Wundballistik

This site may earn a commission from merchant affiliate links, including eBay, Amazon, and others.
C

Chris

Guest
Mein Mann zeigte mir heute einen Link, den ich mit Euch teilen möchte. Dissertation zum Thema "Wundballistik bei Pfeilverletzungen " von Hubert Sudhues. Unten im Link findet Ihr eine PDF zum Download. Die Dissertation liest sich gut und ich finde sie sehr aufschlussreich.
 
Von dem Ding auf Seite 61 als einer "handgefertigten Kopie eines mittelalterlichen Langbogens" zu sprechen, finde ich für eine Universitäts-Dissertation schon recht unprofessionell. Der verwendete Langbogen hat 'ne Griffwicklung, einen steifen Griffbereich und gerade mal die Hälfte des Zuggewichts dessen, was ein echter englischer Kriegsbogen minimal gehabt hätte. Es ist ein englischer Langbogen, aber die viktorianische Sport-Variante aus der Neuzeit, keine mittelalterliche Replik. Da wurde also auf informativer Ebene etwas gepfuscht, und die Ergebnisse wären mit einem echten Kriegsbogen und richtig schweren Kriegspfeilen noch viel vernichtender ausgefallen. Edit: Ich werde mir jetzt mal die Zeit nehmen, es ganz zu lesen, habs vorhin nur überflogen.
 
Danke ür die Info. Werde es mir noch in aller Ruhe durchlesen und finde es jetzt schon nach kurzen überfiegen Interresant.
 
Kleiner Nachtrag: Bis auf meine oben genannten Kritikpunkte finde ich die Dissertation übrigens sehr gut, habe sie aber noch nicht ganz durch.
 
Deine Kritik kann ich durchaus nachvollziehen, wir haben hier zu Hause auch darüber diskutiert. Vll wurde das aus Gründen der Vergleichbarkeit zum Sportbogen gemacht? Eine ergänzende Untersuchung mit der den Funden entsprechenden Bogenstärke wäre trotzdem interessant gewesen.
 
Ach, dazu braucht man nicht zwangsläufig ne Extra-Untersuchung. Vll. kauf ich mir einfach mal ein totes Schwein (evtl. ein mit Dioxin vergiftetes, das braucht dann eh keiner mehr) und missbrauche es für meinen Warbow... ...kleiner Scherz. Edit: Ich denke auch, dass sie keine wirklich enorm starken Bögen verwendet haben, weil niemand im Umfeld sowas benutzen konnte, wäre zumindest einleuchtend.
 
@ Agroman, steht in dem Bericht denn etwas von einem schweren Kriegsbogen oder von einem Mittelalterlichen Langbogen? Denn nicht alle Mittelalterlichen Langbögen, waren Kriegsbögen. Auch damals hatte es Sportbögen, Jagdbögen etc. und nicht nur den Kriegsbogen gegeben. Leider meinen viele dass wenn man vom Mittelalterlichen Langbogen spricht dass der Kriegsbogen gemeint ist, und vergessen dass es auch noch andere Bögen gab. LG Dani
 
Leider meinen viele dass wenn man vom Mittelalterlichen Langbogen spricht dass der Kriegsbogen gemeint ist, und vergessen dass es auch noch andere Bögen gab.
Dann wird es dich freuen, zu hören, dass ich nicht zu der Sorte Mensch gehöre, die so denkt. Ich kenne mich da schon auch etwas aus, sonst würde ich ja nichts Derartiges schreiben. Jedenfalls war der Bogen in den Tests ein neuzeitlicher englischer Sportlangbogen mit Griffwicklung und steifem Mittelstück, keine mittelalterliche Waffe also, das hatte ich ja bereits gesagt,
 
In der Tat eine, gerade für die forensische Medizin, sehr interessante Dissertation, die, so finde ich, durchaus Beachtung verdient. :thumbsup: Ob nun die vorgestellten Bögen absolut "A" sind oder nicht, Spielt m.E. eigentlich überhaupt keine Geige. Das Resultat ist letztendlich das was zählt. Fazit: Aus forensisch - medizinischer Sicht absolut lesenswert und bezüglich historischer Aussagekraft möge sich ein jeder selbst seine Gedanken machen. ;)
 
@ Agroman, steht in dem Bericht denn etwas von einem schweren Kriegsbogen oder von einem Mittelalterlichen Langbogen?
Ähm, das steht: Zitat aus: ( http://miami.uni-muenster.de/servlets/DerivateServlet/Derivate-2146/diss/Dissertation%20Wundballistik%20bei%20Pfeilverletzungen.pdf) "Kopie eines mittelalterlichen Langbogens. Die Replik wurde .... aus 3-schichtigem Eibenlaminat mit Hickorybacking gebaut." Quelle: http://miami.uni-muenster.de/servlets/DerivateServlet/Derivate-2146/diss/Dissertation%20Wundballistik%20bei%20Pfeilverletzungen.pdf Der Fund des Originals und deren Datierung würde mich mal interessieren. Insbesondere die Verleimung uvm. Finde die Dissertation gut gemacht.
 
