saxscheide... Schneide oben oder unten?

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Ulrich aus dem Augau

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Guten Mittag! Mir kam gerade dieses Thema, als Kutte sein Sax mit Scheide im Schmiedethread veröffentlichte. Hab mir diese Frage schon öfter gestellt. Habs erstmal hier bei den Lederarbeiten reingestellt, kann aber ruhig verschoben werden. Wenn ich mir eine Messerscheide vorstelle, dann liegt das Messer im Normalfall mit der Schneide zur vernähten Seite. Schaut man sich so manche Saxscheide wikingischen oder sächsischen Ursprungs an, so hängen diese am Gurt mit der vernähten Seite nach oben, meist mit Beschlägen aus Messing o.ä. Das bedeutet aber, dass die Schneide (die ja oft doch seeehr scharf ist) an dem Teil der Lederscheide ist, der umgeknickt und nicht vernäht ist. Diese untere Seite der Scheide wäre aber ungeschützt und damit binnen weniger Male herausziehen des Saxes aufgeschnitten. Und das Sax mit der Schneide nach "oben" in die Lederscheide zu stecken ist doch auch Blödsinn, da man dadurch das Sax bei jedem Gebrauch erst drehen müsste und im Kampffall ein schnelles Ziehen nicht möglich ist! Kann mich jemand aufklären? danke sehr :heupf1
 
Bei meinem Sax liegt die Schneide nicht an der vernähten Seite, sondern an der umgefalzten, weil das im Originalfund auch so war. Da hat sich in den letzten 7 Jahren nix aufgeschnitten und es sieht auch nicht danach aus, als dass das in nächster Zeit passieren würde.
photo-1136-3292fc00.jpg
 
es kommt immer drauf an,was man für leder nimmt. wenn es ein schaukampfsax ist,dann kann man da ruhig dünneres polsterleder nehmen,wenn es ein "arbeits"sax ist,geht ganz gut dickeres leder.für meine scheide habe ich wasserbüffelleder genommen(ca.4mm).selbst,wenn das leder nicht geölt(gehärtet) wird,dürfte es jahre brauchen,dass es sich durchschneidet. versuche mal 4mm dickes leder mitm cutter oder teppichmesser zu schneiden,da musst du sehr viel druck auf die klinge ausüben und du brauchst kraft,um es zu schneiden.verglichen auf die trageweise am gürtel,müssteste dir fast immer die hose runterziehen,dass du überhaupt ne schneidwirkung aufs leder hast.....wenn du verstehst,was ich meine.
 
Der frühmittelalterliche Sax wurde, soweit Scheidenreste bzw -nieten überliefert sind, *immer* mit der Klinge zur Naht getrangen. Die Literatur bzgl. frühmittelalterlicher Saxe ist Legion, im Moment liegt gerade Margarete Dorn-Ihmig, Das fränkische Gräberfeld von Nieder-Erlenbach/Stadt Frankfurt am Main, Frankfurt am Main 1999 vor mir: Grab 32, männlicher Jugendlicher, 14-15 Jahre; Breitsax mit langer unvollständig erhaltener Griffangel (mit Holzresten), Klinge mit vier bzw. 2 Blutrillen, L. 73 cm, max. Br. 5,3 cm, Klingen L. 43,3 cm, Griffangel ehem. L. 29,7cm. Und auch hier zeigt die Klinge zu den scheiben- und halbkugelnietenbesetzten Saxscheidenresten. Der Breitsax aus Grab 67 hatte auf der "Scheidenrückseite" mit den Ziernieten der Vorderseite vernietet Eisenstege, an denen wohl die Aufhängung an den Gürtel befestigt war, mit der Klinge nach oben, sprich dem Saxrücken nach unten.
 
Dank euch für die Antworten! Ich sehe es also richtig, dass es zwar problemfrei, bei Nutzung des richtigen Leders, ist das Sax mit der Schneide nach unten zu tragen, allerdings die authentische Variante mit der Schneide nach oben, also zur Naht, bzw. zu den Beschlägen, ist?! Ist die Quellenlage eindeutig so wie Pfaffenbrunner es dargestellt hat oder hat jemand ein Gegenbeispiel?
 
man sollte nicht alles glauben,was die archäologen damals so meinten. hat grad nicht wirklich was mit der scheide zu tun,aber wie wir heute wissen,waren es keine "BLUTRILLEN",sondern dienten sie der stabilisierung der klinge. wer sticht denn schon ins fleisch und wartet,bis das blut rauskommt???
 
