Größtmögliche Nähe zu realen frühmittelalterlichen Kämpfen

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Pafnutii

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Ich habe einige Jahre Codex Belli trainiert, das ganze aber als modernen Sport betrachtet. Irgendwie würde es mich allerdings schon mal reizen so nah an reale frühmittelalterliche Kämpfe zu kommen wie möglich. Allerdings halte ich dafür kein existierendes System für geeignet. HEMA: Realistische Techniken, aber nur Zweikämpfe und spätes Mittelalter bis frühe Neuzeit Codex Belli: Pseudohistorische Ausrüstung + Regeln, die nicht darauf abzielen historisch wahrscheinliche Techniken anzuwenden. Dafür relativ hohe Sicherheit. Huskarl: Härtere Version von Codex Belli. Vollkontakt/Buhurt: Pseudohistorische Ausrüstung + Regeln, die nicht darauf abzielen historisch wahrscheinliche Techniken anzuwenden. Durch die nötige Schutzausrüstung nur Hoch- und Spätmittelalter. Verletzungsrisiko? Interessant fände ich eine Kombination aus: 1. HEMA Schutzausrüstung 2. Hiebe und Stiche, die nicht darauf abzielen, das Maximum an Kraft zu übertragen (Stichwort: Voll durchziehen) 3. Dem kompletten Körper als Trefferzone für Hiebe und Stiche, dank Fechtmaske inkl. des Kopfes. 4. Schlachtensimulation statt Zweikampf Warum? Die Kombination von funktionaler Schutzausrüstung, dem Verzicht auf volles Durchziehen und dem kompletten Körper als Trefferzone (naja, vielleicht nehmen wir die Eier doch raus ;( ) erlaubt es, fast jede theoretisch anwendbare Technik auch tatsächlich anwenden zu können. Volles Durchziehen ist in der Realität vielleicht bei Stichen gegen Kettenhemden und Axthieben gegen Helm/Kettenhemd sinnvoll. Bei Hieben mit dem Schwert kommt es jedoch auf die richtige Hiebtechnik an und nicht auf Wucht. Die Gleichung Volles Durchziehen = Realistischer stimmt so einfach nicht. Dass die Schutzausrüstung hier modern ist, ist für mich zweitranging. Die allermeisten Waffen und Rüstungen, die im CB/Huskarl/Vollkontakt verwendet werden, entsprechen den historischen Vorbildern in Materialstärk, Gewicht, Materialeigenschaften und Verarbeitung nicht. Oft ähneln sie dieses sogar auf den ersten Blick nur entfernt. Das teilweise aufzugeben, bedeutet keinen Verlust. Was denkt ihr? Und hat jemand aus Rhein-Main/Mittelhessen Lust auf sowas?
 
Ich denke dazu, dass es vielleicht sinnvoll sein könnte, sich Techniken erstmal in Zweikampfszenarien anzueignen um später eine Basis zu haben, aus der man in chaotischen Situationen wie Schlachtrrihen schöpfen kann. Bei Deinen Gedanken zu Krafteinsatz vs Technik steh ich voll hinter Dir. Es gibt da übrigens jemanden, der öfter mal was seminarmäßiges in Bärnau anbietet - was schon in die Richtung führt, die Du einschlagen möchtest - auch ne prima Gelegenheit sich außerhalb des Forums zu vernetzen....
 
Realistisch wirst du es mit stumpfen Sportgeräten nie hinbekommen, auch nicht ansatzweise. Auf Leben und Tod kämpft man anders als zum Spaß. Verletzungen kannst du nicht glaubwürdig simulieren. Davon abgesehen möchte ich dir in einem Punkt widersprechen: Das Verletzungsrisiko bei CB ist erfahrungsgemäß höher als bei Huscarl/Havel/Eastern.
 
Thorkel, wo ist dann überhaupt der Reiz für dich an - was immer du auch betreibst? Ist der Versuch eine größtmöglichen Annäherung an die Realität für dich nicht erstrebenswert? Dunio, meinst du Roland Warchewa? Ganz uninteressant ist das nicht. Aber was mich daran stört, ist der starke Bezug auf den Zweikampf, der soweit geht, dass Schlachtensitutionen völlig ausgeklammert werden. Da sind viele seiner Ideen einfach nicht anwendbar.
 
Nein, ich mache das nur zum Spaß und betreibe Flachstahlklopfen als "modernen" Sport.
 
Was genau reizt Dich bzw würde Dich interessieren? Nachdem Du ja etwas reserviert bist, was den Fokus auf (mehr oder weniger ritualisierte) Zweikämpfe betrifft, nehme ich an, es geht eher in die "Feldschlacht"-Richtung? Damit meine ich jetzt nicht das, was auf Märkten als Feldschlacht verkauft wird, sondern das, was die Protodeutschen und die Ungarn auf dem Lechfeld gemacht haben.
 
