Holzlasuren im Hochmittelalter

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LotlBotl

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Nachdem mich die Suchfunktion nicht weiter gebracht hat - das passendste Thema ging um Essbrettchen, die eben nicht lasiert werden - erstelle ich einfach mal ein neues Thema. Mein Thron nimmt Form an und um nicht eine IKEA-Optik zu erreichen, möchte ich die Beine nicht bemalen(kann ich ja später immer noch). Zum ganz blank lassen ist das Holz aber einfach nicht schön genug(deutlicher Übergang Kern/Splint). Also möchte ich gerne lasieren, um das Holz etwas dunkler zu kriegen. Jetzt frage ich mich nur, was für Lasuren wurden verwendet? Ich habe gelesen, dass man zumindest in Griechenland quasi seit immer gekochte Walnussschalen verwendet, das wird je nach Anzahl der Anstriche dunkelbraun bis kurz vor tiefschwarz. Ölen geht auch immer. Dauert halt Jahre und zig Anstriche, bis das dann mal wirklich dunkel wird. Gibt es sonst noch Möglichkeiten? Kann auch was kompliziertes sein, da mein Holz aus Preisgründen schon das falsche ist, benutze ich moderne Farben. Passt auch gut zum chemisch gefärbten Seidenbrokat.
 
da mein Holz aus Preisgründen schon das falsche ist, benutze ich moderne Farben.
Ich habe so was noch nie gesagt. Aber: wenn du eh moderne Farben nimmst, geh doch in den Baumarkt. :ups *A-Mode an*.. du kannst das öl heiß machen zum Streichen. Leinöl schön kurz vorm rauchen und dann mit einem hitzefesten Pinsel (oder lappen oder so) rein und den Thron anstreichen. Ich denke, dadurch brauchst du weniger Anstriche und es zieht schneller ein und wird schneller dunkel. Mein Opinel habe ich enige male in kochendes Sonnenblumenöl getaucht, jetzt ist es von Weiß zu braun geworden. Ob das wirklich damals verwendet wurde?- Keine Ahnung. Erscheint mir aber gut möglich. Radreifen wurden zum Beispiel auch Ölgekocht. Warum nicht auch ein Thron? Wenn du dich mal genauer umschaust, muss gutes Holz nicht Teuer sein. Meine Mastermyrtruhe ist das beste Beispiel dafür. Wir heben schon 200 Euro ab. Was sagt der Verkäufer? "So Pi mal Daumen... 25 Euro! :schock1
 
Hier ist eine schöne Seite einer niederländischen Truppe, bei der Holzarbeiten im Vordergrund stehen, unter Anderem haben Sie einen ähnlichen Stuhl wie Deinen gebaut, und schöne Detailbildern von Originalen. Irgendwo meine ich gab es einen Post zur Farbe http://thomasguild.blogspot.de/2014/11/the-faldistorium-in-mak-in-vienna.html (Quelle Blog der St Thomas Guilde) Es wäre schade um die Arbeit, da jetzt eine Baumarktfarbe drauf zu hauen. ;( Da die historischen Farben blickdicht scheinen, kommt es auf die Holzart jetzt mal nicht soo an. Finde ich.
 
Ich habe so was noch nie gesagt. Aber: wenn du eh moderne Farben nimmst, geh doch in den Baumarkt.
Das löst aber leider noch nicht die große Frage, wie diese Lasur überhaupt aussehen darf. Zumindest mein Baumarkt hat nämlich kein Regal für mittelalterlich aussehende Holzlasuren. Die Kosten entstehen leider an mehreren Stellen, da ich mit Holz nicht wirklich was anfangen kann und die Gelenke nicht passgenau hingekriegt hätte, habe ich mir einen Rohling anfertigen lassen. Da auch der Handwerker länger an Obstbaumholz sägt, hätte das schon einen ordentlichen Unterschied gemacht. So ist es eben Esche statt Birne geworden. Den Artikel von der St Thomas Guild kenne ich, aber trotzdem danke fürs raussuchen. Daher komme ich überhaupt darauf, die Beine unbemalt zu lassen um einen Akzent auf das verwendete Material zu setzen. Die Lasur soll nur das Holz nachdunkeln und den Kontrast zwischen Kern und Splintholz etwas mindern, damit man das unhistorische Holz nicht ganz so direkt zu sehen bekommt. Würde ich blickdicht bemalen, würde sich die ganze Frage ja gar nicht stellen.
 
Die Lasur soll nur das Holz nachdunkeln und den Kontrast zwischen Kern und Splintholz etwas mindern, damit man das unhistorische Holz nicht ganz so direkt zu sehen bekommt. Würde ich blickdicht bemalen, würde sich die ganze Frage ja gar nicht stellen.
Die Lasur sollte meines Wissens eher deckend sein als transparent. Die Kunst des Lasierens war da in der Malerei sehr ausgeprägt und man arbeitete mit vielen Schichten. Hier gibt es einen Artikel zum Lasieren allgemein. Selbst wenn du transparent arbeiten möchtest, könnte er vielleicht für dich interessant sein.
 
Mir schwirrt da die ganze zeit Klauenfett/öl im Kopf rum, hatte ein ähnliches Problem mit einer Pferdetrense, die zu hell war. Durch Klauenfett ist das Leder dann richtig schön nachgedunkelt. So Holz ist jetzt halt kein Leder, und an holz habe ich es nie getestet, ggf kann ich es aber mal versuchen. Oder jemand hat da schon erfahrungen mit.
 
