Reenactment Waffen- und Rüstkammer (alles was historisch belegbar ist)

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Genau so ist es... mittlerweile ist ein weiteres "Kunstwerk" bei mir eingetroffen, auf das ich mich schon eine ganze Weile gefreut habe. Die Kenner unter euch dürften direkt eine ungefähre Vorstellung davon bekommen, wenn sie nur schon dieses Zettelchen sehen...
Das im Beitrag 621 beschriebene "Kunstwerk" möchte ich euch heute noch kurz vorstellen. Ein Schwert für meine Sammlung aus der Werkstatt von Maciej Kopciuch (Swordmaker) war schon lange ein grosser Wunsch von mir. Dieser Traum wurde nun vor einigen Wochen wahr. Es handelt sich um ein Einhandschwert (Klinge: Typ XIV), datiert auf ca. 1270 bis 1330. Das Original wird im Schweizer Landesmuseum in Zürich ausgestellt. Es wurde vor einer Weile mal genauer von Roland Warzecha untersucht. Hier der link zum Video auf youtube: https://www.youtube.com/watch?v=b7NVYLpLdB8 Maciej hat die Erkenntnisse der Untersuchung in seine Arbeit einfliessen lassen und das Ergebnis spricht für sich. Diese Waffe ist ein Traum! Hier ein paar Bilder: :love: 333.jpg11.jpg 22.jpg 444.jpg 555.jpg(Quellen der Bilder: Swordmaker)
 

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Wow. Ein wunderschönes Schwert, in Kombination mit der Scheide die perfekte Mischung aus Schlichtheit und Eleganz. Ich persönlich find ja, dass Typ XIVer zu den schönsten Schwertern überhaupt gehören.
 
Eine wichtige Realie des spätmittelalterlichen Teiles meiner Sammlung ist diese süddeutsche Schaller, angelehnt an ein Landshuter Original, um 1470-1480 (ausgestellt im Germanischen Nationalmuseum). Zu ihr gehört ein einteiliger Bart. Hergestellt wurde beides von der Schmiedevereinigung "Craftsman of Taurica" (namentlich von Andrew Yumanow). Eine sehr ähnliche Schaller befindet sich in der Rüstkammer der Churburg. Diese wird auf 1485 datiert und wird einem Gaudenz von Matsch, Graf von Kirchberg, zugeschrieben. Aktuell ist diese Schaller eine von fünf unterschiedlichen Exemplaren. Eine sechste Schaller, mit geschobenem Nacken, einem ganzen aufschlächtigen Visier, datiert auf 1490/95, wird in 2020 die Sammlung diesbezüglich abrunden. Hersteller ist Ewald Tanzer. Auf der Collage ist zudem eine Interpretation eines Ringpanzerbartes zusehen. Solch ein Bart ist beispielsweise im Thun'schen Skizzenbuch abgebildet. Die Ringe (5mm ID) dieses Rekonstruktionsversuches sind an der Vorder- und Hinterseite (am Kinn- und Halsbereich) doppelt (also in zwei Reihen) verlegt und ineinander verflochten. Dies ergibt so ein sehr dichtes und stabiles, aber dennoch bewegliches Geflecht. Diese Art Bärte sieht man als Nachbau sehr selten. Genau dieser Ringpanzerbart ist in U. Lehnart's Buch "Kleidung & Waffen der Spätgothik, III 1420-1480" auf Seite 116 abgebildet. Dort verfügt er noch über eine Scheibe auf der Kinnspitze. Ich überlege diese wieder nachrüsten zu lassen. mail bevor.jpg(Bildquelle: ich)
 

