Mittelalter - Hochzeit - Kleid - Autenzität?

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Lockenkopf

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08. Mai 2013
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Hallo, Ich möchte erstmal ein Lob loswerden, an alle Mitglieder. Ich müsste eigentlich nicht mehr viel fragen, denn wenn man lange und augiebig sucht, findet man zu jeder Frage mindestens eine Antwort. Im Prinzip hab ich schon 2 Std. damit verbracht das Forum durchzulesen und habe auch viele nützliche Antworten gefunden, jedoch würde ich ohne Beitrag auch nie Kontakte knüpfen und das ist ja eigentlich das, was ich hier will... austauschen. :) Daher nun doch ein kleiner Beitrag meinerseits zum Thema: Hochzeit 1. Die Trauung Heiraten im Mittelalter war sicherlich zu jedem Zeitabschnitt (bis auf FrüMi vielleicht) immer kirchlich. Nun bin ich ohne Konfession, möchte trotzdem mittelalterlich heiraten. Ich habe auch schon einige konkrete Vorstellungen, tendiere immer wieder zu einer keltischen Zeremonie. Eigentlich war jedoch Hochmittelalter um 1200 bis sogar 1270 geplant. Man wird jetzt denken: "ist doch eure sache, euch muss es gefallen" oder "entscheide dich" usw... OK.. nehm ich zur Kenntnis, ich hab ja noch ein bisschen Zeit. :) Kennt jemand vielleicht Aufzeichnungen, ob es auch andere Zeremonien gab, außer in der Kirche? Mein Anliegen ist aber auch noch ein anderes: Ich bezeichne mich als Neuling obwohl ich bereits auf so einigen Märkten unterwegs war und auch meine Kleidung immer selbst nähe und auch vieles sicher schon weiß. - Trotzdem... Ich recherchiere schon soooo lange und komme irgendwie nicht weiter. Viele Angaben widersprechen sich, das macht mich dann wieder unsicher... Ich versuche langsam, und Stück für Stück, einer authentischen Darstellung näher zu kommen, aber da ich mich nicht auf eine Zeit und einen Ort festlegen kann, und einfach alles probieren will, bin ich meiner Ansicht nach noch ganz am Anfang. 2. Das Kleid: Zurück zur Hochzeit (Hochmittelalter): Ich bin ein praktisch veranlagter Mensch und wenn ich mir schon mein Kleid selbst per Hand nähe, dann möchte ich dies auch später öfter anziehen. Es soll aber auch etwas besonderes sein (wenn es nach den Schwiegereltern geht, sowieso Weiß :( ...) und daher dachte ich an eine Darstellung von http://www.historical-costumes.eu/de/Mittelalter.html . - Das Bild mit den "Teufelsfenstern". Ich würde das auch gern exakt so nachnähen... So könnte ich nämlich das Unterkleid und die Cotte aus "billigeren" Stoffen machen, die dann vielleicht für eine weitere Darstellung als Handwerkerin verwendet werden können. Darüber dieser weite Surcot mit Fell und ? "teurem" Stoff. - Der dann NUR für die Hochzeit ist - und später vielleicht für eine adelige Darstellung. - Welcher Stoff? Ich bin noch total ratlos... da ich mich in Stoffkunde auch nicht so auskenne. - Bin aber am Suchen im Forum Aber ist das nun passend für die Zeit? 1200 bis 1300? Meinen ersten Recherchen zufolge - JA, aber ich les soviel Widersprüchliches weil auch genau da die Kleiderordnungen dann schon kommen... Vielleicht habt ihr einen Rat? Liebe Grüße aus Wien
 
Bis 1225 war "der Segen der Kirche" keinesfalls verbindlich bei einer Ehescließung! Vielmehr war diese ein Vertrag zwischen den Familienoberhäuptern bzw. dem Bräutigam und dem Vormund der Braut (Muntehe), bei dessen Abschluss die beiden Beteiligten nicht mal zugegen sein mussten! Die "Friedelehe" hingegen war eine eher lose und keineswegs lebenslang geplante Verbindung der Eheleute, die auf dem gegenseitigen Versprechen beruhte, füreinander sorgen und da sein zu wollen. Sie wurde unter Zeugen (Meist Dorfschulze, Magistragt, Stadtrat etc.) eingegangen und es gab viele Bräuche dazu, die sich heute noch in unseren Hochzeitsbräuchen widerspiegeln. Ihr seid da relativ frei. Sich den Segen der Kirche einzuholen, stand den Brautleuten frei. Erst 1225 (Viertes Laterankonzil) beschloss die Kirche, dass nur noch vor dem Priester geschlossene Ehen (mit Unauflöslichkeit, Treueversprechen etc.) Gültigkeit haben sollten. Zu der Kleidung fragst du besser andere ;)
 
