Musik mit Naturtönen, Laute und Drehleier

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Nicole Doll

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Hallo Forum, es begann mit diesem Thema zunächst mit dem Programm „Scala” auf dem Computer. Die alte 7-Stufige Natur-Tonleiter war schnell eingegeben (G) A B C D E F G mit den Wellenlängen (1/1), 9/10, 5/6, 3/4, 2/3, 3/5, 5/9 und 1/2. Dann sollte aus einem PVC-Rohr eine Naturton-Flöte gebaut werden. Das wäre aber viel schwieriger geworden als gedacht. Es gibt nämlich keinen direkten Bezug für die Position und Größe der Löcher zur Wellenlänge. Und wenn man nur eine Melodie spielt, (mit Akkorden geht ja bei einer Flöte nicht) hört ein normaler Mensch keinen Unterschied zur temperierten Tonleiter. Also habe ich das PVC-Rohr als Alt-Blockflöte einfach fertig gekauft (Marke Yamaha). Dann machte ich mich über die historische Entwicklung bei Musikinstrumenten schlau. Neben verschiedenen Flöten und der Fiedel als Vorgänger der Violine, kamen zunächst der Dudelsack und die Drehleier auf, mit denen Melodie und Begleitung, zunächst als konstante Bordun-Töne, gleichzeitig gespielt werden konnten. Dabei ist interessant, dass auf Abbildungen von Drehleiern aus der Zeit um 1200 bereits eine chromatische Tastatur mit 12 Stufen je Oktave zu erkennen ist, obwohl die alte 7-Stufen-Tonleiter - nun in pythagoreischer Stimmung (Quint-Terz-Schichtung) als Urform des Quintenzirkels - bis um 1500 noch verbreitet war. Zum Dudelsack habe ich gelesen, dass der wie eine Blockflöte gespielt wird. Dann kann man doch mit so genannten Kreuzgriffen auch Halbtöne spielen. - Oder geht nur A-Moll ??? :wacko: Eine Erklärung für die zusätzlichen Halb- oder Zwischentöne ergibt sich, wenn man die alten Skalen oder Kirchentonarten (Dorisch, Lydisch, Äolisch, Phrygisch, ...) zu einem festen Bordun-Ton als Begleitung spielen möchte. Die Verschiebung der Tonleiter mit ihren unterschiedlichen Abständen zum Begleit-Ton macht dann fünf zusätzliche Naturtöne erforderlich: Ab (15/16), H (4/5), Db (7/10), Eb (5/8) und F# (8/15). Angepasst an die beiden Bordune G und C einer Drehleier ergibt sich in einem Diagramm als Tonhöhe in cent (Oktave = 12 x 100 cent = 1200 cent) aufgetragen folgendes Bild: Naturton2.JPG Die teilweise für den selben Ton unterschiedlichen Brüche zu den Bordun-Tönen G und C sind so angepasst, dass sich immer möglichst kleine Zahlen für Zähler und Nenner ergeben, was einen angenehmeren Klang bedeutet. Bei der heute üblichen gleichmäßigen Temperierung wären es dagegen immer genau 100 cent für jede Stufe. Solange jedoch keine Akkorde gespielt werden, führen die unterschiedlichen Brüche zu keinen Missklängen. Dafür klingt es mit kleinen glatten Bruchzahlen besser mit den Bordunen zusammen. Die weitere Überlegung war dann, dass die Entwicklung von den Bordunen zu Akkorden auch Schritt für Schritt zu einer Temperierung mit gleichmäßigen Stufen führte, was letztlich der Musik ihren heutigen Klang verleiht. Praktisch alle historischen Tasteninstrumente oder Lauten, die erhalten blieben oder nachgebaut wurden, sind temperiert gestimmt. Bei den Lauten ist es die Barock- und Renaissance-Laute mit gleichmäßig temperierten Abständen für die Bundstege. Drehleiern werden heute üblicherweise zunächst mit einem elektronischen Stimmgerät gleichmäßig temperiert intoniert und dann nach Gehör auf die Bordune abgestimmt. Da man mit anderen - meistens temperiert gestimmten - Instrumenten zusammen spielen möchte, kommt es hier zu einem Kompromiss, der recht weit von den Naturtönen entfernt sein dürfte. Für die einsam am Waldrand lebende Hexe Nicole, die immer alleine vor sich hin klimpert, wäre das aber nicht so wichtig. Irgendwo ist mir einmal etwas über eine Quint-Quart-Stimmung (G - D - G - D ... oder so ähnlich) bei Lauten des frühen Mittelalters untergekommen. Ich weiß aber leider nicht mehr wo. Ich interessierte mich da gerade für die Drehleier und nicht für die Laute. Deshalb notierte ich es nicht. Überträgt man aber das Tonhöhen-Diagramm der Drehleier auf drei Seiten, die G - D - G' gestimmt sind, erhält man folgendes Bild: Naturton3.JPG Die Tonleiter der Naturton-Drehleier ist in der Mitte einfach um eine Quinte von G nach D verschoben. Oben sind wir mit Quinte + Quart = Oktave wieder beim G. So sind durchgehende Bünde im Naturton-Abstand möglich, ohne die ein gezupftes Saiteninstrument nicht den von einer Gitarre gewohnten hellen und satten Klang erzeugt. Man erkennt, dass es bis zum zehnten Bund keine Großen Abweichungen bei der Tonhöhe gibt. Beim elften Bund wird aber dann aus Db mit C# ein anderer Ton. Bei einer üblichen Laute liegt dieser Bund jedoch über dem Korpus, wo die Finger eher nicht hin kommen. Das Intervall von C# statt Db zu Ab (14/15 x 7/5 / 2 = 49/75 oder 736,9 cent) entspricht der Naturton-Variante einer Wolfsquinte. Ob sie genauso schrecklich heult ;( wie bei der pythagoreischen Stimmung, wäre noch heraus zu finden. :D Hier habe ich nun doch noch etwas zu einer original mittelalterlichen Laute gefunden: https://www.youtube.com/watch?v=AXeuf45m8MM Die Bünde sehen hier anders aus als mein Naturton-Griffbrett. Ich vermute daher keine Naturtöne, sondern pythagoreische Stimmung oder eine sehr frühe Form der Temperierung. Irgendwie nicht so ganz zu Ende gedacht wirken dabei auf mich die schrägen Stege. Sonst denke ich, das Video zeigt recht gut, welche Besonderheiten und Einschränkungen sich bei der Spielweise mit Naturtönen und einer alten Lauten-Stimmung ergeben. Ich habe eine Intervall- und Akkord-Tabelle zu den Naturtönen in G-D-Stimmung erstellt, möchte aber jetzt nicht unbedingt damit nerven. Bevor ich nun endgültig mit dem Bau einer Drehleier und vielleicht auch einer Laute beginne, möchte ich mehr Gewissheit darüber erlangen, dass ich mit meinen Überlegungen richtig liege. Deshalb habe ich mein Konzept hier erst einmal nur kurz und knapp vorgestellt und wende mich an die Musiker in diesem Forum. Wer Fragen dazu hat, der stelle sie bitte gerne. Die ganze Thematik ist sehr komplex. Was ich hier gezeigt habe, sind lediglich die derzeitigen Ergebnisse meiner Überlegungen. Liebe Grüße Nicole
 

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