Kettenhandschuhe am Hauberk! Ab wann belegbar?

This site may earn a commission from merchant affiliate links, including eBay, Amazon, and others.

Thomas W.

Moderator
Registriert
01. Jan. 2011
Beiträge
6.885
Reaktionspunkte
5.112
Ort
CH-9400 Rorschach
Hallo zusammen, aus dem Thema über die Kettenbeinlinge hat sich aktuell für mich auch eine Frage ergeben. Ab wann sind denn Handschuhe am Kettenhemd belegbar? Bin bis jetzt vom frühen 13. Jhdt. ausgegangen... aber da scheine ich mich geirrt zu haben. :whistling: Unser Hermann und Gerald von Ameningen haben ja unter anderem - im Thema über die Kettenbeinlinge - einen Bildbeleg gepostet, bei dem an den Kettenrüstungen bereits auch Handschuhe dran befestigt sind:
Ein berühmtes Beispiel ist die Winchester Bibel (ebenfalls 1160 - 1180), aus der diese bekannte Abbildung von David und Goliath stammt: http://manuscriptminiatures.com/4670/12155/
Bei der Suche bin ich noh auf "Hortus Deliciarum " gestossen. Entstanden zwischen 1167 und 1185. Zitat Hortus deliciarum (Latin for Garden of Delights) is a medieval manuscript compiled by Herrad of Landsberg at the Hohenburg Abbey in Alsace, better known today as Mont Sainte-Odile. It was an illuminated encyclopedia, begun in 1167 as a pedagogical tool for young novices at the convent. It is the first encyclopedia that was evidently written by a woman. It was finished in 1185, and was one of the most celebrated illuminated manuscripts of the period.[1] The majority of the work is in Latin, with glosses in German. (Zitate http://en.wikipedia.org) http://www.1186-583.org/IMG/jpg/combat_de_josue.jpg
Kann man nun davon ausgehen, dass bereits "ab/zwischen 1160 - 1180" Kettenhandschuhe eine "fester Bestandteil" einer Kettenrüstung seien konnten?
 
Das sind, neben der bereits erwähnten Winchester Bibel, so die frühesten Belege von Hauberks mit integrierten Handschuhen, die ich kenne: Rolandslied von Konrad „der Pfaffe“ Regensburg/Hessen-Thüringen (?), ca.1170, Cod. Pal. germ. 112 http://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/cpg112 Morgan M.44 Miniatures of the life of Christ Frankreich ca. 1175 http://manuscriptminiatures.com/4653/12310/ Fécamp Psalter Frankreich ca. 1180 http://manuscriptminiatures.com/4526/11341/ Allerdings sind bis in's frühe 13.Jhd die Abbildungen ohne Handschuhe deutlich in der Überzahl, auch innerhalb einer Handschrift. Freundliche Grüsse Gerald von Ameningen
 
Anbei noch ein paar Bildbelege für "Handschuhe am Hauberk" im späten 12. Jhdt. Bibel Sainte-Geneviève, ms. 0009 (1185-1195) http://i58.tinypic.com/k4c6xh.jpg Bibel Sainte-Geneviève, ms. 0010 (1185-1195) http://i57.tinypic.com/n1t9p4.jpg Harley 5102 Psalter, England (1175-1200) http://i58.tinypic.com/30seryp.jpg 5 x Hortus Deliciarum Elsass, F (1176-1196) http://i61.tinypic.com/2zz7qqv.jpg http://i57.tinypic.com/2qjiwlw.jpg http://i59.tinypic.com/a3yz5w.jpg http://i62.tinypic.com/2lbdgld.jpg http://i57.tinypic.com/fvwa6q.jpg
 
Wobei ich bedenke ob es bei den meisten Bildern so ist denn es kommt auf den Künstler an ... sicher kann man das nur sagen bei Bildern wo man die Hände sieht und dabei die Handschuhe herunterhängen... Ist halt meine Ansicht
 
Interessant ist bei dem Bild: Bibel Sainte-Geneviève, ms. 0010 (1185-1195) das man dort ein Kurzärmliges Kettenhemd sieht. Aber ich frage mich auch wie ist der Handschuh besfestigt? Man sieht auf einigen Bildern wie der Handschuh vom Ärmel herunterhängt, aber ist er mittels Kettengliedern fest angenietet, oder mittels Lederriemen nur "angebunden"? Dann wäre es leicht möglich das Hemd je nach Bedarf mit oder eben ohne Handschuh zu tragen.
 
