Disput über wissenschaftliche Methodik bei der Untersuchung von Geschlechterrollen in einer fremden Kultur

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Eine gewagte These. Wie ernst ist sie gemeint? Auch wenn das Christentum und der Islam eher patriarchalisch geprägt sind, so akzeptieren sie doch die Weiblichkeit. Obwohl sie ihren einzigen (worauf er ja auch vehement besteht) Gott ziemlich eindeutig als Mann ansehen. Von daher müsste schon unser binäres Geschlechtsmodell seit 2.000 Jahren ausgelaufen sein... Diese Methodik erscheint mir also zweifelhaft. Zumindest aber - man ahnt es schon - nicht zwingend.
 
Ich meine es als Indikator für mögliches Auftreten in einer Kultur - den Umkehrschluss bei monotheistischen Religionen zu ziehen finde ich ebenfalls mehr als fragwürdig... Der Punkt, den ich aber weit interessanter finde ist, bezüglich kämpfender Frauen, tatsächlich ob es rein orthopädische Anhaltspunkte für ein mögliches Waffentraining bei biologidch weiblichen Betatteten gibt...
 
...oder besser erläutert - meine Intension des Vorschlages war, dass die erwähnten (ich nenne sie mal kurz) Multigenderkulturen teils auch polytheistisch geprägt sind und vermutlich etwas nicht gesellschaftlich geächtet wird, dass sich in deren Götterwelt findet. Werde wohl besser und geordneter formulieren können, wenn ich kurz geschlafen hab...
 
Sooo... ich warne mal vor. Ich bin aufgrund von diversen neuroatypischen Eigenschaften oft außerordentlich direkt bis unsensibel, hab Probleme mit Empathie und dem Hineinversetzen in Andere. Ich gebe mir aufgrund von dadurch verursachtem starken Stress ( Und oft dem starken Zweifel an der Sinnhaftigkeit ) auch nur noch außerordentlich selten die Mühe das zu kaschieren. Einer der weniger Vorteile ist das es mir leichter fällt Dinge objektiv, rational und nicht emotional zu sehen. Mein neues Profil mag nicht die furchteinflößende Schlagkraft eines uralten Anmeldedatums oder einer Beitragszahl in den Tausenden haben, aber es war für mich nach jahrelanger Abstinenz einfacher eben ein Neues zu machen als Tom's Zeit damit zu verschwenden die E-Mail für mein altes Profil zu reaktivieren nachdem ich ihm wie auch immer Beweise dafür geliefert habe das "ich es bin". Ich spreche das an, damit Niemand auf den Gedanken kommt ich wäre ein ganz frischer unbeholfener Mittelalterfreund - Ich habe den Ganzen Spaß über ein Jahrzent und in all seinen Formen, vom GroMi über Vollkontakt & Buhurt bis hin zum "glorreichen" Abschluss als A-Papst in meiner eigenen kleinen Sparte betrieben und seit ein paar Jahren an den Nagel gehängt. Ich habe also durchaus diverse Perspektiven, aus der ich die ganze Diskussion hier sehen kann. Und Einiges erinnert mich an die Gründe, die meinen Abgang bestärkt haben. Selbstinszenierung fertig, los geht's: Ich halte es für absolut logisch, dass es in diversen Kulturen in der Geschichte der Menschheit bereits so ziemlich alle Lebens, Rollen und Gesellschaftsmodelle gegeben hat, die heute bekannt sind - Wenn nicht sogar mehr. Nun gibt es leider das große Problem der Nachweisbarkeit durch Quellen und Ausgrabungen/Funden. Dadurch hat sich eine außerordentliche Versteifung innerhalb der historisch ernsthaft interessierten Personengruppen ergeben - Bestärkt durch falsche Darstellungen und Bildern in Medien oder romantisierten Geschichten - Das greift durchaus weiter als die GroMi-Szene: Man bedenke, dass vor hundert Jahren noch allgemein angenommen wurde, "Ritter" müssten per Kran auf ihre Pferde gehoben werden. Dazu habe ich einen interessanten Vortrag inklusive Tobias Capwell bei Interesse. Diese Versteifung sorgt für ein binäres Denken nicht unbedingt in Geschlechterrollen - Sondern auch bei der Beweislage und vielen anderen Grundlagen: Etwas ist entweder 1 oder 0. Entweder ein Fund existiert oder es gibt zumindest authentische Überlieferungen/Abbildungen: 1 Oder es gibt keinen Fund, oder vielleicht nur eine einzelne kleine Nebenzeile in einem historischen Dokument, oder oder: 0 1: Belegt, das gab es, so war das. 0: Nicht belegt, das gab es eher nicht, so war es vermutlich nicht. Nur ist die Welt und ihre Geschichte leider etwas komplizierter als dieses von uns Menschen erdachte Binärsystem. WAS wir beweisen können, ist dass es gewissen Gegenstände, Strukturen, Lebewesen etc. gegeben hat - Ja, dieses Rüstungsteil hat existiert - Aber egal was wir glauben, wir können NICHT zu 100% wissen ob derjenige, der es erdacht/und oder hergestellt hat auch wirklich den Zweck und die Funktionsweise im Sinn hatte, die wir für wahrscheinlich halten. Bis wir Zeitreisen erfinden, wird es keine absolute Sicherheit geben, warum wieso weshalb - Gerade soziale und gesellschaftliche Dinge sind außerordentlich schwer korrekt zu interpretieren und werden, wie Panzerreiter so schön angeführt hat, immer von den Überzeugungen der jeweiligen Person beeinflusst.
 
