Ein Wambis von Buggeram

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LotlBotl

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Mir ist gerade eine Frage wieder eingefallen, die mich schon eine ganze Weile beschäftigt. Es geht um Mauricius von Crâun, geschrieben etwa 1200, vermutlich in Rheinfranken. In diesem Buch ist ziemlich genau beschrieben, wie der Held vor dem Turnier seine Rüstung anlegt. Da er direkt von Gottesdienst und Brathähnchenfrühstück kommt, wird er schon Zivilkleidung angehabt haben, dann zieht er zuerst ein Wams aus Buckram an, darüber seinen blank polierten Kettenpanzer und darüber seinen Seidenen Wappenrock. Der Punkt der mich hier beschäftigt ist dieses Wams aus Buckram. Je nach Zeit und Region kann mit Buckram schonmal alles Mögliche an Geweben gemeint sein. Ein dicker, grob gewebter Stoff aus Ziegenhaar wäre sicherlich eine praktische Sache unter der Rüstung, da Mauricius aber für dieses Turnier sein gesamtes, enormes Vermögen verprasst, würde ich auch einen feinen Baumwollstoff nicht ausschließen. Er legt großen Wert auf volle Beweglichkeit, ein vollwertiger Textilpanzer unter dem Kettenpanzer würde ihn wohl zu sehr einschränken(gerade wenn ich an meine Replik denke), außerdem hätte der Autor dann sicher auch irgendeine Besonderheit hervorgehoben. Ebenso ist mir das Wams an sich ein Rätsel. Es wird nicht näher beschrieben, sollte dem Leser also bekannt sein, die Verwendung eines eigenen Wortes deutet für mich darauf hin dass es sich vom Rock unterscheidet. Wams als Kleidungsstück im 13. Jahrhundert ist mir nicht wirklich bekannt. Je nach verwendetem Material könnte ich mir Gründe für und gegen Ärmel vorstellen, ebenso für verschiedene Längen. Eine Kleider schonende Zwischenschicht macht für mich irgendwie genausoviel Sinn wie ein extra Polster über der Wollkleidung oder etwas festes das die Energie eines Treffers auf eine größere Fläche verteilen soll(Hydraulische Presse). Zu vielen im Buch beschriebenen Kleinigkeiten, zum Beispiel einer Pelzdecke, haben sich Fachleute Gedanken gemacht und sehr plausible Deutungen vorgeschlagen, dieses Wams scheint aber irgendwie noch niemanden interessiert zu haben. Vielleicht denke ich auch einfach zu kompliziert. Was meint ihr?
 
Heißt es denn auch im Original Wams? Wenn es sich um eine Übersetzung handelt, dann wird der Autor vielleicht, mehr oder weniger fahrlässig, das ganze Wams genannt haben. Ich glaube in nahezu allen Zeiten nennen Autoren eine einfache nicht näher bezeichnete Oberbekleidung "Wams", vielleicht weil es sich so schön passend für so ne alte Klamotte anhört.
 
Die Originalbezeichnung ist in der Überschrift, das benutzte Wort ist wambis. Einen fahrlässigen Übersetzungsfehler kann man wohl ausschließen, da das Buch das ich gelesen habe nicht für den Heimgebrauch gedacht, sondern quasi ein Unterrichtsbuch für das Germanistikstudium, sehr wissenschaftlich, linke Seite das Original, rechte Seite die zeilenweise Übersetzung, Anmerkungen ausschließlich im Anhang. Der Lexer übersetzt Wambis ebenfalls mit Wams. Ich habe die Bücher zwar gerade nicht da, aber eben schon mehrfach nachgelesen und nachgeschlagen, an der Stelle bin ich mir sicher. In dem Buch fallen auch mehrere Begriffe für Oberbekleidungsstücke, besonders als Mauricius all seinen Besitz verschenkt und den Samtbezug seines Schiffes unter seinen Bediensteten aufteilt, bei einem reicht der Stoff für einen ganzen Rock/roc, beim nächsten nur für eine Gere/gêre, das Wams/wambis taucht aber nicht wieder auf. Es geht mir also darum, dass der tatsächliche Autor aus dem Jahr 1200 hier ein Kleidungsstück nennt, von dem ich so noch nie gehört habe, nämlich das Wams/wambis, dieses aber außer dem Material nicht näher beschreibt, obwohl er eigentlich alles genau beschreibt um den extremen Reichtum des Herrn von Crâun zu beschreiben. Das Material Buckram/buggeram ist vieldeutig, also kein echter Hinweis auf die Funktion des Kleidungsstücks. Dass er sich weichen Filz um die Knie wickelt bevor er die Kettenbeinlinge anlegt ist da in der Funktion eindeutiger.
 

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