Frage zum Wanderstab / Pilgerstab

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mondspeer

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Hallo miteinander, nachdem mein letzter Versuch eines Wanderstabes / Pilgerstabes ja eher in die Hose gegangen ist und einen relativ glatten Quartestaff ergeben hat, will ich es dieses Mal besser machen. Ich habe in verschiedenen Bildquellen gesucht, und folgendes Grundprinzip verstanden: Pilgerstab (Quelle: Eigene Zeichnung / Gallerie Mittelalterforum) Der Stab ist zwischen brusthoch bis über kopfhoch. Oft sind zwei "Verdickungen" oder Kugeln angebracht. Die dienen u.a. dazu, Flaschen etc. besser anhängen zu können. Das untere Ende scheint manchmal mit Metall beschlagen zu sein. Jetzt die unklaren Fragen: - Welche Holzart wurde verwendet? Gibt es dazu Vorgaben oder ist das evtl. egal. - Wie wurden diese Kugeln angebracht? Aus einem dickeren Stab am Stück gedrechselt? Oder irgendwie "übergestülpt"? (Beim Lorb klang es so, als wäre der Stab am Stück gedrechselt worden. Ist das realistisch?) - Aus welchem Metall war der Beschlag? Eisen, vermutlich, oder? Würde mich über Anregungen freuen.
 
- Da mir kein erhaltenes Exemplar bekannt ist, muss ich bei der Holzart leider passen. Stecken aus Esche sind aber sehr robust und wurden für Lanzen und Stangenwaffen benutzt, warum nicht auch für Stäbe? - Ich gehe davon aus, dass der Stab gedrechselt wird - Es gibt irgendwo einen erhaltenen Stockbeschlag (London?) .. dazu wird eine eiserne Hülse auf das Stockende geschlagen um ein Aufbrechen zu verhindern und ein Eisendorn kommt dann unten in die Schnittfläche
 
OK, Esche wäre ja noch machbar, aber zum Drechseln fehlt mir die Erfahrung und die Ausrüstung. :( Dann muss ich wohl auf einen einfachen Wanderstock aus dem Wald zurück greifen.
 
Das geht sicher genauso :) .. aber ich würd ihn auf jeden Fall schälen und sauber schleifen (zuerst Messer und dann Wetzstein). "Rohes" Material zu verwenden war so gar nicht en vouge zu der Zeit. Ich hab meinen beschnitzt sodass er die Grundcharakteristika auch aufweist (eine Abstufung am Kopfende), einfach weil er so sehr praktisch ist (Ich und mein Stecken , Quelle:mein Blog)
 
Auch wenn ich mich mit Wanderstäben an sich gar nicht auskenne, kann ich doch sagen das er mit 99 %tiger Wahrscheinlichkeit NICHT gedrechselt wurde. Das ist heute mit modernen Maschinen schon nur schwer zu machen, da sich das Holz auf der länge beim bearbeiten vom Drechseleisen wegbiegt, ich glaube kaum das soetwas mit den damaligen Mitteln machbar war. was ich mir vorstellen könnte ist, dass der Stab aus dem Vollen herausgeschnitzt wurde. Sprich, der Wanderer/Pilger hat sich am Anfang seiner Reise im Wald einen entsprechend langen und etwas dickeren Stab gesucht und diesen dann selber in Form geschnitzt.
 
Also das das Drechseln von Holz in der Länge schwierig ist stellt niemand in Frage, aber soweit ich weiß gibt es sogar spätmittelalterliche oder frührenaissancezeitliche LANZEN die gedrechselt sind (im KHM Wien/ Rüstkammer z.B.) Also wurde es wohl gemacht. Natürlich ist das Grünholzdrechseln mit einer Wippdrehbank nicht mit modernem Drechseln vergleichbar (Da werden nämlich Pilgerstäbe sehr wohl mit der Handgederchselt und das scheint, wenn man sich die Preise anschaut überhaupt kein Problem zu sein) ... das historisch zu machen müsste man wohl ausprobieren um es zu be- oder wiederlegen ;) .. zu 99% auschließen würd ich es aber mit Sicherheit nicht Vor allem wenn man davon ausgeht, dass der Rohling zuerst mit dem Ziehmesser in Form gebracht wird um danach überdreht zu werden, denke ich das ist hinzukriegen.
 
Und es gibt doch Aufzeichnungen, die beschreiben, das Pilgern der Stab inkl. Weihe überreicht wurden. Nicht jeder hat seinen Stab also selbst gemacht. Zumal sich in den Bildbelegen ja eben diese gemeinsame Formensprache mit den zwei Kugeln sehr oft wiederholt, wenn ein Pilger deutlich als solcher gekennzeichnet werden soll. Hat jemand hier im Forum so eine "Wippdrehbank"? Ich probiere in der Zwischenzeit die schon mal die handgeschnitzte Version.
 