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Der ideale hochmittelalterliche Schwertgriff für ein einhändig zu führendes Schwert war eher kurz gehalten. Grifflängen von +-9cm sind keine Seltenheit, sondern eher die Regel. Aber es gibt - gerade in der zweiten Hälfte des 13. Jhd. - immer wieder auch Exemplare zu finden, die bei gleichbleibender Klingenlänge, deutlich längere Handhaben aufzeigen. Eines davon hat z.B. Roland W. (Dimicator) vor ein paar Monaten genauer untersucht und vermessen. Für mich Stand früh fest, dass so ein Exemplar in meinem Bestand nicht fehlen darf. Die abgebildete Nachbildung orientiert sich mit seinen Komponenten und den Abmessungen an historischen Vorlagen. Einhandschwerter mit ca. einem Meter Gesamtlänge und einer Grifflänge von rund 12cm (und mehr) sind für diesen Zeitraum mehrfach nachweisbar. In den Quellen des 13. Jhd. tauchen ebenfalls immer wieder Abbildungen auf, die eine zweihändige Führung von relativ kurzen Schwertern (also keine XIIa & XIIIa, sondern Einhandschwerter) in einer Kampfsituation zeigen. Oft ist der Schild dabei auf dem Rücken hängend abgebildet. Wahrscheinlich hat die sich zu dieser Zeit stetig verändernde Rüstungsentwicklung etwas damit zu tun. Bevor sich ab ca. 1300 langsam beginnend auch stossfähigere Klingentypen durchsetzten, versuchte man bis dahin wohl bei den im Querschnitt noch linsenförmigen Schwertklingen, mit mehr Wucht in seinem Hau zum Ziel zu kommen. Vermutlich hatten dann auch die grossen Hiebschwerter (z.B. der Typ XIII und seine Subtypen) nicht umsonst ihre Hochzeit zwischen 1250 und 1350. Ich denke also, die Griffe sind um diese Zeit nicht ohne Grund auch bei einigen eher kurzen Schwertern länger geworden. Oder wie seht ihr das? :ritter15 Typ XII lange Handhabe.jpg(Bildquellen: In'carius Craft & Dimicator)
 

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Ich habe beim Bucklerfechten die Erfahrung gemacht, dass Technicken wie das Schnappen oder andere Hiebe mit Knaufunterstützung deutlich schneller und kraftvoller werden, wenn das Gehilz lang genug ist, dass zumindest der Zeigefinger oder der Daumen der Bucklerhand noch den Griff umfassen kann, wenn der Pommel zum Beispiel Radform hat...
 
Drei westslawische Messer, um 1250 Mal ein kleines Projekt weit abseits meiner üblichen Zeit und Region: drei einfache Küchenmesser für die Region des heutigen Geschichtsparks Bärnau, zeitlich angesiedelt um 1250. Anspruch: fundnah / belegorientiert / museumstauglich Messer_komplett_2048.jpg Alle drei Messer sind als Griffzungenmesser ausgeführt. Diese Konstruktionsform nimmt im Verhältnis zur Griffangel vom 12. zum 13. Jahrhundert sprunghaft zu (von gerade einmal 2% auf über 30%) und kommt gleichermaßen in den Siedlungsfunden als auch in Burgen / befestigten Anlagen vor. Bei den Griffzungen selbst (und damit auch den Ausführungen der Griffschalen) habe ich drei verschiedene - zur jeweiligen Klinge passende - belegte Formen verwendet. Messer 1 hat einen Griff vom Typ B1 (parallel verlaufende Zungenkanten), Messer 2 einen vom Typ B3.1 (nach hinten verbreiterter Zungengriff), und Messer 3 den Typ B4.2 (zum Heft einfallender Griff mit zusätzlicher Anhebung gegenüber der Schneide). Die Griffschalen bestehen je einmal aus Eiche, Buche natur, und Buche leicht gebeizt. Per Hand grob zurecht gefeilt, danach fein geschliffen. Sie sind mit Bronzestiften auf der Klinge gesichert und zusätzlich (mit moderner Chemie) verklebt. Für ein schönes Finish habe ich das Holz anschließend geölt und gewachst. Die Verzierung der Griffschalen besteht aus Mustern, die über das gesamte Mittelalter hinweg durchgängig belegt sind - Kreisaugen, parallele Linien, Kreuzschraffur. Alle diese Elemente finden sich einzeln oder in Kombination auch für den eingangs genannten Zeitraum und die Region. Für ein gleichmäßiges Ergebnis habe ich die Muster nicht geschnitzt, sondern mit einer feinen Feile in das Holz gefeilt. Als Klingenform habe ich die beiden im Fundgut am stärksten vertretenen Varianten gewählt: einmal den Typ IIIb (Klingenrücken und -Schneide konvex gebogen und zur Spitze hin einfallend) sowie zwei verschiedene Ausführungen von Typ Ib (gerader Rücken mit ganz oder teilweise konvex gebogener Schneide). Die Klingen sind aus einfachem Flachstahl gefertigt. Erst die groben Umrisse aufgezeichnet und ausgesägt, danach die endgültige Form per Hand gefeilt und geschliffen. Der Stahl ist nicht gehärtet - wäre vermutlich mit diesem Stahl auch gar nicht möglich gewesen. Allerdings passt auch das zum Fundgut, bei dem zahlreiche (einfache) Messerklingen nicht aus Verbund- oder Lagenstahl bestehen, sondern aus dem relativ weichen Schmiedeeisen. Nachteil: man muss häufiger nachschleifen. Vorteil: man muss häufiger nachschleifen. Dadurch ergeben sich dann allerdings genau die typischen Abnutzungs- und Schleifspuren an den Klingen, wie sie bei fast allen gefundenen Gebrauchsmessern anzutreffen sind. Als Quelle für die Recherche diente mir die über alle Maßen detaillierte und umfangreiche Dissertations-Arbeit “Untersuchung zu mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Messern” von Gerhard Folke Wulf Holtmann, Göttingen, 1993, nebst den beiden zugehörigen Messer-Katalogen.
 