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Und damit kommen wir zu meinem großen Problem: Ich habe in der Community ( Insgesamt - Nicht speziell hier ) bei einer Vielzahl von Personen einen erschreckenden Widerwillen festgestellt, sich mit neuen Erkenntnissen, Denkansätzen oder auch nur Blickwinkeln auseinanderzusetzen. Unsere aktuelle Gesellschaft hat ihren Blickwinkel hinsichtlich einiger Faktoren in den letzten Jahrzenten stark erweitert - Doch die Mittelaltergemeinde hat zum großen Teil bewusst verpasst, diesen auch auf ihre eigene Hemisphäre anzuwenden. Es ist ein ewiges Beharren auf seine "korrektere" Ansicht. Doch nüchtern betrachtet und aus der Sicht von Jemanden dem Geschlechter scheißegal sind, hat es mehr als nur einen bitteren Beigeschmack von Rassismus, Sexismus und antrainierter Ablehnung von Allem, mit dem man nicht aufgewachsen ist, vor dem Fremden, vor Dem, das Einem das eigene soziale Umfeld nicht mitgegeben hat. Ich rede hier nicht von bewusstem Hass oder Sexismus etc. - Ich spreche von der Unfähigkeit sich von der eigenen Kinderstube, der Indoktrination der aktuellen heterogenen Gesellschaft loszusagen und die Augen zu öffnen für all den abgedrehten Scheiß der allein auf unserem Planeten hier abgeht - Und abging. Fifill bringt hier eine geradezu engelsgleiche Geduld zutage, der ich nur applaudieren kann - Denn trotz ständigem Appel daran, dass er NICHT aufgrund der SJW-Extremisten die gesamte Historik auf Links ( Was ein Wortspiel ) drehen möchte, wird er immer wieder gekontert, seine Aussagen nicht ernst genommen oder Missverstanden und Strohmänner verteilt, die mit dem zu was er eigentlich aufrufen möchte, nichts zu tun haben. Ja Hendrik, auch du scheinst mir ein Opfer der stoischen Unbeirrbarkeit der Perspektivenwechsel-Unwilligen zu sein und wirst mir dadurch zusehends unsympathisch - Was natürlich aufgrund des digitalen Austauschs hier eher Irrelevant und Folgenlos ist. Ich drösel dir und allen die deine Einstellung teilen, nun einmal auf, warum es für mich LOGISCH ist, dass man NICHT von unserer Gesellschaft, von unserem Rollensystem und unseren Werten auf fremde und neue Kulturen schließen kann, sondern erst einmal bereit sein muss ALLE Möglichkeiten in Betracht zu ziehen: 1. Historische Überlieferungen vor allem in Schriftform gab es nicht zu jeder Zeit der Menschheitsgeschichte - Und in großen Teilen der Antike und des Mittelalters ( Relativiert sich Richtung Spätmittelalter immer mehr, da mehr Papier sowie Lese- und Schreibfähige verfügbar waren und Geschäfte zusehends komplexer wurden ) wurde oft nur Wichtiges von wichtigen Persönlichkeiten verewigt. Das sollten wir in Zeiten von Facebook in dem jeder wortwörtliche Schiss festgehalten und gepostet wird nicht vergessen. Daher ist davon auszugehen, dass Dinge die als normal und unkritisch angesehen wurden, in vielen Abschnitten gar nicht aufgeschrieben oder festgehalten wurden. Wenn es normal war, dass Frauen mit Frauen, Männer mit Männern, Mann als Frau gekleidet, umgekehrt, oder sogar Beschneidungen etc. aufgrund transsexuellem Abscheu vor dem eigenen Körper, warum sollte man es aufschreiben? Oder in Fels meißeln? Oder an die Wand malen? Ist doch normal, scheißegal. Zusätzlich kommt hinzu, dass die extreme Art, auf die heutzutage der einzelne, individuelle Mensch identifiziert werden kann nicht einmal Ansatzweise in diesem Ausmaß in früheren Jahrhunderten und Jahrtausenden möglich gewesen ist. Es gab "damals" keine Personalausweise, es gab nur begrenzte Möglichkeiten über weite Entfernungen zu kommunizieren und Informationen auszutauschen - Es gibt gute Gründe für die Existenz und Relevanz von Dingen wie Siegelringen, denn aufgrund von mangelnder Informationsverteilung konnte sich Jemand als so ziemlich Jeder ausgeben, vorausgesetzt er war überzeugend ( Inklusive Kleidung & Ausstattung ) und niemand man kannte die "angenommene" Person persönlich. Mal davon abgesehen davon das wir keine Ahnung haben wie viele Kulturen und Gesellschaftsformen bereits existierten die einfach kaum bis keine Spuren hinterlassen haben, ist das ein großes Argument dafür, dass es eben NICHT so einfach ist zu sagen "Gabs nicht oder aktzeptierte man nicht!". Evolutionär und nicht auf unsere Spezies beschränkt gab es eben schon so ziemlich Alles - und einige Spielarten der Evolution wurden, wie Panzerreiter so schön gesagt hat, sicher nicht plötzlich stillgelegt weil es einigen von uns HEUTE in den Kram passen würde. Es ist NATÜRLICH das diese Dinge passieren und solche Lebewesen/Menschen existieren und existierten. Deswegen sollte man eben nicht so engstirnig und UNS UNS UNS fixiert denken wie zum Beispiel Hendrik, sondern grundsätzlich alles in Betracht ziehen, wenn es nicht genug nachweisbare Variablen gibt. Hier noch ein paar Beispiele warum ich Dinge wie Homosexualität und Crossdressing sowie Transgender für in allen Zeiten der Menschheit für gut vertreten und auch ausgelebt halte, auch in Zeiten in denen das NACHWEISLICH eher kritisch gesehen wurde: 1. Lesbisches Pärchen? Geben sich als Schwestern aus. Frigide, finden keinen Mann, Unfruchtbar. Hört man des Nachts seltsame Geräusche gab es vielleicht Gespräche hinter vorgehaltener Hand, aber da die Inquisition und Hexenverfolgung erst zur Beginn der Renaissance wirklich unheimliche Ausmaße annahm und viel zu viele Mittel bekam, ist zumindest vor dieser Zeit sehr unwahrscheinlich, dass ernsthafte Konsequenzen folgen würden. Und falls Sie sich tatsächlich bedroht fühlten - Es gab Andere Dörfer, Städte, Länder - Die noch nichts davon gehört haben. 2. Ein Kerl und eine transsexuelle Frau: Dann hat dieser Kerl eben eine ( Wenn wir dem Klischee entsprechen wollen ) sehr männlich wirkende Frau. Mit genug Schminke und Rasieren sowie Kleidung lässt sich viel machen und kaschieren - Mal abgesehen davon: Wer würde es denn wagen, offen in Frage zu stellen, ob die Frau nicht eigentlich ein Mann ist, was denn unter dem Kleid ist - Schließlich ist da noch der Ehemann, dem das nicht so gefallen dürfte. Vielleicht ein Fall für trunkene Abende in der Taverne, aber sicher nicht für die Ordner und Anklagen zu Gericht. Sollte die Frau vor dem Mann der Tod ereilen, gibt man dem Bestatter einen ordentlichen Obolus damit er's Maul hält wenn er die Leiche vorbereitet... wenn überhaupt so genau hingeschaut wurde. Und sollte so etwas in einem Dorf passieren - Der örtliche Pfarrer wird den Teufel tun und nach der Entdeckung aufschreiben, dass in seiner Gemeinde zwei Menschen ein Leben lang in "Sünde" gelebt haben. Nein, da wahrt man den Ruf und Schein... 3. Zwei Schwule Männer: Lernten sich kennen und lieben in Köln, doch dort war es Ihnen zu erzkatholisch: Bevor ihr "Tun" entdeckt wurde und sie Stadtgespräch wurden, zogen sie gemeinsam in den weniger erzkatholischen, hanseatischen Norden - Ob als Brüder oder Geschäftsmänner ist eher irrelevant. Im Zweifelsfall werden noch Alibi-Frauen geheiratet, aber das war es dann auch. 4. Genauso kann eine Frau sich mit genug Übung überzeugend als Mann ausgeben ( Es gibt Dinge wie das Abbinden von Brüsten die nur in Extremfällen total wirkungslos sind ), sich dort wo sie nicht bekannt ist ( Kleidung klaut man sich von Vattern oder Brüdern bevor man abhaut ) sich in der Armee als Rekrut einschreiben oder ein Handwerk erlernen. Ja, es ist mehr Aufwand den Schein zu wahren als mit Schwanz geboren zu sein, aber man schaue sich doch nur die ganzen femininen Bubis auf den Spätmittelalterdarstellungen an... da ist es oft nicht klar ersichtlich ob es nun nen Kerl oder ne Frau ist. 5. Um es nochmal zu betonen: Mit genug Glaubwürdigkeit und Überzeugungstalent kann man sich am anderen Ende des Landes als guter Bürger ausgeben - Egal was man in seinem früheren Aufenthaltsort für Dinge getan hat. Keine Personalausweise, wenig Papierkram... es war bedeutend einfacher sich dem Arm des Gesetzes ( Oder des gesellschaftlichen Drucks ) zu entziehen als heute. Daher halte ich es für wahrscheinlich das all diese Fälle deutlich öfter auftraten als die Meisten denken - Nicht zu vergessen das Prinzip der Nichtdokumentation von normalen, unspektakulären scheißegalen Sachen in Kulturen in denen nicht festgehalten oder widerlegt ist, dass diese all diese Dinge generell aktzeptiert wurden. Das sind Alles Szenarien die ich schlicht und ergreifend für LOGISCH halte, ob ich sie nachweisen kann oder nicht - Logik gab es schon immer - Und wurde auch schon immer ignoriert. Heute sicher nicht weniger als damals. Die Meisten von uns sind nicht ansatzweise so tolerant und weltoffen wie sie selbst von sich denken. Oft nicht mal bewusst. Der Lehrer, der damals den einzigen Schwarzen in der Klasse meiner Verlobten in der Realschule sagte "Das er sich ja gar nicht so schwarz verhalte" meinte das als aufrichtiges Lob. Ist trotzdem dumm und rassistisch as fuck. Diese ganzen Ideale, Vorstellungen und Werte sind einfach zu tief und unterbewusst verankert und da Emotion meist gegenüber der Logik triumphiert ist es ein quälender, langsamer Prozess diesen Einfluss der sich auf JEDE Sparte der Menschheit auswirkt rauszubekommen oder zumindest abzumildern - Eben auch bei den Historikern, denn auch die sind Menschen und leiden unter dieser Beeinflussung. Was Diskussionen wie diese erzeugt und die Perspektive aus der Fifill versuchte die Dinge zu sehen so schwer zugänglich macht. Der Fehler liegt nicht an der Perspektive. Sondern beim Menschen. Ich habe fertig.
 
