Hospitaliter Ritterbruder um 1180 n.Chr., neue Quelle und Erkenntnisse

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Meister Daniel

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Hallo miteinander Nach intensiver recherche der Primärquellen haben wir eine neue Quelle zum bewaffneten Hospitaliterbruder um 1180 n.Chr. entdeckt, und unsere bisherigen Ergebnisse revidiert. Ich dachte das könnte allenfalls für den einen oder anderen von Interesse sein. Aufgrund der Recherche könnte ein Hospitaliter Ritter zwischen 1180 und 1200 etwa so ausgesehen haben. Infos dazu findet ihr hier: Comthurey Alpinum ich möchte nicht alles hier nochmal reinschreiben. ;-) Wir legen absichtlich die Primärquelle offen auf unserer Seite, damit jeder selbst weiterrecherchieren kann. Wir gehen davon aus dass der geneigte Leser die wichtigsten Quellen kennt. Wir gehen bei der Recherche in erster Linie von Primärquellen aus, und übersetzen selbst, und gleichen natürlich mit der Sekundärliteratur ab. Aber die Sekundärliteratur kannte diese neue Quelle noch nichts, auch die Ospreys nicht. Lieber Gruss und viel Spass Daniel
 
Eine wirklich "brandheisse" Quelle! Die könnte in der "Szene" nun einiges durcheinander wirbeln... ^^ Danke euch dafür, dass ihr sie mit uns teilt! :trink02
 
Danke! Die Facebook-Seite ist übrigens öffentlich zugänglich, auch ohne Facebook Account! Aber wir freuen uns natürlich wenn ihr die Seite liked und teilt, falls ihr auf Facebook seid.
 
Habt ihr die Positionierung des Kreuzes auf dem Schild (oben im Eck) frei interpretiert, oder deutet ihr die Position so auf dem Fresko? Wie sind da diesbezüglich eure Erkenntnisse?
 
Die Position ist im Fresko oben in der rechten Ecke. Zumindest macht es den Anschein. Viel wichtiger ist jedoch, dass der Ritter eine Surcot mit Ärmeln trägt über dem Ringpanzer und keine Cappa ;-)
 
Viel wichtiger ist jedoch, dass der Ritter eine Surcot mit Ärmeln trägt über dem Ringpanzer und keine Cappa
Nun da es solch eine klare Abbildung gibt, finde ich eigentlich alle "Details" wichtig. ;) Der Schild (bzw. die erkennbaren nachgezeichneten Linien) wirkt irgendwie "unförmig". Er geht am Kinn/Halsbereich hinter dem Reiter entlang und es wirkt so, als wäre er in Höhe der Brust vor dem Reiter (oder der Reiter ist "unförmig" gestaltet). Es könnte auch sein, dass der Schild (in Laufrichtung des Zuges gesehen) komplett links neben dem Reiter und dem Pferd abgebildet ist (man erkennt ja den untern Schildteil nicht) und das Kreuz auf der rechten (also anderen) Schildseite sitzt. Deshalb ist für mich die Plazierung des Kreuzes noch nicht ganz klar. Auch die Linie unterhalb des Halses und die Trennlinie zwischen Oberarm und Schulter werfen Fragen auf. Wird hier evtl. doch eine Cotte mit einer Art "Waffenrock" darüber abgebildet, oder soll es eine Naht/eine optische Abhebung darstellen? Ich muss das Bild wohl noch etwas länger auf mich wirken lassen. Die Ärmel des Surcotes wirken unwahrscheinlich eng anliegend. An den Handgelenken schliessen sie quasi "bündig" mit der Hand ab. Ohne die kleinste Erhebung oder einen Absatz. Ob da ein langärmeliger Ringpanzer drunter vermutet werden kann (?). :whistling: Habt ihr die Version/Seite mit "der Cappa" über dem Ringpanzer nun ganz aus dem Kitquide entfernt, oder bleibt sie als "eine mögliche Variante/Interpretation" erhalten?
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Aktuell ist die Cappa raus. Einfach weil diese Quelle klar für eine Surcot spricht. Klar, es ist nur eine Quelle und wir können sie nicht bestätigen mit einer anderen. Aber es gibt mehrere Belege für Surcotes über dem Ringpanzer aus dieser Zeit von weltlichen Kriegern. Aber es gibt keinen einzigen Beleg für eine Cappa über der Rüstung, bis auf die Regel der Hospis, und da ist vdie Aussage aus meiner Sicht nicht ganz klar, sprich schwer zurückzudatieren ins ausgehende 12. Jh. Das Fresko hat klar Eigenheiten des Malers drin. Der war nicht so versiert wie der Maler welcher die Kirche in Sigena ausgeschmückt hat (welcher auch den Canterbury Psalter illuminiert hat). Deshalb auch die komischen Proportionen, ich würde daher mehr den Gesamteindruck bewerten wie die feinen Details. Schau dir das Bild noch an wo ich die Details nachgezeichnet habe. Ich warte noch auf eine höher aufgelöste Version des Bildes. Ich überlasse dir gerne die weitere Interpretation, deshalb haben wir die Quelle öffentlich gemacht. Wir denken aber dass unsere Interpretation durchaus schlüssig ist.
Sigena-Hospitaliter_Facts.jpg
 
