Experiment: Es Brennt mir auf den Nägeln

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Schwester_Amalia

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Seit meinem Besuch im Kloster Lüne vor 1,5 Jahren, ging mir das Sprichwort "Es brennt mir auf den Nägeln" nicht mehr aus dem Kopf. Die nette Dame die die Führung machte, erklärte uns, dass die Schwestern auch nachts aufstehen mussten zum beten. Damit sie aber die Hände frei zum beten haben, wurde sich eine dünne Kerze mit einem Tropfen Wachs auf den Fingernagel befestigt. Waren die Schwestern jetzt zu langsam beim beten und die Kerze heruntergebrannt, wurde es eben heiss auf den Nagel. Deswegen dieser Spruch. Jetzt stellte sich mir die Frage, Wahrheit oder Ammenmärchen, ich musste es testen ;) Also los gings, erstmal eine Kerze finden die nicht größer als ein fingernagel ist und auch noch ca 1 Stunde brennt, und am besten nicht viel tropft. Gefunden, nur die Stunde schafft die Kerze noch nicht so ganz. Aber es funktioniert. Die Kerze ist aus Honigwachs, also tauglich fürs Experiment Klick Quelle: Bild ich, mein online Album ;) Ja ich weis mein Blick ist sehr skeptisch, nicht wegen der Kerze sondern wegen dem Wind der sie mir dauernd gelöscht hat. Deswegen gleich die nächste Frage, Lagertauglich ja oder nein. Wenn kein Wind geht eine super Sache man hat die Hand frei, gut groß rumwedeln geht natürlich nicht, aber in der einen Hand was zum lesen halten oder so geht durchaus
 
Also würdest du jetzt sagen, in Klöstern könntest du dir gut vorstellen, dass die Nonnen es so gehandhabt haben? :) (Weiß nicht, wie zugig mittelalterliche Kirchen waren, aber mit einem offenen Lager ja eigentlich nicht ganz vergleichbar, oder? ?( )
 
Doofe, unwissende Frage: Ab wann waren denn Kerzen so sehr erschwingliche Alltagsgegenstände, dass jede Nonne sich zu jedem Stundengebet eine davon auf den Nagel pappen konnte?
 
hmmm das ist noch die zu klärende Sache, ich hoffe hier auf eine schöne Diskussion mit ein paar Ideen, Anregungen etc. Wenn wir so in dem Gebetsraum gestanden sind, hatte ich nicht das Gefühl das es gezogen hat oder irgendwo der Wind gepfiffen. Ob allerdings die Fenster da schon drin waren im Homi, gute Frage. Abgesehn davon muss ich ja mit der Kerze von meiner Schlafzelle quer durchs Kloster in die Kapelle laufen und dann der Wind vom gehen ?( Interessant wäre ob es sowas wie einen Windfang bei Kerzen gegeban haben könnte, so ähnlich wie heute diese Plastikteile bei den Osterkerzen oder hat es gereicht die Hand davor zu halten. Waren die Kerzen evtl doch ein wenig dicker?
 
Ab wann waren denn Kerzen so sehr erschwingliche Alltagsgegenstände, dass jede Nonne sich zu jedem Stundengebet eine davon auf den Nagel pappen konnte?
Das ging mir bei der Führung auch durch den Kopf. Gut das Kloster Lüne war jetz nicht gerade arm, die waren bekannt für Ihre Stickereien und haben damit auch gehandelt. Die Schwestern da drin waren Adlige und Stiftsdamen, die durften ja sogar ihre Bedinestete mitnehmen, wenn man der Dame die die Führung gemacht hat glauben darf. Das is die nächste Frage die mir im Kopf herumschwirrt, wie weit darf man den "Führerinnen" glauben? ich meine setzten die sich hin und sammeln Belege oder erzählen die nur was im Buch x-y steht? Weil als ich sie dann was zu den Stickereien und den Farben gefragt hatte, hat sie dann klein beigegeben und sagte ich kenne mich besser aus als sie, diese Fragen kann sie mir nicht beantworten, abgesehn davon wollte das noch keiner wissen ?(
 
Diese Erklärung für das Sprichwort hab ch auch schon gehört. Ob sie stimmt...? Man müsste ja kein Wachslicht nehmen, ein Talglicht wäre sicher auch denkbar und dazu noch billiger. Eine andere Erklärung, die ich mal gehört habe (von der ich aber auch net weiß, ob sie stimmt): Man verwendet ja diese Redewendung immer dann, wenn man sagen will, dass man dringend etwas sehr Wichtiges erzählen, ein wichtiges Thema anschneiden möchte. Hier soll sich die Redewendung von einer Foltermethode abgeleeitet haben, bei dem man dem zu Befragenden Kienspäne unter die Fingernägel schob und die Späne dann anzündete. Dem so Malträtierten brannte es buchstäblich auf den Nägeln und er konnte gar nicht schnell genug alles preisgeben, was man wissen wollte.
 