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Nun, es geht der Themenerstellerin ja um die prinzipielle Methodik. Weniger um das Ergebnis. Dazu mag der andere Thread der bessere Ort sein. Du scheinst den Sinn meines Umkehrschlusses nicht verstanden zu haben. Wenn schon meine doch recht einfache Übertragung Deiner Indikatortheorie auf eine monotheistische Religion ausreicht, um die Absurdität aufzuzeigen, dann ist offensichtlich, für wie beweiskräftig ich diese Methode halte. Auch auf der Metaebene machst du einen klassischen Fehler:
[...] den Umkehrschluss bei monotheistischen Religionen zu ziehen finde ich ebenfalls mehr als fragwürdig...
Gut. Aber warum? Dass Du ihn fragwürdig findest ist ja nun wiederum nur eine These. Findest Du ihn fragwürdig, weil du konkrete Gegengründe hast (dann nenne sie!) oder findest Du ihn fragwürdig, weil er dir gerade nicht in den Kram passt? So wie das da steht, bekräftigst Du Deine These mit einer These. Bzw in diesem speziellen Falle widerlegst mein Gegenargument mit einer dünnen Behauptung, nicht etwa einem soliden Gegen-Gegenargument. Zwar ist mir Deine Intention klar, (zu den 'Wikingern' verweise ich im Übrigen auf Loki, den man ja sehr wohl als "divers" bezeichnen könnte und der sowohl Vater als auch Mutter von diversen Entitäten des nordischen Pantheons war, wobei selbst die Grenze zwischen "menschlichem" Gott und Tier verschwimmt; nach Deiner Methodik daher also eindeutig nicht nur ein Indiz pro multipolares Geschlechtermodell, sondern auch pro Selbstbefriedigung und pro Sodomie. Auch die Walküren zeigen nach dieser Lesart eindeutig, dass kämpfende oder zumindest kampfbereite und -fähige Frauen zumindest religiös nicht tabu gewesen sein können) aber trotzdem wage ich die endgültige Beweiskraft anzuzweifeln. Dazu müssten wir nämlich voraussetzen, dass die Götterwelt in ihren Regeln mehr oder weniger 1:1 ein Abbild der Menschenwelt darstellt. Aber egal in welcher Religion, eines haben sie alle gemein: Quod licet deum, non licet homine... Wenn also eine Methode nur unter gewissen stillschweigenden Voraussetzungen und auch dann nur eventuell Schlüsse zulässt, dann ist sie im Grunde nur dazu geeignet, sich alles schönzureden. Sie ist beliebig, wer will, kann sie passend zurechtlegen, um sein eigenes gewünschtes Ergebnis zu begründen. Eine Argumentation vom Ergebnis her ist aber logisch nicht zulässig (wenngleich auch weit verbreitet und üblich, selbst in der Justiz, um gesellschaftlich erwünschte Ergebnisse "argumentativ" zu untermauern.) Der Denkfehler hierbei ist der Umstand, dass ich, um eine Behauptung zu beweisen, eine andere, ihrerseits unbewiesene Behauptung aufstelle oder voraussetze. Ein Beispiel aus der Geschichte: Die Juden sind schuld an der Pest. Wieso? Weil sie die Brunnen vergiftet haben. Aha. Und wieso das? Weil sie uns alle ausrotten wollen. Aber wieso sollten sie das wollen? Weil sie nach der Weltherrschaft streben. [...] Solche Voraussetzungen der Voraussetzungen der Voraussetzungen lassen sich schneller behaupten, als hinterfragen. Der Antagonist hat keine Chance bei einer solcherart geführten Diskussion, wie das chinesische Sprichwort "Ein Narr kann an einem Tag mehr Unsinn verzapfen als der größte Weise in 100 Jahren widerlegen kann" treffend auf den Punkt bringt. Ganz so krass daneben ist die Pantheon-Methode nun natürlich nicht, aber auch sie funktioniert halt dann am besten, wenn ich will dass sie funktioniert. Und damit ist die These selbst vielleicht nicht Mutter des Beweises, aber zumindest Amme. Fazit für die Pantheonmethode: Interessanter Ansatz, neuer Blickwinkel, mag den Horizont erweitern und den Geist offener für alternative Ergebnisse machen. Aber keine wirkliche Beweiskraft. Nicht, dass ich nicht gerne darüber weitersprechen würde, weil ich diesen Ansatz sehr reizvoll finde. :thumbup:
 