Ja genau das ist die Frage , ob fest mit eingewebt in das Kettengeflecht oder wirklich nur angebunden . Denn ich glaube , das lässt sich nicht deutlich feststellen oder gibt es einen wirklichen Beweis ob es nicht beide Varianten gab
 
Wenn wir uns dieser Frage mal von der praktischen Seite her annähern wollen, muss die Frage nach den jeweiligen Vor- und Nachteilen gestellt werden. Der Arbeitsaufwand für die durchgehende Variante ist kaum grösser als die Handschuhe mit Lederriemen fest zu binden. Dem fraglichen Vorteil, die Handschuhe abnehmbar zu gestalten (wozu soll das denn gut sein?) steht die mögliche Schwachstelle (müsste aber schon ein wahnsinns Glückstreffer sein) am Handgelenk gegenüber. Aus meiner Sicht unentschieden. Aus zeitgenössischen Quellen einen Negativbeweis zu erbringen, also zu beweisen, dass es etwas NICHT gab, ist grundsätzlich extrem schwierig bis unmöglich. Funde gibt es keine, weder für durchgehendes Ringgeflecht oder nur angebunden. Abbildungen und Skulpturen zeigen entweder eindeutig durchgehendes Ringgeflecht oder sind so undeutlich, dass sie weder als Beleg für das Eine oder das Andere taugen. Willst Du also auf der sicheren, d.h. wenigstens von Abbildungen oder Skulpturen her belegbaren Seite sein, dann wähle die durchgehende Variante. Aus praktischer Sicht machst Du damit meiner Meinung nach keinen Fehler, obwohl ich zugeben muss, keine Erfahrung mit angebundenen Handschuhen zu haben. Freundliche Grüsse Gerald von Ameningen
 
Also ich finde auf den angesprochenen Abbildungen durchaus Kettenhemden mit kurzen Ärmeln...aber wo sind da die angeblichen Handschuhe....bin ich blind?
 
da bin ich ja echt froh, das ich bei meiner darstellung (ende 13tes) seperate Fäustlinge haben kann^^ ich stelle mir nur immer die Frage, wie stark solche Handschuhe gepolstert waren
 
Hallo Milan Die früheste und, nebenbei gesagt, bisher einzige Quelle für separat getragene Ringpanzerhandschuhe (anhand der ausgeprägten Stulpenform würde ich auf, mit Ringgeflecht überzogene, robuste Lederhandschuhe tippen), die ich kenne, ist die Manessehandschrift. Genauer gesagt, die Bilder des oder der Nachtragmaler, die so ungefähr aus 1330 stammen. (Diese Bilder unterscheiden sich deutlich von jenen des so genannten Grundstockmalers, der um 1300 herum 110 von den 137 Bildern geschaffen hat – u.a. leicht an der einfacheren Gestaltung des Bilderrahmens zu erkennen). Diese Bilder sind : Kristan von Luppin - Tafel 73, (226v) Herr Friedrich der Knecht - Tafel 107, (316v) von Buwenburg – Tafel 118, (359r) Heinrich von Tettingen – Tafel 119, (361r) Umso interessierter bin ich natürlich, Deine Quellen von separaten Ringpanzerhandschuhen Ende des 13. Jhd. kennen zu lernen. Ich persönlich bevorzuge angearbeitete Handschuhe, weil sie einfach abgeworfen werden können, wenn eine Tätigkeit eine gewisse Feinmotorik erfordert, sie dabei aber nicht verloren gehen können. Gerade beim Reiten ein unschätzbarer Vorteil, auch heute noch! Zur Frage, ob diese Handschuhe überhaupt Polsterung aufwiesen oder nur aus festem Leder bestanden, geben die Quellen nichts her. Freundliche Grüsse Gerald von Ameningen
 
ich meinte die Manesse, allerdings is die von 1300-1340. Ich kann mir nur schwer vorstellen, dass ein anderer Rahmen auf eine spätere datierung hinweißt Außerdem hab ich mal bei effigies and brasses 1-2 Belege gefunden, wenn ich mich recht erinnere aus Österreich. Diese Gruppe hier schreibt auf ihrer Website, dass ab 1250 langsam eine Aufteilung des Kettenhemdes geschah, also Haube und seperate Handschuhe, aber das wird nur schriftlich erwähnt. Ich halte diese Leute was Quellen angeht für sehr zuverlässig. Zu meinen Handschuhen: ich habe am handgelenk ein schnürung eingearbeitet, so dass diese fest sitzen. Sie haben zudem einen Schlitz an der Handinnenseite, um eine gewisse feimotorik zuzulassen. Ich hab die auch dick gepolstert, was natürlich etwas klobig wirkt, aber im Kampf unersätzlich ist. Als replik o.ä. würde ich meine Handschuhe aber keinesfalls bezeichnen
 
da bin ich ja echt froh, das ich bei meiner darstellung (ende 13tes) seperate Fäustlinge haben kann^^ ich stelle mir nur immer die Frage, wie stark solche Handschuhe gepolstert waren
Hallo Milan, in Sachen Polsterung der Handschuhe, verweise ich auf die Figur des heiligen Mauritius im Dom zu Magdeburg. Grüsse G.
 
