Fahrender Sänger um 1350 in Norddeutschland

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Liederbolt

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Hallo in die Runde, ich habe wohl demnächst die Gelegenheit in einer Art "Werbeclip" einen fahrenden Sänger in Norddeutschland um 1350 darzustellen. Dabei möchte ich aber nicht so enden wie der arme Walther und Tannhäuser in der wohl schlechtesten Doku über Minnesang ever: https://youtu.be/BiINq4E_wjI?t=8m9s Quelle: youtube.com Soll heißen ich mag nicht auf einer 1970er-Bauart Renaissancelaute playback romantisch anmutend komponierte Klischee-Pseudominne zum Besten geben... ;) Musikalisch würde ich eine Melodie aus der Janaer Liederhandschrift (Mitteldeutschland, um 1330 - enthält auch in Norddeutschland entstandene Stücke) bearbeiten. Sprachlich (für die Liedtexte) ein "gewähltes" Neuhochdeutsch verwenden, eher mit Omas Grimm-Ausgabe verwandt als mit "Marktsprech", da ja kaum Jemand Mittelhoch-, bzw. Mittelniederdeutsch versteht. Ich bin in der Darstellung nicht adelig, kann aber sehr wohl ausgetragene Klamotte des Adels tragen, die ich als Spielmannslohn erhalten habe. Ich muss auch nicht zwangsläufig selber aus Norddeutschland stammen. Folgendes Bild schwebt mir vor:
Medieval_musician_playing_gittern.jpg
Pamplona ca. 1330 Quelle: wikipedia.org Eine Quinterne als Instrument zum Gesang ist für den Zeitraum auch in Deutschland belegt. Die Klamotte interpretiere ich als: - rote Tunika - grüne Gugel Dazu stelle ich mir vor: - Hose, bzw. Beinlinge in Mi Parti Mode rot/grün (...bin ja kein Beinling-Fan, komme aber wohl nicht drum herum...?) - einfache Wendeschuhe - evtl. eine Bundhaube anstelle der Gugel - ...und dann aber die Tunika auch in Mi Parti entgegengesetzt zur Hose/Beinlinge Spricht irgendwas dagegen das so in der Zeit als Fahrender in Norddeutschland zu tragen? Es würde im Prinzip reichen, wenn es auf 2m authentisch aussieht, da mir chronischem Alt-Gromi aber schon lange vorschwebt endlich auch mal LH zu machen will ich die Gelegenheit beim Schopfe packen, und es gleich möglichst "richtig" machen. Daher freu ich mich über Buchempfehlungen, Links, usw. zu: - Nähtechniken - Schnittmustern - Quellen für Stoffe Daaanke!!!
 
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Dein Vorhaben klingt sehr spannend. Die Lieder in Hochdeutsch zu singen, finde ich persönlich ganz gut, weil ich dann als Zuhörer auch etwas verstehen würde. ;) Vielleicht geht auch die erste Strophe in Mittelhochdeutsch und dann die hochdeutsche Übersetzung in der Wiederholung. Nur so als Idee. Bei den Klamotten würde ich das auch so interpretieren. Wobei Grün als Doppelfärbung ansich schon hochwertiger ist, als "einfache" Farben. Ansonsten entscheidet noch die verarbeitete Stoffmenge und -art. Auf die Bundhaube würde ich eher verzichten und die Gugel mit langer Sendelbinde wählen. Die scheint auf der Abbildung vorne herab zu hängen. Die Beinlinge ebenfalls grün ebenfalls eine gute Wahl. Mi-Parti wahr wohl bei Spielleuten nicht ungewöhnlich. Jedenfalls meine ich mich an entsprechende Abbildungen zu erinnern - ohne jetzt genau zu wissen, wo ich das gesehen habe. Bei der Tunika würde ich persönlich das aber nicht machen. Ich bin da aber kein Experte. Zum Schneidern empfehle ich Dir das Buch "Mittelalterliches Schneidern" von Sarah Thursfield. Die englische Ausgabe findet man auch als Download im Netz. Da sind neben Schnittmustern auch Nähtechniken beschrieben und welche Stoffe man wählen sollte. Die entsprechenden Wollstoffe kaufe ich im Netz z. B. bei den eBay-shops "fr.barbarossa" oder bei "stella-inge". Gute Erfahrungen habe ich auch mit der Tuchweberey Widmann gemacht (http://www.aktiv-kreativ.de). Herr Widmann verschickt auch Stoffproben. Am besten anrufen. Auf jeden Fall ist man mit www.naturtuche.de gut beraten. Aber auch der Besuch gut sortierter Stoffgeschäfte vor Ort können sich lohnen. Möglichst auf Polyester-Anteile verzichten und 100 % Wolle kaufen. Man sieht den Stoffen es zwar nicht unbedingt an, es zeigt sich dann aber spätestens am Lagerfeuer, ob man die richtige Wahl getroffen hat. Reine Wollstoffe bekommen eher keine Brandlöcher, wenn mal Glut hochspringt. Viel Spaß beim Nähen!
 