Unsere aktuelle Gesellschaft hat ihren Blickwinkel hinsichtlich einiger Faktoren in den letzten Jahrzenten stark erweitert - Doch die Mittelaltergemeinde hat zum großen Teil bewusst verpasst, diesen auch auf ihre eigene Hemisphäre anzuwenden.
Jein. Den Begriff "Mittelaltergemeinde" nutze ich jetzt mal nicht weiter, weil der einfach zu unscharf ist, da fehlt die Definition, was denn diese Gemeinde nun genau sei. Aber ich nehme mal stattdessen die geschulten Historiker. (Also nicht die ganzen Mythenjäger und "Wissenschaftler", die sich auf DMAX oder am Stammtisch tummeln) Ja, die tun sich in der Tat etwas schwer damit, neueste gesellschaftliche Trends auf unser Geschichtsmodell anzuwenden. Das ist im übrigen auch bei anderen wissenschaftlichen Disziplinen so. Und das hat auch seinen guten Grund. Wenn wir jedesmal unser verbrieftes (nicht nur Geschichts-) Wissen abändern würden, wenn eine neue gesellschaftliche Strömung schrill um sich greift, dann wäre die Wissenschaft keine Wissenschaft mehr. Dann wäre "Wissenschaft" genau das, was Wikipedia und dem ganzen Internet immer vorgeworfen wird: Dass da jeder reinschreiben kann, was ihm gerade passt und dass es als Ganzes nur eine immense Ansammlung von Propaganda, Verschwörungstheorien und Ideologien ist. Was die ganze Bevölkerung in eine einzige große Filterblase zwingt. Das wäre dann wie das Wahrheitsministerium aus 1984. Auch wenn ich leider ebensolche Tendenzen ja sehe. Dass die Nazis für ihre kruden Theorien die Wissenschaft als Beweisgrundlage beugten, missbrauchten und nach Belieben selbst schrieben, ist leider nicht mit den Nazis vorbei. Auch heute - und das ist ja genau der Grund, warum ich die Sozialwissenschaften nicht mag - ist plötzlich "wissenschaftlicher Konsens" was gerade nötig ist, um unsere aktuellen Strömungen zu bestärken. Auch wenn diese "Fakten" eben überhaupt keine solchen sind, sondern nur krude Behauptungen und Theorien. Und die noch nicht mal halbwegs nachvollziehbar begründet. Da kräuseln sich mir die Zehennägel, wie unreflektiert und unkritisch selbst gebildete Entscheidungsträger den größten Schwachsinn abnicken, wenn er nur politisch korrekt ist. Also ein Sündenfall der Wissenschaft. Wobei man nur fallen kann, wenn man vorher stand. Und das tat die Sozialwissenschaft noch nie. Sie hat schon immer in erster Linie die Schützenhilfe geleistet für aktuelle, nur modische aber keinesfalls rationale Strömungen. Das ist auch, obwohl ich ja bisher scheinbar eher pro Firill geklungen habe, genau mein Grundproblem mit eben ihrer Herangehensweise: Ich halte die "Genderforschung" nicht für wissenschaftlich. Ich halte sie für eine Pseudowissenschaft, in erster Linie getragen von Leuten, die damit ihren eigenen Theorien einen seriösen, wissenschaftlichen Anstrich geben wollen. So wie ich es nicht ernst nehme, wenn Hella von Sinnen im Fernsehen sagt: "ich bin Tolerist!". Die Frau ist nicht tolerant, sie ist bekennende Lesbe. Und deshalb sagt sie das. Das ist genauso vorhersehbar wie der Umstand, dass Benjamin Netanjahu was gegen Antisemitismus hat. Überzeugungskraft von beiden: Null. Jedes Huhn würde natürlich sagen: "Ich bin Vegetarier", welche Überraschung. Für mich sieht die Sache so aus, als sollte jetzt die Vergangenheit mal wieder passend gemacht werden, um sich unseren heutigen, in meinen Augen teils sinnvollen, teils aber vollkommen abstrusen Genderwahn zurechtzuhistorisieren. Und genau deshalb bin ich froh, wenn die Mühlen der klassischen Wissenschaften ein wenig träger mahlen. Bevor die Genderforschung an der Geschichte rumdoktert, soll sie erst mal erwachsen werden und zeigen, dass sie ernstzunehmen ist.
 
Ich bin da prinzipiell ganz bei dir - Genderstudies ist für mich ebenfalls ein eher zu belächelndes Fach. Da ich gegen Extremismus so ziemlich jeder Art bin, gilt das natürlich auch für das Lager der Political Übercorrectness. Mit den letzten Jahrzenten meinte ich auch eher grundsätzlich positive Dinge wie der starke Rückgang von Verfolgung ( Und Bestrafung ) von Homosexualität, Trans etc. in der Welt. Natürlich noch nicht geschafft, aber das dürfte auch schwer bis unmöglich werden. Was mir auf den Sack geht ist die kategorische Ablehnung oder das vorgeschobene Desinteresse oder der Zeitmangel ( Es wurde schon einige Male "Ich hab ja leider nicht die Zeit... ist ja nicht relevant für meine Darstellung etc. geschrieben ) sich mit den durchaus berechtigen Sachen die Firill hier auf den Tisch bringen will auseinanderzusetzen. Erstmal prinzipiell anzunehmen das alle voll schwul sind, anzufangen Babys bei der Geburt kein Geschlecht zu geben etc. ist genauso extremistischer Irrsinn wie die Rassenhetze die von den Nazis betrieben wurde. Aber bei dem Thema hier geht es um die Methodik und da sehe ich eben das Problem das viel zu viele gar nicht mal versuchen wollen zu überlegen ob B oder C sein könnten, weil es nicht den gewissen stillschweigenden Voraussetzungen entspricht und überhaupt. Ich meine MIR fällt kein einziges logisches Argument ein, dass wir bei fremden Kulturen prinzipiell NICHT davon ausgehen können, dass sie NICHT unseren bekannten ( und vor allem den derzeit herrschenden ) Geschlechterrollen etc. entspricht. Argumentiere also auch nicht für herrschende Transgenderfrauen bei den Wikis... sondern gegen das viel zu eingefahrene Denken und dem ewigen "Was nicht sein darf kann nicht sein" was so scheißtief in der Mentalität der Menschen verankert ist. Die anerkannten großen Mühlen der Wissenschaften können von mir aus langsam mahlen, aber mahlen sollen sie bitte wenigstens, sonst gibt's irgendwann kein Brot mehr zu fressen.
 
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@Panzerreiter weshalb ich das mehr als fragwürdig im Umkehrschluss finde ist erstmal der Grund, dass schlecht mehre Phänomene bei einer Stichprobengröße von 1 zu beobachten wären. Aber wie angemerkt ist der anatomische Punkt aus meiner Sicht aussagekräftiger, wenn es um den Beweis von kämpfenden Frauen geht - was mir da vorzuwerfen wäre, wäre höchstens, dass dies eher zum anderen Thread gehöre.
 
