Der eigene Anspruch - geht es Euch auch so?

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Mara

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Hab letztens schon fast Panik bekommen, als ich anfing, meine Ausstattung für niederen Adel um 1200 (Sommergewandung) auf pflanzengefärbt umzustellen. Kleid in Krapp/ Cochenille-Mischung, Mantel sollte ein zwiebelschalenbronzefarbener Wollstoff sein, der bei mir noch rumlag, als Futter hatte ich einen walnussbraunen Wollstoff vorgesehen. Und der verdammte braune Stoff war für einen Halbkreismantel 10 cm zu kurz!!! :kopfwand Ich habe bestimmt eine halbe Stunde lang alle meine Stoffreserven durchgeschaut, hatte auch zwei schöne braune 100%-ige Wollstoffe dabei. Aber das ist ´ne Kopfsache - wenn alles andere pflanzengefärbt ist, muss es auch das Futter sein. Und 10 cm abschneiden, wenn ich nun schon einen Halbkreis mit 134 cm Radius habe - nein das wollte ich auch nicht. Glücklicherweise fiel mir gerade noch ein, dass ich auf dem vorletzten Heerbann einen dünnen Wollstoff in Doppelfärbung Reseda/ Indigo erstanden hatte. Und der passte, wie dafür gemacht. Ist zwar jetzt nicht von mir selbst handgefärbt, aber diesen Abstrich lasse ich gerade mal so gelten. :whistling: Im Moment webe ich gerade am passenden Gürtel und Tasselband (natürlich mit pflanzengefärbten Garnen in Krapp/ Cochenille, Indigo und Zwiebel). Ob der Gürtel bis zum WE fertig wird, weiß ich noch nicht, zumindest habe ich heute erst die Beschäge bestellt. Aber für den Rest werde ich am kommenden WE sicherlich das eine oder andere Foto zur Veranschaulichung mal dranhängen können.
 
Ja, das mit dem eigenen Anspruch kenne ich sehr, sehr gut. :D Aber hey, so fühlt man sich am Ende besser und weiß was man (getan) hat. Bin gespannt auf deine Ergebnisse! :)
 
Hihi, ja, geht mir JETZT schon so. Habe gerade so um die 600 g feine Wolle zu mittelfeinen Fäden gesponnen. Daraus soll ein pflanzengefärbter und von Meisterinnen-Hand gewobener Peplos werden. Nur die Kette wird maschinengesponnen sein, da ich noch lange nicht soweit bin, eine Kette zu spinnen. Und bei aller Vorfreude auf dieses Prachtstück fuchst es mich jetzt schon, dass net auch die Kette handgesponnen ist. Bin schon sehr gespannt auf deine Bilder, Mara! Und dass der Futterstoff net von dir pflanzengefärbt ist - man hat doch auch schon lange vor deiner Zeit Stoff fertig gekauft bzw. färben lassen ;)
 
Die Ansprüche steigen. :D Wo ich allerdings Abstriche mache, ist alles selber zu machen. Damals hat man sich auch spezialisiert und bevor ich mir einen Stoff fleckig färbe, lass ich lieber Färben, zumal Manuela das wirklich richtig gut kann, die Stoffe, die ich von ihr habe sind nahezu fleckenfrei. Im Mittelalter mussten die Stoffe Schauen durchlaufen und mich hätten sie als Färber wahrscheinlich an den Pranger gestellt :D Für gute Qualität gab es in den Städten Kontrollen (zum Beispiel in den Konstanzer Stadtbüchern nachzulesen), die sogenannten Schauen oder Leggen, die jeder Stoff durchlaufen musste. Entsprach er nicht den Vorgaben, wurde er zerschnitten. Daher bin ich dem "Original" als Bürgerin wahrscheinlich näher, wenn ich nicht alles selber produziere, sondern es von Leuten machen lasse, die mehr davon verstehen als ich. Ich sehe daher lieber zu, dass ich mein Spezialgebiet ausbaue und gut beherrsche, bei mir eben Flachs und Seide. Der Anspruch an die Ausrüstung ergiebt sich durch den Versuch, alles so eng wie möglich an Stade 1360 anzupassen. Da wird dann auch schon mal die eine oder andere Replik in Auftrag gegeben. So habe ich mir von Timm gerade ein Messer machen lassen, dessen Originalvorlage wir im Januar selber aus dem Stader Hafenschlick ausgegraben haben. Bevor ich ein Kleidungsstück nähe, verbringe ich jedes Mal aufs neue Stunden über Büchern oder in Bilddatenbatenbanken und grüble über die richtige Farbwahl nach. Das Ganze immer wieder aufs Neue, da kann ich mich gut mit verrückt machen und bin meistens beim Entergebnis immer noch unschlüssig, ob es das nun wirklich ist.
 
dessen Originalvorlage wir im Januar selber aus dem Stader Hafenschlick ausgegraben haben.
Wow, wie habt Ihr das denn auf 1360 datieren lassen? Kostet sowas nicht Unsummen, oder hat Euch das Museum dabei geholfen?
 
