bajuwarisches Grabfeld Aubing

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user3444

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Hi, ich hab mir vor kurzem die Ausgrabungsberichte über die Gräber in Aubing gekauft und hätte da ein paar Fragen die mir jetzt am Anfang mal aufgefallen sind. Vielleicht kann mir da einer helfen. zuerst wie sieht genau ein(e) 2:2 Köper (bindung) aus? es wurden wohl Vogelfedern und Daunenfedern im Zusammenhang mit Stoffresten gefunden worden. Wozu haben diese gedient? Und dann gab es einige längere Nadeln in einigen Gräbern. Eine im bereich des Oberkörpers, wenn ich das richtig gesehen habe und eine als Haarnadel mit etwas abgeknickten Ende. Wie wurden diese Nadeln getragen? vielleicht kennt sich da ja jemand aus :)
 
Der normale Köper besteht darin, dass der Schuss unter einem Kettfaden hindurch und über mindestens 2 Kettfäden hinweg geht. Bei einer 2:2 Köperbindung, könnte ich mir vorstellen, dass der Schuss demzufolge unter 2 Kettfäden und über mindestens 2 Kettfäden hinweg geht. Aber wie gesagt, das ist meine persönliche Interpretation auf Grund der Infos zur Bindungslehre. http://de.wikipedia.org/wiki/Bindungslehre
es wurden wohl Vogelfedern und Daunenfedern im Zusammenhang mit Stoffresten gefunden worden.
In welcher Position im Grab wurden diese Funde gemacht? In der Merowingerzeit gab es auch Stoffe bei denen Federn oder andere spezielle Materialien eingewoben waren. Vorallem aus dem Mittelmeerraum wurden fein gewirkte Stoffe importiert und da die Bajuwaren mit den Langobarden Handel betrieben......
Und dann gab es einige längere Nadeln in einigen Gräbern. Eine im bereich des Oberkörpers, wenn ich das richtig gesehen habe und eine als Haarnadel mit etwas abgeknickten Ende. Wie wurden diese Nadeln getragen?
Längere Nadel im Bereich des Oberköprers wurden meistens als Gewandnadeln benutzt, also zum Zusammenhalten eines Umhanges/Palla z.B., Haarnadeln wurden im Haar getragen ;) :D z.B, in Flechtfrisuren oder als Befestigung eines Schleiers im geflochtenen Haar oder an einem Stirnband. Falls du eine Bajuwaren-Darstellung machen möchtest und du erst am Anfang der Recherche dazu bist, würde dir sicherlich ein Fachbuch über die Bajuwaren bei solchen Fragen weiterhelfen :)
 
Es gibt eine sehr schöne Diplomarbeit zum Thema :
„Accessoires der Frauenkleidung am Beispiel des frühmittelalterlichen
Gräberfeldes von Weingarten, Baden-Württemberg“
Dort steht sehr viel über Fibeln usw ...
:thumbup:
Bin zu blöde das Dokument zu verlinken ; gebt bitte bei google
othes.univie.ac.at/8011/1/2009-12-09_0349004.pdf ein und diese wird sogleich gefunden.
 
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@Sigurd, diese tolle Diss kann mal als grobe Übersicht für eine bajuwarische Darstellung benutzt werden, wenn nichts anderes zur Hand ist, jedoch handelt es sich bei Weingarten klar um alamannische Funde :) Als Alamannin kann ich auch mal eine bajuwarische Fibel tragen, aber gerade im Schmuckbereich oder bei den Gürtelgehängen gibt es schon Unterschiede. Leider werden in der Merowingerzeit die Völker öfters modetechnisch in einen Topf geworfen, was aber nicht so war. :whistling: Auf der HP von Alsunas Gruppe Hedningar sind verschiedene Bajuwarinnen dargestellt, nur schon da sieht man die zum Teil recht großen Unterschiede der verschiedenen Phasen http://hedningar.com/index.php?page=darstellung Wenn Rowena eine bajuwarische Darstellung machen möchte, kommt sie nicht um Dissen und Fachbücher herum, die sich mit den Eigenheiten der Bajuwaren befassen. Einem Haithabu-Darsteller ist ja auch nicht mit den Grabfunden und Auswertungen von Birka geholfen ;) , denke, da stimmst du mir sicherlich zu :D Das wären dann Bücher wie: Die Bajuwaren Hans E. Nöhbauer Die legendäre Herkunft und der fabelhafte Weg eines deutschen Stammes aus der Urzeit in die Gegenwart Vom Leben der Bajuwaren 488 - 788 Begleitheft des Museumspädagogischen Zentrums München Auf den Spuren der Baiuwaren Archäologie des frühen Mittelalters in Altbayern Hermann Dannheimer Prähistorische Staatssammlung Es grüßt die momentan wohl einzige Alamannin vom Forum :D
 
