Schmiedekurs in Molfsee

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Hakon Gunterson

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Hallo werte Forengemeinde. Im August dieses Jahres habe ich in der Schmiede des Freilichtmuseums Molfsee bei Kiel einen 5 Tägigen Schmiedekurs mit Dr. Arne Paysen absolviert. Weitere Infos zum Kursangebot findet ihr auf seiner Website. Ziel war das Schmieden eines Langsaxes, angelehnt an einen Fund aus Norwegen: http://www.melbar.eu/Mittelalterwaffen/ etwas runter scrollen: Abb. 3(*1) Schwert C Die klinge sollte aus drei Stäben Damast bestehen:2 Tordierte die den Klingenrücken bilden und eine aus Lagendamast für die Schneide. Hier also mein Bericht: Die Person: Dr. Arne Paysen: -Arne Paysen ist Gründer und Leiter des Unternehmens „Isentosamballerer“, welches seit November 2000 besteht. Nach dem Abitur machte er mehrere Praktika in verschiedenen Schmiede- und Metallbaubetrieben und arbeitete mehrere Jahre auf einer Holzbootswerft in Hamburg-Harburg. Arne hat Ur- und Frühgeschichte in Hamburg und Kiel studierte und schloss 2009 mit seiner Dissertation über „Nachhaltige Energiekonzepte in der aufkommenden Industrie in Mittelalter und früher Neuzeit“ ab. -Quelle: http://www.isentosamballerer.de/ -Hier findet Ihr ein kurzes Video mit Ihm: [media]https://www.youtube.com/watch?v=jhcdJl_I5og[/media] Die Schmiede: Bei dem Gebäude handelt es sich um eine Schmiede aus dem 18.Jhrdt die am Original Standort abgetragen und im Freilichtmuseum wieder aufgebaut und in Betrieb genommen wurde. Während des gesamten Kurses wurden keine Elektro Werkzeuge benutzt! Selbst das Gebläse der Esse ist ein Handbetriebener Blasebalg mit Doppelkammersystem! Das ganze Ambiente in und um die Schmiede hat mich sofort fasziniert! Wie als kleines Kind in der Garagenwerkstatt meines Opas habe ich erst mal alles durchstöbert und ausprobiert! :heupf1 Ein Highlight ist z.b. die mittels Fußpedal angetriebene Standbohrmaschine! Eine Tischversion mit Kurbelantrieb hat er noch in der Schmiede ! Der Kurs: Die Kursdauer war Montag bis Freitag, jeweils von 9:00 – 17:00 Uhr. Kursteilnehmer außer mir gab es keine! Um unser gestecktes Ziel in nur 5 Tagen auch sicher zu erreichen hat Arne sich für die Dauer dieses Kurses ausschließlich Zeit für mich und mein Projekt genommen. :kopfstreichel Ohne große umschweife ging es direkt Montag zur Sache! Der Zeitplan war wie folgt: - Montag, und Dienstag je ein Paket zu einer Stange schmieden, 2xTordiert (vorher 6x gefaltet, also je ca. 192 lagen) und miteinander Feuerverschweißen. - Mittwoch: 1x Paket „nur“ falten (8x also ca. 768 lagen). - Donnerstag: die zwei Tordierten und die gefaltete Stange Feuerverschweißen, Schruppfeilen und Klinge ausformen. - Freitag: Klinge weiter ausformen und Feilen. Auf die Schmiedetechnik im einzelnen brauche ich hier wohl nicht besonders eingehen (Barren formen, falten, Barren formen, falten bis die gewünschte Lagenzahl erreicht ist……….4 Kant Stange ausschmieden). Die Pakete haben wir aus Baustahl und alten Feilen gefertigt. In diesem Zusammenhang noch erwähnenswert ist meiner Meinung nach die Tatsache, dass alle Feuerverschweißungen ohne Verwendung von Borax oder anderen Schweißhilfsstoffen durchgeführt worden. Normalerweise Köhlert Arne seine Holzkohle selbst, zur Zeit geht das