naja, der Wundort dieses englischen Langbogens, also der erste, nach dem der besprochene Bogen gebaut wurde, dürfte Wertheim sein, Werkstatt Ballweg. Gebaut ~1985 oder so, Typ moderner victorianischer Langbogen, alter Olympiabogen... Pfeile hätten die auch ruhig verwenden dürfen, 32g für eine Penetrationsuntersuchung ist ein bisschen dürftig. Ansonsten, recht gut geschrieben
 
Also wie schon gesagt: es ist schnurzpiepsegal wer, wo, wann und warum welchen "Flitzebogen" gebastelt hat und es tut hier auch überhaupt nichts zur Sache. Die Dissertation lautet ja schließlich auch nicht " kleine Flitzebogenkunde". Und eigentlich ist auch das Gewicht der Pfeile zunächst einmal relativ. Das Resultat ist was zählt. Und in der forensischen Medizin zählt vor allem die Wundform. Hier zu ist der am Anfang genannte Befund der Visby-Schädel wirklich interessant ! :whistling: Schön, wenn es zu einer Penetration kommt. :thumbsup:Das beweist letztendlich die hohe Schußenergie und evtl.auch die Reichweite, bzw spricht für die Form des Projektils . Aber die Form der Wunde und die entsprechende Gewebzerstörung ist das Interessante bei einer forensischen Analyse. Daraus, und aus dem Verlauf des Schußkanals werden nunmal die gerichtsrelevanten Befunde erhoben.
 
Nur das ein schwerer Pfeil mit einem kräftigen Bogen deutlich tiefer eindringt als ein Streichholz von einem Scheibenbogen. Auch die Flugbahn ist eine ganz andere
 
Das ist alles richtig erkannt mit den nicht verwendeten schweren Bögen und Pfeilen, aber wie Aixlibris richtiger Weise schreibt richtig, ist es überhaupt nicht entscheidend. Die Formulierung irgendwelcher offensichtlichen Trivialerkenntnisse (wie zum Beispiel in Beitrag 13) hilft diesbezüglich nicht weiter und verbessert nicht den Kentnissstand. Jede Diss lässt Dinge offen - hier ist es der Ansatz, mit schwereren Pfeilen und schwereren Bögen vergleichende Ergebnisse zu produzieren. Die Arbeit ist sauber durchgeführt und gut dokumentiert. Die verwendeten Materialien und angelegten Parameter sind bekannt. Das kann man mit neuen Material "nachfahren" und dann die Ergebnisse vergleichen, super! MacBumm hat mit seiner Diss neben den vorgelegten relevanten Ergebnissen die Grundlage für weiterführende Arbeiten mit schweren Pfeilen/Bögen geliefert. Das ist der entscheidene Punkt. Um alles weitere kann er sich leider nicht mehr kümmern, obwohl er der Sache bestimmt nicht abgeneigt wäre. Leider ist er 2005 an einer Lungnenentzündung gestorben. We mehr wissen will: FC-Wiki, Uni-Münster Kurzvita Bei dem Dialog über das Thema wäre es sicher besser, nach vorne gerichtet zu denken. Der Arbeitsansatz ist klar. Aber wer macht es? Gruß Heiner P.S.: An dieser Stelle post mortem mein Respekt an MacBumm! Ruhe in Frieden...
 
Oka, DAS war mir garnicht aufgefallen, Heiner. Es ändert aber nichts an der Tatsache, das 2004 die schweren Bögen noch garnicht sooo verfügbar waren, die entsprechenden Pfeile ebenfalls. Und die "Forschung" im Hobbybereich doch weiter fortgeschritten ist, seit 2004. Und zwar rasant. Und die "Trivialerkenntnisse" bezüglich Eindringtiefe etc. noch immer nicht wissenschaftlich in Form einer Arbeit verifiziert sind. In der Arbeit jedenfalls wird sehr gut gezeigt, das die Erkenntnisse aus der Ballistik für "Kugelgeschosse" nicht einfach übertragbar sind. Es machen ja die allermeisten traditionellen Bogenschützen gerade um dieses Thema aus "waffenrechtlichen Gründen" einen großen Bogen. Selbst in Ländern mit erlaubter Bogenjagd wird das Thema aus verschiedensten Gründen totgeschwiegen.
 
