Kleine Zusammenfassung: Kleidung bei Nichtritter-Orden

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Heidensohn

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Die Kleidung der Ritterorden entwickelte sich meiner Meinung nach nicht losgelöst von den Formen anderer religioser Kleidung. Deswegen finde ich es wichtig da ein paar Einblicke zu geben. Es in irgendeinen der laufenden Threads anzumerken, fand ich bisher nicht hilfreich, weil die Aussagen bei verschiedensten Themen passen könnten. Es handelt sich dabei ganz explizit um eine kurze Zusammenfassung von groben Linien, die ich bei meiner Beschäftigung mit dem Thema glaube erkannt zu haben. Ich bin ganz ehrlich: Ich mag die Diskussionen hier, ich mag Euch, aber ich habe keine Lust hier einen wissenschaftlichen Aufsatz inklusive Quellenarbeit zu posten. Was folgt ist meine ganz persönliche Forschungsmeinung. Sie muss nicht richtig sein, ich bin aber ziemlich überzeugt von ihr. ;) Wie gesagt: Grobe Linien - Rechtschreibprüfung später. Religiose - Weil nicht jeder Mönch ein Priester ist und eine Stiftsdame keine Nonne Zuerst hilft es den Begriff "Religiose" zu benutzen. Das sind alle Leute, die ihr normales weltliches Leben aufgeben und ein "religioses Leben" abseits der üblichen Gesellschaft führen. Wie dieses Leben genau aussieht, darüber kann sich streiten. Manche Formen werden von der Amtskirche nicht anerkannt, andere finden fest kodifizierte Formen mit Brief und Siegel. Aber alle werden in der Lebenspraxis erstmal als "Männer/Frauen Gottes", als "schon irgendwie verrückt, aber so sind heilige Leute halt" anerkannt. Egal ob Wanderprediger, Eremit, Stiftsdame, Chorherr, Domkanoniker, Mönch, Nonne, Bettelbruder, Minderbruder, Begine, Inkluse. Religiosen können Priester, Laien, Männer, Frauen, alleine Lebende und gemeinschaftlich Lebende sein. Die Vielzahl der Variationen stellte schon mittelalterliche Theoretiker vor Herausforderungen. Relevanz von Ordenskleidung - Mal locker durch die Bruche atmen Dann hilft es anzuerkennen, das deren Kleidung über weite Strecken gar nicht so wichtig ist. Ja, ich weiß: In jedem Werk oder Kapitel über Kleidung steht immer wie wichtig sie ist, aber schaut man sich die Quellen an, dann sieht man: Kleidung war den Schreibern und disputanten nicht so wichtig wie es scheint, wenn man nur die Kleidungszitate sammelt. Selbst wenn über religiose Kleidung gestritten wird, sind vorher und nachher andere Themen größere Streitpunkte. Wir dürfen die Rolle der Kleidung und vor allem von "Uniformierung" auf keinen Fall aus einer modernen Perspektive überbewerten. Die meiste Zeit ist es wichtig als Religioser erkannt zu werden und vielleicht noch als Teil einer bestimmten Untergruppe wie Mönch, Ritterbruder oder Bettelbruder, während die genaue Zuordnung zu einem speziellen Orden in der Praxis wenig Relevanz besaß. Pragmatik und Askese - Die Wellen religioser Bewegungen Kleidung ist abseits der Uniformierung und Erkennbarkeit vor allem durch den Widerstreit zweier Tendenzen religioser Gemeinschaften geprägt: Askese, das Bedürfniss es richtig und konsequent zu machen, Gott zu gefallen und die Bedürfnisse der Welt so weit wie möglich zurück zu drängen. Pragmatik, die Einsicht, dass manche überlieferte oder von Einzelpersonen aufgestellte Forderungen für größere Gemeinschaften nicht praktikabel sind, dass sich Gemeinschaften in der Welt bewähren