Wie war der Umgang mit Behinderten (und Menschen mit Einschränkungen allgemein) im Mittelalter

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Pit der Schreiber

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Hallo Mitforisten, auf eine andere Debatte hier beziehend stelle ich folgende Frage in den (virtuellen) Raum: Wie gingen die Menschen im europäischen Mittelalter mit Menschen um die behindert waren (im offensichtlichen Sinne) oder anderweitig eingeschränkt waren (also Menschen die wir heute als AD(H)S`ler usw. bezeichnen würden? Auf spannende Debatten und neue Erkenntnisse hoffend, Peter
 
Puh, da machst Du aber ein Faß auf, Respekt für den Mut... prost1 Geistig behinderte(Zurückgebliebene) durften, soweit sie alt genug wurden, als Dorftrottel ihrn Beitrag zur Gesellschaft leisten. Ich schätze mal, die meisten wurden im Wald ausgesetzt, da vom Teufel besessen/verflucht/Wechselbalg, etc. Die ADHS'ler wurden alle Bogenschützen bei den von Tennenbergs... :heupf1 Viel Barmherzigkeit im Alltag war wohl nicht...
 
Ich schätze mal, die meisten wurden im Wald ausgesetzt, da vom Teufel besessen/verflucht/Wechselbalg, etc.
Und da habe ich offengesagt meine Zweifel,denn man sollte meiner Meinung auch unterscheiden (FrüMi,HoMi,SpäMi,Land- oder Stadtbevölkerung usw.) und besonders in den Städten sah es vieleicht wieder gänzlich anders aus als in den Dörfern.
 
Im Buch "Kindheit im Mittelalter" spricht die Autorin von zahlreichen Kindsaussetzungen (Shahar 1993, S.144). Gerade auch "Krüppel" wurden oft ausgesetzt. Es gab wohl einige Hospitäler, die neben Waisen und Findelkindern auch Krüppel aufnahmen (Shahar 1993, S.145). Als ein Beispiel wird das Spital "San Gallo in Florenz" genannt, dass im 13. Jhd. geründet wurde (Shahar 1993, S.146). Das Christentum verbot wohl ganz entschieden die Tötung von Neugeborenen, einschliesslich behinderter Kinder (Shahar 1993, S.151). Man stand behinderten Kindern ablehnend gegenüber und vernachlässigte sie oft. Wohlhabende Familien gaben Kinder mit Behinderungen in die Obhut von Ammen (oft ausser Haus). Der spätere Heilige "Gilbert Semprinham" war als Kind wohl missgebildet und hässlich. Die Eltern liessen ihn mit dem Gesinde essen, aber selbst die Menschen niederer Herkunft weigerten sich, mit ihm an einem Tisch zu essen (Shahar 1993, S. 177). Auf den folgenden Seiten wird aber auch davon berichtet, dass Eltern von Kindern mit den unterschliedlichsten Einschränkungen und Gebrechen auf Pilgerfahrt gingen, um ihre Kinder so von den Leiden zu befreien. Hab (auch wenn es sehr spannend ist!) leider gerade keine grosse Kapazität um für dieses Thema zu recherchieren. Im Bereich "Gerichtsbarkeit/Scharfrichter/Aussetzige" gibt es (wenn ich mich recht erinnere) noch einiges dazu. Die Bücher dazu sind aktuell allerdings im Depot. (Quelle zu diesem Beitrag: Kindheit im Mittelalter von Shulamith Shahar, 1993, Rowohlt Taschenbuch Verlag GmbH)
 