aber nicht…es gibt da wohl etwas Klärungsbedarf mit den Nachbarn… Deshalb haben wir im Kurs Steinkohle verwendet. Alles wurde per Hand gehämmert, kein Lufthammer oder ähnliches kam zum Einsatz! Vorweg sei gesagt, das Arne mich bereits bei unserem ersten Telefonat explizit darauf hingewiesen hat, das während des Fertigungsprozesses zu jeder Zeit und in jedem Stadium etwas schief gehen kann das dann unter Umständen die gesamte Vorarbeit zunichtemacht… ...ein Hinweis der von mir auf die leichte Schulter genommen wurde, was sich im späteren projektverlauf noch rächen sollte… Die ersten drei Tage verliefen Planmäßig und wir lagen gut in der Zeit! Am Donnerstag war dann der Kritische Moment gekommen:Das verschweißen der bisher gefertigten 3 Stangen. Nachdem das (Augenscheinlich…) gut funktioniert hatte, wurde das abgekühlte Paket erst mal von beiden Seiten soweit runter gefeilt das eine ebene Fläche entstand um die Qualität der Schweißnähte vor der weiteren Bearbeitung einschätzen zu können. Hierbei wurden bereits einige Fehlstellen sichtbar, die aber offenbar nur oberflächlich vorhanden waren. Also erst mal kein Grund zur Sorge! Der Grund zur Sorge stellte sich dann am Freitag ein, als wir anfingen die klinge weiter auszuformen… Beim Abkühlen des Stahls konnte man sehr gut erkennen, das ein etwa 4mm großer Schweißfehler tatsächlich doch durch die Klinge ging. Arne hat mir geraten den betroffenen Bereich herauszutrennen. Aus den daraus entstehenden zwei Stücken hätten wir dann ein Sax und ein Gebrauchsmesser machen können (wäre sicherlich ein schönes Set geworden mit den Entsprechend gefertigten Scheiden am Gürtel getragen..). Aber mein Ziel war ja ein Langsax (Schwertsax) und deshalb habe ich mich dagegen entschieden und mir gesagt „mit der kleinen Fehlstelle kannst du Leben, du willst damit ja nicht Freikampf betreiben..“ Also habe ich entschieden die klinge trotzdem wie geplant fertig zu stellen. Am Ende des Lehrgangs war das dann das Ergebnis: Resümee: Alleine die Tatsache das man auf einem Museumsgelände in einer Schmiede aus dem 18.Jhrdt Arbeiten kann war für mich schon ein tolles Erlebnis! Arne ist ein wirklich kompetenter Ansprechpartner sowohl was die Archäologie, als auch was das Handwerkliche angeht (er nennt unter anderem auch einen selbst restaurierten Küstensegler sein eigen) und ist ein wirklich vielseitig Interessierter und Hilfsbereiter Mensch! Mit einem Satz: Der Arne isn feinen Bengel ! :knuddel Mein Hauptanliegen war, möglichst viel Praktisches und für mich zuhause umsetzbares wissen aus diesem Kurs mitzunehmen. Dieses Ziel wurde aus meiner Sicht voll erfüllt! Die Kursgebühren bei Arne sind wirklich sehr moderat! Daran kann man schon erkennen, dass er den Job nicht macht um reich zu werden, sondern weil es Ihm ein Anliegen ist alte Techniken zu vermitteln und so sein möglichstes dazu beizutragen das Handwerk lebendig zu halten! Für mich war es ein unglaublich tolles Erlebnis und ich bin froh, dass ich Arne und seine Schmiede kennenlernen durfte! Die weitere Bearbeitung der im Kurs entstandenen Klinge erfolgte bei mir zu hause. Dem Thema widme ich mich dann demnächst im zweiten Teil dieses Beitrags! Ich hoffe ich konnte euch etwas neugierig machen und vielleicht versucht sich der ein oder andere ja selbst mal an einem Schmiedestück!