Das ganze treibt mich schon etwas zur verzweiflung. Kaum denkt man, man ist auf dem richtigen Weg, dann ist vieles auf einmal anders. Nichtsdestotrotz, ich bleibe jetzt bei meinen Sachen, werde das ganze aber weiter verfolgen...
 
Wir denken aber dass unsere Interpretation durchaus schlüssig ist.
Da bin ich bei euch. Diese Quelle ist eine "wahre Überraschung" und ich empfinde sie (genau wie eure herangehensweise) schlüssig.
Das ganze treibt mich schon etwas zur verzweiflung. Kaum denkt man, man ist auf dem richtigen Weg, dann ist vieles auf einmal anders.
Deswegen sollte man seine Darstellung auch nie als "fertig" bezeichnen. Das du nicht "auf dem richtigen" Weg bist, würde ich nicht sagen. Du hast dich (wie viele andere [inklusive mir selbst] auch) an den Sekundärquellen (und den darin enthaltenen Primärquellen) & den dir bekannten Übersetzungen der Ordensregeln orientiert. Diesen Weg würde ich nicht als "falsch" bezeichnen. Nun ist halt ein neuer Aspekt dazu gekommen. Den gilt es jetzt für sich zu interpretieren und einzuordnen. Ob man deswegen jetzt gleich die ganze Darstellung auf den Müll wirft und sich, auf die neuen Erkenntnisse stützend, alles neu aufbaut, oder es langsam angehen lässt und ggf. Stück für Stück "updatet", (oder auch alles so lässt wie es ist?) muss ein jeder selbst entscheiden. @Daniel: Wenn ich mir die Primärquellen so anschaue, dann sehe ich, dass sich im 13. Jhdt. die Farbe des rotes etwas "erhellt". Es macht den Eindruck das das rot nicht mehr diesen "rotbraunen touch" des 12. Jhdts. hat, sondern einfach eher nur (wie in dem unteren Bild) rot ist. Wie interpretierst du (oder ihr alle) das?
Acre21.jpg
(Bildquelle: http://romeartlover.tripod.com/Acre2.html)
 
Natürlich Wolfram, bleib bei deinen Sachen. So viel ändert sich aus unserer Sicht ja nicht. Zumindest die zivile Bekleidung bleibt gleich, bis darauf dass die Hospitaliter halt nicht durchgängig schwarz waren sondern einfach "bescheidene" Stoffe verwenden sollten aus unserer Sicht (für die Zeit um 1180). Zudem ist dies unsere Erkenntnis nach der Recherche, das ist auch immer eine Entscheidung welche man trifft. Man kann durchaus auch auf andere Erkenntnisse kommen aufgrund der Quellen, das Ganze ist ja keine abschliessende Wissenschaft. Genau deshalb ist es ja so spannend!
 
