"Der Medicus" - Kleine Filmkritik

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Morgan

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So, wir waren ja neulich im "Medicus". Eins vorweg: Für diesen Film braucht man mal keine 3D-Brille; ein klassischer Eimer Popcorn reicht völlig :) Das Schlechte zuerst: Das Buch ist kaum wiederzuerkennen. Die spannende jahrelangelange Reise mit dem Bader, die Rob durch halb England führt, wird nur angerissen und auch der lange Weg von England nach Isfahan wird im Schnelldurchlauf bewältigt. Noch dazu mit dem Schiff und durch die Wüste, statt, wie im Buch, über den Balkan. Wie Rob hebräisch lernt, bleibt ein Rätsel und trotz der beachtlichen Filmlänge von 2,5 Stunden zieht der Film am Ende das Tempo so an, dass der Zuschauer den Eindruck hat, Rob wäre allenfalls ein paar Monate in Isfahan gewesen und nicht viele Jahre seines Lebens. Die wohl größte Veränderung zum Buch ist aber: Robs große Liebe, im Buch die schottische Schafzüchterin Mary, heißt hier Rebecca und ist Jüdin! Ansonsten aber kann man sich das Popcorn schmecken lassen: Der Film schwelgt in üppigen, grandiosen Bildern, die Kameraführung ist genial - allein der Moment, wo Rob nach seinem Marsch durch die Wüste im Morgenlicht endlich Isfahan erblickt, raubt einem ebenso den Atem wie dem Helden. Solche Augenfeste gibt's etliche im Film und manchmal hätte ich den Film anhalten wollen, um mir die prachtvollen Mosaiken, die Stickereien, die punzierten Metalltabletts oder die Teppiche genauer anzuschauen. Wenn da an manchen Stellen etwas mit dem Computer gemacht wurde, dann so geschickt eingeflickt, dass man an keiner Stelle aus den wunderbaren Illusionen herausgerissen wird. Die Filmmusik ist passend, angenehm und trägt mit dazu bei, einen in den "alten Orient" zu entführen. Den ganzen Film durchziehen sowohl grandiose Landschafts- als minuitiös ausgeführte Detailaufnahmen. Der Hofstaat ist prächtig, die Stadt bunt, die Schlachten brutal und blutig und die Pestbeulen eklig. Und die Sektion des alten Abdelcharim so realistisch, dass man einen Moment das Gefühl hat, hier liegt ein echter Toter und kein Wachsmodell. Es gibt an mehr als einer Stelle was zu kichern oder zu erschrecken und die Schauspieler zeigen allesamt eine wirklich ordentliche Leistung. Am Coolsten fand ich Stellan Skarsgard, den Bader. Deshalb war ich auch nicht böse, dass der, im Gegensatz zur Romanvorlage, am Ende des Films Rob wiedersehen durfte. Übrigens nett gemacht, diese letzten Szenen ;) Wer auf das große "A" im Kino gern mal verzichten kann und im Kino einfach mal in wunderschönen Bildern nebst spannender Handlung schwelgt, soll unbedingt hingehen!
 
Die wohl größte Veränderung zum Buch ist aber: Robs große Liebe, im Buch die schottische Schafzüchterin Mary, heißt hier Rebecca und ist Jüdin! ... Am Coolsten fand ich Stellan Skarsgard, den Bader. Deshalb war ich auch nicht böse, dass der, im Gegensatz zur Romanvorlage, am Ende des Films Rob wiedersehen durfte.
8| Waaaaaas? Aber, aber, aber... dann verändert man Robs Biographie... das war im Buch doch einer der Knackpunkte in Isfahan, dass er eine Christin zur Frau nimmt. Und der Tod des Baders veranlasst ihn doch erst dazu, auf eigenen Beinen zu stehen... ;(
 
Wir haben uns den Film gestern Abend angesehen. Vorab sei zu sagen: es ist schon bestimmt 15 Jahre her, dass ich den Medicus gelesen habe, von daher auch die Geschichte nicht mehr zusammen bekam. Es ist wie meistens, dass Buch und Film wenig bis nichts miteinander zu tun haben. Beim Vorspann, in dem der Nachfolgefilm zu 300 angepriesen wurde, hatte ich noch so meine Probleme mit "DEN Griechen" und "den Persern". Konnte das aber sehr schnell abstellen bei wirklich grandiosen Bildern! Es war wirklich alles dabei: zum lachen, schmunzeln, schniefen, und auch hassen (denke da in dieses Mulla-Hausmeisterchen). Die Zeit verflog wirklich schnell und manchmal wäre ich gern selbst durch die Kulissen gelustwandelt, um genauer zu sehen und zu fühlen. Mein persönliches Highlight war Ben Kingsley als ibn Sina (wobei ich auch hier nicht weiß, wie das im Buch war). Fazit: war schon ganz großes KINO!
 
