Ratinger Stadterhebungsurkunde

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Benno

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40882 Ratingen
Als Beispiel dafür, wie so eine Stadterhebungsurkunde Aussieht, habe ich hier mal eine Übersetzung der Ratinger Urkunde von 1276 abgetippt. Stadterhebungsurkunde vom 11. Dezember 1276. Im Namen der heiligen und ungeteilten Dreifaltigkeit, Amen. Allen, die dieses Schreiben sehen oder hören, jetzt und später. Wir Adolf, Graf, und Elisabeth, Gräfin von Berg. Haltet auf ewige Zeiten fest, was folgt: Es pflegt die Unwissenheit mit der Wahrheit zu kämpfen, und die Vergessenheit ist eine Brutstätte des Zankes, wenn nicht die Erinnerung an eine Tatsache durch das lebendige Wort der Zeugen oder durch die Schrift dauernd gesichert wird. Darum wollen wir, dass allen kund sei, dass unser Dorf Ratingen, wie sie da liegt, und alle unsere Bürger, die jetzt in Ratingen leben oder später leben werden, mit allen ihren Gütern von allen Steuerlasten frei sein sollen. Nach reiflicher Beratung mit unseren Freunden und Getreuen haben wir zum gemeinsamen Besten unserer Stadt Ratingen und ihrer Bürger sie einfach frei gemacht. Jedoch bleiben genannte Bürger, die jetzt in der Stadt selbst wohnen oder später wohnen werden, verpflichtet, von ihren Gütern, die innerhalb des Kirchspiels Ratingen liegen und genannten Bürgern gehören, die Herbstbede und den Futterhafer des Grafen nach Gewohnheit der Pfarrei jährlich zu leisten und fürder keine Güter, die unter unserem Schutze stehen, sich ohne unsere besondere Genehmigung zu verschaffen oder zu kaufen, auch keinen unserer Leute, der unter unserem Schutze steht und uns bisher Zins zahlte, ohne unsere Einwilligung unter ihre Bürger aufzunehmen. Ferner ist festgelegt, dass die Bürger der Stadt Ratingen jetzt acht Schöffen nach ihrem Gefallen wählen dürfen, die wir durch Zuweisung der Schöffenstühle bestätigen müssen. Ist einer dieser acht Schöffen tot oder auf andere Art seines Schöffenamtes verlustig geworden, so werden die übrigen Schöffen und die anderen Bürgern selbst drei Männer nach ihrem Gefallen uns oder unseren Nachfolgern vorschlagen, aus denen wir einen nach dem Vorschlag der Bürger auswählen und durch Erhebung auf den Schöffenstuhl bestätigen. Die so bestellten Schöffen sollen eidlich verpflichtet sein, gemäß unserer und unserer erwähnten Stadt Rechte, so oft man es von ihnen verlangt, allen Angeklagten und Klägern Recht zu sprechen. Können Sie den geforderten Spruch wegen der Unklarheit des Falles nicht finden, so sind sie verpflichtet, ihr Recht und ihre zweifelhaften Fragen den Schöffen unserer Stadt Lennep zur Entscheidung vorzulegen. Festgelegt ist ferner, dass die Bürger Ratingens nach ihrem Beschluss einen Fronboten wählen, der dort auf unser und der Städter Recht schwören wird, dass er sein Amt nach Pflicht und Gewohnheit üben will, so dass keinem Beamten von unserer Seite oder sonst jemandem ein Unrecht bleibt. Es sei auch hinzugefügt, dass in unserer genannten Stadt kein Zeugnis angenommen wird oder gelten kann ohne Beglaubigung wenigstens zweier Schöffen. Ferner ist festgesetzt: Wenn jemand in der Stadt Ratingen selbst einen Schuldner vor Gericht zieht, so kann der Schuldner sich auf eigene Hand reinigen, wenn nicht der Kläger ihn durch das Zeugnis zweier Schöffen überführen kann, mögen es Bürger oder Fremde sein. Der Überführte muss uns oder unseren Nachfolgern fünf Mark und den Bürgern fünf Solidi zur Sühne des Verbrechens zahlen (außer der Genugtuung, die er leisten muss). Ferner ist festgesetzt: wenn jemand ein kleines Vergehen begangen hat und dies zwei Schöffen und dem vereidigten Fronboten feststeht, so hat er uns und unseren Nachfolgern fünf Solidi und der Bürgerschaft zwanzig kölnische Denare zu zahlen außer der Genugtuung, die er dem Kläger zu leisten hat. Ferner: Wenn einer dem anderen Gewalt angetan, einen Hinterhalt gelegt – gewöhnlich Wegelage genannt - , Hand an ihn gelegt, so dass es zum