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Hallo Hendrik, du kannst durch treiben (Kaltschmieden) noch eine verfestigung des Materials hinbekommen bzw. im Schneidenbereich wie früher bei Sensen oder verwendest einen gewalzten Bandstahl ...dann aber nicht mehr erhitzen. Reines Schmiedeeisen (C <= 0,1%) ist definitiv zu weich und gibt es in seiner ursprünglichen Art auch nur noch gebraucht.
 
Das sehe ich nicht so. orientiere dich lieber an den Analysen der Originale. Dann bist du mit deinem Feld Wald und Wiesen Stahl schon näher daran als diese hoch spezilisieten Klingenstähle sofern es über den simplen Kohlenstoffstahl hinaus geht. Sicherlich gab es auch sehr gute Klingen aber waren das die Standartklingen?
 
Nein, viele Klingen waren aus einfachem Eisen oder einer undefinierbaren (Zufalls-) Legierung und überhaupt nicht gehärtet. Und im Grunde ist es sogar für jemanden, der das Hobby exzessiv jedes Wochenende im Lager auslebt, bei den Alltagsmessern vermutlich recht egal. Genau deswegen stört es mich auch nie, wenn man am fertigen Objekt noch Bearbeitungsspuren sieht. Hey - ist halt Handarbeit, und keine 100% perfekte industrielle Fertigung. Da darf eine Schnitzerei auch mal asymmetrisch sein, und Löcher nicht immer gerade. Waren sie damals auch nicht. Aber sowas macht dann auch einen gewissen Charme aus.
 
Ich finde alle drei grandios gefertigt. Vor allem das erste finde ich super. Wenn ich mal zu viel Geld über habe, würde ich mit einer dezenten Bestellung auf dich zukommen ;)
 
Ein aktuelles Projekt ist die Überarbeitung eines geschlossenen Helmes, dessen historisches Vorbild auf die Mitte des 16. Jhd. datiert wird. Im Moment wird beispielsweise die Höhe der Sehschlitze angepasst. Ein paar kleinere weitere Metallarbeiten werden noch folgen. Dieses Stück ist mir kürzlich zugelaufen und wird nach der Überarbeitung meine Helmsammlung verstärken. Ein geschlossener Helm ist ein aus dem Armet entstandener Visierhelm des 16. Jhd. Der Helm weist einige Besonderheiten auf, auf die ich gerne noch etwas näher eingehe, wenn er fertig ist. (Bildquelle: ich & pinterest)
 

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Im Moment wird beispielsweise die Höhe der Sehschlitze angepasst. Ein paar kleinere weitere Metallarbeiten werden noch folgen.
Kleines Update vom geschlossenen Helm um 1550. Die Sehschlitze, die im letzten Beitrag (als Anhaltspunkt für den Metallbauer) optisch mit Klebeband auf die gewünschte Grösse reduziert wurden, sind nun schmaler (~8mm) umgesetzt. Auch die Oberfläche wurde nochmal behandelt und geschliffen. geschlossener Helm.jpg(Bildquelle: ich)
 

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Anbei möchte ich euch einen sehr schönen und durchaus qualitativen Neuzugang für den spätgotischen Teil meiner Sammlung vorstellen. Es handelt sich hierbei um einen geschwärzten knechtischen Halbharnisch, um 1475. Er wurde einem in Innsbruck ausgestellten Harnisch stilistisch nachempfunden und von Christian Wiedner gefertigt. Der aus einem Stück getriebene und ebenfalls geschwärzte Eisenhut (geschmiedet von Pustelak Brothers' Art Workshop) passte zeitlich und regional gut dazu. Da dieser bereits im Bestand vorhanden war, wurde er diesem Harnisch ergänzend beigefügt. Der Harnisch ist aktuell zu Präsentationszwecken auf einer halben Schaufensterpuppe montiert. knechtischer Harnisch um 1475.jpg(Bildquelle: ich)
 

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