Schneider - Kleidermacher - Modeschöpfer?

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InaN

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Ich habe mich im Forum umgesehen und keinen Beitrag gefunden, der meine Frage in dieser Form behandelt, deshalb lege ich jetzt mal los: Wenn man sich über die Entwicklung der Kleidung informiert, heißt es immer, ab einer bestimmten Zeit wurde die Kleidung lose oder figurbetont, der Ausschnitt senkte oder hob sich, die Ärmel wurden länger oder weiter, etc. Alles schön und gut, aber wer steckte dahinter? Ich denke hierbei vor allem an die Kleidung des Adels, die vom reichen Bürgertum kopiert wurde. Die Tracht der einfachen Leute wurde ja wahrscheinlich durch die Notwendigkeiten bestimmt, und ich nehme an, dass die Frauen von Bauern und Handwerken auch länger die Kleidung für sich und ihre Familien selbst anfertigten als etwa die adeligen Damen. Etwa seit dem 12. Jh. gibt es das gewerbliche Schneiderhandwerk, säuberlich getrennt in Flickschneider und Kleidermacher. Nur der Meister durfte Stoffe zuschneiden, dachte er sich auch die Neuerungen aus? Wenn man bedenkt, wie aufwändig und prächtig viele Roben waren, muss man doch davon ausgehen, dass jemand sich darüber den Kopf zerbrach. Führten die adeligen Herrschaften selbst die Neuerungen ein? Bei Ordericus Vitalis heißt es etwa Ende des 11. Jhs., der Graf Fulco von Anjou habe die Schnabelschuhe erfunden, um "die Schwielen an seinen Füßen besser verbergen zu können", was immerhin seltsam klingt. Und ein Höfling vom Hofe Wilhelms des Roten habe die ganze Sache noch verbessert, in dem er die Spitzen auspolsterte. Galt das Gleiche für Kleidung? Oder waren es doch die "Profis", die Schneider und Kleidermacher, die ihren reichen Kunden, diese oder jene Neuerung vorschlugen? Und wenn es so war, verdienten sie dann viel mehr als eben der sprichwörtlich "arme Schneider"? Gab es wohl in Burgund oder in den italienischen Stadtstaaten Kleidermacher, die ähnlich begehrt und entsprechend teuer waren wie unsere heutigen Couturiers? Auf der Webseite von "Vruntlike tohopesate" wird ein Pariser couturier erwähnt, Colin du Lotmoye, der Mitte des 15.Jh. ein ansehnliches Einkommen bezog. Leider habe ich keine weiteren Einträge zu diesem Namen gefunden und auf besagter Webside finde ich auch keine Quellenangabe. Meine Frage ist: Kennt jemand von euch Quellen, in denen darauf eingegangen wird oder Sekundarliteratur, die etwas zu dem Prozeß der "Modeschöpfung" sagt? Oder habt ihr euch schon mal Gedanken über diese Fragen gemacht? Für Anregungen wäre ich sehr dankbar
 
Jan Keupp "Die Wahl des Gewandes" ist zu diesem Thema sehr zu empfehlen, allerdings sollte man da über lateinische Grundkenntnisse verfügen :D , ansonsten seine Kurzfassung "Mode im Mittelalter" Anne-Kathrin Reich "Kleidung als Spiegelbild sozialer Differenzierung" beschreibt zu dem Thema auch einiges.
 
Also ich kann dir da was vom Kunsthandwerk erzählen aus meinem kurzen Kunstgeschichtestudium. Maler, Bildhauer etc etc hatten im Mittelalter sehr geringe Spielräume für "Neues" oder ihren persönlichen Ausdruck. Man nahm Kunst nicht so wie heute wahr, wo der empörenste oder der innovativste oder der einzigartigste den Ruhm der Gesellschaft abkassiert. Individualität war damals nichts wirklcih erstrebenswertes für den Kunsthandwerker. Die meisten Künstler konnten nicht frei arbeiten, sondern hatten sich nach den Vorstellungen ihrer Auftraggeber zu richten, die das tägliche Brot des Künstlers finanziert haben. Und so war der Künstler auch mehr ein Handwerker. Und ähnlich wird es bei Schneidern gewesen sein. Ich glaube kaum, dass da ein Karl Lagerfeld des Mittelalters bekannt war, die Ideen kamen wohl eher von den Auftraggebern und wurden nur nach Wunsch umgesetzt. Obwohl es sicher auch wie bei heutigen Auftragsschneidern eine Art Zusammenarbeit zwischen Auftraggeber und Schneider gab. Der Fokus lag sicher mehr auf dem handwerklichen Geschick des Schneiders, nach welchem er eingeschätzt und bezahlt wurde. Und sicher auch bei den exklusiven Händlerkontakten, die die hippsten neuen Stoff-Kreationen aus Frankreich, Venedig oder dem Orient herbei gebracht haben.
 

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