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es wurden wohl Vogelfedern und Daunenfedern im Zusammenhang mit Stoffresten gefunden worden. Wozu haben diese gedient?
Entweder ein Teil des Grabritus oder Fütterung, z.B einer Decke, Kissen oder Kleidung. Jedenfalls sind das die Theorien, welche es bei ähnlichen Funden im Norden gibt.
 
- Bei den Nadeln kommt es wie gesagt auf die Fundposition an... es gibt da verschiedene Moden betreffenden der Haartracht die sich über die Jahre ändern und es gibt auch die Möglichkeit dass eine einzelne lange Nadel einen langen Schleier an der restlichen Tracht festgesteckt hat. Dazu ganz interessant der Artikel von Max Martin über die frühmittelalterliche Damenkleidung in dem schwarzen kleinen Katalog zu Frühmi Ausstellung im Gäubodenmuseum Straubing. Da gibt es ein ganzes Kapitel zu den Haar bzw. Schleiernadeln. (Mir fällt gerade der Buchtitel nicht ein.) Auch gut dazu: J.Möller: Zur Funktion der Nadel in der fränkisch-alamannischen Frauentracht. Eigentlich müsste ich jetzt länger ausholen. Kurz gesagt: Was den Aspekt Mode in der Merowingerzeit betrifft gibt es zwischen den einzelnen Stammesgebieten etliche Schnittmengen. Imbesonderen spreche ich jetzt von Franken, Alamannen, Bajuwaren und Thüringern. Wenn man sich einmal überlegt dass zwischen den Stämmen ein ständiger Ausstausch stattgefunden hat (Einnahme von Stammesgebieten, Protektorat, Neu-Ansiedelung stammesfremder Bevölkerung etc) und die einzelnen Stämme teilweise nicht als fertiger Stamm in Stammesgebiet eingewandert ist sondern sich dort gebildet haben verwundert es nicht dass man beim Trachtenschmuck häufig eine ähnliche Fundlage im Grab vorfindet und somit wahrscheinlich eine ähnlich Tracht getragen wurde. Ausnahmen gibt es dabei natürlich immer. (siehe zur Trageweise der Fibeln: [font='Arial, Helvetica, sans-serif']Strauß, E.-G., Studien zur Fibeltracht der Merowingerzei[/font]t.) Die Basis ist also eine sehr ähnliche. Beim Dekor und der Gestaltung der Fibeln und dem Ausmaß und Aussehen der Gehänge gibt es natürlich je nach Zeitabschnitt und Region Unterschiede. Allerdings findet man Fibeln die als stammestypisch angesehen werden auch gerne in Gräberfeldern anderer Stämme was nocheinmal den Ausstausch der Stämme untereinander unterstreicht. Kurzum für die Interpreation der Frauentracht ziehe ich schon auch Fachartikel zur Hand die die Trachtenbestandteile aus einem stammesfremden Gräberfeld thematisieren. (Danke für das erwähnen unserer Seite Marlene. Dazu muss ich allerdings klarstellen dass die Bajuwarinnen Straubing 246 und 262 in etwa derselben Zeitstufe entstammen und auch eine ähnliche Tracht tragen. Die Bajuwarin Straubing 668 ist früher datiert und bekommt eine neue Kleidung, daran arbeite ich gerade. (Mit dem momentanen Kleid bin ich da gar nicht zufrieden. :rolleyes: ) Man kann aber in der Tat schön den Unterschied zwischen den Kleidern der "jüngeren" Bajuwarinnen zu den zeitlich früheren Trachten der Fränkin und der Thüringerin sehen, die der "Älteren Merowingerzeit" entstammen und denen ich ein Mantelkleid angezogen habe. ) - Bei den Vogelfedern gehe ich auch von einer Polsterung aus, Matratze oder Kissen. Vergleiche: "Ein merowingerzeitlicher Baumsarg aus Lauchheim/Oastalbkreis..." von Johanna Banck. Die Tote war anscheinend auf einer Matratze aus Köperbindingem Stoff gefüllt mit einer "dichten Grundposlterung", "werkartigem Pflanzenmaterial" und Obstkernen gebettet.
 
