Farbwahl Ende HoMi / Anfang SpäMi

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Saringsson

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Hallo, ich brauche bitte eure Hilfe beim Zusammenstellen der Farben meiner Kleidung. Meine Frau und ich sind gerade dabei, mit dem Aufbau einer Darstellung eines niederen Adelspaares in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts (Kernjahr 1280) aus dem Raum Rhein/Main/Nordbaden anzufangen. Meine geplante Kleidung sieht – von oben nach unten – in etwa so aus:
  • Zinnenhut
  • Bundhaube
  • Tasselmantel
  • Surcot
  • Cotte
  • Leibhemd
  • Bruoch
  • Hosen (ich lehne das B-Wort ab)
  • dazu Gürtel, Almosenbeutel und wendegenähte Schuhe
Ich arbeite mich dabei von innen nach außen vor. Die leinene Unterkleidung (Bundhaube, Bruoch und Leibhemd) habe ich mittlerweile. Als nächstes müssten jetzt die Hosen drankommen, und weil diese ja in farbiger Wolle daherkommen, muss ich mir wohl jetzt schon über die gesamte Farbkombination der weiteren Kleidung Gedanken machen. Als Recherchequellen für die Farbwahl habe ich bislang vor allem die Kreuzfahrerbibel und den Codex Manesse benutzt. Dabei ist die KFB ja ziemlich vom Anfang meiner dargestellten Zeit und der Manesse eigentlich etwas spät. In der KFB scheinen mir viele der Protagonisten, wenn nicht die meisten, in Blau und Orange getunkt. Dass dies wirklich Orange sein soll und es sich nicht etwa um ausgeblichenes Rot handelt, sieht man meines Erachtens daran, dass auch richtiges Rot ab und zu vorkommt. Dazu werden oft grüne Hosen getragen, aber auch orangene kommen vor. Der Manesse erscheint insgesamt bunter; es dominieren hier aber nach meinem Eindruck Rot-Grün und Rot-Blau. Welche Farben soll ich nehmen? Was sagt euer Geschmack, und was ist realistisch für meine Darstellung (Ritter bis maximal Graf)? Habt ihr noch bessere Quellen? Ich muss dazu sagen, dass ich gelbliches Orange und rötliches Gelb, also quasi die Farbe von frischem Apfelsinensaft, liebe. Der Färbehof hat da einen schönen, mit Reseda und Krapp doppelt gefärbten Wollköper (auch als Seidenköper), der zumindest auf dem Foto (https://www.faerbehof.de/wollstoffe/koeper-doppelfaerbung.html) so dermaßen nah an meiner Lieblingsfarbe ist, dass ich den Stoff gerne irgendwie verarbeiten würde, entweder als Außenfarbe oder zumindest irgendwo als Innenfutter. Momentane Idee:
  • Mantel außen blau, innen fehbesetzt?
  • Surcot außen krapprot, innen anders gefüttert? Wolle oder Seide?
  • Cotte orange?
  • Hosen grün?
Ist das zu bunt? Aber bunt war ja „in“, oder? Allerdings wurde doch auch auf kontrastierende Farben Wert gelegt; ist die Kombination Orange-Rot da nicht etwas zu Ton-in-Ton? Ich hoffe, ihr könnt mir weiterhelfen.
 