Wichtig ist v.a. , daß im Mittelalter der Begriff "Hochzeit" als Ehebund gar nicht existierte, sondern der Begriff bezog sich auf hohe kirchliche Feiertage ! Vergleichbar also mit dem noch heutigen Begriff "Hochamt". Da aber viele Ehen an derartigen Feiertagen geschlossen wurden, kam es zu einer umgangssprachlichen "Verbindung" beider Begriffe. ;) Für das MA galten eher die Begriffe: Trauung,Heimführung, Vollzug der Ehe, und die Morgengabe. Der kirchliche Segen durch einen Priester ist seit dem 4. Jghd. üblich. Und erst mit dem Konzil von Tient ( 1545 - 1563 ) wurde festgelegt, daß sich beide Ehepartner selbst das Sakrament der Ehe spenden, sofern eine Trauung durch einen Priester vor zeugen und eine öffentliche Ankündigung gegeben hatte. Die Trauung mußte dann auch in ein Trauregister eingetragen werden.( Sessio XXIV )
 
Ich habe auf der verlinkten Seite nichts gesehen von Höllenfenstern. Aber der Text über die Mode ab 1200 ist, um es freundlich auszudrücken, eher spannend.... Zuersteinmal kann ich dir nur raten dich zwischen dem frühen 13.Jhd und dem späten zu entscheiden. Hier gibt es (grade in der Frauemmode) einen starken Umbruch. Zum anderen solltest du dich regional eingrenzen. Modische Strömungen haben im Mittelalter etwas länger gebraucht um von A nach B zu kommen. Daher kann ein bestimmter Baustil an der einen Ecke Europas noch up to date sein während er an anderer Stelle schon veraltet ist. Gleiches gilt für Kleidung. Zur Farbe bzw einfache Darstellung gegenüber gehobener Darstellung: Ich wüsste grad keinen einzigen Beleg für ein rein weißes Kleid (was jetzt nix heißen muss, ich habe da auch nie explizit nach gesucht). Grade wenn es etwas gehobener werden soll ist Farbe ein wichtiger Aspekt. Zum einen hat sie im Mittelalter einen hohen Symbolcharakter, zum anderen ist Farbe (zB durch teure Doppel / Mehrfachfärbungen) eine sehr gute Möglichkeit um Reichtum zur Schau zu stellen. Ich würde dir daher raten von einem weißen Kleid ohne eingehendere Recherche Abstand zu nehmen. Ob du jetzt ein relativ einfaches Kleid oder ein sehr protziges machst ist erstmal egal, aber es sollte alles zueinander passen. Ein super aufwändiges, teuer gefärbtes und reich verziertes Kleid bedeutet im Gegenzug auch das Schmuck, Schuhe etc. (und nicht zu vergessen dein Ehemann und seine Klamotten :p ) dazu passen müssen. Da ist es wie heute, die Gummistiefel von Bauer Ewald sehen zum Designerkleid einfach sch.... aus.
 
