Gewandung nähen

This site may earn a commission from merchant affiliate links, including eBay, Amazon, and others.

Andrea

New member
Registriert
05. Dez. 2022
Beiträge
4
Reaktionspunkte
0
Guten Tag
Ich habe jetzt ziemlich viel über die Kleidung im Mittelalter nachgelesen und wage mich nun an ein erstes eigenes Projekt.
Folgende Fragen konnte ich für mich nicht zufriedenstellend klären:
1. Ist das leinene Unterkleid kürzer als das Überkleid aus Wolle? Und wenn ja, wie viel?
2. Werden im Unterkleid ebesoviele Gehren eingesetzt wie im Überkleid?
3. Gab es ausser den wollenen Übekleidern auch leinene für wirklich heisse Tage?
4. Sind wirklich alle in bodenlangen Kleidern gewandet gewesen? Das erscheint mir so unpraktisch...
5. Würdet Ihr die Ärmel des Unterkleides auch schmaler gestalten, als beim Überkleid?
Vielen Dank für Eure Hilfe.
Liebe Grüsse Andrea
 
Hi!
Soweit ich weiß gibt es keine Leinenkleider.
Wolle wäre im Sommer dünner vom Stoffgewicht her.
Wolle ist zu jeder Jahreszeit tragbar und klimatisiert gut.
Länge Unterkleid (Unterwäsche) so, dass man sie nicht sieht.

Gruss
Chris
 
Moin

Wieso sollte es keine Leinenkleider gegeben haben?
Leinen wurde im allgemeinen von denen getragen, die es sich leisten konnten.
Gutes Leinen war ein begehrtes Handelsgut.
 
Kommt auf die Darstellung und die Zeit an. Einfache Bauernkleidung war im Hochmittelalter sicherlich eher aus Wolle, schon wil es einfacher und billiger herzustellen war. Gerade dür das 12. Jahrhundert gibt es genügend Belege von Disputen zwischen Zisterziensern (die zu den einfachen Vorschriften zurückgekehrt sind und Wolle trugen) und den Bebediktinern (die ihren jungen Novizen auch Leinen gestatteten). Es gab also definitiv Leinen, dieses war aber weit aus teurer herzustellen, trug sich sicherlich auch angenehmer und wurde von "gut betuchten" leuten sicherlich eher als Unterkleid getragen, als Wolle. Schon aus hygienischen Gründen gab es zum Beispiel eine Anfrage der Nonne Heloise an ihren Abt Abelard, ob sie es ihren Nonnen an "gewissen Tagen" gestatten dürfte, Leinenunterkleider zu tragen. Man bekommt Blutflecken halt nicht so gut aus Wolle raus, Leinen kann man kochen.

Also: ja, es gab Leinenunterkleider, aber nur für Stände, die es sich auch leisten konnten.

Und das Unterkleid - egal aus welchem Stoff - ist immer mindestens knöchellang. Je nach Darstellung variiert eher das Überkleid in der Länge. Im 11. jahrhundert konnte das schon mal kürzer sein als das Unterkleid, im 13 Jahrhundert auch überlang.
 
Um auf die anderen Fragen meinen Senf auch noch zu packen:

2. Werden im Unterkleid ebesoviele Gehren eingesetzt wie im Überkleid?
Ja, in der Regel. Man braucht ja Beinfreiheit. Wenigstens je 1 an den Seiten, im Überkleid können es auch durchaus mehr sein.

3. Gab es ausser den wollenen Übekleidern auch leinene für wirklich heisse Tage?
Da scheiden sich immer wieder die Geister. Ich könnte es mir durchaus vorstellen, meinem Wissen nach gibt es aber nur wollene Funde. Meine Erfahrung ist jedoch auch an heißen Tagen, dass man mit dünner Wolle sehr gut aklimatisieren kann. ich bin 2018 in Spanien im Hochsommer auf dem Jakobsweg unterwegs gewesen. Leinenkleid drunter, dünnes Wollkleid drüber. Während die anderen Pilger in ihren Funktionsklamotten mörderisch geschwitzt haben, hat mein gut durchgeschwitzres Leinenkleid perfekt als aircondition funktioniert. Die langen Ärmel halfen gegen Sonnenbrand. Kopftuch und Strohhut und man ist auch im Sommer perfekt angezogen.