Das mit der Blutrille hält sich seit dem 19. Jahrhundert - das beschriebene Buch stammt ja von 1999. Und ein Archäologe zu sein, heißt ja nicht, dass man sich mit jedem Thema auskennt. Da geht´s ja erstmal um Fundbeschreibung. Ich habe mir hier selber im Ruhrmuseum und im römisch germanischen Museum in Köln verschiedene fränkisch/sächsische Saxe mit Scheiden aus dem 6. - 8. Jhdt. angesehen, die alle mit der Schneide zur "offenen" Seite hin hatte. Interessant fände ich in diesem Zusammenhang, wie eigentlich die Tragweise war. Aus den Fundbeschreibungen ist das afaik nämlich nicht so einfach ersichtlich und für das verbreitete waagerechte Tragen vorm Bauch kenne ich jetzt ad hoc nur den Grabstein von Niederdollendorf. Hat da jemand genaueres zu? Bis denn Thorsten
 
Super Seite, danke Xerxes! Nur die bildliche Erklärung des Saxscheidenbaus erschließt sich mir noch nicht so ganz. Mir ist nicht klar, wo er was abknickt nd welche Seite nun wo ist. Außerdem sagt er: "-Schneide das Sax zeigt zu den Ziernieten", zeigt aber ein Bild seines "Grillholzspalters, bei dem es offensichtlich andersherum ist. Nun, leider hat diese Seite zwar Antworten, stellt diese aber praktisch in Frage. Man könnte vermuten, dass das SAx und die Scheide älter sind als die "Erkenntnis".
 
Ja, ist mir dann auch aufgefallen, dass da was durcheinander ist. Aber da hatte ichs schon gepostet, vielleicht etwas voreilig :whistling: Gruß Jannis
 
Ja, ist leider nichts Neues bei außer dem bekannten Stein von Niederdollendorf. Ansonsten eher unbestätigte Allgemeinplätze. Ich bin da auch nicht so ganz mit dem in der "Szene" üblichen Verfahren konform die Saxe als Werkzeug zu bezeichnen oder zu benutzen. Die Originale, die ich kenne, sind so aufwändig von Klinge und Scheide gefertigt, dass ich mir nicht vorstellen kann, dass das für´s schnöde Holzhacken (wozu imo ne Axt eh das bessere Werkzeug ist) verwendet wurde. Auch und gerade weil das Sax ja wohl auch als wichtiges Zeichen für den Stand des Trägers galt. Bis denn Thorsten
 
Ich denke man muss erstmal zwischen Sax und Hiebmesser unterscheiden. Ich zitiere mal aus den Eisenfunden von Haithabu:
'Das Hiebmesser ist nicht zu vergleichen mit dem merowingerzeitlichen einschneidigen Schwert, dem sog. Sax, das als Einzelwaffe gebraucht wurde (Hübener 1988,225; zur Entwicklung: P.Pauksen 1940, 127ff.; Böhner 1958, 131). Vielmehr dienten Hiebmesser als Ergänzungswaffe neben dem Schwert ( Ruttkay 1976, 295; Steuer 1966, 215). Die Begriffe Hiebmesser und Sax als synonym gebrauchte Bezeichnungen (Lethosalo-Hilander 1982, 18 f. Abb.15) sind abzulehnen (vgl. hierzu Seitz 1965, 81 ff. 199 ff.) Nach A.Ruttkay (1976, 295) stellen Hiebmesser keine speziell für den Kampf gefertigten Messer dar. Sie konnten vermutlich verschiedene Funktionen erfüllen: als Stichwaffe im Zweikampf bzw zum Erstechen von Verwundeten oder als Jagdmesser, zum Töten und Zerteilen erlegter Tiere.
Hört sich für mich erstmal schlüssig an. Somit würde ein Sax als alleinige Waffe getragen und ein Hiebmesser vielleicht neben einem Schwert oder sogar neben einem Sax. Sinn machen würde für mich auch das Schwert dann links und das Hiebmesser rechts zu tragen.
 