Hey erstmal Miniaturen als Quellen für Farbkombinationen zu nehmen ist nicht unbedingt die beste Idee. Textquellen oder Inventare sind da definitiv interessanter... Wenn man jetzt mal Persee von nem Graf ausgeht kommen da hauptsächlich Indigo (für Seide), Waid (für Wolle) Kermes, Safran und Reseda in Frage... Es aus mittelalterlichen Quellen gehen viele verschiedene Farbnuancen heraus (Für Blau bspw Ynde, Celestrino oder Perse) Farbmischungen gibt es natürlich auch...Paonacé, Burnet (Beides Waid/Indigo mit Kermes Mischungen) oder Grün... Es gibt auch quellen die explizit erwähnen dass es in Mode war ein ganzen Ensemble (Cotte, Surcot, Mantel) aus einem Stoff zu fertigen (und dann halt das Seidenfutter eher kontrastreich zu gestalten. Für Ritter / Graf solltest du schon eher mit Seide füttern..Cotte sowie Surcot...Mantel kannst du auch mit Seide füttern oder halt mit Fell..wo fürs 13te dann Hermelin, Feh, Bissa (Das Sommerfell des sibirischen Eichhörnchens) oder Budge (das Fell von frischgeborenen Lämmern) in Frage kämen. Und Bundhaube trägt man nicht einfachso unterm Hut ;) Eine Bundhaube ist ein Hygieneartikel zum Haare vor Schmutz beim arbeiten zu schützen.
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Danke für den Tipp mit den Inventaren, das klingt nach einer guten Idee. Da muss ich mal suchen. Kann mich mal bitte jemand in die richtige Richtung schubsen? Nicht mal in unserer Uni-Bibliothek werde ich da gerade auf Anhieb fündig. ?( Welche Farben es gab und mit welchen Mitteln sie gefärbt wurden, ist mir, denke ich, schon einigermaßen klar. Mir ging es eher darum, welche Farbtöne für welche Kleidungsstücke und in welchen Kombinationen sinnvoll sind. Aus welchen Stoffen und Pflanzen das gefärbt werden muss, ergibt sich dann ja. Es gibt ja Stoffanbieter, die eben mit Indigo, Krapp, Waid, Reseda usw. färben. Das ganze Ensemble in einem Farbton zu halten und mit kontrastierendem Futter auszustatten, ist eine interessante Variante, danke. Ob ich das so machen möchte, weiß ich noch nicht. Beim Mantel wird es, wie du schreibst, darauf hinauslaufen, dass er blau und mit Feh gefüttert wird. Daran, die Cotte auch zu füttern, hatte ich noch gar nicht gedacht. Ich bin da bislang nur von einfachem Wollköper ausgegangen. Mit Seide füttern, okay, das kann ich mir vorstellen. Was den Surcot angeht, da war ich schon von davon ausgegangen, dass der (ggf. mit Seide) gefüttert werden soll. Muss das die Kombination „außen Wolle, innen Seide“ sein? Oder kann man auch beides aus Seide vertreten? Ich habe auch viele Abbildungen von Surcots gefunden, die wie ein Mantel innen mit Pelz gefüttert sind. Das sind dann aber wohl eher Winter-Surcots, oder? P.S.
Und Bundhaube trägt man nicht einfachso unterm Hut Eine Bundhaube ist ein Hygieneartikel zum Haare vor Schmutz beim arbeiten zu schützen.
Ich hätte „Bundhaube / Zinnenhut“ auf einer Ebene schreiben sollen. :) Ich habe die Bundhaube in der Liste letztlich unter den Zinnenhut gesetzt, weil sie noch näher am Körper sitzt, eher den Charakter von Unterkleidung hat. Ich wollte damit nicht ausdrücken, dass der Hut auf der Haube sitzt. Dabei teile ich allerdings deine Einschätzung „fürs Arbeiten“ so nicht. Klar schützt eine Bundhaube auch beim Arbeiten, wurde aber bestimmt nicht nur dazu getragen. Sonst hätte man das z. B. dem guten, alten Ekkehard II. mal jemand sagen müssen. ;) (Der trägt als Naumburger Stifterfigur eine Bundhaube und arbeitet ganz sicher nicht.)[sup][/sup]
 
Such mal nach den Rolls of Cloth von 1235, Inventare der Grafen von Flandern spätes 13tes, La Vie de Saint Louis von Joinville, "Fashion in Medieval France" oder auch das Buch "Medieval Dress and Textiles in Britain". Den Surcot schon Wolle mit Seide gefüttert...Es gibt leider recht wenige Quellen für Seide als Oberstoff und wenn dann Seide die man heute so nicht mehr zu kaufen bekommt (Samit bspw) Man kann den Surcot oder auch Cotte komplett mit Fell füttern klar...gibts auch schriftliche Quellen für...ob die jetzt in Textquellen als Wintersurcots bezeichnet werden bin ich mir nicht sicher.
 