Als Alternative zum ZDF gabs gestern bei Fridebarth und mir Kino. Der Saal wurde dunkel, die Kamera schwenkte über grüne Hügel, ein Zweizeiler in gelber Schrift erschien und die ersten Worte lauteten "Im dunklen Mittelalter......" :groehl . Prust. Da ich das Buch nicht gelesen hatte, war ich völlig unvoreingenommen, aber auch mir waren die "Sprünge" in der Story zu groß, genug Stoff für einen Zweiteiler. Sehenswert vor allem Sir Ben Kingsley, toll!
 
genug Stoff für einen Zweiteiler
hätten Sie es mal gemacht. Die Sprünge waren so grauenvoll, dass ich mich schon geärgert habe, das Buch kurz vorher nochmal gelesen zu haben. Und einfach mal aus der rothaarigen Mary Cullen eine jüdische Rebecca zu machen,fand ich schon recht merkwürdig. Und das Rob Cole die Ursache für die Pest aufgeklärt hat - da hätte sich doch 1898 Paul-Louis Simond nicht so viel Mühe machen brauchen.... :whistling: Aber einige hahnebüchene Sachen waren schon dabei. Als Rob und Ibn Sina angeklagt werden und er - um die Juden zu schützen - sich auch noch hinstellt und bekannt gibt, es sei Christ - und das zwischen den ganzen Mullahs.... :kopfhau Und der frisch am Blinddarm operierte Schah setzt sich auf´s Pferd und kämpf.... Als der auf dem OP-Tisch lag, hatte ich shcon so eine böse Vorahnung... Mein Mann flüsterte nur: Geiles OP-Laken.... :D Über die Krankenhausgründung in London am Schluss schweigen wir mal lieber. Alles in allem: wir haben in der Pause ernsthaft überlegt, zu gehen. Ja, die Bilder waren schön und ich muss auch zugeben, dass die Schauspieler ihre Sache gut gemacht haben. Wir haben uns nur allen Ernstes beim Abspann gefragt, wofür die Förderung vergeben wurde. Für das Nichtlesen des Buches? Schade, dass so ein interessanter Stoff so verhunzt wurde. Ich hatte mich das ganze Jahr schon auf diesen Film gefreut und war ehrlich enttäuscht. Das Drehbuch erinnerte an die Wanderhure auf männlich getrimmt. Und wir haben bewußt alle Kleidung- und Rüstungsfragen ausgeklammert. Wobei ich am Ende ja schon fast ein wenig enttäuscht war, keine Ibelin-Waffenrücke gesehen zu haben.... :whistling:
 
Um den Reigen der "aufAvatarausmFensterGucker" komplett zu machen ( :zunge ) ... ich kannte das Buch (vor vielen jahren gelesen), habe nichts erwartet und wurde mit einem unterhaltsamen Film belohnt. Ich hab mich gut unterhalten. :thumbup:
 
@ Bernhard: ich sag´s mal so - wenn Du keine Ansprüche hast, wird er Dir gefallen. Ich habe darauf bestanden, diesen Film im Kino als erstes zu sehen, allein wg. der gewaltigen Bilder aus dem Trailer, die auf einem TV-Gerät doch ganz anders rüber kommen. Ich würd´s auch wieder tun - das war auch einer der Gründe, weshalb ich in der Pause nicht gegangen bin. Die Bilder sind wirklich sehenswert, allein die Stadt Isphahan haben sie ganz nett gemacht. Also, wenn man nicht darüber nachdenken sondern einfach nur Popkorn-Kino genießen will - dann kann ich den Film nur empfehlen. Wer sich allerdings auf genau diese Geschichte freut, der wird enttäuscht sein.
 