Das löst aber leider noch nicht die große Frage, wie diese Lasur überhaupt aussehen darf. Zumindest mein Baumarkt hat nämlich kein Regal für mittelalterlich aussehende Holzlasuren.
Ah, ok. Ich plädiere dann weiter für Leinöl. Das ist meiner Meinung nach das historisch korrekteste, und es macht es auch etwas dunkel. Wenn du eh mit Chemie arbeitst, nimm doch Leinölfirnis mit sikkativen, das geht sicher schneller und ich finde kein Finish schöner als das von Leinöl und Schachtelhalm.
 
Um den Farbunterschied zw Kern- und Splintholz anzugleichen kannst du die aus herkömmlichen Beizen etwas anmixen. Vorher am Probestück testen (der feuchte Auftrag gleicht der späteren Farbe). Damit dann den Splint dunkler tönen. Final Überzug aus Leinölfirnis. Ich persönlich finde aber auch eine Fassung mi Kasein oder Ölfarbe gut, weiss jedoch nicht wie dies in deinen Zeitraum passt. Klauenöl auf Holz wird kaum einen anderen Ton erzeugen als Leinöl.
 
Da waren ja jetzt doch ein paar Schlagworte dabei, mit denen ich mich auf die Suche machen konnte. Wie es scheint, war Möbel- und Dekoholz im Mittelalter grundsätzlich behandelt. Auch solches, das unbehandelt aussieht, wurde zumindest mit Firnis überzogen. Firnis bezeichnet hier natürlich einige Varianten, Leinöl ist aber eine der gebräuchlichen, sowohl auf Farbe als auch einzeln. Das besondere an Leinöl ist, dass es mit der zeit polimerisiert und eine schützende Schicht auf dem Holz hinterlässt. Leinölfirnis ist behandeltes Leinöl, das wesentlich schneller polymerisiert, Halböl ist Leinölfirnis mit einem Zusatz an Orangenöl, das ein besseres Einziehen ins Holz ermöglicht, aber rückstandslos verdampft. Durchscheinende Farbschichten können Ergebnis von Zersetzung der Grundierung sein, ebenso kann Leinölfirnis eintrüben und mit der Zeit undurchsichtig werden. Ob das jetzt heißt, dass ich blaue Pigmente ins Leinöl rühren und den Stuhl durchsichtig bemalen dürfte, weiß ich nicht, dunkelbraun wie in der Kirche sollte aber auf jeden Fall auch fürs 13. drin sein.
 
, dunkelbraun wie in der Kirche sollte aber auf jeden Fall auch fürs 13. drin sein.
Mobiliar ist ja oft aus Eiche hergestellt. Diese verbräunt/dunkelt im Laufe der Zeit, (besonders durch Ammoniakdämpfe). So entsteht u.U. der dunkelbraune Farbton.
 
Passt nur so grob zum Thema..aber bevor ich extra was aufmache: :) Was benutzt ihr für Messergriffe, Dolchgriffe usw. aus Holz, um sie zu imprägnieren/zu schützen? Habe es bisher mit Wachs und Leinöl probiert. War beides eine Sauerei, besonders der Wachs. Der Griff hat geklebt und der Dreck ist auch schön hängen geblieben? :kopfwand
 
Leinölfirnis auftragen, 1/2 Stunde einziehen lassen und dann mit einem Lappen abwischen! Sonst bleibts babbisch... Über Nacht trocknen lassen und erneut auftragen, drei mal sollte genügen.
 
Man kann auch das Leinöl mit feinen Rußpartikeln (z.B. aus dem Schornstein) oder mit ausgeglühter Holzkohle (quasi "begrillte" Holzkohleasche) versehen. Dadurch erreicht die hölzerne Oberfläche eine dunkle und gealterte Patina. Noch besser funktioniert das, indem das Holz dünn mit Leinölfirnis (also Leinöl versetzt mit Terpentin) eingestrichen wird. Dann nimmt man die feine Holzkohleasche in die Hand und walkt sie in die noch feuchte Oberfläche ein. Dadurch ergibt sich eben diese Patina, die sehr einem natürlichen Alterungsprozess ähnelt, weil es nicht so absolut gleichmäßig aussieht. Das Verfahren ist eine absolute Matscherei, aber der erzielte Effekt ist überzeugend. Dann gibt es noch die Möglichkeit das Holz mit "Labsal" einzustreichen. Damit wurden schon in der Antike Seile und Segel imprägniert. Damit kann man auch hervorragend Zeltplanen abdichten. Auch Holz kann man so behandeln. Der Vorteil: Labsal kann in verschiedenen Farbtönen gekauft werden. Etwas aufwendiger (Achtung: nicht authentisch!), funktioniert auch folgende Methode: Einstreichen der Holzoberfläche mit matt schwarzem Hammerit-Lack. Leicht (!) Antrocknen lassen und die Oberfläche dann auch wieder mit Holzkohleasche einreiben. Event. nachstreichen. Das Verfahren ist auch eine echte Sauerei, aber das Ergebnis ist sehr interessant, weil die Oberfläche durch die Kohlepartikel eine raue Reliefstruktur bekommt. Die Methode wende ich für alle Zelt- und Planenstangen an, damit diese Bei Bodenkontakt keine Feuchtigkeit aufnehmen. So und jetzt die letzte Methode: Ankohlen der Holzoberfläche mittels Gasbrenner. Leinölfirnis auftragen und einwalken bzw. einbürsten. Eventuell mit Drahtbürste nacharbeiten. Dann wieder einölen. So erzielt man eine dauerhafte Schwarzfärbung, die dann beim nachölen einen samtigen Glanzzeigt. Super! Mehr weiß der alte Gilge jetzt auch nicht :) Gruß und bis denn
 

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