Hallo Milan Aus ihrer Entstehungsgeschichte wissen wir, dass die Manessehandschrift um 1300 begonnen wurde. Die ersten 110 Miniaturen stammen aus dieser Zeit und werden einem Maler, dem so genannten Grundstockmaler zugeordnet. Ungefähr 30 Jahre später, es können auch vierzig Jahre gewesen sein, wurden weitere Texte und 27 Miniaturen hinzugefügt. Anhand des Malstils können sie mindestens drei verschiedenen Malern zugeordnet werden, den so genannten Nachtragsmalern. Die Datierung der Nachtragsbilder auf ca 1330 bis 1340 erfolgt also nicht anhand der Rahmengestaltung, aber man kann sie deren auffallenden Unterschiede leicht von den Bildern des Grundstockmalers UNTERSCHEIDEN. Die berühmte Statue des heiligen Mauritius zeigt angearbeitete Fausthandschuhe. Sie sind für mein Auge auch nicht klobiger als meine ungepolsterten Handschuhe (wenn Du möchtest, kannst Du sie auf unserer homepage sehen, Bildergalerie – 2014 - Domleschg - Bild 14 oder 2013 – Sargans – Bild 36) Wie gesagt: Alleine vom Aussehen her ist es schwierig auf die Polsterung der Handschuhe klare Aussagen zu machen. Rein Neugierde halber: Welchen Vorteil siehst Du in der von Dir gewählte Lösung der separaten Fausthandschuhe? Gibt es Bilder davon zu sehen? Freundliche Grüsse Gerald von Ameningen
 
ok dann magst du damit recht haben, das war mir jetzt neu, dass es da gewisse zeitliche Unterschiede bei der Manesse gibt. (was die entstehung der einzelnen Bilder angeht-danke dir an dieser stelle für die info) der vorteil, den ich habe mit meiner Variante ist der, dass ich die hanschuhe auch mal seperat tragen kann. Ich habe diese außerdem gemacht, bevor ich mein Kettenhemd hatte. Die Handschuhe trage ich einmal die woche beim Training, wo wir eigentlich immer relativ leicht gepanzert kämpfen. Zudem trage ich sie noch vorübergehend für meine Spämi-Darstellung, bis ich zeitlich passenderen ersatz habe. auf diesem Bild kann man meine Handschuhe ganz gut erkennen, und den Rest von mir^^ http://www.mittelalter-paparazzi.de...dgames-kirrweiler2014/samstag/slides/265.html
 
Hallo Milan Zuerst einmal grosses Kompliment für Deine gesamte Darstellung auf dem Bild! Die Handschuhe sehen aus wie ein einem Stück am Ärmel befestigt. Trägst Du die Ärmel des Ringpanzerhemds über den Stulpen der Handschuhe oder habe ich einen Knick in der Optik? Oder haben die Handschuhe gar keine ausgeprägten Stulpen? Die Handschuhe kommen mir übrigens nicht übertrieben klobig vor. Wie dick ist in etwa die Polsterung und aus was besteht sie? Danke für die Hintergrundinfo, jetzt kann ich Deine Entscheidung für separate Handschuhe gut nachvollziehen. Freundliche Grüsse Gerald von Ameningen
 
vielen dank für die netten worte, freut mich immer zu hören, wenn ich auf dem richtigen weg bin also die handschuhe sind am handgelenk sehr eng geschnürt, also keine nennenswerte stulpe. Das Kettenhemd rutscht immer etwas drüber, da muss man schon sehr genau hinschauen, wenn man da einen Unterschied erkennen will. Die handschuhe bestehen an der oberseite aus zwei lagen leder, welche abgesteppt wurde und dann mit stoffresten als polstermaterial gestopft wurde. Die Dicke beträgt so ca. 2cm im schnitt und dämpft sehr gut schläge ab. Ich hab nur einmal einen Schlag auf die hand bekommen, der schmerzhaft war, allerdings an die Handinnenseite. Die Fäustlinge waren anfangs sehr steif, aber mittlerweile haben sie sich sehr gut eingetragen.
 

Neueste Beiträge

Oben