@Panzerreiter: Du sagst, du hältst die Genderforschung - und somit sicherlich auch ihre 'Erkenntnisse' - nicht für wissenschaftlich. Was dennoch unstrittig sein sollte ist, dass es ethnologischen Studien zufolge weltweit und zu praktisch jeder Zeit Kulturen gegeben hat und noch gibt, deren Geschlechtermodell mehr Geschlechtervarianten als nur Mann und Frau beinhaltet. (Siehe: https://m.bpb.de/gesellschaft/gende...elle-alternativen-zur-zweigeschlechterordnung) Was verliere ich denn, wenn ich zunächst einmal grundsätzlich davon ausgehe, dass solche Geschlechtermodelle auch im mittelalterlichen Europa existiert haben können? Wenn ich mit dieser Sichtweise eine mittelalterliche Kultur untersuche, dann bekomme ich anhand der Funde und Quellen ja Schritt für Schritt ein Bild davon, wie das Geschlechtermodell wahrscheinlich ausgesehen hat. Und dann taucht entweder etwas im Bereich eines 3. Geschlechts auf oder eben nicht. Wenn ich von Beginn an davon ausgehe, dass ein Geschlechtermodell mit einem 3. Geschlecht so unwahrscheinlich ist, dass ich es gar nicht in Betracht ziehen brauche, postuliere ich doch schon, dass im Bereich eines 3. Geschlechts nichts zu sein hat, ohne überhaupt dorthin geschaut zu haben. Und verpasse womöglich überraschende neue Erkenntnisse, die unser Bild vom Mittelalter noch faszinierender und vielfältiger (aber natürlich auch etwas fremder und ungewohnter) aussehen lassen als es jetzt schon ist. Das gleiche gilt im Prinzip auch für die klassischen Geschlechterrollen von Mann und Frau - und damit für zentrale gesellschaftliche Fragen: Was verliere ich, wenn ich zunächst einmal davon ausgehe, dass sich diese in einer mittelalterlichen Kultur deutlich von unseren heutigen unterschieden haben können (zumal es für diese Möglichkeiten nachweislich Beispiele in anderen Kulturen gibt)? Auch hier werde ich entweder herausfinden, dass die damaligen Geschlechterrollen Bereiche beinhalteten, die über das hinaus gehen, was wir auf der Basis unserer heutigen Geschlechterrollen erwartet hätten - oder es stellt sich heraus, dass die Geschlechterrollen auch damals schon so ähnlich waren wie unsere heutigen. Wenn ich jedoch von Beginn an davon ausgehe, dass andere Geschlechterrollen als die unseren so unwahrscheinlich sind, dass ich sie gar nicht in Betracht ziehe, nehme ich das Ergebnis doch gleichsam schon vorweg und laufe wiederum Gefahr, etwas interessantes zu übersehen. Für mich ist die ganze Problematik eine Frage der Schablone, durch die ich mir eine Kultur anschaue. Nehme ich eine Schablone, die nur den relativ engen Bereich abbildet, der unseren Gewohnheiten hinsichtlich jeglicher Aspekte von Geschlechterordnung und Geschlechterrollen entspricht, dann übersehe ich zwangsläufig alles, was außerhalb des Sichtbereichs dieser Schablone liegt. Nehme ich hingegen eine Schablone, die alle Möglichkeiten offen lässt, die uns bei anderen Kulturen schon einmal begegnet sind (oder grundsätzlich denkbar sind), dann bekomme ich ein viel großflächigeres Bild von der untersuchten Kultur. Im letzteren Fall kann ich dann erkennen, ob im Bereich jenseits der Geschlechter- und Rollenvorstellungen unserer Kultur etwas auftaucht - oder eben nicht. Im ersteren Fall der engeren Schablone, werde ich nie erfahren, ob es jenseits des für uns gewohnten Rahmens etwas gegeben hat.
 
Grade bei Gesetzen, die etwas unter Strafe verbieten, möchte ich dir widersprechen - Sie beweisen zumindest, dass etwas a. Zum Zeitpunkt ihres Inkrafttretens vorgekommen sein muss b. Es zumindest von der Obrigkeit als unerwünscht eingestuft wurde c. Eine Regelung als wichtig genug erachtet wurde, sie zu einem allgemeingültigen Gesetz zu machen Einzig eine Aussage über die Auftretenshäufigkeit kann nicht getroffen werden - aber wahrscheinlich wird man nicht Zeit damit verschwendet haben, etwas zu regeln, das es tatsächlich nicht gegeben hat.
Das sehe ich vom Grundgedanken her ähnlich. Sicherlich muss man sich darüber hinaus noch die genauen Umstände anschauen, unter denen ein Gesetz zustande gekommen ist. Aber eine Argumentation à la Seehofer ("Bei unserer Polizei gibt's kein Racial Profiling weil die Richtlinien das ja verbieten") halte ich für zu kurz gegriffen. Wenn es all das, was in unserem Land verboten ist, nicht gäbe, bräuchten wir keine Polizei. ;) Hinsichtlich der gesellschaftlichen Akzeptanz bestimmter Verhaltensweisen können Gesetze schon eher Anhaltspunkte geben. Aber auch hier muss man denke ich in Betracht ziehen, dass es auch in dieser Hinsicht eine Diskrepanz zischen Recht und gesellschaftlicher Praxis gegeben haben kann. Da muss man sich sicherlich die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen sehr genau anschauen, um zu einer fundierten Einschätzung zu kommen.
Jedoch sagt das Tragen von Männerkleidung nichts darüber aus, ob die betreffende Frau tatsächlich gekämpft haben wird. [...] Also sind Waffenfunde in Frauengräbern erst aussagekräftig, wenn der Knochenbau auch Hinweise darauf liefert, dass diese von der bestatteten Person auch tatsächlich benutzt wurden sein könnten... [...] Aber es wäre zumindest ein Ansatz, nach medizinischen Quellen zu forschen, die sich mit typischen Veränderungen derAnatomie von Bestatteten befasst...
Seh ich auch so. Genau diese Untersuchungsmethode hab ich für meine weiteren Recherchen hinsichtlich "kämpfender Frauen im Mittelalter" auch auf dem Schirm. Dazu ggf. mehr im Ursprungs-Thread.
Ich finde es auch immer faszinierend, dass Frauen sich häufig als Bogenschützen sehen, wenn sie schon etwas kriegerisches darstellen möchten. Jemand, der einen Kriegsbogen zum vollen Auszug bringt und setzen wir mal eine Art von nötigen Training voraus, wird neben Muskelzuwachs auch Veränderungen in der knöchernen Struktur im gesamten Schulterbereich aufweisen
Für die Kriegsbögen mit Zugewichten jenseits der 100# trifft das ohne Zweifel zu (und vermutlich in Abstufungen auch schon darunter). Es gab aber nachweislich auch Bögen mit deutlich geringerem Zuggewicht, die ebenfalls im Krieg eingesetzt wurden. (Habe in dieser Hinsicht sehr detailiert für den Raum der britischen Inseln (insbesondere Wales und England) recherchiert. Entsprechende Recherche für Wikingerbögen steht noch aus. Und natürlich arbeite ich weiter daran, mein persönliches Zuggewicht beim Bogenschießen zu steigern, um ganz praktisch die Erfahrung zu machen, was es bedeutet 50#, 70#, 90# zu ziehen. ;) )
 
@Panzerreiter: Was verliere ich denn, wenn ich zunächst einmal grundsätzlich davon ausgehe, dass solche Geschlechtermodelle auch im mittelalterlichen Europa existiert haben können?
Aber wieso sollte ich denn davon ausgehen? Weil es das in Thailand auch gegeben hat? Schön, aber fürs europäische Mittelalter ist das leider total irrelevant. Ich kann nur davon ausgehen, dass es das gegeben hat, wenn du es belegen kannst. Ansonsten hat das den faden Beigeschmack von Geschichtsrevisionismus. Da muss die Vergangenheit zwangsweise modernen Ideologien angepasst werden.
 