P.S.: An dieser Stelle post mortem mein Respekt an MacBumm! Ruhe in Frieden...
Dem möchte ich auch anschließen, denn ich kenne den Namen MacBumm aus der Pipe-Music Szene ! Ich hätte ihm gerne noch viele Jahre im Hobby und im Beruf gewünscht... :( Aber nun zum Thema: Ich kann Heiner zu seinem Statement nur beipflichten! Und es ist nun mal so: die Diss behandelt die Wund-Ballistik ! Damit gehört es zum Fachbereich der sog. Zielballistik, auch End- oder Terminalballistik genannt ! Natürlich ist für die Fortbewegung eines Projektiles etc. auch die Innen- und Außenballistik wichtig, aber das war nicht direkt Thema der Diss. Alles ist durch bereits lange bekannte physikalische Gesetzmäßigkeiten perfekt geregelt und muß daher auch nicht mehr neu erfunden werden. ;) Und wie Heiner schon geschrieben hat, kann man auf diese Diss durch entsprechende Versuchsmodifikationen aufbauen, in dem man Schußweite, Kraft und Gewicht der Projektile verändert. Aber damit würde sich für eine Pfeilverletzung im Sinne der Wundballistik nur relativ wenig ändern, ausser vllt. die Penetrationstiefe. Wenn wir aber den Schwerpunkt auf die Wunde und die entsprechende Gewebszerstörung selbst richten, so ist hier eher interessant, mit welcher Spitze geschossen wurde. In den Bildern tauchen z.B. einige Tangetialverletzungen durch Schnitt- :!: Einwirkung auf. Und genau das ist es, was diese Arbeit so lesenswert macht. Die Frage: Kann man archäologische Befunde mit den modernen Erkenntnissen in Einklang bringen, kann man zumindest mit einem vorsichtigen "Ja" beantworten. Gerade bei den Beschußversuchen mit Steinzeit-Spitzen ! :thumbup: Und gerade eben weil sich die Pfeilverletzungen sehr deutlich von den Treibladungs-Projektil-Verletzungen unterscheiden ! Die letzteren erzeugen nämlich beim Gewebedurchtritt zusätzlich zum Schußkanal noch eine mehr oder weniger ausgeprägte sekundäre Wundhöhle oder Cavitation u.a. durch die Druckwelle, aber auch durch die Entstehung von Sekundärgeschossen aus Gewebeanteilen ! Am einfachsten kann man dieses Phänomen an der Ausschuß-Wunde erkennen, die deutlich größer ist als der Einschuß, welcher meist Kalibergröße hat. Auch bei Schußwaffen ist das Kaliber , aber auch die Projektilform für die Wundballistik entscheidend. Es ist schon ein Unterschied zwischen Kaliber 5,56 × 45 mm NATO und z.B. 7,62 mm × 51 NATO oder 12,7 × 99 mm NATO. Das Endresultat für einen voll Getroffenen ist aber nun für alle Kaliber gleich...er ist nun ein "Gewesener" wie Hubert von Goisern mal so schön ausgedrückt hat... :D Aber, wenn nicht gerade "verbotene oder geächtete" Munition verwendet wurde, dann ist , aus forensischer Sicht, die Regel des Verhältnisses von Einschußöffnung zu Ausschußöffnung immer gut anwendbar. Daher ist insgesamt müßig über Bögen und deren Authentizität oder Baualter zu debattieren, wenn es letztlich um ein ganz anderes Thema geht. Die Wundform wird sich jedenfalls nicht großartig durch eine veränderte Penetrationstiefe ändern, sondern es steigt nur die Wahrscheinlichkeit an, daß zusätzlich noch lebenswichtige Organe ( tödlich) verletzt werden. Nur, um noch mal auf die Archäologie zurückzukommen: eine Weichteil- oder gar Organverletzungen nachzuweisen ist eher eine archäologische Rarität. Aber genau hier ist ja nun wieder die Wundballistik und damit das Ergebnis der Diss interessant: Erkenntnisse also aus Beschußversuchen mit unterschiedlichen :!: Pfeilspitzentypen !
 
Interessant ist jedenfalls, daß die Arbeit von Suedhues wohl bislang die einzige ihrer Art bzgl. Pfeil-Wundballistik ist. Gefunden habe ich jedenfalls bislang nichts vergleichbares.
 
Ich habe diese Arbeit vor... 3 Jarhenschonmal gelesen gehabt, sehr interessant und da sie eine von ganz wenigen in diesem Bereich ist umso lehsenswerter. insbesondere der abschnitt, warum ballistisches Gel nicht taugt ist meines erachtens sehr schön dargestellt.
 

Neueste Beiträge

Oben