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Gern geschehen Alsuna, eure Seite kam mir als schönes Beispiel gerade in den Sinn :D Und ich trage so nebenbei auch eine bajuwarische 5-Knopf-Bügelfibel neben meiner Weingarten-Bügelfibel, ;) , zwar nicht aus dem Grund eines gemischten Grabes, was es ja auch gab und wie Alsuna schon geschrieben hat, doch mein Grund gehört jetzt nicht hier hin :whistling:
 
So dala, der ganze Titel des Buches lautet: "Gäubodenmuseum Straubing - Abteilung Frühe Baiern im Straubinger Land." Nettes Büchlein mit ein paar kurzen und knackigen Artikeln. Habs leider online noch nirgendwo gesehen. Also unbedingt kaufen wenn man im Gäubodenmuseum (ist sowieso ein MUSS für jeden Bajuwaren-Darsteller ^^ ) zu Besuch ist. Der Artikel hieß: "Haube, Schleier oder Gewand? - Zur Funktion der Schmucknadeln in der merowingischen Frauentracht".
 
Vielen Dank schonmal für die vielen Informationen. Auch wenn ich leider bisher die Bücher noch nicht alle gefunden habe. Mir ist aufgefallen, dass auf der tollen HP (wirklich gut gemacht) die Bajuwarinnen immer Kleider mit fast kaum Fibeln an haben. Gab es bei den Bajuwaren keine Kleider die vorne mit Fibeln geschlossen wurden? Besteht die Kleidung auch aus Unterkleid und dann noch ein Überkleid (langärmlig oder mit kurzen ärmeln). Was wurde angezogen wenns kalt wurde?
 
Gab es bei den Bajuwaren keine Kleider die vorne mit Fibeln geschlossen wurden?
Meinst du meine Seite? Wenn du die speziell für eine Kleider-Rekonstruktion der Bajuwaren interessierst kann ich dir wärmstens diese Bücher empfehlen: Strauss, Ernst-Günter. Studien zur Fibeltracht der Merowingerzeit. Iris Bollbuck, Studien zu merowingerzeitlichen Textilien, phil. Diss. (Hamburg 1987). Albert France-Lanord, Michel Fleury: Das Grab der Arnegundis in Saint-Denis. In: Germania. Band 40, 1962 Antja Bartel/Ronald Knöchlein, Zu einem Frauengrab des 6. Jahrhunderts aus Waging am See, Lkr. Traunstein, Oberbayern. Man natürlich noch mehr ins Detail gehen, aber mit obigen Artikel kann man schon eine Menge anfangen. Zu der Homepage: Die Bajuwarinnen 246 und 262 sind wie schon gesagt Bajuwarinnen der Jüngeren Merowingerzeit, einer Zeit in der wahrscheinlich eine einzelne Scheibenfibel einen Umhang verschloss. Bzw, die Bajuwarin 262 ist, wie der Text sagt, eine Bajuwarin mit einer schlichten Ausstattung die keine Fibel im Grab bei sich trug. Die Bajuwarin 668 wird überarbeitet werden und bekommt ein komplett anderes Kleid, wie schon erwähnt. (Aber mehr dazu wenn das Kleid fertig ist. ) Du sprichst schätzungsweise von der Rekonstruktion des Kleides zur 4-Fibeltracht (zwei Fibeln im Halsbereich und zwei Fibeln im Bauch/Beckenbereich) bei der das offene Kleid mit den Fibeln verschlossen wird. Das ist die gängige Rekonstruktion/Interpretation zur 4-Fibeltracht die schwerpunktmäßig in der Älteren Merowingerzeit liegt. Es kommt also primär darauf an wie das Grab datiert ist dass zu darstellen möchtest. "Besteht die Kleidung auch aus Unterkleid und dann noch ein Überkleid (langärmlig oder mit kurzen ärmeln). Was wurde angezogen wenns kalt wurde?" Die Antwort darauf entspringt entweder logischer Überlegung oder Erfahrungssache... Die Kleidung die den Bestatteten mitgegeben wurde, wird diese sehr schlicht oder sehr prunkvoll gewesen sein? Wie sieht der Grabritus dieser Zeit aus? Ein aufwändig gefärbtes und besticktes Kleid muss pfleglich behandelt werden. Trägt man es jeden Tag? Trägt man nicht auch dazu eine Art Unterwäsche die die teure Kleidung schützt und täglich gewaschen werden kann? Ist diese Unterwäsche im Sommer und im Winter aus dem gleichen Material? Was trägst du im Sommer? Wenig Kleidung oder viel Kleidung? Wieviele Schichten trägst du im Winter wenn es richtig kalt ist und du eine gewisse Zeit draussen verbringen musst? Ist diese dann aus Leinen oder Wolle?
 
