Nur der Adel darf ein Schwert führen

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Morio

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Hallo zusammen, das ist mein allererster Eintrag im Forum und und ich habe erst angefangen mich ernsthafter mit den harten Fakten des Mittelalters auseinander zu setzen, ich bitte also demütigst um Nachsicht. Egal zu welcher Gelegenheit, egal ob in Film, Buch und vor Allem auf den Märkten durch scheinbar Fachkundige Erzähler, überall wird eines als grundlegende Wahrheit dargestellt: Nur der Adel durfte Schwerter führen. Und es ist bei vielen ein Sakrileg dies auch nur in Frage zu stellen. Ich kenne mich leider nicht aus, was das Rechtssystem im Mittelalter betrifft. Aber es leuchtet ja ein, dass sich da einiges geändert hat, sowohl aus rechtlicher, wirtschaftlich und sozialer Hinsicht. Auch was den Status des Schwertes als Waffe und Symbol angeht. Also ist die Aussage "im Mittelalter war das verboten" hier sicherlich wie so oft absolut fehl amPlatz. Bei meiner zugegeben recht Layenhaften Recherche fand ich recht wenig zu diesem Thema, darum hier mein Problem: Gab es denn wirklich jemals ein Verbot, für nicht Adelige ein Schwert zu führen, bzw zu besitzen, wenn ja, war es, wie ich vermute zeitlich oder örtlich begrenzt, oder ein Globales Gesetz im gesamten HRR? (Gab es so etwas überhaupt, oder wurden Gesetze Eger lokal beschlossen? ) Klar ist, dass sich natürlich nicht jeder ein Schwert leisten könnte, aber es geht mir um das DÜRFEN. Hat sich schon jemand intensiver mit diesem Thema beschäftigt? Danke schon mal für die Hilfe :danke
 
Ich habe in Städteordnungen ab 1300 auch gefunden, dass ein Mann ein Schwert besitzen musste, um heiraten zu dürfen und für Handwerker gab es Ausrüstungslisten, was diese zu Stadtverteidigung besitzen mussten, wenn sie innerhalb der Stadt arbeiten wollten. Es gibt auch Nachlassverzeichnisse, bei denen auch Schwerter bei nicht-adligen verzeichnet sind. Führverbote bzw Einschränkungen sind mir eher für Reisende innerhalb der Stadtmauern untergekommen. Was gegen ein alltägliches Führen spricht wären zeitgenössische Abbildungen aber da finden sich beim Adel auch nur Schwerter, wenn Szenen im Zusammenhang mit kriegerischen Auseinandersetzungen zu sehen sind und da tragen fast alle abgebildeten Personen eines. Im ältesten erhaltenen Manuskript über Schwertkampftechniken ist der Lehrer ein Priester - also auch kein Adliger. Und ich habe mal gehört, dass in London die Sperrstunde eingeführt wurde, weil Nachts betrunkene Handwerksburschen Duelle auf den Straßen geformten haben und der Unterricht im Kampf ebenfalls verboten wurde.
 
Danke dir, für die schnelle Antwort. Das deckt sich alles mit vielem, was ich an verschiedenen Stellen hier im Forum lese. Es gibt ja auch sehr viele gerade militärische Abbildungen von scheinbar nicht Adeligen, die Schwerter tragen. Stand nicht auch in einer Münchner Landfreiheit, dass es unter Strafe steht, wenn Bauern ein Schwert in der Kirche tragen? Nach allem was ich bis jetzt nachlesen konnte gab es wohl zwar auch relativ allgemeingültige Gesetze, aber es wurde scheinbar auch sehr viel in lokal begrenzten Gerichtsbarkeiten geklärt, z. B. Welche Waffen man in einer Stadt führen durfte. (Bitte verbessert mich jeder Zeit, ich steige ja erst in die Materie ein) :ups Handelt es sich also eher um einen Mythos? Bei so ziemlich jeder Waffenerklärung, die ich je gehört hab wird es so erzählt X/ Erst neulich hab ich ein Einführungsvideo über das lange Messer gesehen, wo erklärt wurde, dass sich die Waffe als Alternative für das normale Volk entwickelt hat, weil nicht jeder ein Schwert tragen durfte.
 