 
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Wie bereits angedroht folgt hier nun Teil 2 meines Projektberichts zum Thema „Schmieden in Molfsee“ Titel: „Was danach geschah“ oder „Das scheitern an den eigenen Ansprüchen…“ Nachdem nun die Schmiedearbeiten an der Klinge während des Kurses in Molfsee abgeschlossen waren, habe ich mich zu Hause an die weiter Bearbeitung gemacht. Zunächst habe ich mittels Feile die groben Schmiedespuren entfernt und Ungleichmäßigkeiten abgetragen.Das hat schon mal einige Stunden in Anspruch genommen. Anschließend habe ich schon mal angefangen eine Parierstange aus Eisen zu feilen. Diese habe ich mit ein paar einfachen Einlegearbeiten aus Kupfer und Messing verziert und an die Klinge angepasst. Außerdem habe ich einen Knauf gefertigt und angebracht…. Uups..da war ja noch was: Härten ! Naja egal, wird halt mit Knauf gehärtet! Nach dem ersten überfeilen habe ich die klinge im Bereich der Spitze schon mal angeätzt um das muster sehen zu können. Ich habe dazu Eisen 3 Chlorid benutzt, weil es deutlich schneller Ergebnisse bringt als z.b. Essig, im Umgang aber wesentlich ungefährlicher ist als z.b. Salzsäure. Soweit, so gut. Nach dem feilen ging es mit Schleifpapier weiter, angefangen mit 40er Körnung… …schon während des Schleifens wurde ich immer unzufriedener weil mich die Schweißfehler nun doch wesentlich mehr störten als ich mir anfänglich eingestehen wollte…Egal !! Positiv denken!Wird trotzdem ein Hammer Teil !! Bei 120er Schleifpapier angekommen war ich der Meinung, das reicht erst mal, weiter geht’s nach dem Härten. Zum Abschrecken hatte Arne mir geraten die Klinge mit der Schneide zuerst ins Wasser zu tauchen…allerdings hatte ich kein geeignetes Gefäß zur Hand und habe deshalb ein entsprechend großes Rohr genommen, ein ende verschlossen und das Ganze dann Hochkant hingestellt und mit Wasser gefüllt. Dann die Klinge mit der Spitze zuerst eingetaucht und zügig komplett versenkt. Ergebnis: Das Ding sah anschließend aus wie ein Kosakensäbel…In dem Moment hätte ich die Klinge am liebsten bis zum Anschlag im Werkstattboden versenkt !! Zwei Probleme:
  1. Es ist mir nicht wirklich gelungen mit meiner kleinen Esse die Klinge auf der gesamten Länge gleichmäßig zu erwärmen.
  2. Wäre ich Arnes Rat gefolgt und hätte die klinge waagerecht mit der Schneide zuerst abgeschreckt, wäre der Verzug vielleicht nicht dermaßen stark eingetreten.
Am meisten geärgert habe ich mich natürlich über mich selbst. Wäre ich etwas geduldiger gewesen…. Hätte ich mich besser vorbereitet ( Esse etwas umgebaut, geeignete Wanne oder ähnliches zum Abschrecken besorgt ), dann wäre das Ergebnis vielleicht besser ausgefallen. Nunja, dadurch das die klinge nicht gut genug erwärmt werden konnte, ist auch die Härtung nicht wirklich eingetreten und ich konnte die Klinge wieder etwas richten. Die Restkrümmung habe ich dann mit der Feile behoben. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich meine Anforderung an die Klinge schon komplett zurückgeschraubt. Das Sax sollte mir nun nur noch als Deko Stück dienen, also zog ich einen weiteren Härteversuch erst gar nicht in Erwägung! Nachdem ich mit 120er Schleifpapier alles wieder aufgehübscht hatte sah das ganze dann so aus: Als nächstes habe ich dann zwei Holzgriffschalen angefertigt, angepasst und mit Epoxidharz verklebt. Das ganze habe ich dann über Nacht aushärten lassen. Am Nächsten Tag wollte ich das Werk nun begutachten und stellte fest, dass die Parierstange völlig schief auf der Klinge saß. Durch den Epoxi Kleber natürlich aber auch alles Bombenfest saß…am Abend vorher (als es noch korrigierbar gewesen wäre) war mir das natürlich irgendwie nicht aufgefallen.