Man glaubt es kaum, aber dieses Gefühl kommt auch bei "Anfängern" hoch. Beim Färben und Spinnen und so sachen kann ich nicht mithalten. Das überlasse ich denjenigen die sich damit auskennen. Zum Färben fehlt mir immernoch der Behälter..... Ausprobieren will ich es trotzdem. Am Anfang war bei mir noch das Auge zudrücken, doch mittlerweile ertappe ich mich dabei wie ich anfange auch Sachen zu korrigieren und nachzuschauen ob es passt. Noch bin ich nicht komplett aber das wird schon. Ich kaufe gefärbten Stoff, denn den Platz und das Material sowie die Kunst das alles selber zu machen habe ich (noch) nicht. Der eigene Anspruch lässt meinen Mann die Augen rollen doch es stört mich schon gar nicht mehr, ich sehe schon dass ich ihn angesteckt habe denn wenn er an die Schuhe bzw an das Leder geht ist er derjenige der sehr pingelig wird :D
 
Wo ich allerdings Abstriche mache, ist alles selber zu machen. .
Das sehe ich auch so. Es wurden ja seit der Bronzezeit (mindestens) nicht nur Rohstoffe gehandelt, sondern auchWaren - eben alles, was man nicht selbst in dieser Qualität herstellen konnte. Bei "uns Kelten" ist die Arbeitsteilung ja auch schon sehr weit vorangeschritten: Die einen schmiedeten Waffen, die anderen züchteten Pferde und gerade die Treverer, der Volksstamm, den wir darstellen, war für sein Textilhandwerk bekannt. Das war im MA bestimmt nicht anders! Dass Haushaltungen im ländlichen Bereich das Meiste selbst herstellen konnten, steht dem Handel ja nicht entgegen. Das ist bis in die Neuzeit verfolgbar: hier im armen Hunsrück gab es bis weit in die 50er- und 60er-Jahre wohl keine Bäuerin, die nicht gärtnern, nähen und stricken konnte, keinen Bauern, der nicht zimmern, schreinern und in bescheidenem Umfang klempnern konnte. Trotzdem gab es genug, was man nicht selber herstellen konnte und deshalb kaufen musste.
 
Ooohjaaa, das kenne ich...wobei ich zugebe, daß ich bei Stoffen auch schon mal auf die "sieht aus wie pflanzengefärbt"-Stoffe von Kappi ausweiche. Ansonsten lasse ich aber auch färben, Manuela macht das wirklich toll. Und was das Mantelfutter-Problem angeht: belegbar wäre auch die Lösung, am Mantelfutter unten mittig ein Stück von dem "anzustückeln" was man an den Seiten vom Halbkreis weggeschnitten hat - das werde ich vermutlich bei meinem neuen Mantel so machen.
 
Wow, wie habt Ihr das denn auf 1360 datieren lassen?
Ich denke mal , dass man im allgemeinen keine Messer, Dolch oder ähnliches finden wirt, was man genau auf ein Jahr einordnen kann. Dummerweise haben die Schmiede damals kein Herstellungsdatum eingraviert. Die hätten ruhig mal an nachfolgende Generationen denken können :D . Timm hat das Messer mit den Funden aus England verglichen. Eine hundertprozentig genaue Datierung ist nicht möglich, zumal der Messerfund nicht aus der Schichtengrabung stammt, sondern aus ca. 50-100 Tonnen Schlick, die ursprünglich entsorgt werden sollten, bis wir festgestellt hatten, dass dort Haufenweise Material drin steckt. Daher schrieb ich ja auch, so eng wie möglich, aber eben leider nicht perfekt dran. Da die Ähnlichkleit mit den Funden aus England jedoch sehr groß ist, haben wir das Messer als Vorlage verwendet.
 
@ Martina: Da hattet Ihr ja echt Glück. Ich will auch mal im Schlick buddeln.... ;) @ Katharina: :kopfwand Ja genau. Danke. Auf die Idee hätte ich auch selbst kommen können. Aber ganz ehrlich ist mir heute die Wahl gar nicht mal so unangenehm, da es ja ein Sommeroutfit werden soll und der grüne fast ein Wollmousselin ist, den ich mir eigentlich mal gekauft hatte um ein Sommerkleid zu nähen. War dann aber doch irgendwie zu dünn und 4m Schleier braucht kein Mensch. Aber als Futter - dunkelgrün zu bronzegelb - sieht das einfach nur geil aus. Und der dickere braune bleibt mir dann als Kuschelfutter für meinen Viereckmantel, den ich für den Geleitstraßenzug plane. Kann dann nachts gleich als Decke benutzt werden.
 
