Schaugerichte im 13. Jahrhundert? Ist dazu etwas bekannt?

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Thomas W.

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Hallo zusammen. Ist jemandem bekannt ob im 13. Jhd an einer hohen Tafel bereits schon "Schaugerichte" (also z.b. mit Federn verzierte Speisen oder allgemein Speisen in Tierform, o.ä.) gereicht worden sind? Die Tischkultur ist nicht mein Schwerpunktgebiet und gute Literatur zu diesem Thema besitze ich nicht. Deshalb Frage ich mal hier in dieser Runde nach.
 
Die IG Wolf hat so etwas schon mal gemacht, leider habe ich nur einen kleinen Teil der Vorbereitung mitbekommen, da sollte ein Reiter auf einem Pferd gebacken werden ? Das ist schon lange her. Falls hier Niemand im Thema ist, könntest Du dort evtl nachfragen.
 
Leider bin ich in den höfischen Romanen dieser Zeit nicht genügend textfest um zu wissen wo man da genau nachschauen kann, aber wenn man nach Beschreibungen von aufwändigen Gelagen suchen würde würde ich da als Erstes mal suchen... Vielleicht hat ja jemand seinen Erec oder Iwein etwas präsenter als ich grade?
 
Thomas wie viel Zeit haben wir dafür? Ich hab Bücher wo da was drin steht.... Ist forentreffen zu spät? Diese Woche hab ich leider nicht die zeit zum suchen
 
Ich kann im "Höfische Kultur im Mittelalter" mal nachsehen, wenn du nicht heute schon eine Antwort brauchst.
 
Bis jetzt nur dies gefunden: https://www.srf.ch/sendungen/schweiz-aktuell/herrlich-assen-nur-die-herren Aber halt alles ohne genaue Angaben. So ab 16. Jh kamen die Darstellungen so richtig auf, wobei man natürlich nie weiss, ob sie halt früher ganz einfach nicht abgebildet wurden. Falls doch etwas hergestellt wurde, das nur vorübergehend halten musste, ist es natürlich später zerfallen. Mit dem Konservieren hatten sie es noch nicht so. So wurden noch sehr lange Hirschtrophäen , also die Geweihstangen abgeschlagen ( Mit dem Waidblatt) Wollte einer seinen Hirschkopf als Trophäe ganz bewahren , wurde der Kopf geschnitzt und die Stangen aufgesetzt. Aelteste erhaltene Präparate: Die Pferde Gustav Adolfs 1632. Oder bis zum letzten Krieg: der Elefant Maximilian II. um 1554. Nach Wikipedia: "Einige Fürsten ließen sogar ihre Hofzwerge in einer Pastete servieren. Der lebende Inhalt wurde natürlich nicht mitgebacken, sondern die Pastete wurde aufgeschnitten und dann kunstvoll wieder zusammengefügt". Aber wie gesagt, erst einige Jh. später. Also komm nicht auf komische Ideen. Also Tischdekos mit Pfauenfedern etc . kann ich mir gut vorstellen. Auch das Präsentieren frisch erlegten Wildes. Schaugerichte wie im Barock sind mir aber bisher keine Abbildungen bekannt, die soweit zurückreichen. Dennoch könnte es eine gewisse Präparierkunst gegeben haben wenn man diverse Helmzieren betrachtet. Es sei denn , sie waren alle künstlich nachgebildet. Zumindest in römischen Zeiten sollen ja Wolfsköpfe etc. getragen worden sein. Die Verwendung originaler Teile auf der Tafel dürfte eher selten gewesen sein. Darstellungen von Tieren, siehe Aquamanilen, aber geläufig. Falls ich noch was finde, melde ich mich.
 
Ich habe bei Joachim Bumke (Höfische Kultur im Mittelalter) finden können: ... dass bei der Schwertleite Edwards im Jahr 1306 zwei Schwäne in herrlicher Pracht dem König aufgetragen worden sind, geschmückt mit goldenen Netzen und vergoldeten Röhren“ (flores historianum, Bd.3, S.132) „... im französischen „Floire et Blanceflor“ wurde beim Festmahl eine mit lebenden Vögel gefüllte Pastete aufgetragen, als man sie bei Tisch aufbrach, flogen die Vögel heraus ...“ Vielleicht finde ich noch mehr
 
Wobei die Frage ist, hat man so etwas überhaupt gegegessen, oder war das evtl nur Deko ? So wie heute auf manchen exotischen Buffets geschmacklose bunte Geleewürfel zur Deko liegen ? Eine große dekorative hohle Pastete, erst gebacken aus was auch immer, das hat evtl nur essbar ausgesehen ohne es zu sein, und dann die Vögel da rein ? Da müssen doch Vogelhäufchen, Federchen, und Anderes über das ich nicht nachdenken mag, anschließend drin gewesen sein. Ich möchte festhalten, der Geschmack war zu anderen Zeiten ganz klar anders als heute, wo Fleisch eckig verpackt aus dem Supermarkt kommt, und man fast vergisst wo es her kommt. Da wirken ganze gebratene Tiere oder hübsch angerichtete Tierköpfe auf Platten sehr befremdlich.
 