…. Ich bin geplatzt ! Sax volles Ballett auf die Werkbank gepfeffert und die Werkstatt verlassen… Ein Foto von dem Endprodukt habe ich erst gar nicht gemacht.. In der Nacht habe ich echt schlecht geschlafen… Am nächsten Tag habe ich das teil verschenkt und mir vorgenommen nie wieder Irgendwas selber zu bauen… Resümee: Mittlerweile (fast 4 Monate später) sehe ich das ganze etwas klarer. Dieses Projekt ist nüchtern betrachtet erst einmal komplett gescheitert. Die Gründe dafür sind aus jetziger Sicht folgende: Schon am Freitag während des Schmiedekurses hätte ich mich dafür entscheiden sollen die Fehlstelle herauszutrennen und statt des Schwertsaxes ein Kleineres Sax und aus dem Kurzen Stück der Klinge ein kleines Ess- oder Gebrauchsmesser zu machen. Denn genau da habe ich bereits angefangen Abstriche zu machen: Ursprünglich wollte ich ein Gebrauchsfähiges, ausgeschliffenes Schwertsax (auch wenn ich nicht wirklich vorhatte es zu gebrauchen..)Dann habe ich aufgrund verschiedener Widrigkeiten die Vorgabe immer weiter runter geschraubt, einfach weil ich schon so viel Arbeit in das Projekt gesteckt hatte das ich es nicht aufgeben wollte.. Im Endeffekt bin ich dann aber zu der Überzeugung gelangt, das diese Kompromisse mich Keinesfalls zufriedenstellen werden ! Wie geht’s weiter ??: Ich wollte zu schnell zu viel! Das passiert mir nicht noch mal ! Der Schmiedekurs war keinesfalls vergebens, auch wenn das Endprodukt nicht das war was ich eigentlich gewollt hatte. Ich habe aber an Erfahrung gewonnen und das ist was eigentlich zählt! Ich werde zuhause weiter Schmieden. Erst mal kleine Damast Messerklingen. Solange, bis die Verschweißungen sicher funktionieren, ich das Härten und anlassen sicher beherrsche. Dann Saxklingen bis 30 – 40cm Klingenlänge. Solange bis die Verschweißungen sicher funktionieren, ich das Härten und anlassen sicher beherrsche. Und dann…irgendwann…vielleicht….. In diesem Sinne mein Rat an alle Hobbyisten die in einer Schaffenskrise stecken: Na klar, schon Clint Eastwood als Dirty Harry Callahan sagte einst: “ Ein Mann muss seine Grenzen kennen…” Aber Grenzen kann man verschieben….ganz langsam…mit Beharrlichkeit… Die Einzigen Grenzen die Ihr habt sind eure eigenen Ansprüche… In diesem Sinne: Frohes Schaffen ! Gruß: Euer Hakon :bye01
 
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Danke erstmal fürs Posten! Gut, dass du eine positive Endbilanz ziehst. Ein paar Tipps für das nächste Mal: 1. Hast du die Klinge normalisiert vor dem Härten? Geschmiedete (also erhitzte) Klingen müssen mehrfach normalisiert werden sonst kommt es oft zu irreparablem Verzug oder Bruch. Außerdem wichtig: genug Material an der Schneide stehen lassen! Ich lass min. 1mm stehen, besser 2mm. Ist halt mehr Arbeit hinterher... Auch so kommt es oft zu Verzug, dieser kann am besten direkt nach dem Abschrecken gerichtet werden oder nach dem Anlassen unter vorsichtiger Erwärmung (nicht über Anlasstemperatur! Bei scharfen Klinge also eine strohgelbe Färbung des Stahls). Im Gebrauch verbogene Klingen kann man auch mit der 2. Methode richten. 2. Öl ist wesentlich schonender als Wasser. Ist natürlich Stahl- (und Kohlenstoff-) abhängig, was man zum Härten benutzt, als Grundregel aber richtig. Beides sollte man erwärmen. 3. Epoxy lässt sich mit Hitze lösen. Brenner draufhalten hätte dein Parierstangenproblem lösen können. Der Griff wäre natürlich hinüber gewesen und bei einer gehärteten Klinge in dem Bereich die Wärmebehandlung. 4. Schweißfehler gibt's auch bei Originalen ;) 5. Nur Mut, weiter so! Ach ja, Grundprinzipien wie Wärmebehandlung, etc lassen sich gut an Monostahlklingen üben... muss nicht gleich Schweißverbundstahl sein, auch wenn das später das Ziel ist.
 

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