@Panzerreiter: Was verliere ich denn, wenn ich zunächst einmal grundsätzlich davon ausgehe, dass solche Geschlechtermodelle auch im mittelalterlichen Europa existiert haben können?
Aber wieso sollte ich denn davon ausgehen? Weil es das in Thailand auch gegeben hat? Schön, aber fürs europäische Mittelalter ist das leider total irrelevant.Ich kann nur davon ausgehen, dass es das gegeben hat, wenn du es belegen kannst. Ansonsten hat das den faden Beigeschmack von Geschichtsrevisionismus. Da muss die Vergangenheit zwangsweise modernen Ideologien angepasst werden.
Wir näheren uns der Problematik von zwei unterschiedlichen Seiten (und auch von meiner her gesehen geht es keinesfalls um Geschichtsrevisionismus): Wenn es darum geht, die Existenz von etwas (wie einem 3. Geschlecht oder die Ausprägung der Geschlechterrollen von Mann und Frau) für eine bestimmte Zeit zu belegen, dann muss ich natürlich entsprechende Quellen und Funde vorweisen. Zuvor muss aber irgendwie überhaupt die Idee entstanden sein, dass es das, was ich nun belegen möchte, überhaupt gegeben haben kann. Deshalb nähere ich mich dem gleichen Etwas von der anderen Seite her: anstatt mich vom Bekannten in Richtung des Unbekannten vorzutasten, nehme ich den ganzen Bereich des denkbar Möglichen in den Blick. Damit kann ich auch Dinge erfassen, die isoliert im Bereich des Unbekannten liegen (wie bspw. ein mögliches 3. Geschlecht), zu denen ich also nie gelangen würde, wenn ich mich nur am Bekannten entlang in Richtung des Unbekannten vorwärts taste. Vermutlich sind beide Herangehensweisen grundsätzlich erstmal legitim und sinnvoll. Wenn ich jedoch auf Dinge stoße, die ich mir aufgrund des Bekannten nur unzureichend erklären kann (wie z.B. die Cross-Gender-Bestattungen der Wikinger), spätestens dann halte ich einen Perspektivwechsel für sinnvoll, um einen weiteren Bereich möglicher Erklärungen überblicken zu können. Auf diese Weise sind wir bspw. vom geozentrischen über das heliozentrische zu unserem heutigen kosmologischen Weltbild gekommen: indem immer dann ein Perspektivwechsel erfolgte, wenn man merkte, dass die Erklärungen zu den beobachteten Bewegung der Himmelskörper im herkömmlichen Weltbild zu kompliziert wurden und jemand einen Geistesblitz hatte, wie sich das Ganze durch einen Perspektivwechsel plötzlich viel einfacher und eleganter erklären lässt. Dass es dann tatsächlich so ist, muss derjenige dann natürlich beweisen bzw. mit Blick auf das Mittelalter anhand von Quellen und Funden belegen. In sofern plädiere ich mit Blick auf unser Bild von mittelalterlichen Geschlechtermodellen und -Rollen dafür, von der geozentrischen Perspektive des Vortastens entlang des Bekannten gelegentlich mal zur heliozentrischen Perspektive zu wechseln und zu schauen, ob sich dann für manche Fragestellungen neue und elegante Erklärungsansätze auftun. Damit ist die geozentrische Perspektive nicht grundsätzlich widerlegt. Schließlich käme auch in der mechanischen Physik niemand auf die Idee, den Gravitationseinfluss von Sonne, Mond und den anderen Planeten mit einzubeziehen, wenn es bspw. darum geht, die Geschwindigkeit zu berechnen, mit der zwei aufeinander zu fahrende Autos kollidieren. Es gibt also wahrscheinlich für beide Perspektiven Bereiche, in denen sie ihre jeweiligen Stärken haben und der jeweils anderen überlegen sind.
 
Habt ihr jetzt endlich, nach Seitenweise Geplänkel einen Beleg für Crossdresser in der späten skandinavischen Eisenzeit gefunden? ... ich frage für einen Freund..
 
Es gab aber nachweislich auch Bögen mit deutlich geringerem Zuggewicht, die ebenfalls im Krieg eingesetzt wurden. (Habe in dieser Hinsicht sehr detailiert für den Raum der britischen Inseln (insbesondere Wales und England) recherchiert. Entsprechende Recherche für Wikingerbögen steht noch aus. Und natürlich arbeite ich weiter daran, mein persönliches Zuggewicht beim Bogenschießen zu steigern, um ganz praktisch die Erfahrung zu machen, was es bedeutet 50#, 70#, 90# zu ziehen. ;) )
Die Quellen interessieren mich, aber nicht hier. Mache dafür bitte ein eigenes Thema dafür auf. Sonst wird es unübersichtlich und es könnte die Frage auftauchen ob es nun beim Bogen um Holz einer männlichen oder weiblichen oder gar Transgenderart handelt.
 
Habt ihr jetzt endlich, nach Seitenweise Geplänkel einen Beleg für Crossdresser in der späten skandinavischen Eisenzeit gefunden? ... ich frage für einen Freund..
Nein, zumal es (mir zumindest) in diesem Thread auch nicht um die inhaltliche Antwort, sondern um die Methodik ihres Zustandekommens geht. Interessant könnte allerdings der folgende Artikel sein: "Transvestite Vikings?" von Ole Kastholm https://www.academia.edu/2347623/Transvestite_Vikings Man beachte das Fragezeichen in der Artikelüberschrift! Es geht um Grabfunde sowohl von männlichen Skeletten mit frauentypischen Beigaben, als auch um weibliche Skelette mit männertypischen Beigaben, sowie um Gräber mit sowohl männertypischen als auch frauentypischen Grabbeigaben in ein und dem selben Grab. Wenn es auch um Crossdressing bei Frauen geht, könnte ich ggf. noch mehr Quellen nennen, die sich als Ausgangspunkt für eine Recherche anbieten würden.
 