Also an so einem Schwan ist wenigstens noch etwas dran was sich lohnt... wenn ich da an Wachteln denke. Beim Schwan heist es "der arme Vogel" und was ist mit dem restlichen Geflügel ....Gänse, Hühner, Enten etc. Das erinnert mich immer an das Entsetzen von Reitern wenn man von Pferdewurst oder -Gulasch spricht. Original Aussage: Pferde sind doch Haustiere!
 
Gut zubereitet ist Schwan fein. Auch Storch, Kormoran etc. Gut gemacht kann man fast alles essen. Hab da schon viel ausprobiert. Einiges braucht halt etwas länger. Beim alten Auerhahn empfiehlt es sich einen Stein mit in die Pfanne zu legen. Wenn der Stein weich ist, ist auch der Auerhahn gar ( Altes scherzhaftes Rezept, aber es ist bei Weitem nicht so schlimm). Die Frage hier ist mehr: Wurden damals schon so Schaugerichte hergestellt wie später im Barock öfters zu sehen. Pfau , Schwan etc.als Deko mit auf dem Tisch. Bisher habe ich erst ab dem 15. Jh. solche Abbildungen gesehen. Was eventuell mögliche Verunreinigungen eines Gerichts betrifft: Ganz selten wird auch heute noch Schnepfendreck zubereitet https://de.wikipedia.org/wiki/Schnepfendreck Wohl bekomms.
 
Bei meister hansen werden schaugerichre erwähnt. Rezepte dazu findet man bei maggi black im Buch. Allerdings ist der eben nicht 13. Jh. Zum andren Buch bin ich noch nicht gekommen
 
Ich schaue in der nächsten Zeit mal das 826 seitige "Essen und Trinken im Mittelalter 1000-1300" durch, dass ich gestern erhalten habe. Zudem wurde mir freundlicher Weise eine Bachelorarbeit ("Der essbare Kachelofen als Schaugericht") zur Verfügung gestellt, der zumindest ein paar Verweise ins hohe Mittelalter enthalten soll. Aber aktuell liege ich mit agina (nein, dass ich nicht meine Geliebte :D) im Bett und bin froh wenn ich die überlebe. Wenn ich wieder Energie habe, recherchiere ich mit. :thumbup: Ich danke euch jedenfalls schon einmal für euer bisheriges Engagement! Weiter so! :knuddel
 
Wenn es eine Wahrheit in der ganzen Geschichte der Menschen gibt, dann die, dass Eitelkeit immer einen Weg ans Licht findet. Daher dürfte es zumindest meiner Ansicht nach Schaugerichte als Auswuchs dieser Eitelkeit in fast jeder Zeit gegeben haben. Für das 13 Jahrhundert kenne ich keine konkreten Quellen, aber im "Buoch von guoter Spise", dem ältesten Kochbuch in deutscher Sprache, entspanden so um 1350 als Teil des "Hausbuchs des Michael de Leone" bzw. der "Würzburger Liederhandschrift" (Text der Rezeptsammlung verfügbar unter wikisource), gibt es einige wenige Rezepte, die als Schaugericht durchgehen können. Für mich ist schon der "blamenser", eine weiße Speise aus Mandelmilch und Hühnerfleisch ein Schaugericht, weil es dabei mehr auf die Optik als auf die Inhalte ankommt. Aber für ein "richtiges Schaugericht" ist das natürlich zu unauffällig. Zum Ende der Rezeptsammlung wird aber auch das Anrichten eines dekorierten, mit Hühnern gefüllten Kalbskopfes beschrieben: "ein bastel kopf druf gesetzet mit huenren wol gefuellet, kalbes haubt," und als Dekoration "bluomen gesniten von wizzen eiern wol gestrauwet in die haubt". Ein Kalbskopf auf Apfel-Fleisch-Fladen oder so etwas in der Art, dekoriert mit Eiweiß-Blumen, das dürfte definitiv als Schaugericht durchgehen. 8o Dieses Buch wird eher dem wohlhabenden Bürgertum zugeschrieben, das ja typischerweise dem nachgeeifert hat, was der Adel vorgelebt hat. Insofern ist die Annahme für mich plausibel, dass es diese Rezepte schon früher als Teil höfischer Repräsentation gegeben hat, nur gibt es dafür keinen Nachweis. Und :eek:ff1 : Schöne Grüße an Angina und gute Besserung!
 
:eek:ff1 Ich hatte beim ersten Überfliegen der Überschrift doch glatt gedacht: ey, endlich mal jemand, der sich mit der Gerichtsbarkeit und Jurisprudenz im 13. jahrhundert auseinandersetzen möchte. Schauprozesse sind doch immer wieder interessant. Aber nein, geht nur ums Futtern.... :whistling: :back :saint: :saint: :saint:
 

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