmittelalternordmann (nur mit Kruzifix) - es sei natürlich denn das wäre dann doch genau das was man damals hier getragen hat :) Eines unserer Gruppenmitglieder hat eine recht gute Vorstellung von politischen und sozialen Zusammenhängen und Umschwüngen in der Zeit, aber auch hier darf man mich gerne mit Quellen versorgen, so man gerade welche zur Hand hat. Ich freue mich über jeden hilfreiche Hand, Dankeschön schonmal im Voraus :)
 
Hallo und tag erstmal Kruzifix im 8. ? Nach den Funden bei uns, auch später , war ein dünner Drahtschlüssel für nach Rom gepilgerte üblich, Kreuze habe ich als Fund noch nicht gesehen. Gut ist "Sachsen"
 
Wie tief wollt Ihr einsteigen? Was einen ersten Eindruck der karolingischen (764 ist bereits karolingisch, der Dynastiewechsel war 751) Kleidung betrifft, fang mal damit an. Danach reden wir weiter :D (Ne, im Ernst: Hier mal schnell einen Karolingerleitfaden zu erstellen und zu posten ist fast unmöglich) Wenn Du konkrete Fragen hast, jederzeit gerne. Kreuze findest Du übrigens in der Karolingerzeit recht gerne als Ornament auf Fibeln, vornehmlich Emailscheibenfibeln. ALso z.B. so was da aus den Löhrstraßenfunden in Mainz. Als "richtiges" Kreuz zum Umhängen mir in dieser Zeit auch nicht bekannt, außer vielleicht bei Mönchen.
 
Also das mit den Kreuzen ist kein Problem, ich denke da nur an das Highlight der Sammlung in der Kaiserpfalz Paderborn, nämlich eine Kreuzfibel aus dem 8.Jhd. http://www.lwl.org/wmfa-download/bilder/WMfA_Paderborn-Dauerausstellung-1097660798_0.jpg oder auch: http://www.kunstmarkt.com/pagesmag/kunst/_id153960-/marktberichte_grossbildansicht.html?_q= Aber auch in anderen Regionen sind Kreuze zur Zeit der Karolinger echt "hip" gewesen. Zur Frage der Bekleidung würde ich Dir z.B. Hrabanus Maurus, " De laudibus sanctae crucis" empfehlen: http://images.bistummainz.de/1/15/2/11389637563220131.jpg
 
Gut für den Einstieg finde ich eher folgendes Buch: Roth, Helmut (Hrsg.) und Egon (Hrsg.) Wamers: Hessen im Frühmittelalter, Archäologie und Kunst : Ausstellung d. Museums für Vor- u. Frühgeschichte im Auftr. d. Dezernats Kultur u. Freizeit d. Stadt Frankfurt am Main u.d. Vorgeschichtl. Seminars d. Philipps-Univ. Marburg a.d.L. Sigmaringen : Thorbecke, 1984. 380 S., zahlr. Abb. (z.T. farb.), graph. Darst., 25 cm, Pp. ISBN: 3799540172 Es geht ja schließlich um Hessen :) Hatte auch wegen einer 1225 Jahrfeier (allerdings Nord-Osthessen) mal begonnen in dieser Richtung zu Recherchieren und mir wurde von einer Forenuserin dieses Buch empfohlen. Ist zwar schon etwas älter, gibt aber einen guten Überblick!
 
manno, da war jemand schneller *grins* wollte gerade das gleiche buch empfehlen wie finlir, das ist eine meiner hauptquellen für meine beiden darstellungen (nordhessen 675 und nordhessen 400), einfach ein wunderbares buch..
 
Sorry Katraka, dass ich Dir Deinen Tipp vorweggenommen habe! Siehst Du wie gut er bei mir angekommen ist ;) Gruß
 
@Wilfried: Das war eigentlich nur mit einem Augenzwinkern gedacht, ich wollte nur sagen dass ich nicht aussehen möchte wie der Standard-Wiki, nur eben mit dem Vorzeichen "ich bin Christ" statt dem so gerne breit getretener "Ich bin ein Heide!" :) Über Kruzifixe hatte ich mir tatsächlich noch garkeine Gedanken gemacht, aber das mit den Schlüsseln klingt spannend :) @Panzerreiter: Wie tief wir einsteigen wollen... Nun, ich denke das wird die Zeit zeigen :) Nur ist es mir eben wichtig nicht einfach nur "Frühmittelalter" zu machen sondern eben vielleicht auch regionale Eigenheiten herauszuarbeiten. Die Kreuze sind sehr interessant (und wie ich fast erwartet hatte findet man offenbar kaum Kruzifixe sondern eher Gleichschenkliges), aber wie und wo wurden die denn befestigt? Befindet sich da an der Rückseite eine Nadel? @Finlir: Das Buch klingt ja hervorragend! Danke für den Tipp! In Nordhessen hatten wir es aber eher mit Chatten zu tun, oder? Oder gar schon mit Sachsen?
 