Habt ihr jetzt endlich, nach Seitenweise Geplänkel einen Beleg für Crossdresser in der späten skandinavischen Eisenzeit gefunden? ... ich frage für einen Freund..
Nein, zumal es (mir zumindest) in diesem Thread auch nicht um die inhaltliche Antwort, sondern um die Methodik ihres Zustandekommens geht.
Diese Bestandteile sind aber ja nicht voneinander zu trennen. Zwei Sachen noch, bevor ich mich zurückhalte, da ich vor allem zur Methode etwas sagen konnte: Ich habe bisher überhaupt nicht den Eindruck gehabt, dass hier jemand der Hauptakteure durch eine Schablone beeinflusst schaut, sondern dass die angewandte geschichtswissenschaftliche Methodik einfach bisher nur für dich unbefriedigende Ergebnisse gebracht hat. Panzerreiter hat Recht, wenn er sagt, dass sämtliche menschlichen Ausprägungen nicht irgendwann mal pausiert haben. Wir können und müssen die Existenz natürlich annehmen, solange wir sie nicht explizit beweisen können, ist das Ganze einfach noch nicht wissenschaftlich fundiert. So frustrierend das auch ist. Und da gibt es ja schon Forschungen in die Richtung, die auch mögliche Beweise liefert. Aber wie gesagt, noch mit einem Fragezeichen versehen. Bis Dinge als gesichert gelten, dauert es häufig super lange und möglicherweise taucht dann in 100 Jahren etwas Neues auf und wirft alles bisher angenommene über den Haufen. Wir müssen einfach zu diesem Punkt sagen: "Wissen wir nicht, können wir nicht beweisen, wir arbeiten dran." Und dennoch ergebnisoffen bleiben und nicht vom Ergebnis her forschen und argumentieren. Das zweite Problem ist wieder Begrifflichkeiten geschuldet. Wenn ich von Quellen sprach, meinte ich historische Quellen.
Das ist keine historische Quelle. Ich meinte in diesem Zusammenhang, dass wir aus der Zeit ein Zeugnis brauchen, um diese Annahme beweisen zu können. An dieser Stelle ergibt meines Erachtens nach alle weitere Diskussion keinen Sinn, denn zur Methodik wurde hinreichend viel gesagt. Jetzt zerfasert es nur noch in das Hinterfragen und Infragestellen der Motive der Beteiligten. In dem anderen Thread könnte man jetzt zur Sammlung und Präsentation von Ergebnissen übergehen, sobald es welche gibt. Und diese dann, völlig im Einklang mit wissenschaftlicher Vorgehensweise, dem Peer-Review stellen. Mal unabhängig davon, dass wir hier ja zum Großteil gar keine Wissenschaftler sind, oder?
 
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@Elric - Du sprichst zwei interessante Punkte an. 1) "Man hat Selbstverständlichkeiten nicht unbedingt niedergeschrieben, weil sie selbstverständlich waren". Da gebe ich Dir soweit recht. Aber Dein mutmaßlicher Umkehrschluss daraus funktioniert nicht. Man kann nie und nimmer guten Gewissens annehmen, dass alles, was nicht in den Quellen steht, nur deswegen nicht drin steht, weil es selbstverständlich war. Hilft uns das Fehlen von solchen schriftlichen Nachweisen für das skandinavische Frühmittelalter nun an irgendeiner Stelle weiter? Nö. 2) Deine Beispiele ('Schwestern', 'Geschäftspartner',...) haben aus meiner Sicht einen großen Vorteil. Sie sind - für mich - greifbarer und besser nachvollziehbar als das Fünfgeschlechtermodell einer Kultur, von der ich bis dato noch nie was gehört hatte. Allerdings transponierst Du auch hier wieder eine Denkweise in eine Zeit, auf die das alles nur bedingt passt. "dann sind sie eben einfach ein Dorf weiter gezogen, wo sie niemand kennt". Genau das war eben nicht so einfach - zumindest nicht im skandinavischen Frühmittelalter. Kleine, dörfliche Strukturen. Selbst eine Handelsmetropole wie Haithabu hatte je nach Quelle zu Hochzeiten gerade mal 1.500 - 2.000 Einwohner. In einem kleinen Dorf, wo jeder jeden kennt, lässt sich vieles eben nicht gut verstecken. Und ein Dorf weiter ziehen, wo einen keiner kennt? Tolle Sache, aber da kennt Dich eben niemand, und deswegen wirst Du erstmal misstrauisch beäugt - wenn Du dort überhaupt willkommen geheißen und nicht direkt als Sklave verkauft wurdest. So eine kleine Dorfgemeinschaft bietet nämlich auch viel Schutz. Aber bevorzugt denen, die man kennt. Fremde sind da nicht unbedingt auf Platz eins der Beliebtheitsskala. Deswegen - nett gedacht, für spätere Zeiten und andere Regionen sicher durchaus zulässig, aber bei 'den Wikis' eher unwahrscheinlich. 3) Nochmal - ich verweigere mich nicht gegenüber der Möglichkeit, dass es das alles im Kopf oder hinter verschlossenen Türen gegeben haben mag. Geschenkt. Gibt nichts, was es nicht gibt. Aber nach wie vor halte ich das freie Ausleben aus allen bisher dargelegten Gründen für unwahrscheinlich. Und so wirklich widerlegt anhand von Fakten wurde das alles nicht. Auch Du argumentiertst eher anhand von Logik. Ist auch teilweise okay, aber Deine Logik ist - mangels Belegen - genauso gut oder schlecht wie meine. 4) Mangelnde Zeit empfindest Du als Ausrede? Kannst Du sehen wie Du willst. Aber ich nutze meine Zeit bei der Recherche lieber für die Themen, die mich betreffen und interessieren, statt für etwas, was mir inhaltlich im Grunde völlig latte ist. Ob Sven Schlammledersson nun eine verkleidete Svenja ist oder nicht tangiert mich extrem peripher. Mich stört lediglich die Herangehensweise. Ich halte es für unwahrscheinlich und kann es begründen. Andere halten es für wahrscheinlicher, und können es aus ihrer Sicht ebenfalls begründen. Mangels Fakten haben beide Seiten gleichermaßen Recht oder Unrecht. Und so langsam wird es auch müßig, weil nichts neues an Fakten kommt, sondern nur noch Meinungen und Ansichten. Von mir aus kann das auch gerne engstirnig, nicht offen, beschränkt, whatever sein. Kann ich mit leben, gibt wirklich Themen, die ich interessanter finde, und die auch von der Recherche her besser und sicherer belegbar sind.
 
Es bleibt auch die Frage nach Prioritäten warm, trocken, satt und körperlich weitestgehend unversehrt wird wahrscheinlich wichtiger gewesen sein als das philosophieren über die eigene Geschlechteridentität. Mag sein, dass man vielleicht etwas als falsch gefühlt haben mag und trotzdem nach Notwendigkeiten gehandelt haben wird. Das größte Problem ist ja auch, dass Primärquellen jener Zeit eben nicht selbst vom zu untersuchenden Kulturkreis niedergeschrieben wurden sondern durch die Brillen christlicher Mönche oder islamischer Reisender beobachtet wurden und deren Weltbild bereits zeitgenössisch gefärbt ist.
 