Ich denke die Farbe kann man aufgrund einer Quelle nicht festlegen, das wäre zu weit gegriffen. Das Rotbraun kommt in diesem Fall sicher vom verwendeten Okker. Aber eben, der zweite Hospi ist schwarz gemalt. Ich würde das Rot daher nicht standardisieren, sondern einfach die verfügbaren Färbemittel berücksichtigen. Wir denken dass es, wenn man die späteren Abbildungen aus dem 13. Jh anschaut, eher dunklere Farben waren, eben Rotbraun, Braun, dunkelbraun, Grau, dunkelgrau, Schwarz. In den späteren Abbildungen sind meist die Mäntel schwarz und die anderen Kleider in etwas anderen Nuancen. Aber eben, die Hospis hatten Kohle, das heisst sie liefen nicht wie die Franziskaner herum. ;-)
 
Da stellt sich mir die Frage, ob man das Schwarz für zB. den Mantel wirklich färben mußte, weil eben schwarz färben wohl teuer war, oder ob man nicht eher die Wolle von schwarzen Schafen genommen hat. Das wäre doch die günstige Variante, oder? Und wie schwarz ist die Wolle wenn sie fertig zum verarbeiten ist?
 
Ja, die These mit den Schwarzen Schafen ist alt. Es ist möglich. Aber gegeben der Umstände dass der Hospitaliter Orden ein sehr reicher Orden war, schon im ausgehenden 12. Jahrhundert, kann man denke ich davon ausgehen dass sie die Stoffe schon gefärbt einkauften. Eine Eisen/Tanninfärbung über dunkle Wolle ist keine grosse Sache damit der Stoff etwas gleichmässiger ist. Aber auch der Stoff von dunklen Schafen kann man verwenden, es sollte wohl einfach bescheiden wirken, aber trotzdem nicht ärmlich. Die Bettelorden welche zur selben Zeit aufkamen waren ja absichtlich ärmlich unterwegs und verzichteten auf alles, was einen grossen Aufschrei gab. Das kannte man sonst von Orden nicht. (s. Franziskaner, Clarissen usw).
 
Wegen der Schildfarbe: aufgrund dieser Quelle kann man die Schildfarbe leider nicht ableiten. Vielleicht war die Schildfarbe gleich wie bei den Kleidern nicht standardisiert, nur das weisse Kreuz darauf? Das ist aber einfach eine These. Falls es standardisiert war macht rot einfach am meisten Sinn, da der Banner rot war und de Schilde im 13. Jh auch rot sind.
 