4. Sind wirklich alle in bodenlangen Kleidern gewandet gewesen? Das erscheint mir so unpraktisch...
Du wirst noch über einige anderen Sachen stolpern, die aus heutiger Sicht nicht unbedingt praktisch waren.... Fakt ist, wenn es so war, gibt es keine Darstellungen davon. Da es sich dabei dann sicherlich in der Regel um arbeitende Landbevölkerung gehandelt haben dürfte - wer hätte die malen sollen? Und die wenigen Psalter mit Kalenderbildern stellen auch eher ein idealisiertes Bild der Menschen dar. Aber - wieder aus eigener Erfahrung - man kann auch mit bodenlanger Kleidung Holz hacken, essen kochen und viele andere schöne Dinge erledigen.

5. Würdet Ihr die Ärmel des Unterkleides auch schmaler gestalten, als beim Überkleid?
Mit Sicherheit. Aber nicht zu eng bei einer einfachen Darstellung, man bekommt sie beim Arveiten sonst nicht hochgekrempelt. Bei Adelsdarstellungen ist es sogar möglich, sich in die Ärmel täglich einnähen zu lassen. Überlange aber sehr enge Ärmel geben nämlich die schönen Bilder wieder, die man oft an gotischen Kathedralen findet.
 
Zu den Ärmeln:
Bei mir sind die Ärmel des Oberkleides tatsächlich teilweise sogar enger als die des Unterkleides. Meine Unterkleider haben alle einfach Schlupfärmel, das muss ich also in den geschlossenen Ärmel reinkommen, während meine Oberkleide zum Teil geknöpfte Ärmel haben.

Zum Material:
Meine Ober- und Überkleider sind aus Wolle oder Seide (letzteres kommt halt für einfachere Darstellungen nicht in Frage). Ich war letztes Jahr beim Rosenfest in Krumau, mit Unter-, Ober- und gefüttertem Überkleid aber doch trotz der Hitze ganz gut auszuhalten. Bei Wolle denken viele immer an dicke Mantelstoffe und Ähnliches. Gibt es aber durchaus auch in sehr dünn und fein.
 
Wow, danke, jetzt bin ich ein bisschen schlauer... Ich habe jetzt mal einen ersten Schnitt gebastelt - aus einem alten Bettbezug... Der fällt nicht so schön, aber die Grösse sollte passen.
Bleibt die nächste Frage, sorry:
Der Ausschnitt: für das Unterkleid habe ich bisher nur einen U-Boot-Ausschnitt gemacht. Damit bliebe das aber sichtbar, wenn man beim Überkleid einen etwas elaborierteren Ausschnitt bastelt. Ist das OK?
Wollstoff ist ok in dem Fall. Kann es sein, dass so die leichtesten Loden bei etwa 350g/lm liegen? Oder gibt es noch leichtere Stoffe?
Vielen lieben Dank für Eure tollen Tips!
 
Ich habe Kleider aus Wollstofen, die bei 180 - 200 gr/ lm liegen. immer aufpassen bei den Angaben: Manche geben in g/lm an, manche in g/m². Da kann je nach Stoffbreite schon mal ein erheblicher Unterschied sein.
Stoffe, die 1,50 breit liegen und ein g/m²- Gewicht von 200 haben, sind bei g/lfm locker bei 300.
 
Danke für den Hinweis - das habe ich tatsächlich hier im Forum schon irgendwo gelesen und extra aufgepasst. Aber wo bekommt man so extraleichten Stoff her? Das Leichteste, was ich gefunden habe waren tatsächlich 330g/lm. Hat ja noch Zeit. Erst einmal wird das Unterkleid genäht...
 
Ich gebe zu, ich hatte vor Jahren Restbestände bei ebay gekauft. Den Shop gibt es leider nicht mehr. Da hatte ich mir 20 m ungefärbten Wollstogg geholt, den ich dann gefärbt und verarbeitet habe.

Ansosnten hier: Wollgewebe | Meterware kaufen | Feine bis schwere Gewebe aus Wolle

Auf Facebook bietet auch ab und zu der eine oder andere Händler immer mal wieder was an.
 

Neueste Beiträge

Oben