Moin Thorsten, Wegen Deiner Trageweise vor dem Bauch kann ich Dir als gutes Beispiel das Männergrab Nr. 300 aus dem frühmittelalterlichen Gräberfeld von Weingarten 1 nennen. Der dort bestattete Krieger trug sein Sax vor dem Bauch, die Schneide zur vernieteten Lederscheidenseite hin. Saxnoth
 
Ich stelle mir das mit dem Sax vor dem Bauch, sowie eine der Trageweisen auf dem von Xerxes gpostetem Link etwas unpraktisch vor... >>Analog zu dieser Meinung wird das Schwert in Krieg rechts getragen, der Sax links und der Schild auch<< Ist das Schwert nicht leichter zu ziehen wenn es auf der linken Seite getragen wird??
 
Ja ähnlich sehe ich es auch. Wenn ich Rechtshänder bin hab ich so meine Schwierigkeiten das Schwert zu ziehen wenn es ebenfalls rechts hängt. Trage ich es links, gibt es kein Problem. Das Hiebmesser kann ich vor dem Bauch oder hinter dem Rücken ,je nachdem, mit dem Griff nach rechts tragen. Bin ich in einem engen Kampf, wo ich kein Platz habe mit dem Schwert zu agieren, geschweige denn es zu ziehen ( schon gar nicht mit rechts) kann ich ohne Probleme das Hiebmesser ziehen, da es eine ganze Ecke kürzer ist.
 
Hmm, meine bescheidene Meinung dazu, die Aussagekraft von Gräbern ist, so denke ich, für die Tragweise nicht so groß. Man darf nicht vergessen, dass die Gräber immer arangiert wurden und der Krieger/Fürst mit vielen seiner Prestigeobjekten bestattet wurde. Es wäre zumindest fraglich, ob der Krieger im "Alltag" auch so unterwegs gewesen ist. Außerdem gibt es ja im Bezug auf die schmiedetechnische Gestaltung und das Design diverse zeitliche und regionale Unterschiede. In sächsischen und fränkischen Gräbern findet man aufwändig damaszierte Saxe z.B. nur bei den Kurzsaxen vom 6. bis zum frühen 7. Jahrhundert und bei den Langsaxen des 8. und 9. Jahrhunderts. Die Breitsaxe der Zeit dazwischen waren eher schlicht und ohne aufwändige Griffgestaltung. Die Kurz- und Schmalsaxe waren noch als ein Art Allroundwerkzeug konzipiert, während die Langsaxe eindeutig für den Kriegseinsatz gemacht wurden. Dann gibt es Phasen (ich kann mich nicht mehr genau erinnern, kann aber bei Interesse nochmal nachgucken) wo in Fürsten- und Kriegergräbern ausschließlich Saxe auftauchen und Phasen in denen Schwerter und Saxe vergesellschaftet sind. Es gab Phasen, in denen der Sax in einigen Regionen mit ziemlicher Sicherheit die Hauptwaffe war und Schwerter nur vereinzelt auftauchten. Sehr aufwändig geschmiedete und gestaltete Schwerter und Saxe waren in jedem Fall Statussymbole, die den Reichtum aber auch die Zugehörigkeit zu bestimmten gesellschaftlichen Schichten demonstriert haben. Da kann ich es mir nicht vorstellen, dass man einen teuren Sax z.B. unter dem Mantel getragen hat, um seinen Gegenüber nicht zu provozieren. Also, wenn man sich genauer mit der Tragweise und dem Stellenwert der Saxe beschäftigen will, sollte man in jedem Fall die zeitlichen und regionalen Gegebenheiten und Vorlieben berücksichtigen. Gruß Jannis
 
Im Kontext hierzu ist die Tatsache interessant, dass z.B. die römischen Legionäre ihre Schwerter auch auf der rechten Seite trugen. Ist für den Ungeübten natürlich ein Komplizierter Ziehvorgang, wenn man sich damit aber einige male beschäftigt hat, geht´s ganz von alleine...
 
Im Kontext hierzu ist die Tatsache interessant, dass z.B. die römischen Legionäre ihre Schwerter auch auf der rechten Seite trugen. Ist für den Ungeübten natürlich ein Komplizierter Ziehvorgang, wenn man sich damit aber einige male beschäftigt hat, geht´s ganz von alleine...
Interessanter Link dazu: [media]http://www.youtube.com/watch?v=94c88HfACfQ[/media] dann wieder back to topic :)
 
Danke für den Link. Und da soll noch jemand sagen "Die spinnen, die Römer"...
 

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