Lebkuchen, Springerle, Bildgebäck in Spätmittelalter und Früher Neuzeit

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Heidensohn

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Als Mönchdarsteller tut man sich immer etwas schwer mit der Freundin zusammen das Hobby auszuüben. Und es gibt auch nicht so viele passende Gelegenheiten. Daher haben meine Liebste und ich die Tage den großen Geisteblitz gehabt. Neue Darstellung: Lebzelter (Tante Wiki sagt: http://de.wikipedia.org/wiki/Lebzelter), Handwerkerehepaar, einmal mit Ausrüstung für das letzte Drittel 15. Jahrhundert, einmal mit Ausrüstung für erste Hälfte 17. Jahrhundert. Ich geb uns mal drei Jahre für den Aufbau von Ausrüstung, Wissen und Können. Nun ist Lebküchlerei ja kein ausgestorbenes Hand-/Heimwerk, deswegen würde mich interessieren, ob hier vielleicht jemand mit dem Backen von Lebkuchen, Spekulatius, Springerle, generell Bildgebäck, besonders mit Holzmodeln Erfahrung hat. Vielleicht hat ja auch jemand ein Model mit tauglichem Motiv rumliegen, das nicht mehr gebraucht wird. Schon ein Foto wäre eine Hilfe. Schrift- und Bildquellen, oder generell Tipps zu spätmittelalterlich/frühneuzeitlicher Bäckerei allgemein werden natürlich auch dankend angenommen. Wir stehen ganz am Anfang. Vielen Dank.
 
Von Lebkuchen zu Springerle und Bildgebäck.... puh, das ist ja eigentlich ein breites Feld, weil alles verschiedenste Teigarten. ;) Ich bin letztens über Goode Cookies gestolpert, die auch auf Märkten (in den USA) verkaufen. Auf ihrer Webseite (www.godecookery.com) findest du viele Beispiele, leider nur teils mit Quellen, aber auch einen geschichtlichen Abriss samt Quellen. Auf der FB-Page von denen gibt es noch aktuellere Fotos (www.facebook.com/pages/Goode-Cookys). Und dieser Text zu Geschichte, auf der Seite eines Cookies Mold-Herstellers, ist vielleicht für die weitergehende Suche spannend? (http://www.cookiemold.com/CookieMolds-History.html) Und vielleicht ist das Buch "Stolze Reiter, schöne Damen. Die Bilderwelt der Gebäckmodel" von Christa Fischer auch was? LG
 
Danke für den Hinweis und auch alle die mich per PN erreicht haben. Natürlich ist es ein weites Feld, aber erfahrungsgemäß schmilzt es ganz schnell, wenn man anfängt zu fragen welche Rezepte, Formen und Techniken tatsächlich und mit erreichbaren zeitgenössischen Quellen für die Darstellungszeit belegt sind. Also lieber breit anfangen: Wer weiß schon welche Sachen man dann auch tatsächlich umsetzen kann.
 