Mal unabhängig davon, dass wir hier ja zum Großteil gar keine Wissenschaftler sind, oder?
Für den Augenblick und das betreffende Thema im Besonderen völlig richtig. Aber einige von uns haben gelernt, wissenschaftlich zu arbeiten. Die richtign Mittel und Zielsetzungen vorausgesetzt, wäre ich z.B. jederzeit imstande, ein wissenschaftliches Arbeiten wieder aufzunehmen.
Habt ihr jetzt endlich, nach Seitenweise Geplänkel einen Beleg für Crossdresser in der späten skandinavischen Eisenzeit gefunden? ... ich frage für einen Freund..
Das dürfte wohl leider schlicht unmöglich sein, oder besser: in höchstem Maße unwahrscheinlich (Immer Vorsicht mit Universalquantoren wie "alle", "keiner" "nie", "unmöglich"... ;) ) Denn um in etzter Konsequenz sicher zu sein müssten wir ein vernetztes System von Belegen haben, welche aus mehreren Quellenarten, darunter im Idealfall auch Realien bestehen, die sich gegenseitig ergänzen, bestätigen und den Interpretationsraum einengen. Dass uns dieser Glücksfall beschert wird, davon gehe ich nicht aus. So ist es etwa heutzutage bei aller gesellschaftlichen Akzeptanz eher unüblich, dass jemand im Latex-Ganzkörperkondom, im Bugs-Bunny-Körperkostüm oder gefesselt mit Peitsche beerdigt wird, auch wenn er womöglich im Leben total drauf abfuhr. Oder, um mal rein zur Geschlechtsdiversität zurückzukommen, selbst "diverse" verstorbene Männer werden auch heutzutage höchst selten in Frauenklamotten beigsetzt. Umgekehrt (Frau in Männerklamotten) wäre das nicht so aussagekräftig, da eine maskuline Kleidung auch ganz ohne drittes Geschlecht für Frauen seit Jahrzehnten modisch etabliert ist. (Sonst wären deutsche Politikerinnen ja allesamt Transen) Und selbst wenn wir unübliche Grabbeigaben in alten Gräbern finden: Das Problem ist, wie gesagt, nicht die Faktenlage, sondern deren Interpretation. Liegt bei einem Mann im Grab ein Suppentopf, dann beweist das zuallererst einmal nur, dass hier ein Mann mit einem Suppentopf beerdigt wurde. Alles Weitere ist bereits Interpretation (ein seriöses Wort für nichts anderes als "mehr ode weniger begründete Spekulation") Vielleicht aß er im Leben gerne Suppe? Vielleicht hat er seinen Lebensunterhalt mit der Herstellung von Suppentöpfen verdient? Vielleicht ging man davon aus, dass im Jenseits ein Suppentopf nützlich wäre? Daraus irgendetwas Genderrelevantes abzuleiten ist eine mögliche Erklärung, aber eben nur eine. Die einzige zuverlässige Aussage, die ich aus einem solchen Fund ziehen kann, ist, dass es nicht unmöglich war, einen Mann mit einem Suppentopf zu beerdigen. Die Existenz von Gesetzen wiederum ist ebenfalls nur bedingt aussagekräftig. Wenn es Frauen verboten war, in Männerkleidern herumzulaufen, dann lässt das darauf schließen (Vorsicht, es ist kein zwingender Beweis), dass so was offenbar vorkam, denn warum hätte man es sonst verbieten sollen? Es existieren ja auch keine Gesetze, dass es Männern verboten war, nach Sonnenaufgang um den Schornstein zu fliegen. Wozu etwas verbieten, wenn es gar nicht vorkam? Sehr einleuchtend, dieses Argument. Aber einleuchtend heißt eben auch noch lange nicht automatisch zutreffend. In späteren Zeiten gab es ausgeklügelte Gesetzeswerke, was die Paarung mit dem Teufel, das Verhexen von Leuten und das Fliegen auf Besen betraf. Ist das nun ein Beweis, dass so etwas tatsächlich häufiger vorkam? Ganz abgesehen davon geht as ja in diesem Thread eben gar nicht darum, crossdressende Wikinger zu belegen. Es geht - man verzeihe die Wiederholung - um die Methodiken, derer man sich bei der Suche nach einer Antwort bedient.
@Panzerreiter: Was verliere ich denn, wenn ich zunächst einmal grundsätzlich davon ausgehe, dass solche Geschlechtermodelle auch im mittelalterlichen Europa existiert haben können?
Aber wieso sollte ich denn davon ausgehen? [...]
Zuerst einmal ist es wichtig, dass man von einem Konjunktiv ausgeht. Es könnte sie gegeben haben. Das tut Fifill ja auch. Was ich dabei gewinne ist, dass ich mich wappne gegen das Dogma des Gegenteils. "Ach, so was gab's doch gar nicht!" Denn auch diese Annahme entbehrt jeglichen Beweises, auch wenn sie auf den ersten Blick die überzeugendere Meinung sein mag. Ich eröffne dadurch meinem Bewusstsein einen Weg der Ergebnisoffenheit, in dem ich mich zwinge zu fragen "warum denn nicht?" Der Spruch "Nur weil man etwas nicht gefunden hat, heißt das noch lange nicht, dass es das nicht gegeben hat" hat es in die Top Ten des Bullshit-Bingos geschafft. Aber, sorry, Leute, trotzdem ist er grundsätzlich vollkommen korrekt! Dass er von diversen (nicht gendertechnisch) Gromis gerne als Pseudobeweis für jeden Mist missbraucht wird, weil die damit nicht umgehen können, ändert nichts daran, dass er im Grunde zutrifft. Es ist also nicht verwerflich, die mögliche(!) Eistenz von etwas anzunehmen, was bei der gleichen Spezies (Homo Sapiens) in anderen Ecken der Welt nachweislich existierte und existiert. Natürlich ist es kein Beweis, aber es ist eine brauchbare Arbeitshypothese, um sich einer Problematik anzunähern.
@Panzerreiter weshalb ich das mehr als fragwürdig im Umkehrschluss finde ist erstmal der Grund, dass schlecht mehre Phänomene bei einer Stichprobengröße von 1 zu beobachten wären.
Sehe ich nicht so. Weshalb ist Gott nicht explizit geschlechtsneutral oder Mann und Frau gleichzeitig? Das wäre auch bei einer einzigen Person problemlos möglich. Grundsätzlich hat der Pantheon-Ansatz ja schon etwas Reizvolles. Wenn jemand gerne einen über den Durst trank und alles vögelte, was nicht bei drei auf den Bäumen war, dann war er halt ein Liebling Dionysos'. Das ist nicht so viel wert wie ein Liebling Athenes' oder Zeus' zu sein, aber immerhin - Gott ist Gott. Insofern also durchaus einleuchtend, dass das Vorhandesein einer menschlichen Besonderheit in der Götterwelt auf eine gewisse Akzeptanz in der menschlichen Gesellschaft schließen lassen könnte - sofern der Betreffende das halbwegs sozialverträglich auslebte. Aber die Götterwelt, darauf wies ich ja schon hin, hat nie das Idelamodell der Gesellschaft abbilden sollen. Der eitle Apoll ließ schon mal sterbliche Herausforderer im Musikwettstreit nach deren Niederlage bei lebendigem Leib häuten. Trotzdem war das im irdischen Sangeswettstreit eher nicht so gerne gesehen. Und auch Betrug und Diebstahl waren in Griechenland nicht straffrei, bloß weil Hermes da eine Schwäche für hatte. Von den Vorlieben diverser Todesgottheiten mal ganz abgesehen.
Aber wie angemerkt ist der anatomische Punkt aus meiner Sicht aussagekräftiger, wenn es um den Beweis von kämpfenden Frauen geht - was mir da vorzuwerfen wäre, wäre höchstens, dass dies eher zum anderen Thread gehöre.
Aus meiner Sicht auch. Und nein, das gehört nicht in anderen Thread, weil es eben eine belastbare Methodik wäre.
 

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