Ich zähle mich ja als mittelalterliche Stadtbürgerin und kann nicht wirklich beim Adel mit reden. Mir hat man gesagt, dass der Surcot im Winter durchaus auch wärmer gewesen ist als im Sommer. Klar muss es schön aussehen, aber eine Burg ist damals im Winter nicht besonders angenehm gewesen wenn man nicht direkt am Feuer sitzen konnte. Tönt jetzt ziemlich modern überlegt, aber Adlige haben doch nicht gern kalt gehabt. Ich persönlich würde jetzt einen warmen und einen leichten Surcot machen. Statt das Futter mit Pelz oder Seide wäre auch Wolle auf Wolle eine Variante wenn es wärmen soll. Das Futter dann aber mit einer anderen Farbe machen. Der Codex Manesse ist eine ganz gut Bildquelle. Mit 1280 passt das ganz gut. Ich studiere dort immer wieder mal die Kleidungs-Modelle und vereinfache die dann so, dass es zur Stadtbürgerin passt. Man kann gut damit arbeiten und es sind auch Kleinigkeiten sichtbar wenn man gut hin schaut. Nimm dir Zeit dafür, es lohnt sich.
 
@Zauberin natürlich gibt es Quellen für Wintersurcots bzw Kleidung fürs schlechte Wetter. Nur geht leider aus den Texten nicht heraus worin jetzt genau der Unterschied besteht.
 
@Zauberin natürlich gibt es Quellen für Wintersurcots bzw Kleidung fürs schlechte Wetter. Nur geht leider aus den Texten nicht heraus worin jetzt genau der Unterschied besteht.
Ja, leider. Man kann nur versuchen sich in die Lage der Träger der Kleidung zu versetzen und das ist für uns nicht grad einfach heutzutage. Ich sehe das ja an meiner Darstellung selber weil die städtische Mittelschicht irgendwie einfach "vergessen" gegangen ist. Zu unwichtig um Aufzeichnungen zu machen wie das mit der Kleidung genau gewesen ist. Es gibt ja durchaus auch Kleiderordnungen die von der Obrigkeit erlassen wurden, aber die haben sich manchmal plötzlich verändert und sind erst später gekommen. Falls ich mich irgendwie irre, sag es mir bitte.
 
Nee da hast du schon recht...Es gibt halt wie gesagt Kleiderordnungen..Bspw die Loies Soptuaires von 1279 aus Frankreich...aber damit schrenkst du eigt fast mehr das Obere Bürgertum ein als jetzt den Mittelstand.
 
Erst mal vielen Dank für eure Hinweise. Es hat recht lange gedauert, aber dieses Jahr wird es hoffentlich etwas. Es werden jetzt hellgrüne Hosen aus leinwandbindiger Wolle, eine orangene Cotte aus Wolle (Köper) und ein blauer Surcot aus Wolle mit besticktem Halsauschnitt, innen mit weißer Seide gefüttert. Die Stoffe sind handgefärbt (Reseda, Krapp, Indigo). Dr. Melanie Burgemeister schneidert das Ganze. Dazu habe ich einen schwarzen Ledergürtel mit silbernen Beschlägen von Christian Dietz (Dragal) und schwarze Schlupfschuhe von Stefan Schneidewind-Burgemeister (Maßwerk Historische Schuhe).

Das Thema Kopfbedeckung habe ich noch nicht weiter bearbeitet. Yannick schreibt ja:
Und Bundhaube trägt man nicht einfachso unterm Hut ;) Eine Bundhaube ist ein Hygieneartikel zum Haare vor Schmutz beim arbeiten zu schützen.

Aber es gibt doch durchaus Quellen dafür, dass beides zusammen getragen wurde, zum Beispiel das Fresko zum Galgenwunder des Hl. Jakobus maior aus den 1290er Jahren in der Pfarrkirche Hl. Johannes der Täufer in St. Johann im Sierningtal in Niederösterreich:
Bild auf REALonline

Und Ekkehard II von Meißen trägt als Naumburger Stifterfigur eine Bundhaube, ohne zu arbeiten.
 
@Saringsson . Es gibt indertat Statuen wo man das sieht. Allerdings ist dies eine Recht kleine Minderheit und wir haben noch nicht so ganz ausgefuchst wieso.
Du wärst auf jedenfall auf der sicheren Seite wenn du unterm Hut die Bundhaube weglassen würdest.
 

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