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ADS/ADHS ist eine relativ neue Entdeckung, nicht das es neu ist, ich denke das gabs schon immer, aber man weiß halt noch nicht so lange, das es das gibt und das Wissen darum ist doch immer noch spärlich. Ich denke man hat in früheren Zeiten die Menschen die damit geschlagen sind, halt als doof, impulsiv, unwillig, bockig oder was auch immer abgetan. So wie es heute leider immer noch vorkommt. In Zeiten in denen Schulnoten und theoretisches Wissen weniger wogen als heute wo es ja fast alles ist, konnte man damit evtl auch einfach besser durchs Leben kommen. Die Syndrome kommen oft mit Kreativität, hohem Bewegungsdrang und Unruhe da her, was sehr produktionsfördernd sein kann, soll heißen es muss im Handwerk kein Nachteil sein. Heute wo alles in Normen ind Schulnoten gepackt wird, fallen Störungen irgendeiner Art einfach schnell auf. Heute hat Wissen, Bildung und die Verbreitung von Neuigkeiten eine nie da gewesene Geschwindigkeit erreicht. Im Mittelalter sah das noch ganz anders aus, man kannte sich, die Nachbarschaft, die Handwerker und ADS /ADHS war vermutlich eine von vielen Schrulligkeiten und Gebrechen. Ich habe mich schon oft gefragt wie viele Menschen mit Schilddrüsenfehlfunktionen in Irrenhäusern gelandet sind, viel viele Menschen sich verstümmelt haben weil sie nicht gut sehen konnten. Man muss gar nicht mal bis zu den großen Einschränkungen wie vollkommene Blindheit, Taubheit, oder Lähmungen gehen. Wir denken immer wir seien alle gesund und leistungsfähig, aber eigentlich hat doch jeder von uns irgendeine Macke die meist behoben/gelindert werden kann : Brille, Blutdrucksenker, Zahnreperaturen und vieles mehr. Berufe wurden oft in die nächste Generation vererbt, da wurde der Sohn dann auch Schumacher, obwohl er eigentlich das Zeug zum Mathe Genie gehabt hätte - hatte dann das halbe Dorf schlechte Schuhe ? Auch das ist eine Frage die ich mir oft gestellt habe. Die Gründe warum jemand etwas nicht kann oder nicht gut macht, können also sehr vielfältig gewesen sein.
 
Das mit Vater zu Sohn ist eine gängige Praxis im Handwerk gewesen. Allerdings ist es nicht immer der Älteste gewesen der das Geschäft weiter betrieb. Wenn der der Erstgeborene sich nicht geeignet hat, eben wegen einer Behinderung, dann sollte es eben der Zweite richten. (Quelle: geschichte des privaten Lebens). Sicherlich ist das von Region zu Region und von Generation zu Geneeration sowie je nach Beruf unterschiedlich gehandhabt worden. Mache Behinderte landeten auch im Kloster. Je nach Art der Einschränkung gibt es im Kloster ja sogar bessere Bedingungen als draussen. Autisten dürfte der streng geregelte Kolsteralltag unter Umständen einen Halt gegeben haben. ADS & ADHS dürfte nicht als Behinderung wahrgenommen worden sein. Man wird sie eher nach der 4-Säfte Lehre behandelt haben. Diesen hat man ja auch Charaktereigenschaften nachgesagt. Schwarze Galle soll, soweit ich mich richtig erinnere, im Überfluss Melacholisch gemacht haben. Inntressant wäre ein Vergleich der Behinderungen zu Heute. Wie häufig sind Missbildungen in Vergleich zu heute. Wie häufig war das Downsyndrom usw. Einige Behinderungen sind ja auch recht schnell tötlich verlaufen, Diabetes war bis vor 100 Jahren ein Todesurteil.
 
Hallo! Ich sehe da Parallelen zu der Gesellschaft, woe sie heute noch in Afrika existiert, spreche hier von meinen Erfahrungen in Kenia. Behinderung wird immer noch als Teufelswerk oder Bestrafung für Sünden angesehen. Das Thema wird stigmatisiert. So ist es z.B. bei Albinismus, ein Albino hat in Kenia noch Glück im Unglück in Uganda ist dieser 'Gendefekt' ein Todesurteil. Körperliche oder geistige Behinderungen führen zu Aussetzungen der Babies auch aus "wirtschaftlichen" Gründen, wenn nicht zu erwarten ist, dass das Kind später der Familie helfen kann. Oft werden behinderte Kinder versteckt, man schämt sich ihrer. Leider ist dies auch mit Krankheiten so, man versteckt und vertuscht. Das Unerklärliche wird gern an Gott festgemacht und Furcht benutzt Menschen in doe Kirchen zu bekommen. Gruss Christoph
 
Oft werden behinderte Kinder versteckt, man schämt sich ihrer. Leider ist dies auch mit Krankheiten so, man versteckt und vertuscht. Das Unerklärliche wird gern an Gott festgemacht und Furcht benutzt Menschen in doe Kirchen zu bekommen.
Das Letzte sehe ich explizit anders,denn da kann man nicht von Kirchen sprechen,denn gerade die Katholische Kirche ist es die diesen Menschen hilft.
 