Das lange Messer ist wohl eher eine verlängerte Version der Hauswehr oder des Ruger aus dem süddeutschen Raum. Es hat gegenüber dem Schwert den Vorteil, dass die Klingengeometrie bei vergleichbarer Klingenbreite ungerüstete Ziele leichter schneidet und kleine Fehler in der Hiebausführung eher verzeiht. Mit einem Schwert zu schneiden erfordert schon etwas an Übung, damit ein Hieb in einer geraden Bahn geführt wird und die Klinge in Bewegungsrichtung ausgerichtet bleibt. Zeit für Übung hat halt eher jemand, der vom Stand her Berufskämpfer ist oder einem Gewerk nachgeht, dass so etwas wie Feierabend kennt. Da würde ich auch vermuten, dass sich Schwerter auch in früheren Zeiten bei den Bauern nicht durchgesetzt hatten, weil der tägliche Arbeitsaufwand, die eigene Existenz zu sichern, keinen Raum für regelmäßiges Training erlaubte... Ein anderer Mythos zum langen Messer besagt übrigens auch, dass es etwas mit den Gildenordnungen zu tun hätte und die Messermacher ihre Produktpalette erweitert hätten, um dem Schwertfegern Konkurrenz machen zu können...
 
Sehr interessant. Ich dachte bis jetzt immer nur, daß Messer hat sich aus dem Malchus/Falchion entwickelt... Aber das ist wohl mal ein Thema für sich ;) Wird nie langweilig. Ich werde mich jetzt wohl erstmal mit ein paar Gesetzestexten auseinandersetzen und weiter suchen was sich so findet und woher so viele zu wissen glauben, dass Schwerter nur für Adelige erlaubt waren. Bevor ich das nächste Mal, wenn mir jemand damit kommt Klugscheißer spiele, will ich wenigstens ein paar gegenteilige Belege sammeln. :saint: Danke dir für die Hilfe Dunio :thumbsup: Wenn noch sich noch jemand damit beschäftigt hat, gerne raus damit
 
James Elmsly ist gerade derjenige, der zum Thema Messer/Falchion die umfassendste Nachforschung betreibt - kann dir nur leider nicht sagen, ob es von ihm deutschsprachige Literatur gibt, da ich mich eher mit der praktischen Anwendung beschäftige als mit der spätmittelalrerlichen Gesetzeslage oder der Entstehungsgeschichte. Aber den Elmsly würde ich erstmal als zuverlässige Sekundärquelle empfehlen, wenn du weiter in diese Richtung recherchieren möchtest...
 
Da sind die bereits erwähnten städtischen Ordnungen sicherlich eine gute Adresse. Gerade im späten Mittelalter finden sich Schwerter aber auch in anderen Quellen in großer Zahl, Abbildungen etc., und zwar auch auf solchen, die nicht nur Adelige zeigen. Aber auch im Frühmittelalter ist die Sichtweise mittlerweile verändert. Im Falle der merowingischen Gräberfelder ist man bspw. auch schon längst von der Vermutung Schwert="Adelssymbol" abgerückt, dafür sind die Teile als Beigabe auch einfach zu verbreitet.
 
Im ganz späten Mittelalter werden Fechtschulen so normal abgehalten, wie Leute heutzutage zum Beispiel Tennis spielen - und bereits im 14.jhrd hatten sich Fechtmeister über eine "Versportlichung" der Kunst abfällig geäußert...
 