Blutvergießen kam, und dies zwei Schöffen und dem vereidigten Fronboten der Stadt feststeht, so muss jener, durch ihr Zeugnis überführt uns Fünf Mark und den Städtern fünf kölnische Solidi zur Sühne zahlen, abgesehen von der völligen gesetzlichen Entschädigung des Verletzten. Wenn aber kein Zeugnis vorliegt, kann ein jeder sich von jeglicher Anschuldigung durch seinen einfachen Eid reinigen, es sei denn, dass ein Bürger ihn durch Zweikampf überführen will. Wenn aber ein Fremder in unserer Stadt wegen eines großen Verbrechens angeklagt oder verhaftet worden ist, so können wir oder unsere Nachfolger, wenn wir wollen, ihn durch unseren Kämpfer überführen, dass er das ihm zur Last gelegte Verbrechen begangen habe. Wir wollen dies uns und unseren Nachfolgern besonders vorbehalten. Außerdem ist hinzugefügt, dass, wenn einer einen Mord begangen, eine Frau vergewaltigt oder ein ähnliches Verbrechen verübt hat, durch das er das Todesurteil verdient und dies zwei Schöffen und dem vereidigten Fronboten feststeht, wir ohne jeden Widerspruch den Schuldigen, wie es sich gebührt, aburteilen dürfen und müssen. Wenn aber kein Zeugnis vorliegt, so kann der Angeklagte, wenn er ein Bürger ist, sich durch einfachen Eid reinigen, wenn nicht sein Mitbürger, wie schon gesagt, ihn durch Zweikampf überführen will. Den Fremdling aber können wir, wie erwähnt, durch unseren eigenen Kämpfer überführen. Außerdem ist noch festgesetzt, dass jeder Unfreie, der unsere Stadt fürderhin betreten hat, um da zu bleiben, wenn er von seinem Herrn innerhalb Jahr und Tag, vom Tage seiner Aufnahme in die Bürgerschaft ab gerechnet, in gebührender Weise zurückgefordert wird, diesem seinem Herrn mit aller seiner Habe zurückgegeben werden muss. Wenn er aber innerhalb dieser Zeit nicht zurückgefordert wird, soll er von da an dauernd in unserer Stadt als Bürger gelten und sich des erwähnten Rechtes unserer Bürger für immer in Frieden und Ruhe erfreuen. Überdies erlauben wir unseren Bürgern aus besonderer Gunst, dass sie und alle ihre Nachkommen in Zukunft mit ihrer Person und Habe durch unser ganzes Gebiet so oft und wann sie es immer benötigen, ohne jeden Zoll an uns oder die unsrigen zu zahlen kommen und gehen dürfen und sollen. Diese besondere Freiheit und Gunst, die wir gemäß dem oben Gesagten den Bürgern in Ratingen verliehen haben, bestätigen wir auch für alle Zukunft. Unsere genannten Bürger von Ratingen aber sollen zum Zeichen unserer Oberherrschaft und zum Entgelt für die ihnen erwiesene Gnade jährlich am Tage des heiligen Remigius zehn Mark gesetzlicher und guter kölnischer Denare, zwölf Solidi die Mark gerechnet, uns und unseren Nachkommen zu entrichten verbunden sein und auf Grund dieser an uns oder unsere Nachfolger gezahlten zehn Mark sollen sich unsere genannten Bürger auf immer friedlich und ruhig der Freiheit und Huld erfreuen. Damit aber alles und jedes Vorstehende auf immer Kraft und Festigkeit habe, und damit nicht einer unserer Nachfolger an einer der vorstehenden Bestimmungen zu rütteln versucht, haben wir alle Bedingungen einzeln in gegenwärtiger Urkunde aufzeichnen lassen, die wir mit ewiger Geltung unseren Bürgern von Ratingen übergeben und durch Anhängung unserer Siegel bestätigt haben. Geschehen in unserer neuen Burg in Gegenwart unseres Bruders, des edlen Herrn Heinrich, der gestrengen Herrn Adolf von Stammheim und seines Sohnes Adolf, des Theoderich von Helner, des Gottschalk von Windhövel, des Sibido von Blech und seines Sohnes Engelbert, des Rutger von Beke, des Jakob von Uphuen, des Philipp von Werden, unseres Kaplans Werner, der Ordensmänner Wilhelm und Gerhard vom Hospitalhaus zu Jerusalem, den Priestern der neuen Burg, unseres Notars Johannes, vieler anderer Adliger, Geistlicher, Ritter und unserer Dienstleute, einiger Bürger unserer Stadt Ratingen und sonst vieler glaubwürdiger Leute. Gegeben im Jahre des Herrn 1276 am Freitag vor dem Feste der heiligen Jungfrau Lucia.
 

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