Ich seh da überhaupt keinen Unterschied zu heut und hier.... Heute werden die babys doch bereits im mutterleib getötet, damals eben erst danach weil es noch keinen Ultraschall gab. Schafft es dann doch mal ein behindertes kind unentdeckt auf die welt zu kommen wird es in ein heim abgeschoben. In ganz wenigen Fällen behält man ein schwer behindertes kind zu hause. So ein kind macht arbeit und geht einem an die Substanz. Ich hab selber einen behinderten Bruder, ich weis wovon ich rede.... Blödes Gerede und getuschel von Kopfschütteln und schlaue Ratschläge, meine Mama kennt die ganze Bandbreite. Man Pflastert sämtliche Parkplätze mit Behinderten Parkplatz Schilder zu, die aber keinen interessieren, es stellt sich trotzdem jeder hin. Hauptsache man kann sagen man is behindertenfreundlich. Die Realität ist definitiv anders. Für mich hat sich im Grundsatz nix geändert
 
Man Pflastert sämtliche Parkplätze mit Behinderten Parkplatz Schilder zu, die aber keinen interessieren, es stellt sich trotzdem jeder hin. Hauptsache man kann sagen man is behindertenfreundlich. Die Realität ist definitiv anders. Für mich hat sich im Grundsatz nix geändert
Dann kenne ich aus eigener Erfahrung (GdB von 70.50 durch eine Behinderung seit Geburt,die weiteren 20 % auf Grund eines leichten Schlaganfalls 2008). Das ansich gute SGB IX (also das Schwerbehindertengesetz) ist leider in der BRD oft kaum das Papier wert auf dem es steht,weil sich immer noch zu wenige Landsleute daran halten.
 
Ich weise die Falschparker immer nett auf das Schild hin, mit dem Hinweis "gilt aber nicht für geistige Behinderung". Reaktionen unterschiedlich von Beleidigungen, peinlich berührten Blicken, Ausreden bis zum umparken.
 
Die Gesetzesgebung verändert sich aber im Kleinen. Meine Frau hat Diabetes Typ1 seit sie 16 ist. Früher gab es 50% pauschal und einen Behindertenausweis mit der Parkberechtigung. Simone hat sich nie auf einen Rollstuhlfahrerparkplatz gestellt, sie kann ja laufen. Mittlerweile bekommt ein "neuer" Typ 1 Diabetiker max 40% (die medizinische Versorgung ist allerdings auch wesentlich Besser im Diabetesbereich), was zu 90% nix bringt. und die Parkausweise sind nur noch für Gehbehinderte. Die Beh.Parkplatzwut ist mir auch aufgefallen. Vor einem Baumarkt in unserer Nähe sind mittlerweile 20 Behindertenparkplätze, die sind so gut wie nie Belegt. Da frag ich mich ob es so viele sein müssen. Nicht falsch verstehen, ich finde es gut das es solche Parkplätze gibt, aber das ist unverhältnismäßig. Weiter fällt mir auf, Krankheiten oder Behinderungen die zu "Volksrankheiten" werden, sind oft gut versorgt. Da rollt der Rubel, da lacht die Pharmaindustrie. Seltene Syndrome oder Behinderungen fallen meist hinten runter. In der Familie gibt es ein Kind mit Silver-Russel-Syndrom, die Behandlungskosten werden nur mit hängen und würgen gezahlt und zusätzliche Medizin zahlen die Eltern selbst. Behinderung ist ein Markt geworden, das finde ich das Schlimmste. Gesellschaftlich kann ich sagen tut sich was, der Kindergarten den meine Frau leitet, hat seit über 10 Jahren ein Integrationsprogramm für Behinderte Kinder, die spielen zusammen mit den Gesunden und es wird mit allen gemeinsam darüber geredet. Für die anderen Kinder ist es normal das eben nicht jeder Mensch dem Idealbild der Werbung entspricht. Die Bandbreite der Behinderungen reicht da von AD(H)S über Downsyndrom bis zu schweren Gendefekten. Vor 2 Jahren hatten sie sogar ein kleines Mädchen das so schwer krank war das es gestorben ist. Auch das ist dann Teil dieser Integration.
 
Ja aber schaut mal die Statistik, von 10 behinderten kindern wird grad mal 1 noch geboren. D. H. 90% erblickt nicht mal mehr lebend das Licht der welt. Ich denke das sich im Mittelalter das nur schwer sagen lässt wie viele behinderte Menschen es gab. Zum einen weil wohl viele babys nach der Geburt entsorgt wurden oder man es eben versuchte geheim zu halten. In der antike genauer gesagt in Sparta war es ja bekannt das kranke Babys nicht weiter leben durften.
 