Dann bleibt ja eigentlich fast kein Zeitraum mehr übrig, in dem das Schwert so rar war, wie es oft heisst. Klar ist da der Kostenfaktor, aber es gab ja auch z. B. wohlhabende Bauern über die sich der Adel gerne aufregt. Im Buch "Krieger, Waffen und Rüstungen im Mittelalter 800 - 1500" ist vermerkt, dass Ritter ihren Berufskriegern erlauben könnten Schwerter zu führen, bzw sie damit ausrüsteten. Die wurden in diesem Zusammenhang als Serjant/Sergant bezeichnet, was ich sonst eigentlich nur aus den Orden finde, aber hier wohl eine Bezeichnung für nichtadelige Berufskrieger im Dienste eines Ritters stand. Es ging hier denk ich um bereits um das 12. Jhd. Muss es nachlesen, wenn ich das Buch wieder hab.
 
Und aus welcher Quelle hat man diese Info? Urkunde, Aufzeichnung, Protokoll, Verordnung?
 
Falls du mich meinen solltest steht etwas Sinngemäßes im Nürnberger Hausbuch - und wenn ich das noch im Kopf hab, wird das als Aussage sogar noch Liechtenauer selbst zugeschrieben... Morio hat ja seine Quelle angeführt.... ;)
 
@Dunio Nein war auf Beitrag Pos. 9 bezogen.
In Bezug auf was meinst du denn?
Woher hat der Autor von dem Buch Krieger, Waffen und Rüstungen im Mittelalter 800 - 1500 die Infos des Beitrages in Pos. 9. aus Urkunde, Aufzeichnung, Protokoll, Verordnung oder woher? Mich würde diese Quelle interessieren.
 
Das mit dem Serganten? Sobald ich das Buch wieder hab, werd ich mal gucken, was ich finde. Ist im Moment verliehen. Interessiert mich selbst.
 
Das ist kein wissenschaftliches Buch - ich hatte das auch als Kind und irgendwo fliegt das sicher noch im Keller rum - aber ich bin mir ziemlich sicher, dass die Autoren so gut wie keine Quellenangaben oder zumindest Luteraturlisten angehängt haben.
 
Ich hab das Buch hier. Es gibt ein Kapitel über "der Sergeant - Infanterist des 12. Jahrhunderts", Seite 35. Dort werden Fußtruppen beschrieben, die im Dienste eines Adligen standen. Sie wurden dafür bezahlt / verpflichtet ihm zu dienen und ihn zu verteidigen. Ihre gesamte Zeit stand dem Training und dem Kampf zur Verfügung. Im Gegensatz zum bisherigen temporären Untergebenen, die hauptsächlich andere Berufe hatten. So steigerte sich die Kampfkraft enorm. "Diese neu zu formierende Truppengattung der Infanterie, einer ausschließlich zu Fuß kämpfenden Truppe, rekrutierte sich überwiegend aus freien Männern, denen der Aufstieg in den Ritterstand verwehrt war. Sie stellten sich in den bezahlten Dienst von Rittern oder höheren Adligen, die sie entweder bei der Anschaffung ihrer militärischen Ausrüstung unterstützten oder diese komplett stellten." Anschließend sind ausführlich die Lanzen und Schwerter beschrieben. Als Nachweis habe ich lediglich eine Angabe zu einer Abbildung gefunden: "Abbildung Einnahme Karthagos aus <<Chroniques de France ou de St Denis<<, Royal 16 G VI f.441, British Library, London" Weitere Quellenangaben finde ich nicht.
 
Wessen Bibliothek frei von diesem Buch ist/war, werfe den ersten Stein... Und im Übrigen fand ich die Illustrationen wirklich schön - und als ersten schnellen Überblick gibt es sicher weit schlechtere Druckerzeugnisse...
 
Ich möchte mal kurz meiner Begeisterung Ausdruck verleihen :laola01 Danke an euch alle, dass vermeintlich "einfache Fragen" so ernst genommen werden und so viel Wissen zusammen getragen wird. Erst wollte ich dem Thema nur oberflächlich folgen, aber dann wurde es spannend ;) Es entstehen oft so schöne "Nebenstories" und auf die Hauptfrage wird meistens sinnvoll geklärt :) So genug Bauchpinselei für heute :back
 

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