müssen, um göttliche Ziele erreichen zu können, Neben Gott auch die Menschen der eigenen Gemeinschaft und der Welt im Blick zu haben. Die gegenseitigen Vorwürfe lauten immer wieder "Radikalität" und "Verweichlichung". Reinformen gibt es natürlich nicht, aber entsprechende Flügel gibt es schon nach wenigen Jahren in allen religiosen Gruppen. Spaltungen, Flügelkämpfe, Vereinheitlichung von Oben, Generationswechsel: Der Konflikt ommt in Wellen immer wieder. Ein Phänomen, dass als "Markt-Fuzzi vs. A-Papst" sehr vertraut sein dürfte. Auch hier bewährt sich ein Blick, der zurück tritt und beide Seiten akzeptiert. Fragt euch bei jeder Quelle, wo in diesem ewigen Streit sie einzuordnen ist und die Interpretation wird viel einfacher. Traditionen und Konventionen Unabhängig von speziellen Regeln und Konstitutionen bildete sich im Frühmittelalter eine Menge üblicher Teile religioser Kleidung aus. Aus der spätantiken Honoratiorenkleidung und der damit verwandten liturgischen Kleidung kommt die Ansicht, dass religiose Kleidung lang und verhüllend zu sein hat. Aus der Askese der Wüstenväter kommt die Ansicht, dass einfache, ja ärmliche Kleidung ohne Schmuck und aus günstiger Herstellung gute religiose Kleidung ist. Aus den Wetterkapuzen arbeitender benediktinischer Mönche kommt die besondere Rolle mit Kapuzen versehener Oberkleidung. Weibliche Religiose haben ihr Haupthaar zu verbergen. Geweihte Priester tragen die Tonsur unabhängig von ihrer religioser Gemeinschaft. Aus den verbreitesten Regeln und kanonischen Vorgaben formt sich spätestens ab der Vereinheitlichung unter Karl dem Großen aber auch ein Wortschatz für die akzeptierten Kleidungsstücke religioser Kleidung. Auch wenn sich die materiellen Ausführungen wandelten, blieben die lateinischen Bezeichnungen in den Niederschriften fast aller Gemeinschaften erfreulich stabil. Ein Hoch auf Abschreiben und Austausch! Stufen der Uniformierung Die Rolle von Ordenskleidung wandelt sich mit dem Ausbilden der Konzepte Kloster, Mönchsstand, Orden und Reform. So ist die Vorstellung einer organisatorischen Stufe zwischen dem einzelnen Kloster und der Gesamtheit des Mönchsstandes, als die wir "Orden" heute sehen, etwas, das uns erst im 12. Jahrhundert begegnet. Vorher meint das lat. ordo eher den Stand und die angenommene Lebenform (Eremit, Mönch, Kanoniker). Die Reformzusammenschlüsse des 11. Jahrhunderts (Cluny, Hirsau) schaffen ein Bewusstsein für gruppenspezifische Kleidung. Die Reformorden des 12. Jahrhunderts (Zisterzienser, Prämonstratenser, Karthäuser, Templer) bringen das Konzept getrennter Orden erst auf. Das Aufkommen der Bettelorden (Franziskaner, Dominikaner, Augustiner-Eremiten) und der generelle Trend zur Systematisierung im 13. Jahrhundert bringt uns dann endlich Ordenskleidung, nach denen spezifische Gemeinschaften europaweit unterscheidbar sind. Das Ende des 13. Jahrhunderts bringt in allen Orden Diskussionen über die Umsetzung der Einheitlichkeit von Orden innerhalb des Ordens. Nach der Pest ist es erstmal still, bevor im 15. Jahrhundert dann harte Farbvorgaben und dergleichen aufgestellt und päpstlich verordnet werden. (wegen Zeichenbegrenzung getrennt)
 
