Übersetzungsprobleme in den Templerregeln

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Mara

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Wir haben gerade ein kleines Winterprojekt. Wir vergleichen die lateinischen Regeln aus dem 12. Jh. mit den französischen, englischen und deutschen Übersetzungen und stoßen immer wieder an unsere Grenzen. Kann hier jemand Altlatein? Ein Beispiel: Es gibt eine Regel, die heißt "De malo et sacco", darin geht es darum, dass die Brüder ihre Sachen unverschlossen lassen müssen, da sie ja sowieso keinen Eigenbesitz haben. Also Verbot von Schlössern an allen Arten der Aufbewahrungsmöglichkeiten - um keine Begehrlichkeiten zu wecken. Wenn ich "malo" durch den Übersetzer schicke, kommt immer was von "schlecht" oder "männlich". Was ist die Nominativ-Singular-Form von "malo"? (Wir haben es sowohl mit "malus" als auch mit "mala" versucht.) Unter "mala" findet man zumindest die heutige Übersetzung "Kinnlade" wobei mir gerade heute morgen beim Anblick von Caranfens Tagewerk (unterschiedliche Laden) wieder mal in den Sinn kam, dass damals ja auch Kisten mit dem Wort "Lade" bezeichnet wurden. Ich denke da nur an die Bundeslade. Die Übersetzung, die wir bisher in allen anderen Büchern finden konnten (engl., franz., dt.) lautet "Von Koffern und Taschen", wobei ich mal mit ziemlicher Sicherheit davon ausgehe, dass es den Begriff "Koffer" damals noch gar nicht gab. Kann mir jemand folgen oder anders gefragt - sind wir in der Übersetzung zu penibel? Welche Möglichkeiten gab es damals für Ordensbrüder, ihre wenigen Habseligkeiten in den großen Schlafsälen unterzubringen? Vielleicht hat ja jemand eine Idee. Bedanke mich schon mal im Voraus.
 
Vorweg: bei der Übersetzung kann ich keine Hilfestellung leisten. Dafür war ich in Latein nie gut genug, um das nach so langer Zeit und ohne Stowasser noch mal so ohne weiteres hin zu bekommen. ;) Aber ein paar Dinge zum Thema Latein kann ich einbringen: du suchst nicht nach jemandem, der Altlatein beherrscht, da selbiges schon vor Christi Geburt durch das Klassische Latein abgelöst worden war. Hier ist wohl eher Mittellatein relevant, was es aber auch nicht gerade einfacher macht, da das, was wir heute so in der Schule lernen, sich eher am Klassischen Latein orientiert. Gerade im Mittelalter ist das Vokabular deutlich größer durch Wortneubildungen und Einfluss der Germanischen Sprachen. Wenn du also ein Wort nicht identifizieren kannst, dann kann das durchaus daran liegen, daß es in der Antike nicht existierte. Aber, wie gesagt, ich bin auf dem Gebiet wirklich kein Experte!
 
Mara, das ist Kirchenlatein, da verreckt fast jeder. Von Kisten und Säcken wäre eine Möglichkeit. Denn Mast, Apfel (baum) oder ähnliches wird´s nicht heißen.
 
Spannend war für uns auf jeden Fall die Erkenntnis, dass es schon bei den Schreibern der Originalregeln Abkürzungen gab, ähnlich dem, was heute als SMS-Sprache bekannt ist. Also ähnlich einem "All 4 you"... 8o Der Originaltext lautet in Latein in einer Spalte des Malo-et-Sacco-Artikels: "Sacculus et mala cum firmatura non conceduntur". Frei übersetzt: Es ist nicht erlaubt, Taschen und Kisten (Koffer) zu verschließen. In der Original-Handschrift wird das non conceduntur anders geschrieben. Non steht da gar nicht, dafür findet man oben links über dem ersten Buchstaben c eine kleine 9. Abgekürzt wurde also schon damals. :D
 
Hierbei handelt es sich zumindest erst einmal um den Ablativus thematis von "malus" und "saccus". ;) Malus bedeutet soviel wie "Übel" oder "das Böse", wie wir ja auch aus dem "Pater noster" kennen: "sed libera nos a malo" Für die weitere Übersetzung müsste ich maich mal mit dem restlichen Text näher beschäftigen. "Malus" kann hier nämlich auch im "übertragenen Sinne" gemeint sein. ;)
 
Hallo Mit Latein kann ich leider auch nicht dienen. Ich habe aber irgendwo gelesen das jedem Bruder im Schlafsaal eine Kiste/Truhe zusteht. Diese soll aber unverschlossen sein. Vielleicht hilft dir das bei deiner Suche weiter. Wenn du magst kann ich zu Hause mal die quelle raussuchen. Bei meinem Ordnungssinn wird das allerdings dauern. lg chris Ps.: Ist eine Lade nicht eine Truhe ?
 