Da werden nämlich Pilgerstäbe sehr wohl mit der Handgederchselt und das scheint, wenn man sich die Preise anschaut überhaupt kein Problem zu sein
Von was für Preisen reden wir hier? Wenn ich so einen Stab kommplett von Hand drechseln will dauert das inkl. Schleifen und Endbehandlung etwa 4 Stunden, bei einem Stundenlohn von 20,- Euro bin ich da ohne Material und sonstige Kosten schon bei 80,- Euro also mit Material ca. 120,- bis 140,- Euro je nach Holzart. Wenn so ein Stab unter 80,- Euro kostet deutet das meiner meinung nach auf CNC-Maschine oder fern Ost Import hin.
 
Hallo Mondspeer! Ich habe für meine Stäbe und Stecken immer Bäumchen verwendet, die vom "Waldgeißblatt" befallen waren. Die Windungen des Geißblatts drehen sich z.T. sehr gleichmäßig vom Boden in Richtung Baumkrone und dies stets im Uhrzeigersinn. Das Baumstämmchen versucht das Schlinggewächs zu überwallen und zu überwachsen. Dadurch entsteht der typische Korkenzieher-Effekt. Das sieht zum Einen gut aus und zum Anderen wird der Stab durch den diffusen Jahrringverlauf sehr stabil. Als Förster empfehle ich Rotbuche (darf aber nicht draußen stehen), Eiche (sehr selten mit Drehwuchs) und auch die Esche (findet sich nicht überall und hat eher selten den Drehwuchs). Feinringige Lärche ist auch eine Option, dann aber ohne Schlinggewächs, weil das Geißblatt nie Nadelhölzer umschlingt (vermutlich wegen der Harze und ätherischen Öle im Holz und im Kambium). Da darf man sich dann aber die erste Zeit auch nicht über Harzaustritt wundern. Den "Kugelkopf" habe ich immer geschnitzt. Das geht mit scharfem Messer und Raspel sehr schnell und gut. Die Spitze habe ich (wie Niklas Girdler das geschrieben hat) aus einer Metallhülse mit einem Metalldorn aus einem passenden Rohr gearbeitet. Gruß Gilge
 
Drechseln ist nicht unbedingt notwendig. Schon mal mit hobeln versucht? Vierkant, dann Achtkant, dann Sechzehnkant, dann rund.
 
Waldgeißblatt suche ich schon eine Weile vergeblich. Aber die Idee mit dem Hobel gefällt mir.
 
Hallo Mondspeer, Hast Du Palmen in der Nähe? (Gärtnerei, Botanischer Garten, vielleicht der Nachbar nebenan?) Wenn ja, frag doch mal nach, ob Du nen Palmwedel haben kannst - die Mittelrippe vom Palmwedel wär doch der optimale Pilgerstab... . Grüsse vom Niederrhein
 
Ah, wie kommst Du darauf? Gab es das im MA? In Europa, maximal in der Levante? Ich habe tatsächlich jemanden in der Verwandtschaft, der eine riesige Palme im Garten hat. Kokospalme, insofern vermutlich nicht geeignet für europäisches Mittelalter, oder?
 
Moin, nagel mich jetzt bitte nicht fest - ich müsste mal nachschlagen - aber der Pilgerstab (also die Mittelrippe des Palmzweigs) galt im Mittelalter als Zeichen, das der Besitzer im Heiligen Land war. Wahrscheinlich zu vergleichen mit der Jakobsmuschel an der Kleidung zum Zeichen, das man den Jakobsweg bereist ist. Hau mich jetzt tot, wenn ich sagen soll, wie der Palmwedel einer Kokospalme aussieht? Ich denk mal, für den Anfang wär´s vielleicht besser als nen gedrehter Stab - aber das mußt am Ende Du wissen. Grüsse vom Niederrhein
 
hab noch was vergessen, sorry: wenn Du pilgerst, heißt das ja (egal wohin), das sich Deine Sachen abnutzen - Schuhwerk, Kleidung, Pilgerstäbe... . Du latscht hunderte und aberhunderte Kilometer weit und besserst Deinen Besitz mit dem aus, was Du vor Ort findest. Und wenn Du Dein Ziel erreicht hast und wieder zurück willst, verfährst Du auf die gleiche Weise. Und auf dem Rückweg auch (zumindest solange Du noch lebst ;) ). Ich will darauf hinaus: schau doch mal, welche Völker in der Levante im Mittelalter gelebt haben - wenn es Mauren waren, haben sie vielleicht Dattelpalmen importiert? Welche Bäume oder Sträucher wuchsen dort und wann? Das sind Dinge, die man erfragen kann. nun muß ich aber los - Grüsse...
 
Noch 'ne Frage: womit wurde früher geschmirgelt? Ich habe von Schachtelhalm und Sandstein gehört. Weiß jemand mehr?
 

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