Ja, Popcorn-Kino, das ist der treffende Ausdruck. Grandiose Bilder, tolle Schauspieler und eine Story, die man einfach mal Story sein lassen muss, mit allem, was daran spinnert oder phantastisch oder "unmöglich" ist. Spannend ist sie allemal.
 
Ich bin auch froh, dass zwischen dem Lesen des Buches und am Angucken des Films bei mir mindestens 15 Jahre ins Land gegangen sind. Ich hab glücklicherweise also so einiges vergessen und hab viele der schönen Bildeinstellungen deshalb entspannter genießen können. Sehr enttäuscht hat mich das Reisehopping (ich finde es beispielsweise irgendwie wichtig zu wissen wie sich Cole dem Judentum nähert) und wieso er im Film eine Jüdin geheiratet hat sich mir auch nicht erschlossen. Was ich mich noch gefragt habe ist wieso das europäische Mittelalter immer so entsetzlich schmutzig und düster dargestellt wird. Hatten die kein Wasser? Jesses :rolleyes: Das ist ja nicht der einzigste Film, in dem das so geschildert wird. In Isfahan war dann plötzlich alles bunt und viel sauberer, Menschen inclusive. Popcornkino ja, das Buch sollte man aber besser nachher lesen :)
 
Heute haben wir den Abend genutzt und sind ins Kino "Der Medicus". Mein Urteil zu dem Film: "Er ist sehenswert!" Natürlich gibt es grobe und kleine Schnitzer in dem Film, aber wenn man etwas entspannter ran geht macht es Spaß ihn zu sehen. Für mich kommt er durch die Schauspieler und den Bildern an die Qualität von "Königreich der Himmel" ran. Dieser Film wird auch eine Blu ray in meinen Schrank wert sein.
 
Jupp, mir hat es auch gefallen. Ziemlich gut! Was ich an erster Stelle positiv vermerken möchte, sind die "neuen" Bilder. Also, natürlich kennt man sich mit unseren Vorstellungen von schönen Landschaften und dem Islam des Mittelalters aus und nutzt sie auch für stimmungsvolle Aufnahmen. Aber trotzdem hat sich bei mir nie das Gefühl eingestellt: "*gähn*, schon tausendmal gesehen!". Im Gegenteil habe ich mich von den wunderschönen Lichtstimmungen und Farben gerne verzaubern lassen. Und wo andere Filme immer wieder meine spontane Reaktion herausfordern: "Prima Computertechnik!", fügt sich das hier alles recht unauffällig ein. Manche Einstellungen erinnern übrigens an Bilder von Rembrandt oder die romantischen Abbildungen des 19.Jahrhunderts. Sehr schön!! Darüber hinaus ist der Film sehr sorgfältig, fast detailverliebt, ausgestattet. Man kann in den Bildern spazieren gehen- Ich freue mich schon auf die DVD, dann kann ich auf Stop drücken und genauer hinschauen :) Wie weit die Verfilmung sich jetzt an authentische Ausstattung hält, kann ich nicht beurteilen (die Hochzeitskrone fand ich irgendwie afrikanisch anmutend). Aber insgesamt sehr durchgängig, so würde ich es nennen, eine geschichtssensible Ausstattung! Abweichungen vom Roman (ich höre gerade das Hörbuch) stören mich kaum. Naja, bei der Geliebten muss man umdenken. Macht mir aber nichts; Die Rolle ist so oder so: Schön sein und den Schnabel halten. Und die Schauspieler finde ich klasse! Vor allem Ibn Sina; Ein Mensch, der so viel Anziehungskraft hatte, muss wohl sowohl weise als auch humorvoll gewesen sein. Aber auch Rob finde ich überzeugend. Bei den Szenen, in denen er seziert, war ich begeistert von der Zärtlichkeit, mit der er jedes einzelne Organ in die Hand nimmt. Sehr blöd (irgendwas muss ja auch mal kritisiert werden) fand ich die mehrfachen, fast unaufhörlichen Deus-ex-Machina-Szenen am Ende. Jede Rettung geschieht, aber sie geschieht in allerletzter Sekunde. Aber insgesamt sehr sehenswert, wie ich finde! (Es ist sogar noch etwas Popcorn übrig geblieben...)
 

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