(Fortsetzung) Farben - Nichts Neues bei religiosen Farben Alle Gruppierungen, die sich auf Askese berufen, betonen die Ärmlichkeit ihres Lebens und ihrer Kleidung. Dazu scheint durch das ganze Mittelalter immer wieder die Ablehnung von künstlicher Färbung zu gehören. Aber genauso gehört es zum oben erwähnten Wellenweg, dass man es sich da früher oder später einfacher macht. Die noch heute üblichen "Priesterfarben" stützen sich im Endeffekt genau auf den Farbkanon, die mit ungefärbter Schafswolle zur Verfügung stehen. Schwarz, braun, grau. Die Augustiner-Eremiten-Konstitutionen von 1270 betonen die "richtige Schwärze", stellen aber frei ob diese gefärbt oder ungefärbt erreicht wird. Der Schritt zwischen "die genaue Farbe ist weitgehend egal, hauptsache günstig/ungefärbt und im erlaubten Spektrum" und "die Farbe ist wichtig, egal wie sie gemacht wurde" ist ein wesentlicher Schritt in der Uniformierung des späten 13. Jahrhunderts. Kukulle, Cappa und Mantel - Was euch eigentlich interessiert Sieht man sich mehrere Orden an, ist die Unterscheidung von Kukulle, Cappa und Mantel ab 1100 bis 1300 erfreulich eindeutig. Mit dem Siegeszug der Zisterzienser vereinheitlicht sich die Form der Kukulle zur "Talarkukulle": Ein weites langes Kleidungsstück im Tunikaschnitt mit bis zu den Ärmeln oder in den Ärmelansatz reichenden Geren, einer angenähten Kapuze und sich zwar zum Handgelenk verjüngenden, aber immer noch recht weiten Ärmeln. Nur die Karthäuser scheinen dauerhaft an einer anderen Kukullenform festzuhalten. Wie die Kukulle in der Spätantike aussah, welches zivile Kleidungsstück man mit cuculla/cucullus bezeichnet, ist für die religiose Nutzung da bereits irrelevant. cappa und mantellum lassen sich gut trennen: Erstere hat eine Kapuze und ist an Hals/Brust teilweise zugenäht und damit ein Kleidungsstück zum "reinschlupfen". Aber eben auch nicht komplett zugenäht wie man in der Mittelalterszene Cappa kennt, sondern spätestens ab Nabelhöhe vorne offen. Mäntel werden mit Schließen wie Fibeln oder Bändern geschlossen, haben keine Kapuzen und fallen komplett offen. Nachdem Kukullen fest mit Mönchstum verbunden werden, wird die Cappa zum Joker anderer Religioser. Laienbrüder der Zisterzienser, Chorherren, Prämonstratenser, Dominikaner, Serviten, Priesterbrüder von Laienorden: Die Cappa kennzeichnet in überall gleicher Form als Religioser, der aber kein Mönch ist. Die offenen Mäntel sind dagegen vielleicht zur Wärme gut, aber explizit keine Wetterkleidung. Entprechend sind sie oft bei weiblichen Religiosen anzutreffen, die weder viel reisen, noch arbeiten und eine Mönche sind. Als Standeszeichen natürlich bei Ritterbrüdern, oder als Wärmezusatz zusammen mit der Cappa. Sowohl bei Cappa als auch bei Kukulle lösen sich um 1300 dann übrigens ordensübergreifend die Kapuzen von den Hauptkleidungsstücken und werden als separate Gugelähnliche Kapuzen getragen. Zur Cappa-clausa-Frage: Wenn man einen Halb- oder Dreiviertelkreis mit Kapuze bis auf Handschlitze vorne ganz zunäht, dann hat man rein begrifflich so etwas. Passt auch zu den Kleidungsstücken der frühen Universitätslehrer (ja auch eine Form Religioser). Wenn man daran Ärmel macht, dann nähert sich das Kleidungsstück wieder einer Kukulle oder dem weltlichen Gardecorps. Kein Wunder, dass das nicht gerne gesehen wurde. Es einfach nur "Cappa xy" zu nennen, machte es eben nicht zu einem religiosem Kleidungsstück. Soweit für heute. Die nächsten Tage werde ich den Text noch überarbeiten und erweitern. - Ergänzung: Geht hier ja gar nicht... Dann ist's halt so.
 

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