Ich würde dir daher raten von einem weißen Kleid ohne eingehendere Recherche Abstand zu nehmen.
@ Paranoia: Ich will eh kein weißes Kleid, das wäre wie gesagt der Wunsch der Schwiegemama. Ich würde evtl. das Unterkleid einfach ein bisschen mehr so nähen, dass es auch als selbstständiges Kleid getragen werden kann. Denn wir "müssen" sowieso 2x eine Feier machen. 1x Österreich, 1x Serbien - Aber da ich nicht die Zeit und das Geld hab, 2 Kleider zu nähen, würde ich eben das Unterkleid Cremefarben machen... was ja durchaus für ein Unterkleid Ok ist. Aber eben halt geschnürt oder so - für die "normale" Feier... - Bin für Ideen offen. Es soll halt immer noch als Unterkleid ebenfalls tragbar sein - für die "mittelalterliche" Feier. Was die Zeit angeht: Schade das du das Bild nicht siehst... hier ein Link nur zum Bild...- wenn es klappt http://www.historical-costumes.eu/01_Text_Mittelalter/03_Teufelsfenster_gross.jpg So wie ich das verstanden habe trug man das ab 1200 bzw. in anderen Quellen steht eben erst ab 1250. Wenn du jetzt sagst, dass das eher 1250 ist, oder was auch immer, dann werd ich mir den Rest (Ort, Männerkleidung...) raussuchen und dann werd ich halt mit meinem Partner absprechen, ob ihm das auch zusagt. Und wenn nicht, dann geht es wieder von vorne los. Alternativ würde mir eben noch die Kelten oder die Wikinger zusagen. Das gefällt ihm nämlich sowieso besser, aber wir wollten einen Kompromiss finden, der für beide neu ist. @ morgan: Habe jetzt über die Begriffe "Munthehe", "Friedelehe" einiges gelesen und ich bin froh, nicht tatsächlich zu dieser Zeit verheiratet worden zu sein. - gilt aber nicht nur fürs heiraten... Ich glaube, mein Partner und ich - da wir ja zum Glück die Wahl haben - werden uns die für uns passenden Rituale "zusammenschustern". - ich möchte meine Eltern in der Hochzeitsnacht nämlich nicht dabei haben :S Prinzipiell ist die heutige Verheiratung ebenfalls nichts anderes als ein Geschäft, nur ohne tatsächlichen "Verkauf" im eigentlichen Sinn, aber einem ziemlich trockenen Vertrag. - ähnlich der Muntehe Aber die Ehe wird heutzutage etwas weniger Streng gehandelt und beide Paare haben Rechte und Pflichten - ähnlich der Friedelehe
 
So wie ich das verstanden habe trug man das ab 1200 bzw. in anderen Quellen steht eben erst ab 1250.
Zusatz: Jetzt habe ich etwas gefunden, wo überhaupt solche Höllenfenster erst ab 1350 so weit waren, dass nur noch ein schmaler Stoff-Steg zwischen der Brust am Oberkörper war, der bis zur Hüfte ging. - Also eben genauso, wie ich es gerne hätte, aber das wäre ja dann schon wieder 14. Jhdt. - zumindest gilt das jetzt für den Raum Wien, wie ich gelesen hab. Villeicht war es in Frankreich schon früher... die sind ja bis heute in der Modewelt viel voraus... ;) weiß da wer mehr dazu?
 
Das ist zwar nicht meine Zeit, aber: "Einfaches" Kleid unter einem Surcot (ob nun mit oder ohne Höllenfenster) ist ungefähr so, als würdest Du zu so einem Chanel-Kostümchen, wie es als letztes in dieser Bilderserie gezeigt wird: http://www.faz.net/aktuell/feuillet...ktion-eleganz-ist-trumpf-15249-b1.html#images [Quelle: faz-net.de] so ein T-Shirt tragen: http://m3.paperblog.com/i/28/285256/t-shirt-parade-2012-t-shirt-nr-4-L-F6iZys.jpeg [Quelle: www.m3.paperblog.com]. Kann man machen, ist aber nicht wirklich geschmackssicher (vor allem, wenn dann auch noch die schon erwähnten Gummistiefel dazu kommen). Nicole und Michael von Apud angeron führen sehr schön vor, wie die Mode verschiedener Schichten um 1250 (in Deutschland) ausgesehen hat und was eine Dame unter dem Surcot getragen hat (guckstu: http://www.apud-angeron.de). Wenn Du Dir in Deiner Gegend Anregungen holen willst, frag' mal bei Historia vivens (http://www.historiavivens1300.at/), die sind zeitlich etwas später und nicht ganz so nobel unterwegs. Und soweit ich weiß, kamen diese Höllenfenster ursprünglich aus der spanischen Mode. Dort gibt es Abbildungen und Funde derartiger Gewänder (bei Männern und Frauen) auch schon vor 1300. Dann heißt das Teil aber nicht Surcot, sondern Pellote.
 
