Salomes Kleid

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Anna von Magdeburg

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Mahlzeit zusammen! Bei meinen Recherchen über Prostitution im Mittelalter bin ich vor einiger Zeit auf dieses Bild gestoßen: http://mugi.hfmt-hamburg.de/spielfrauen/imgs/imgs/K4.jpg (Quelle: http://mugi.hfmt-hamburg.de/) Und nun ja, das Kleid der Tänzerin gefällt mir :D Also würde ich mir auch gern so ein Outfit zulegen. Allerdings ist das Bild etwas klein... Erkennen kann man auf jeden Fall, dass es sich um ein geschlitztes Kleid handelt. Nur wo genau befindet sich der Schlitz? Vorne Mitte? Seitlich? Nur ein Schlitz oder mehrere? Übermäßig viel Saumumfang scheint das Kleid ja nicht zu haben. Oder täuscht das? Dann der Gürtel. Auf mich wirkt es wie ein Stoffstreifen mit Glöckchen dran, der um die Hüfte gebunden ist. Liege ich da richtig? Oder ist's doch komplizierter? Bei den Ärmeln bin ich mir auch nicht ganz sicher. Ist es ein kurzärmeliges Überkleid mit langärmeligem Unterkleid, bei dem die Ärmel weiter sind als die des Überkleides? Oder doch schmale Ärmel beim Unterkleid und dafür ein Band (o.ä.) um den Arm gebunden? Wie darf ich die "Linien" an der Schulter interpretieren? Als befestigtes Band, das die Dame als "leichtes Mädchen" kennzeichnet? Dazu würden nach Jacques Rossiauds "Dame Venus" auch mögliche Bänder, die um den Arme gebunden sind, passen. Und zu guter letzt: Wie wickle ich einen solchen Turban? Laut Webseite ist das Bild um 1430 in Frankreich entstanden. Kennt vielleicht jemand ähnliche Abbildungen? Vielen Dank schonmal :)
 
Hallo Maia, zum Kleid kann ich nicht viel sagen, aber mit Turbanen habe ich mich ein bisschen beschäftigt. Es gibt im Netz einfache Anleitungen zum Wickeln eines Turbans. Z.B. hier http://www.baltopolis.de/turban.html (Quelle: Dilettanten / Rollenspiel Baltopolis). Obwohl das aus einem LARP stammt, sind die Wickeltechniken schon ziemlich korrekt und entsprechen dem, was in einigen Gegenden in Asien heute noch getragen wird. Die Sikh wickeln ihre Turbane heute enger und fester, in der Türkei und im Nahen Osten wurden sie - den alten Bildern nach zu urteilen - von einflussreichen Personen deutlich höher und größer gestaltet. Der Turban auf Deinem Bild ist ... wenn es denn nicht der Fantasie eines Zeichners entstammt ... ein solcher aufwändigerer. Mehrere Lagen mit separaten "Knubbeln" oder "Windungen". Der würde nicht leicht zu binden sein. Und wenn Du bedenkst, dass für den einfachen Turban schon ca. 4 Meter Stoff gebraucht werden, dann kannst Du davon ausgehen, dass der Turban der "Salome" einiges mehr erfordert. Ich würde mit einem einfachen Turban anfangen und mich dann experimentierend "hocharbeiten" (Wortspiel! :D ) Aber: Das Bild ist ja offensichtlich in Europa entstanden und stellt eine biblische Szene dar. In wie weit also hier von realistische Darstellung ausgegangen werden kann, müssen Fachleute entscheiden. Ich wäre vorsichtig. :bye01 Gruß, Gerald
 
Ich finde es immer ein wenig schwierig, Sachen die zu einer anderen Zeit, als der dargestellte gelebt hat, zu interpretieren. 1. Salome war keine Spielfrau, sondern die Tochter der Herodias, also eine adlige Dame, und lebte etwa zur gleichen Zeit wie Jesus, also vor gut 2000 Jahren. 2. Spielfrauendarstellungen sind generell mit Vorsicht zu genießen. Wie interpretiere ich eine Tänzerin, die eigentlich eine adlige Dame ist? Hat der Künstler da etwas hineininterpretiert? Modell gestanden kann sie ihm ja nicht haben. Gibts zu dem Bild noch mehr Informationen? Villeicht gibt es das Bild ja im Netz noch einmal in einer besseren Auflösung, so dass man mehr Detalis sieht. Ansonsten würde ich mal sagen: Kleid wadenlang, mind. 1 Schlitz vorne, Ärmel scheinen aufgekrempelt zu sein, odfer sind kurzärmlig und sie hat so etwa wie ein Tuch darum geknotet. Oben ein weiter Rundhalsausschnitt. Ansonsten recht körperbetont.
 