@Panzerreiter: Wie tief wir einsteigen wollen... Nun, ich denke das wird die Zeit zeigen :) Nur ist es mir eben wichtig nicht einfach nur "Frühmittelalter" zu machen sondern eben vielleicht auch regionale Eigenheiten herauszuarbeiten. Die Kreuze sind sehr interessant (und wie ich fast erwartet hatte findet man offenbar kaum Kruzifixe sondern eher Gleichschenkliges), aber wie und wo wurden die denn befestigt? Befindet sich da an der Rückseite eine Nadel?
Ja, die Dinger sind aufgebaut wie eine Sicherheitsnadel und werden auch so verwendet. Man schließt Kleidungsstücke damit ("oberster Hemdknopf" quasi) oder Mäntel. Letzteres siehst Du recht schön auf den Bildern des Stuttgarter Psalters, den ich Dir verlinkt habe. (Dabei wird der Mantel, sofern es ein Sagum, also ein Rechteckmantel ist, bei Rechtshändern auf der rechten Schulter geschlossen, so dass er assymetrisch fällt) Bei gewandeten MA-Markt-Besuchern sehe ich Fibeln manchmal auch irgendwo als eine Art Brosche befestigt, diese Trageweise ist mir aber aus der geschichtlichen Realität nicht bekannt. Das mit den regionalen Eigenheiten ist etwas knifflig. Während der Völkerwanderung wurde Europa germanisch-stilistisch quasi durchgemischt. Immer wieder verwundern Funde die Archäologen, weil sie stilistisch in der Gegend eigentlich gar nicht vorkommen sollten. Das Problem war die vorherige Klassifizierung: Man sagte (etwas vereinfacht ausgedrückt): "In dieser Gegend wohnten die Alamannen, also muss alles, was wir hier aus der entsprechenden Zeit finden, (typisch) alamannisch sein" Und genau das war spätestens nach der VW doch ein wenig naiv. Später - in dem von Dir genannten Zeitraum - kam noch ein anderes Problem dazu: Mit der Christianisierung gehen die Grabbeigaben, die Hauptfundquelle der Archäologen, massiv zurück. Vorher wurden Verstorbene umfangreich ausgestattet beigesetzt, so dass man zumindest halbwegs darauf schließen konnte, was von den hier ansässigen Leuten wohl so getragen wurde, auch wenn man berücksichtigen muss, dass nicht jeder Verstorbene automatisch so beigesetzt wird, wie er im Leben herumlief. Es gab da eine eigene Beigabenkultur, die es mitunter schwer macht, reine "Grabbeigabenmode" von der realen "Lebensmode" zu unterscheiden. Trotzdem sind die Grabbeigaben in einer Zeit, da die schriftliche und bildliche Überlieferung krude bis inexistent war, die wertvollste Quellenquelle (schöne Wortschöpfung, bin ich richtig stolz drauf :D ) Wenn man jetzt in die frühe Karolingerzeit geht, dann haben wir da ein Problem: Die Grabbeigaben fallen größtenteils weg, weil bereits (zumindest offiziell) christianisiert. Da müsste man jetzt wissen, wie es in Deiner Gegend speziell aussah, ob die noch archäologisch "ordentlich" bestatteten oder schon christlich bescheiden waren. Die schriftliche und bildliche Überlieferung dagegen steckt noch in den Kinderschuhen und hält sich nicht mit der Dokumentation regionaler Besonderheiten auf. Da könnte dir wohl nur Euer Kreisheimatpfleger näheres sagen.
 
Nichts zu Danken für den Buchtipp :) Hast Du eine Bibliothek in der Nähe über die Du an das Buch rankommen kannst? Franken, Sachsen oder Chatten: Bei den Nordosthessen bin ich mir da nicht so sicher - genau für diesen "Zipfel" gibt es ein sehr unheitliches archäologisches Bild, da könnte es auch thüringische Einflüsse gegeben haben...
 
[...] da könnte es auch thüringische Einflüsse gegeben haben...
Ich tippe da sogar recht sicher drauf. Das war zu der Zeit doch auch ziemliches Grenzland des Frankenreiches. Da waren die Einflüsse von außen zwangsläufig erkennbar. In meiner Gegend etwa finden wir da vereinzelt sogar mehrteilige Gürtelgarnituren im awarischen Stil. Das ist eigentlich ausgesprochen untypisch für Franken.
 
Also, ich denke mal, für die Thüringer ist es knapp zu weit westlich. Die Mode war wohl mehr fränkisch als Sauerländisch/sächsisch. Authentisch im Sinne DAS wurde bei uns um 750-800 n.Chr getragen, geht nicht, denn es ist eine Zeit des Umbruchs und ein Grenzland mit auch noch wandernden Grenzen und unterschiedlichen Glaubensvorstellungen.
 

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