Die "neue Quelle" wird auch auf anderen Plattformen ausgewertet und diskutiert. Neben dem positiven Zuspruch möchte ich hier mal anonym auch ein paar kritische Statements einfügen.
"Allerdings steht und fällt deren These mit der Annahme, daß es sich bei dem abgebildeten Ritter um einen Ordensritter und keinen weltlichen Ritter handelt. Ich finde, das ist nicht ganz eindeutig zu klären."
"Ich bin jetzt nicht der große Fachmann für Johanniter, aber ich würde anhand dieses Bildes nicht unbedingt tiefgreifende Rückschlüsse ziehen. Allein der Fundort wäre mir als Beleg etwas dünn (vgl. Frescen von Cressac im Templerkontext, da ist man sich bei vielen Figuren auch mehr als unsicher). Das Kreuz auf dem Schild ist kein Beleg für einen Ordensmenschen. Viele Kreuzfahrer haben sich Kreuze auf alle möglichen Körperteile oder Utensilien gepinselt. Und einen anderen Anhalt für die Ordenszugehörigkeit des dargestellten Reiters finden sich nicht. Müsste ich diesen Reiter interpretieren, würde ich ihn eher für einen weltlichen Ritter halten, eher nicht für ein Mitglied des Ordens."
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Die "neue Quelle" wird auch auf anderen Plattformen ausgewertet und diskutiert. Neben dem positiven Zuspruch möchte ich hier mal anonym auch ein paar kritische Statements einfügen.
"Allerdings steht und fällt deren These mit der Annahme, daß es sich bei dem abgebildeten Ritter um einen Ordensritter und keinen weltlichen Ritter handelt. Ich finde, das ist nicht ganz eindeutig zu klären."
Natürlich nicht, solange nicht ein Schild dranhängt wo draufsteht "Das ist ein Hospitaliter Ritterbruder" ;-)
"Ich bin jetzt nicht der große Fachmann für Johanniter, aber ich würde anhand dieses Bildes nicht unbedingt tiefgreifende Rückschlüsse ziehen. Allein der Fundort wäre mir als Beleg etwas dünn (vgl. Frescen von Cressac im Templerkontext, da ist man sich bei vielen Figuren auch mehr als unsicher). Das Kreuz auf dem Schild ist kein Beleg für einen Ordensmenschen. Viele Kreuzfahrer haben sich Kreuze auf alle möglichen Körperteile oder Utensilien gepinselt. Und einen anderen Anhalt für die Ordenszugehörigkeit des dargestellten Reiters finden sich nicht. Müsste ich diesen Reiter interpretieren, würde ich ihn eher für einen weltlichen Ritter halten, eher nicht für ein Mitglied des Ordens."
Nun ja, wenn er ja kein Fachmann für Johanniter ist dann zählt seine Aussage aus meiner Sicht nur bedingt, aber ich nehme trotzdem Stellung. Wir haben uns wirklich intensiv mit dem Thema befasst. Auch wenn wir natürlich noch nicht alles wissen. 1. Die Forscher welche das Fresko analysierten sind versiert auf dem Thema. Man kann ihre Ansicht sicher anzweifeln, das darf man. Aber sie kennen sich aus und es ist ihr Job dies zu tun. 2. Das Fresko zeigt laut M Pages y Paretas und dem verantwortlichen Kurator die Mission der Hospitaliter im Heiligen Land. Und auf diesem Fresko einen Pilgerzug welcher von Hospitaliter-Rittern begleitet wird. Dies macht absolut Sinn, wenn man sich das ganze Fresko ansieht und anaysiert, und den Kontext mit einbezieht (Hospitaliter Konvent). Dazu ist aber das entsprechende Wissen natürlich Voraussetzung. 3. Das mit dem Kreuz ist meiner Meinung nach eben nicht so. Ich kenne bis jetzt erst zwei Abbildungen von Rittern mit Kreuzen auf dem Schild. Cressac, und Sigena. Alle anderen Abbildungen von Rittern haben andere Bemalungen, wenn man nach Fresken und Handschriften geht. Das muss nichts heissen, ist aber zumindest auch ein Indiz. 4. Es ist korrekt, der Ritter ist sehr nah bei einem üblichen Ritter dieser Zeit. Bis auf die Surcot, welche damals noch nicht Standard war (s. auch andere Ritter auf dem Fresko). Die Ordensritter waren wohl auch nicht so standardisiert ausgerüstet wie man es von den Templern kennt. Um 1189 ist es gut möglich dass dies noch immer die erste Generation des bewaffneten Teils des Ordens war. Das heisst, es ist noch immer sehr gut möglich dass es sich hier um die Abbildung eines Hospitaliter Ordensritters handelt. Nur soweit: Wir sind auch nicht allwissend und es kann auch sein dass wir falsch liegen. Und wir sind uns bewusst dass wir uns mit dieser Quelle und deren Analyse in die Ebene der Recherche begeben wo man selten hinkommt als Living History Darsteller, speziell da wir uns damit gegen die übliche Konklusion der Forschung stellen. Deshalb haben wir das Ganze auch noch kritischer geprüft. Da hilft es natürlich Mediävisten in der Gruppe zu haben welche die Quellenkritik im Griff haben und uns helfen nicht in festgefahrenen Mustern zu denken (z.B. nicht auf den Osprey schauen sondern auf die Primärquellen). Ich bin gespannt wie es weitergeht...
 
Danke für deine erneuten Ausführungen, Daniel. Bisher hat sich hier noch niemand "kritisch" zu dem Thema geäussert (was mich übrigens wundert). Eine kritische Beleuchtung (sachlich angeführt) finde ich wichtig. Deshalb hab ich die Statements hier eingestellt. Es belebt die Diskussion und erweitert den Horizont. :thumbup:
Ich bin gespannt wie es weitergeht...
Ich auch! Sehr sehr spannend das ganze! :thumbup: :trink02
 

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