@Pafnutii Ja, genau an den dachte ich - Colin Richards hatte such mal was in der Richtung gemacht aber wie aktuell das bei dem noch ist kann ich leider nicht sagen. Und der Zweikampf und die späteren Fechtbücher sind nunmal ein recht verlässlicher Startpunkt um sich an das zu nähern, was vorher gewesen sein könnte.Mit dem, was man heute über Kampfprinzipien weiß, lassen sich auch die Teile der Sagas, in denen sich Kampfbeschreibungen finden lassen auf Plausibilität überprüfen.
 
Ich denke, das was auf der HIKG-Die große Schlacht als "Maskenball" angeboten wird, kommt dem was du suchst recht nahe. Vielleicht mal an die Gruppe Vapnur wenden oder auch an ein paar von Zanari. Ist zwar eine andere Region wo die jeweils herkommen, aber zum Erfahrungsaustausch sinnvoll. Das erhöhte Verletzungsrisiko bei CB kann ich so nicht bestätigen, wenn man ausklammert, dass sich relativ gesehen eben mehr unfähige "Gelegenheitsritter" an CB versuchen, die mit Sport und regelmäßigem Training nichts zu tun haben.
 
Panzerreiter, so ist es. Wobei das Lechfeld kein gutes Beispiel ist. Schlachten zwischen Reiterheeren zu simulieren wird dann doch ein wenig schwer.
 
Das Beispiel ist ein gutes. Ehrlich gesagt geht mir diese klopperei auf denn Zeiger. Zuviele möchte gern Helden, die bei dem ganzen vergessen, das man eigentlich Menschen tötet. Immer wieder das Ehre gelaber. Mein Schild, meine Rüstung, mein Schwert, mein Speer . Rüststärken welche jenseits von jeder Historie sind. Man drischt auf einander ein und ist stolz auf denn höchstmöglichen realitäts Effekt. Vergessen wird dabei, das viele relativ schnell außer Gefecht waren. Einen Pfeil Hagel möchte ich nicht wirklich erlebt haben. Und damals flog noch ganz anderes durch die Gegend. Und dann wurde man vielleicht einfach niedergeritten, masakriert oder einfach nur Verstümmelt. Funde die das belegen und andere Zeugnisse gibt's zu hauf. Das wäre realistisch. Und klar muß man dafür fit sein, damals wie heute. Nur war das Überleben oft nur reine Glückssache. Man ist also der beste Hobby Krieger und zack Feierabend, Pfeil im Auge, in der Verse oder sonstwo. Was lehrt uns die Geschichte? Immer sind die Feigen feige und die Helden tot.
 
Schade, dass Du gleich jedem, der sich für Kampftechniken interessiert, gleich unterstellst ein Möchtegern-Haudrauf-Pseudoheld sein zu wollen. Diese Vertreter gibt es zwar ohne Frage aber halt auch vernunftbegabte Menschen, die sich aus anderen Gründen mit dieser Thematik beschäftigen.Die Frage, was hatte man damals und wie wurde es wahrscheinlich benutzt, zieht sich doch durch alle Lebensbereiche. Interessierte jetzt so unter Generalverdacht zu stellen ist wie alle mit einer Darstellung als Mittelaltercamper-Gewandungssäufer zu bezeichnen...
 