"müssen" sowieso 2x eine Feier machen. 1x Österreich, 1x Serbien
Mal was ganz anderes. Wenn deinem Mann quasi Wikinger "besser" gefallen, du aber Hochmittelalter wüsncht und ihr das ganze sowieso nicht Richtung Christliche Trauung bringen wollt, schon mal daran gedacht, Kleidung als auch Trauung slawisch aufzuziehen? Es gibt bis 1270 mördergeilen Schmuck - gerade für die Frau. ;) Ansonsten kriegst du 'ne PN. Ich mach ungern Werbung direkt in einem Thema, aber ich habe tatsächlich eine Schneiderin entdeckt, bei der auch Authentisch drin ist wenn authentsich drauf steht. So long Alex
 
In Friedelehe und Muntehe zu unterscheiden wurde mir an der Uni als veralteter Forschungsstand angemahnt. Auf diesem Gebiet kenne ich mich nicht näher aus, aber es erscheint mir wie ein Konstrukt von auf germanische Volksrechte spezialisierter Rechtshistoriker, das in Quellen kaum nachzuweisen ist. Mir sind bei meinen Recherchen keine Hinweise auf besondere außerkirchliche Zeremonien abseits des rechtlichen Aspekts einer Abmachung zwischen zwei Familien bekannt. Außer, das Vertreter der beiden Familien danach gemeinsam gefeiert haben dürften. Der konstitutive Akt eines gemeinsamen Festessens kann allerdings durchaus als eine für mittelalterliche Verhältnisse sehr bedeutsame Zeremonie gesehen werden. Nur ist die für heutige Menschen in ihrer Besonderheit nicht mehr nachvollziehbar und deswegen für Dich, die für Ihre Hochzeit wahrscheinlich etwas für heutige Gäste Besonderes machen möchtest, eher wenig hilfreich. Genauso das neben einander Sitzen des Brautpaares am Tisch. (Zumindest) Im Hochmittelalter eine echt große Sache für alle Beteiligten. Heute aber... Du verstehst? Zum Kleid können berufenere Leute schreiben. Außer vielleicht: Unterkleid: Leinen. Cotte: feine Wolle. Sucot: Seide, Seidensamt, Seidendamast (Achtung: Teueueuer - wenn nicht, dann wohl keine Seide als Material, sondern Beschiß)
 
In Friedelehe und Muntehe zu unterscheiden wurde mir an der Uni als veralteter Forschungsstand angemahnt. Auf diesem Gebiet kenne ich mich nicht näher aus, aber es erscheint mir wie ein Konstrukt von auf germanische Volksrechte spezialisierter Rechtshistoriker, das in Quellen kaum nachzuweisen ist.
Danke für den Hinweis.
 
Also ich find ja 14. Jhdt Mode unheimlich schön (No Na ned, bin ja 14. Darstellerin). Für Eheschließungen rate ich eher zu kräftigen Farben und Prunk in dieser Zeit. Frau hat ihre Familie zu repräsentieren bei einer Hochzeit und da wird dick aufgetragen und das heißt im Mittelalter immer: teure Stoffe, teure Färbemittel, aufwändige Stickereien usw. Wieso legst du dich so fest auf das 13. Jahrhundert? Kann es nicht ein anderes Jahrhundert auch sein? Oder verbindest du was besonderes damit? Ich persönlich finde ja die Mode im 13. Jahrhundert für Frauen relativ unattraktiv, mehr so Kartoffelsackmäßig (nix für ungut, liebe 13.-Kolleginnen ;-) ). Aber wenn ihr euch eh noch nicht entschieden habt, welche Kultur/Zeit es werden sollte, schau dich mal nach anderen Moden um. Schmuck und Klimbim ist im europäischen Mittelalter eher lau, da ist eine Keltin, Wiki-Frau oder Slawin schon schöner darzustellen (noch dazu wo du ja quasi slawische Einflüsse auch hast bei deiner Hochzeit, da würd es sich ja anbieten?). Vielleicht legst du dich erst mal auf eine Zeit und Region fest und dann können wir schauen, ob wir eine Lösung für deine zweigeteilte Hochzeit finden (vielleicht ein zweites Überkleid für Serbien?).
 

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