Oft werden behinderte Kinder versteckt, man schämt sich ihrer. Leider ist dies auch mit Krankheiten so, man versteckt und vertuscht. Das Unerklärliche wird gern an Gott festgemacht und Furcht benutzt Menschen in doe Kirchen zu bekommen.
Das Letzte sehe ich explizit anders,denn da kann man nicht von Kirchen sprechen,denn gerade die Katholische Kirche ist es die diesen Menschen hilft.
Das ist heute so in der westlichen Welt. Ich habe genug sogenannte Kirchen in Kenia gesehen, die aus gerade diesen Umständen Geschäft machen. Leider! Wir sind zum Glück aus den Zeiten des Ablasshandels und der angenommenen grundsätzlichen Verdammnis herausgewachsen. Gruss Christoph
 
Um dieses interessante Thema mal wieder anzuschieben. Diese hier leider ohne Quellenangaben & in Englisch. Hiernach war das Zusammenleben tatsächlich in der Mehrheit überwiegend ein Miteinander, selbst dann wenn der Lebensunterhalt durch Betteln und nicht durch eigene Arbeit bestritten werden musste. Wenn die Familie sich nicht kümmern konnte / oder vlt auch wollte, dann sah sich zumindest der König in der Pflicht das Wohlergehen nach was für Standards auch immer zu gewährleisten. Allerdings mit Vermögensverwaltung. Macht heutzutage ja der bestellte Vormund. Selbstverstümmelung, um beim Betten mehr Mitleid zu erregen, kam anscheinend damals genauso so vor wie es heutzutage noch geschieht. https://historicengland.org.uk/rese...istory/1050-1485/disability-in-the-community/ Quelle =Link = historic england
 
Ich meine mich zu Erinnern, dass es in Bamberg ein Spital gab wo kranke Menschen in kleinen Wohnungen/Zimmern untergebracht waren und sich die Ordenschwestern des örtlichen Klosters um die Bewohner gekümmert haben. Wenn mich meine Erinnerung nicht ganz trügt waren diese Zimmer zwar nicht kostenlos, aber selbst für Gesellen und Tagelöhner eine Weile tragbar. Die Gilden haben wohl für Unfallopfer eine Kasse gehabt und so ihre Mitglieder als erste Art von von Versicherung geschützt. Vorraussetzung für das Recht eines solchens Zimmers war eben der Umstand das man sich nicht selbst versorgen, bzw. die Familie um den Patienten kümmern konnte. Desweiteren gibt es ja das Buch der Zwölfbrüderstiftung, wo ja "Rentner" abgebildet werden die in der Stiftung ihren Alterssitz hatten. Zusammengenommen würde ich jetzt die These aufstellen das zumindest Behinderung durch einen Arbeitsunfall durch die Gilden und Familien aufgefangen wurde und das es eine Art Versorgung gab. Die Gesellschaftliche Akzeptanz dürfe bei solcher Art von "Krüppeln" allerdings höher gewesen sein. Bei angeborenen Behinderungen ist es wahrscheinlich vom Vermögen der Eltern abhängig.
 
Ich seh da überhaupt keinen Unterschied zu heut und hier.... Heute werden die babys doch bereits im mutterleib getötet, damals eben erst danach weil es noch keinen Ultraschall gab. Schafft es dann doch mal ein behindertes kind unentdeckt auf die welt zu kommen wird es in ein heim abgeschoben.
??? Bitte? Zum Glück ist heutzutage NICHT so! Und ich glaube auch nicht, dass im MA jedes behinderte Kind ausgesetzt oder gar gleich umgebracht wurde, sondern sicher auch versucht wurde, es irgendwie zu intergrieren. Je nach Schwere der Behinderung (dessen Definition ICH mir nicht anmaße!) und auch, wie Dragonlord schon schreibt, eine Frage der finanziellen und gesellschaftlichen Situation der Eltern, bzw. des Umfelds. Aus dem frühen 12. Jahrhundert ist zumindest die Geschichte der "Biddenden Maids" überliefert, einem siamesischen Zwillingspärchen, die knapp über 30 Jahre alt geworden sind und bis dahin nicht ausgesetzt im Wald gelebt haben.
 
??? Bitte? Zum Glück ist heutzutage NICHT so!
Statistisch gesehen werden 9 von 10 kindern mit down syndrom abgetrieben. Gut traue keiner Statistik die du nicht selbst gefälscht hast :whistling: Aber schau mal heutzutage wie werdende Mütter aufgescheucht werden mit sämtlichen vorsorge Untersuchungen.... Wiso sollen die wohl gemacht werden? Zum einen wegen Geld und zum andren um zu sehen ob alles passt... Ja und was is dann wenns nicht passt? Meine Ärztin sagte damals zu mir Sie machen diese Untersuchungen nur wenn die 1000% sicher sind das sie im Falle einer Behinderung abtreiben, ansonsten lassen Sie das bleiben... Sie hatte recht. :( So und jetz wieder back to topic, finde das Thema hoch interessant :)
 

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