Hm, kleiner Zusatz: Die Rekonstruktion der merowingerzeitlichen Textilien ist deswegen auf solche logischen Überlegungen angewiesen da man leider den größten Prozentsatz der Informationen einzig aus den Textilfunden der Bestattungen beziehen kann. (Ich warte ja noch auf meinen "Moorfund" mit einem Satz komplett erhaltener Kleidung) ;) . Und das sind zumeißt nur kleine Textilreste. Dazu gibt es nur einige wenige Informationen aus der zeitgenössischen Literatur, wenige Mosaike und Abbildungen aus Psalter der Karolingerzeit (also "danach") die man heranziehen kann... (Wenn man bereits Darsteller einer deutlich besser dokumentierten Zeitstufe ist muss man sich der erstmal umorientieren. :S )
 
Ich denke Alsuna, da bist du wohl nicht die Einzige, die auf einen Schablow a la MWZ wartet :thumbsup: Aber diese Moorleiche soll doch bitte auch noch Schuhe im Grab haben, dass würde uns das Leben wohl um einiges einfacher machen 8o
 
dann mal vielen Dank :) mal sehen wie weit ich mit den ganzen Vorschlägen komme.... aber ich werde das schon schaffen :) Habe gerade festgestellt, dass leider nichts bei den Grabfunden aus meinem Buch dabei steht, was die Datierung an geht...
 
Das gibt es öfters bei Grabfundberichten. Es wird nicht immer das Jahrhundert oder das Jahrzehnt angegeben, weil angenommen wird, dass die Leser des Buches mit den verschiedenen Stufen oder Phasen der Entwicklung des Volkes vertraut sind. Wenn man diese Kenntnisse hat, kann man auf Grund der Beigaben meistens erkennen um welches Jahrhundert resp. sogar um welche Periode innerhalb eines Jahrhunderts es sich handelt. Das ist so wie Alsuna es wegen den Fibeln erklärt hat. Nehmen wir mal z.B, ein alamannisches Grab in dem 2 kleine Vogelfibeln an den Schultern und 2 3-Knopf-Bügelfibeln in Bauchhöhe gefunden werden. Nur schon auf Grund der Vogelfibeln an der Schulter weiss ich, dass es sich um ein Grab aus der alten Alamannia handeln muss. Woher weiss ich dies? In dem ich zuerst grundsätzliche Bücher über die Alamannia und die Alamannen gelesen habe, bevor ich Grabfundpublikationen studiert habe. Dann kommen die Knopf-Bügelfibeln dran, die 3 Knöpfe aufweisen. Diese Knöpfe und die Fundposition verraten mir wiederum zu welchem Jahrhundert oder sogar in welches Jahrzehnt ich das besagte Grab einordnen kann.
 

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