Hallo Cord, ich muss mich meinen Vorrednern leider anschließen. Es gibt ne ganze Reihe "alter" Techniken, die einem alte Schmiedemeister vermitteln, die heute (und wohl schon damals) längst überholt sind. Ich will gar nicht das Wissen und Können vieler alter Schmiede in Frage stellen. Aber es gab eben auch damals schon Stümper. Zur Lektüre empfehle ich die Werke von F. Rapatz! Schmiedetechnisch ist das ziemlich riskant und mit anderen stahlschonenderen Methoden wirst du viel bessere Ergebnisse erzielen. Was du letztlich machst und wie du in Zukunft deine Messer schmiedest, bleibt natürlich dir überlassen. Trotzdem geben ich dir mal einige Tips, wie du deine Messer mit wenig aufwand enorm verbessern kannst... Ich verstehe es auch, das es erstmal überwindung braucht, sich von einer "bewährten" Methode zu trennen, wenn man schon so viel Zeit investier hat. Alte Feilen sind meist aus 1.2008. Dieser stahl hat folgende Zusammensetzung 1,35-1,45% Kohlenstoff, 0,15-0,3% Silizium, 0,25-0,4%Mangan, 0,4-0,7% Chrom. Daraus ergeben sich verschiedene Einschränkungen der Anwendbarkeit... Aufgrund des geringen Si Gehaltes hat der Stahl eingeschränkte Anlassbereiche. Beim Anlassen sind die Themperaturen zwischen 200 und 400 Grad absolut zu meiden. Da kommst du in den Bereich der Blausprödigkeit. Die Anlasskurve verläuft dort anders als sonst. Im Temperaturbereich von ca. 100-200 und von 400-550Grad verliert der gehärtete Stahl Härte, gewinnt aber enorm an Zähigkeit. Im Bereich von 200-400 ist das nicht der Fall. Dort verliert der Stahl Härte und auch die Zähigkeit sinkt. Sogar bis zu einem Niveau wie direkt nach dem Härten. Du hast also einen enormen Härteverlust ohne Zähigkeit zu gewinnen. Bei stark silitiumhaltigen Federstählen (z.B. 55Si7) verhält sich das etwas anders. Der Stahl hat zudem so viel "überschüssigen" Kohlenstoff, das sich dieser als Zementit im gehärteten Gefüge (Martensit) einlagert. Dieses Macht den Stahl zwar härter und verschleißfester, aber eben auch etwas spröder. Daraus ergeben sich für die Verwendbarkeit des Stahls folgende Konsequenzen: Im hehärteten und bei 200 Grad angelassenen Zustand ist der Stahl für stark belastete Hau- und Arbeitsmesser eher zu spröde. Für feiner ausgeschliffene "reine" Schneidmesser ist er so allerdings bestens geeignet. Für ein Haumesser würde sich eher ein Anlassbereich von 400-500 Grad anbieten. Die Klingen sind dann enorm zäh und haben noch eine Härte von um die 54 hrc. Mir persönlich zu weich aber extrem belastbar und leich nachzuschärfen! Jetzt der Tip 8) Härte deine Klinge komplett durch und lasse sie bei 200 Grad an. Anschließend schleifst du die Klinge "etwas" blank und schützt die Schneide vor Aufhitzung. Du kannst z.B. mit ein paar Schraubzwingen ein nassen Tuch auf die Schneide pressen. Es gibt aber noch diverse andere Methoden, sei kreativ... Dann erhitzt du den gesamten Rücken und Erl, bis die Anlassfarben verschwunden sind und nurnoch ein feines Grau zu sehen ist (ca. 400 Grad).
Jetzt in Wasser abschrecken um der Anlassversprödung vorzubeugen. Damit hast du eine Klinge mit einer sehr harten und schnitthaltigen Schneide und gleichzeitig extrem belastbarem Klingenkörper! Und nochwas. Es ist egal welchen Stahl du verwendest, wenn deine Wärmebehandlung falsch ist, bekommst du aus dem besten Stahl nur ein minderwertiges Messer. Der 1.2008 ist ein super Stahl, den ich gerne für viele Zwecke verwende. Aber mit deiner Behandlung versaust du dir diesen schönen Stahl. Ganz ehrlich, lass es bitte bleiben... Durch dieses Starke erhitzen schädigst du den Stahl so sehr, dass du das Gefüge nicht einmal mit Normalisieren wieder herstellen kannst. Die Entstehung von Korngrenzenzementit aufgrund der Überhitzung ist da eher dein geringstes Problem. Und natürlich, wenn du einen so versauten Stahl nach dem Härten stark anlässt, wird auch er wieder zäher und bedingt "verwendbar". Aber man könnte viel viel mehr aus dem feinen Stahl holen... Hier noch Infos zur Wärmebehandlung, da hast du alle Schritte vom Normalisieren bis anlassen aufgelistet und beschrieben:
www.xerxes-knives.de/57.html Und nochwas:
Praxis und Resultat wiederlegen die schönste Theorie und machen mehr Spaß als Bücherlesen.
Am besten finde ich eine gelungene Kombination von beidem. Und, für den Fall, dass dir ein paar Vergleichswerte fehlen, hier Mal ein paar Tests, die ich an meinen Hau- und Arbeitsmessern durchgeführt habe: Nimm ein fertiges Messer mit relativ fein ausgeschliffener Schneide und so scharf, dass du das Messer ohne Schneidbewegug durch ein Blatt Papier schneiden kannst, dann - legst du die Schneide auf einen vierkant Baustahl und schlägst die Schneide mit einem Holzhammer 5-10mm tief in den Stahl. - hackst du einen großen Klotz getrocknete Eiche, Buche, Weißdorn oder Hainbucht damit klein. - hackst du mit dem Messer Drahtseile in Stücke, die du auf eine hölzerne Unterlage legst - spannst du das Messer in einen Schraubstock und biegst die Klinge seitlich mindestens um 45 Grad Wenn die Klinge dann nicht verbogen ist und die Schneide keine Ausbrüche oder Scharten hat und du nach dieser Prozedur ohne erneutes Schärfen noch eine reife Tomate schneiden kannst, war deine Wärmebehandlung gut!!! Gruß Jannis ps. collin ist ein sehr erfahrener Schmied, der sein Wissen und Können nicht blos in diesem Forum unter Beweis gestellt hat und sich seit vielen Jahren mit der Materie beschäftigt. Die "Belehrung" war überaus fachkundig. Vielen Dank!