Eine interessante Sache, allerdings völlig weg von allem reglementiertem Zeug, was man heute sieht, lernt, vorgeführt bekommt. Selbst wenn es authentisch ist, also nach historischen Quellen / Fechtbüchern geht. Der Zweikampf wurde dokumentiert, dafür gab es Techniken und meist auch gewisse Regeln. Thalhoffer hat sein Geld damit verdient, dass er, heute würde man sagen: Sesselpupsern in Crashkursen grundlegende Fechttechniken beigebracht hat, damit diese ihre Chancen bei einem angesetzten gerichtlichen Zweikampf verbessern konnten. In Feldschlachten ging aber meist Masse über Klasse. Ordentliche Taktik über Einzelleistung. Moral über Technik. Das ist wie heute beim Kampfsport: Fit und im Zweikampf effektiv und gefährlich, aber in der Massenschlägerei völlig untauglich. Da ist dann eher das gefragt, was unter "Streetfighting" firmiert. Wenn man das darstellen, übern, erleben, was auch immer will, dann kommt man wohl zuallererst nicht um ordentlich Manpower herum. Ohne viele Leute, die fit und zuverlässig sind und ihre Eisenwaren genauso wie ihren Körper im Griff haben, braucht man da wohl gar nicht erst anfangen. "Schlachtkampf" zu zweit? Geht nicht. Setzen wir mal voraus, dass wir das haben. Wie weiter? Man deckt sich gegenseitig. Setzt mein Gegenüber eine tolle Technik gegen mich ein, kriegt er sofort von meinem Nebenmann eine gewischt. All die schönen Abläufe, Bewegungen und Techniken in all den schönen Fechtbüchern funktionieren nur, wenn ein einzelner Feind vor einem steht. Steht da noch einer daneben, ist es vorbei mit der Grandezza. Auf dem Quivive sein, schnell sein, gute Reflexe, gute Beweglichkeit und vor allem: Kein Zögern, keine Hemmung, zu töten. Das ist es, was in der Schlacht zählt. Und genau da sehe ich das Problem, wie man das spielerisch oder sportlich umsetzen soll. Der Typ hebt die Falx zum Schlag gegen meinen Nebenmann? Wenn ich zögere, ist mein Nachbar tot. Also rein mit dem Gladius unter seine Achsel und sofort wieder zurück. Immer schön da rein, wo's wehtut, größtmöglichen Schaden macht und kaum Rüstung ist. Wie will man das umsetzen? Auf was ziele ich denn in der Schlacht, wenn ich kann? In die Eier, in den Hals, ins Auge. Es gibt keine Schönheitspreise, keine B-Note. Selbst die LARPies mit ihren Pömpfen haben Sicherheitsregeln. Gut, Fechtmasken mit Halsschutz, Suspensorien, quasi Riot-Squad-Vollschutz, gepaart mit richtig stumpfen Schaukampfwaffen und Pömpfenpfeilen bzw -Speeren kann hier vieles ermöglichen. Trotzdem wird man noch umgerannt, niedergetrampelt, werden Knochen und Gelenke verdreht, verrenkt, gebrochen. Auch die Lateralbeschleunigung eines Hiebs am Kopf und die Wirkung auf Halswirbelsäule und Gehirn sollte man nicht unterschätzen, Helm hilft da gar nichts. In jugendlicher Frische mag man das wegstecken, aber wir unterhalten uns dann mal 10 Jahre später mit dem zuständigen Orthopäden. Man wird also um Regeln nicht umhinkommen. Und das ist der unauflösbare Knoten bei der Sache. Ich brauche unbedingt Regeln, um etwas zu simulieren, was eben gerade darauf basiert, keine Regeln zu haben. Einen möglichen Ansatz sehe ich in der Verbindung von, teils moderner und verborgener, effektiver Schutzausrüstung (gerade bei Teilnehmern, die historisch Leichtgerüstete darstellen) und LARP-Waffen und -Schilden. Die allerdings hätten bei der Sache kein langes Leben. Quasi ein LARP-Kampf, nur brutaler. Von diesen ganzen Battle-of-Nations Derivaten, wo sich zwei Teams in einer Art Arena gegenüberstehen, halte ich gar nichts. Die Leute sind fit, keine Frage, und sie haben Nehmerqualitäten, von denen ich nur träumen kann. Ich würde da keine 10 Sekunden stehen bleiben. Aber es hat halt auch mit einer echten Schlachtsituation so überhaupt nichts zu tun. Der Platz, die Taktik, der Raum, die Kämpferdichte, all das ist unrealistisch. Auch die vielen Feldschlachten, ob MA-MArkt, ob LARP. Jetzt mal ganz abgesehen von den oben genannten Problemen. Gib mir eine Truppe aus 30 Mann un einen halben Tag Trainingszeit und wir blasen die alle weg. Weil sie alle keine Taktik haben, kein wirkliches Teamplay. Ich selbst bin zu alt und vor allem zu unfit, um in der Linie meinen Mann zu stehen, aber wenn Dich das wirklich reizt und Du was auf die Beine stellen willst, wäre ich schon neugierig. Der Psotleitzahl nach ist leider nix mit mal schnell zusammensetzen und gemeinsam rumspinnen. Bei welcher Gelegenheit könnte man sich denn mal über den Weg laufen?
 