Im Büchlein der Rechtssprichwörter aus dem Rothenburger Kriminalmuseum... "Etwas brennt einem auf den Nägeln"... etwas muss in äußerster Eile in letzter Minute fertiggestellt werden: Redensart hergeleitet vom Brennen der Fingerspitzen durch aufgelegte Kohlen bei Folterung Im Buch "Schwein gehabt" (Regionalia Verlag) ... hier findet man Schwester A. Deutung wahrscheinlicher: Mönchsleben - Vigil um 2:00 Uhr - wenig Licht - Stummel der Kerzen auf Nagel des Buchhaltedaumens - Psalmen konnten so gelesen werden - da Vigil bis 3h dauerte, waren die Stummel dann wohl heruntergebrannt (also Zeit fertigzuwerden) und auch noch: http://de.wikipedia.org/wiki/Auf_den_Nägeln_brennen
 
:eek:ff2 Eine nette Anektode aus dem Kloster Benediktbeuern: Der Messner dort hat uns die Form des Chorgestühls im Psalterium ("Kopfstützen", die halbrund nach vorne zulaufen) damit erklärt, dass die Mönche, sollten sie beim Beten einpennen, so nicht vom Sitz fallen konnten! :D
 
Was ich mich gerade spontan frage ist: musste denn jede Nonne eine Kerze haben ? Jede Zweite oder Dritte würde doch reichen, denn scheinbar braucht es doch eine Menge Wachs für so ein Kerzlein. Ein Stummel ist da schon wieder einleuchtender. Und nein, ich glaube man darf den Leuten die so eine Führung machen nicht alles glauben, denn im Zweifelsfall haben die schon nicht die richtige Hintergrund Info bekommen, oder erzählen das was man schon immer erzählt hat.
 
Und nein, ich glaube man darf den Leuten die so eine Führung machen nicht alles glauben, denn im Zweifelsfall haben die schon nicht die richtige Hintergrund Info bekommen, oder erzählen das was man schon immer erzählt hat.
:thumbup: Das deckt sich mit meinen Erfahrungen... GUTE Gruppenbegleiter sind Mangelware. Liegt m.E. daran, dass gute Leute nicht bezahlt werden können und somit bestenfalls "interessierte" Ersatzleute über Projektförderungen angestellt sind. Letztes Bsp.: Militärmuseum in Peenemünde... die Damen am Infoschalter hatten NULL Ahnung von nichts... konnten aber die kasse bedienen (immerhin). :eek:ff1
 
Ich frage mich auch, ob jede Nonne lesen konnte. Wegen der häufigen Wiederholungen der liturgischen Gesänge und der festgelegten Lieder werden die doch das meiste auswendig gesungen und gebetet haben. Kommt natürlich drauf an, über welche Zeit man spricht.
 
Wegen der häufigen Wiederholungen der liturgischen Gesänge und der festgelegten Lieder werden die doch das meiste auswendig gesungen und gebetet haben.
Kürzlich hörte ich einen Vortrag zur lithuirgischen Musik des 15.Jhdt.... und da war von sehr speziellen und auf den Kirchenkalender abgestimmten "Feiern" die Rede. Für mich klang das nicht so, als gäbe es da die Möglichkeit alles auswendig zu kennen
 
Bedenkt man, wie teuer Kerzen in dem Zeitraum waren, den wir heute Mittelalter nennen, so eine Kerze beim Gehen durch den Kreuzgang sehr schnell sehr aus war, die gesamten Prozessionen sich daher ständig verzögert hätten weil wieder mal einer Schwester ihr Licht ausgegangen ist und man sich genausogut eine Laterne unter den kleinen Finger klemmen könnte bezweifle ich, dass an dem Spruch etwas für das MA dran ist. Man darf bei solchen Sprüchen nie vergessen, dass die nicht immer ihren Ursprung im Mittelalter haben müssen nur weil eine Gruppierung (in dem Fall Nonnen) ihren Ursprung dort genommen haben. Solange wir kein Bild von Mönchen/Nonnen oder eine Verordnung, eine schriftlich festgehaltene Rüge zu irgendwelchen Unfung der mit Kerzen während der Prozession getrieben wurde, oder sonst was haben kann ich nicht so recht glauben, dass sich jemand eine Kerze auf 'nen Fingernagel bappt. Just my two cents* * Deessss sann nur mei zwoa Pfenning*1 *1: nur meine zwei Pfennige
 
Ist es nicht so, wenn ich jahrelang im Kloster lebe - dann finde ich den Weg doch auch im Dunklen, oder? Und nach Jahren des Betens und Singens kenne ich die Texte im Kirchenzyklus doch ebenfalls?
 
Also es gab auch kerzen aus Harz und Talg. die waren deutlich günstiger. Und wenn sich jemand kerzen aus Wachs leisten konnte war es der Klerus. War ja kein Bettelorden oder? Vielleicht verfügte das Kloster ja auch über eigene Zeidlereien? Ich find die Geschichte süss und auch gar nicht soweit hergeholt. Im Wolfram von Eschenbach Museeum erzählte uns ein Führer woher die tiefen Furchen und Rillen an der Kirchenmauer stammten. Während die frommen Brüder drinnen beteten, kratzte der Leibhaftige von außen an der Heiligen Halle und hinterlies so seine Spuren. Auch ne schöne Geschichte. Hätte er sein eigenes Museum aber mal selber besucht, hätte er die richtige Antwort gewußt. Wir haben ihn darauf hingewiesen. Ein Jahr Später erzählte er bei der Führung dann, das die Kirchgänger sich ihren (wörtlich) Zunderstein aus denn Wänden kratzten. Da haben wir dann nix mehr zu gesagt
 

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