In höherer Auflösung konnte ich das Bild leider nicht finden (habe Stunden damit zugebracht, danach zu suchen...). Ansonsten sieht es mit Informationen zu dem Bild auch schlecht aus :( Wer Salome war, weiß ich. (Wobei man in Büchern öfter mal liest, dass Spielfrauen als "Töchter der Salome" bezeichnet werden) Interessant wären natürlich auch noch andere Darstellungen/Abbildungen von Tänzerinnen aus der Zeit, ob es da Ähnlichkeiten zu dem von mir verlinkten Bild gibt. Dass solche Bilder auch immer mit Vorsicht zu genießen sind, ist mir schon klar. Aber wonach soll man sich sonst orientieren? In einem Buch (welches müsste ich genauer nachschauen) hab ich zumindest auch schon von geschlitzten Kleidern, aber auch "Hosenanzügen" bei Tänzerinnen gelesen... Praktisch wär's natürlich, wenn Kleidungsstücke von allen möglichen sozialen Schichten aus allen möglichen Zeiten perfekt erhalten wären, aber das Glück hab ich leider nicht.
 
Also ich habe mal ein bisschen nachgedacht. Du willst ja nicht die historische Salome darstellen (Adlige um 54 n.Chr.) sondern Du gehst davon aus, dass die Salome auf Deinem Bild mit Bildelementen von Prostituierten versehen wurde. Dass Salome in großen Teilen der christlichen Theologie des Mittelalters als "schändliches Weib" wahrgenommen und porträtiert wurde, können wir glaube ich als gesichert annehmen. Dann wäre aber die Frage, ob der Turban nicht ein künstlerischer Kniff ist, um die "biblische" oder orientalische Kulisse zu verdeutlichen. Auch einer der Männer am Tisch trägt einen ähnlichen Turban. Insofern halte ich den Turban für eine tatsächliche Darstellung einer westeuropäischen "Prostituierten" für problematisch.
 
Also ich würde dieses Kleid nicht rekonstruieren. Nicht nur, dass der Schlitz mehr als unverschämt ist, selbst für jüngere Verhältnisse, das hier ist eindeutig der Fantasie des Künstlers entsprungen. Das ist das, was er als nicht besonders erfahrener, nicht besonders weitgereister kleiner Maler sich unter orientalischer, antiker, überaus liederlicher Kleidung für eine der schlimmsten Frauen, die die christliche Welt kennt, vorstellt (denn sowas muss die olle heidnische Salome ja angehabt haben, wenn sie für Männer tanzt und dann den guten braven Christen umbringen lässt). Was der Maler hier darstellt ist die Sünde schlechthin und so wäre keine Frau damals rumgelaufen. Den Turban hat sie auf, damit man sie als muslimin erkennt. Von der Kleidung der anderen her würd ich das ins 14. Jhdt einordnen, vielleicht so in Richtung Prag. Guck mal hier, es gibt auch noch eine Menge anderer Abbildugnen von Tänzerinnen oder zumindest tanzenden Menschen http://larsdatter.com/dancers.htm, eigentlich ist eine für Männer tanzende Frau im Mittelalter so undenkbar sündig, das is mehr oder weniger das gleiche wie Prostitution, wenn man das mal so überspitzt sagen darf. Und wenn dann auch nicht in solcher Kleidung. Mit sowas macht man sich in einigen Regionen des mittelalterlichen Europa bestimmt strafbar ^^ Ich finde das daher eine sehr sehr schwierig einzuschätzende und vor allem sinnvoll für Besucher zeigbare Darstellung. Man muss einfach missverstanden werden in so einer Klamotte.
 

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