Dunio, ich hab mir überlegt ob ich was dazu sage. Zumal panzerreiter das meiste schon vor weg genommen hat. Ich stelle niemand unter einen General Verdacht. Jedoch bin ich lange genug dabei um eine Meinung zu diesem Thema zu haben. Auch trainiere ich selbst seit früher Jugend diverse Techniken. Und auch wenn mir oft anderes unterstellt wird, auch geschichtlich gesehen bin ich durchaus nicht unwissend. Von daher kann ich sagen, es gibt eine solche Annäherung schlichtweg nicht. Unsere versuche haben mit Krieg nix zu tun. Klar kann ich alles mögliche lernen. Alle waffengänge beherrschen. Aber real wird es dadurch. nicht. Nicht uninteressant wenn man sich damit beschäftigt. Und von mir aus auch sportlich beachtlich, aber nicht annähernd real. Hört man sich überlebende aus Kämpfen an, erfährt man, das Realität immer als surreal erlebt wurde. Als unwirklich. Selbst erfahrene Soldaten berichten das immer wieder. Historisch gesehen gab es gerade im Frühmi wieviel unter Rüstung? Wenn man sich annähern möchte, fängt man schonmal an Rüstung wegzulassen. Kloppen wird dann sehr realistisch. Und zwar so realistisch, das man es sein lässt. Weil macht aua. Und zwar richtig. Aber ok, machen wir es doch dennoch. Mir hat in Polen mal ein Russe in Tannenberg eine stumpfe Axt aus der zweiten Schlachtreihe eine handbreit durch meinen Schild geworfen. Das war für mich seinerzeit absolut surreal. Gegen jede Regel. Ich war so wütend darüber, daß ich ihm daraufhin die Nase gebrochen habe. Niemand hat mich aufgehalten. Es wurde sogar Platz gemacht. Jeder wußte, er hatte eins auf die fresse verdient. Dabei war er nur höchst möglich realistisch dabei. Ich konnte und wollte danach viele Jahre nicht mehr kämpfen. Irgendwann in herzberg wollte ich dann wieder. Aber anders. Nachdem ich die damalige A Karte für mich als eine Beleidigung empfand, bin ich halt mit Bogen angetreten. Aber he mal ehrlich. Pömpel Pfeile mit 20lbs zu verschießen bringts irgendwie nicht. Zu unrealistisch. Also hab ich gedacht, ich nehm mal eine Fustibal. Damals kannte das kein Schwein und wurde daher auch nicht ernstgenommen. Fustibal oder auch Stabschleuder war genau mein Ding. Getapte wasserbomben fliegen sehr gut und weit und schon bald hatten die meisten Respekt. Zusammen mit einem ladehelfer konnte man binnen kurzer Zeit das halbe Schlachtfeld in herzberg unter Wasser setzen. Verstecken war nicht. Ein Schild Treffer mehr als spürbar. Und ich mußte nicht mal sehen wo ich hinschoß. Ich blieb in Deckung der Burg und ein "richtschütze" gab Entfernung und Richtung an. Treffer. Das war einfach geil. Bogenschützen konnte man schon bekämpfen bevor sie denn eigentlichen kampfplatz betreten hatten, nämlich am Toiletten Häuschen. Ein Jahr später waren wir schon zu dritt. Einer davon mit einem glasauge. Wir hatten ihn eine Stunde vorher angelernt. Wir hatten eine Menge Ballons vorbereitet. In 30minuten verschossen wir mal eben 800 Ballons zu jeweils 200g. Schnell wurde hier Realität deutlich. Und dabei verschossen wir nur wasserbomben, keine brandätze, keine Steine oder Blei, kein lösch Kalk mit krähenfüsse, einfach nur wasserbomben. Für die meisten Kämpfer war das jedoch so frustrierend, das die Fustibal ausgeschlossen wurde. Schließlich wollten sie kämpfen und nicht alle fünf Minuten dreimal sterben. Zumal sich bald herausstellte, das Treffer schon aua machten. Ein schildtreffer durchschlug selbigen und warf seinen Träger einfach um. Das schockierde mich wirklich. Einer erhielt einen Treffer an der Schulter. Das Muster seiner Kette zeichnete sich trotz Gambi auf der Haut in lila Farbtönen ab. Auch ein Helm Treffer gab es. Der getroffene fiel hin und blieb liegen. Alle dachten, por eh geil gestorben. Das Publikum war begeistert. Später stellte sich jedoch heraus, daß unser Graf Otto tatsächlich ko gegangen war... Und wenn ich mir heute battle of Nationen ansehe...... Sorry ganz weit weg. Bei all der sportlichen Leistung.
 
Bei welcher Gelegenheit könnte man sich denn mal über den Weg laufen?
Puuh, im Augenblick halte ich mich von Veranstaltungen fern. An den Märkten habe ich kein großes Interesse (Tannenberg und Freienfels würde ich ja vielleicht noch mitnehmen, weil relativ nahe) und für Museumsveranstaltungen/Living History ist meine Klamotte noch nicht weit genug fortgeschritten.
 
[...] für Museumsveranstaltungen/Living History [...]
Man muss ja nicht teilnehmen, treffen reicht. Ich hab da ein formschönes "Touri des Grauens" - T-Shirt, vielleicht passt Dir das auch? :evil:
 

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