@ aixlibris: Auf www.die-templer.de findet man den lateinischen Text (wobei man hier vor Abschreibfehlern auch nicht sicher ist):
XLI. De malo et sacco. Sacculus et mala cum firmatura non conceduntur; sic exponantur, ne habeantur absque magistri licentia vel cui creduntur post eum domus negotia. In hoc praesenti capitulo procuratores et per diversas provincias degentes non continentur, nec ipse magister intelligutur.
@Lord_Chaos: Die Quelle tät mich schon interessieren. Das mit der Lade = Kiste war ja auch eingangs meine Vermutung. Im Moment verwendet unsere Templergruppe zumindest Holztruhen, ich denke mal, das würde dem schon ziemlich nahe kommen. Wenn Du da irgendwelche Quellen dazu hast - liebend gern! Das mit dem unverschlossen ist ja in der o.g. Regel verzeichnet. Es wird ja in mehreren Regeln beschrieben, wieviele Pferde jeder Ritter haben darf, aber nicht, wieviele Kisten er sein eigen nennen kann. :D Als sacco - bzw. sacculus haben wir mal einen Geldbeutel (z. Bsp. für viel reisende Brüder) bzw. einen Beutel für die tägliche Dinge des Lebens identifiziert. Alternativ kann damit natürlich auch ein Reitsack gemeint sein. Wobei die Anti-verschluss-Regel für reisende Brüder ausgeschlossen ist. Die dürfen schon ein Schloss dran machen, ebenso der Meister oder der, der ihn vertritt.
 
Sacculus sind deutlich "Beutelchen" Das wären dann Beutelchen mit Schloß. Und ein Apfel/Apfelbaum/Mast oder ein Übel hat nun mal kein Schloß. Was steht denn in der französischen Stelle?
 
Wende dich doch an den örtlichen Priester. Die freuen sich doch immer über Besuch. Ich denke, das der dir weiterhelfen kann. Als ich im katholischen Knabeninternat mussten die sich mit mir und ich mich mit ihnen rumärgern, lange Rede kurzer Sinn,...in Latein waren die topfit!
 
Was steht denn in der französischen Stelle?
müsste jetzt nochmal die französische Regel auf den genauen Wortlaut raussuchen - das Problem bei den französischen war, dass die etwas mehr durcheinander sind und nicht genau so numeriert, wie die engl. und die dt. Aber soweit ich weiß, war es da auch mit Taschen und Koffern übersetzt. Das Problem ist ja, dass es einer mal falsch in seine Sprache übersetzt hat, im Zweifelsfall war das im 19. Jh. Da gab es Koffer ja schon und in Ermangelaung anderer schöner Worte wurde in der französischen dann eben "Koffer" geschrieben. Der Engländer, der sich danach wissenschaftlich damit auseinandergesetzt hatte, zog wiederum den "falschen" Franzosen zu Rate. Und dann kam Körner und bezog sich auf die beiden anderen. Und so blieb der Koffer halt ein Koffer... :D
 
Also: "sacculus" ist der Diminutiv zu "saccus" und steht synonym für "Geldsack", bzw. eben "Geldsäckchen". Für "Malus", der Ablativus thematis ist wie schon erwähnt "de malo", gibt es mehrere Übersetzungsmöglichkeiten. Im Zusammenhang mit dem jetzt vorliegenden Gesamttext scheiden "Übel" oder "Apfel" aus. Somit bleibt nur noch "Stange oder Ständer" übrig und man kann es tatsächlich im übertragenen Sinne mit "Garderobenstange bzw. Kleiderstange/- Ständer" übersetzen. Bildlich gesehen kann also hier von einem Aufbewahrungsort im Sinne von Truhe oder Schrank gesprochen werden. Und mit der Verneinung von "concedo" = einräumen/erlauben ist quasi genau das Gegenteil, also das Verbot gemeint. Hier des "Verschließens" Und das mit dem Abkürzungsunwesen der Handschriften ist völlig richtig. Nicht umsonst gibt es mit dem "Dizionario di abbreviature latine ed italiane", dem sog. "Cappelli", dafür ein eigenes Wörterbuch. ;)
 
Tante Wiki meint, Koffer ist vom französichen Weidenkorb (coffre) abgeleitet, was sich vom lateinischen cophinus oder arabischen guffa herleitet. Der Koffer wie wir ihn kennen ist Valise. Wenn man Malo, wie aixlibris vorschlägt, als Ständer oder Stange nimmt, kann man es vielleicht als "Von der Aufhängestange und dem Reisesack" übertragen, wenn der Rest des Textes von Kleidung und Aufbewahrung derselben spricht. Eine aufbewahrung dieser ARt muss aber kein Schrank sein - wenn man nur eine Stange und einen Sack hat, kann man nichts ab- oder anschließen. Ein Sach kann ohne Probleme aufgeschnitten werden, eine Stange schützt nicht gegen das abnehmen.
 
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Lasst die armen Priester mit dem Mittellatein in Frieden. Ja, man braucht das Latinum und Graecum, um Priester zu werden - Nein, das bedeutet nicht, dass sie es können - Und nein, kein Priester, der sich nicht mit mittelalterlicher Kirchengeschichte näher auseinandergesetzt hat, kommt mit Realienkundlichen Fachbezeichnungen in mittelalterlichen Latein zurecht. Das Mittel der Wahl für eine erfolgreiche Übersetzung ist wohl am ehesten ein Vergleich der lateinischen, altfranzösischen und eventuellen anderen mittelalterlichen Fassungen, sowie im Idealfall anderer Ordensregeln/Statuten. Ich habe mich zwar an Mittellatein gewöhnt, übersetze aber eher intuitiv.
 

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