@ Martina: Da hattet Ihr ja echt Glück. Ich will auch mal im Schlick buddeln.... ;)
Ein paar Tonnen sind noch da, also wenn Du mal nach Stade kommen möchtest, vielleicht kann ich ein "Gastbuddeln" organisieren ;)
 
Oh ja, mir geht es beim Thema Nähmaschiene und versteckte Nähte so. "blöderweise" habe ich keine Nähmaschiene und kann folglich damit auch nicht nähen. Wenn man dann z.B an einer Fahne sitzt, wo man 1000% weis diese Innennähte wird nie einer zu Gesicht bekommen ausser er trennt sie auf.... ist es zugegeben zu verführerisch nicht zur nichtvorhandenen Nähmaschiene zu greifen oder nähen zu lassen. Ich hab mich einmal überreden lassen eine Umhängetasche mit er Maschiene zu nähen, aber das Wissen, das es Maschienennähte sind hat ich so gefuchst, das ich die Tasche keine 10 Minuten um hatte und sie dann verschenkt habt. Auch wenn da einige den Kopf schütteln oder sagen es sieht doch keiner. Das macht nix aber ich weis es und ich nähe ja für mich und nicht für andere. Ich weis nich wie es euch geht aber ich freue mich jedes Mal wenn ich mein Unterkleid Bügel über meine schönen Handnähte :)
 
Geht mir genauso - und wenn, wie jetzt am WE geschehen, eine ältere Dame den Saum der Tischdecke umdreht und die "feinen, gleichmäßigen Stiche" der Handnaht bewundert, dann wachse ich gleich ´ne Handbreit... :schaem
 
Das ist einer der Gründe, warum ich bei den Nähten jeden Anspruch fahren lasse. Meine Handnähte sind furchtbar. :schock1 Aber ich darf das, ich bin ja ein GroMi. :D
 
Also, ich oute mich mal. Meine Strohsäcke sind maschinengenäht :schaem . Sie mussten damals ganz schnell fertig und nichts hält länger, als ein Provisorium ;) Aber doof finde ich das trotzdem. Umgekehrt habe ich meinen Mann mal vor Jahren dabei erwischt, wie er an einer nicht sichtbaren Stelle eine Schraube eindrehen wollte. Nachdem ich gemeckert habe und er zurückgemeckert hat :D , erzählte er mir zwei Tage später, dass er jetzt Holzdübel eingebaut hat und die beiden nichtsichtbaren Schrauben in der alten Bank aus Gromizeiten hatte er auch gleich ausgetauscht. Geht doch :D
 
:schock1 Bügeln ??? :schock1 Gabs das denn damals auch schon? :zunge Ne ich bügel meine Gewandung nicht. Und ich gebe zu dass ich gemogelt habe. Mein aller erstes Unterkleid dass ich Euch hier gezeigt habe ist komplett Handgenäht ! Doch das zweite nur die Hauptnaht den rest mit Hand. Und die Kleider von meinem Sohn bis auf die dicke Tunika sind alle mit Maschine gemacht. So nun habe ich mich geoutet. Wenn ich alles per Hand machen müsste ... dann bin ichin 5 JAhren nicht fertig und bis Pfingsten ist es nicht mehr lange :schaem
 
Alles selber machen ist nicht "A" deshalb kaufe ich manche Dinge oder lasse diese anfertigen. Ich hätte eher bei machen Darstellungen ein dummes Gefühl, wenn alles selber gemacht wurde. Und im Mittelalter gab es auch Leute die nicht alles konnten, deshalb ging man ja dann auch zum Schuster, Kerzenzieher, Nestler, Weber, Färber, Schmied uvm. Sicher macht es Spass, Dinge selbst herzustellen, aber es gibt auch Grenzen. Wenn ich bedenke was man alles für die Produktion besorgen müsste, bzw. Arbeittechniken erlernen, dann ist ein gekauftes extra angefertigtes Produkt oftmals billiger. Übrigens beim nähen wird eine Bienenwachskerze angezündet, falls mal wieder die dumme Frage kommt "Und auch bei Kerzenlicht genäht?" So kann man ruhigen Gewissen sagen "Ja" .
 
Alles selber machen ist nicht "A" deshalb kaufe ich manche Dinge oder lasse diese anfertigen. ... Und im Mittelalter gab es auch Leute die nicht alles konnten, deshalb ging man ja dann auch zum Schuster, Kerzenzieher, Nestler, Weber, Färber, Schmied uvm.
Ich habe auch garnicht den Anspruch,alles selber zu machen und dann am Besten noch "A",was oft schlicht nicht möglich ist,weil sogar viele Darstellungen aus der Epoche "geschönt" sind. Meine erste Tunika (Oberbekleidung) wird wohl aus einem festeren Leinen sein,denn selber nähen kann ich nur sehr schlecht und wenn ich die Tunika kaufe,dann auf gar keinen Fall ein Exemplar aus Baumwolle--soviel "A" muss (!) sein. Aber ich habe kein Problem,mir eine Tunika zu erstehen und dann lieber Zeit und Geld in die Eigenherstellung von Beuteln,einer Wachstafel usw. zu investieren.
 

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