In Weiden bei uns gab es im Mittelalter richtige Lebküchner. Ich zitiere mal ein paar Zeilen aus dem Weidner Stadtarchiv zusammen getragen von Annemarie Kraus 1997 "Schon 4000 Jahre vor Christi Geburt hat man Honig im vorderen Orient und in Ägypten bei der Zubereitung von Gebäck verwendet. In Griechenland waren Honig und Honigkuchen als Opfergaben für die Götter verwendet. Die Griechen gaben ihr Wissen über die Herstellung von Honiggebäck in Tonmolen an die Römer weiter. Die Bezeichnungen für dieses süße Gebäck waren recht zahlreich. Von Rom aus wurde die Herstellung von Honiggebäck nach Gallien und Germanien und Britannien verbreitet. " Vom Kuchenbäcker, zum Süßbäcker, Lebzeltern, Lebküchnern und Pfefferküchklern Bei den Bäckern kam es zu spezialisierung in Schwarzbäcker, Weissbäcker Kuchenbäcker, Lebküchnern und Zuckerbäcker, doch blieben sie oft in einer "Lade" also waren bei der Bäckerzunft auch Lebzelter eingeschrieben. 1261 werden in Frankreich "Patisseris" Kuchenbäcker und "Ovloyers" Lebzelter genannt 1293 gibt es in Schweidnitz an der Oder eigene Lebzelter mit urkundlich erwähnten Grundbesitz nach neueren Veröffentlichungen, die ältere Literatur berichtet nur von Lebzeltern aber keine eigene Zunft 1294 nennt eine Kaufurkunde in der Steiermark Eberhart den Lebzelter als Zeugen 1310 belegt eine Marktordnung Lebzeller in München 1370 werden hier mehrer Lebküchler Namentlich benannt, 1473 wird die Münchner Lebzelterzunft benannt 1592 sind in der Münchner Zunft Lebzeltermeister aus 51 umliegenden Orten Zunftmitglieder 1358 erscheint im Ratsbuch des Kantons Basel Stadt ein "oflater"von Straßburg stammend 1366 werden weitere Oblater genannt, deren Berufsbezeichnung von dem französichen "obloyer" abgeleitet ist. Später lautet im Alpengebiet die Berufsbezeichnung "Zelter" von Lebzelter und Pfefferzelter 1384 werden in Ratsrechnungen der Stadt Rothenburg ob der Tauber Lebküchner genannt 1393 findet man in der Stadt Straßburg mehrere "lebkouchner" und 1434 Lebkuochenmacher 1395 hat das Elisabethen-Spital des Deutschherrenordens von einem Haus in Nürnberg Abgaben für ein Ofenrecht eines Lebküchners erhalten 1643 also sehr spät bilden die Nürnberger Lebküchner eine eigene Zunft obwohl 1350 bereits Lebzelter in der Stadt genannt werden. Nach der Lebküchnerverordnung vom Jahr 1629 durften die Nürnberger Lebzelter ihre Lebkuchen nicht mehr bei befreundeten Bäckern backen, sondern mussten eigene Backöfen haben, damit hatte die Trennung der Berufe Bäcker und Lebzelter, zwei selbständige Zünfte zu Folge 1445 ist in Wien die Lebzelterzunft urkundlich nachweisbar 1455 verlangen die Honigkuchenbäcker in Göttingen eine Ratsordnung, wonach nur mit reinem Honig gebacken werden darf. 1485 schreibt die Nürnberger Hochzeitsordnung vor, Zuckerkonfekt durch Lebkuchen und Lebzelten zu ersetzen, Zuckerwaren wurden als Verschwendung bezeichnet, Honiggebäck wurde preiswerter angeboten." Soviel aus dem Buch..... Bei Interesse schreib ich noch mehr..... Leider muss ich alles abtippen.... deswegen brauch ich ein wenig Zeit ;)
 
Ich hab heut noch ein wenig in dem Buch geschmökert, die Ausgangsfrage war nach Rezepten..... Nürnberger Springerle 4 Eier werden mit 500 g Zucker schaumig gerührt und mit 500g Weizenmehl vermengt. Ruhezeit 2 Stunden, ausrollen 1 cm dick, mit Stärkemehl bestäuben,Model eindrücken und mit dem Messer ausschneiden. Backblech mit Mehl einstäuben, Gebäck draufsetzen und über Nacht ruhen lassen. Ein 2. Blech fetten und mit Aniskörner bestreuen und Springerle draufsetzen, 160° Hitze - Backofentür leicht öffnen, 30 Minuten hell ausbacken. Werden die Springerle für den Christbaum bemalt sind die Zutaten einfacher: 1/4 liter lauwarmes Wasser, 625 g Puderzucker, 900 g Mehl und werden dann Wasserzucker genannt von wann dieses Rezept ist, geht aus dem Schriftstück leider nicht hervor, es ist nur die Rede von dem ältesten überlieferten Rezept.
 
Ebenfalls aus dem Weidener Stadtarchiv 1997 : Das älteste bekannte Lebkchenrezept 15 Jhd umgerechnet von Erna Horn: 105 g Ingwer, 25 g Nelken, 25g Muskatblüten, 10 g Pfeffer, 35 g Zimt und 70 g Koriander werden gehackt, mit 1500g Honig vermengt und mit Weizenmehl zu einem Teig verkneten (wie viel steht leider nirgens) Lebkuchen geformt und ausgebacken. Ok kann damit wer was anfangen? Lebzelten 18dkg Zucker werden mit 2 ganzen Eiern, 4 dkg Butter, 2 EL erwärmten Honig , einem Päckchen Backpulver, Zimt, Zitronenschale und gemahlene Nelken vermischt. Dazu gibt man Lebkuchengewürz auch Neugewürz genannt und 40 dkg Mehl. Die gut durchgearbeitete Masse muss länere Zeit ruhn. Wird dann Zentimeterdick ausgewalkt, entweder in Rauten geschnitten und auf dem Blech ausgebacken oder in Modeln gedrückt und dann ausgebacken.
 

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