Es ist nicht mein Jahrhundert, deshalb kann ich dir nur empfehlen Seiten aufzurufen um in den online verfügbaren Handschriften nach Abbildungen zu suchen. Vielleicht kommst du schon im Heidelberger Sachsenspiegel weiter was die Bekleidung angeht. Ansonsten ist die geplante Darstellung sehr spannend. Den Vorschlag von Ewaldt von Amulunc Mittelhochdeutsch und modernes Deutsch in einem Liede gegenüberzustellen finde ich sehr gut. Könnte ich singen und spielen.... Lassen wir das lieber :D Schau einfach mal hier rein: http://wh1350.at/de/skriptorium/bildquellen/illuminierte-handschriften-online/ Die Handschriften sind nach Jahrhunderten sortiert. Gern würde ich wissen wie es weitergeht mit deiner Darstellung. Das angesprochene Buch von Sarah Thursfield ist naturgegeben auf England ausgerichtet. Es wird oft kritisiert das sie die früheren Jahrhunderte außen vorlässt und sich mit dem Spätmittelalter befasst. Einfacher ist vielleicht Kleidung des Mittelalters selbst anfertigen aus dem Zauberfeder Verlag. Und ja: Du kommst um die Beinlinge Bruchen Kombination nicht herum ^^ . Ich war anfangs skeptisch was das Tragen dieser Kombination angeht, doch bin ich eines Besseren belehrt worden.
 
Das angesprochene Buch von Sarah Thursfield ist naturgegeben auf England ausgerichtet. Es wird oft kritisiert das sie die früheren Jahrhunderte außen vorlässt und sich mit dem Spätmittelalter befasst.
Das Buch beginnt mit 1200 und zeigt somit zumindest den Übergang vom Hochmittelalter ins Spätmittelalter. Der Schwerpunkt ist das Spätmittelalter, das stimmt auf jeden Fall. Es stellt durchaus regional unterschiedliche z. B. auch flämisch/burgundische Mode dar. Einfachere Varianten treffen sicher auch auf den heute deutschen Raum in der angegebenen Zeit zu. Und wenn die eingangs abgebildete Person eine Gugel mit Sendelbinde darstellt und eng anliegende Ärmel zeigt, dann spricht das doch sehr für den Zeitraum des Buches. Es ist von so einem Buch nicht zu erwarten, dass alle Regionen berücksichtigt werden. Dennoch hätte die Autorin sich sicher mehr (oder überhaupt) zur regionalen Herkunft der dargestellten Kleidungsstücke äußern können. Die Kritik teile ich. Ganz davon abgesehen, gibt es natürlich auch andere hilfreiche Bücher, wie das von Dir genannte. Das mir zu Beginn gute Dienste geleistet hat. Thursfield bietet dafür mehr und genauere Informationen zu Nähtechniken. Natürlich ist es hilfreich und je nach Ziel der Qualität der Darstellung auch geboten, ausgiebig in alten Handschriften zu recherchieren. Aber ich glaube, so viel Zeit steht Liederbolt nicht zur Verfügung. ;)
 
Ich schlage vor sing Mittelniederdeutsch wenn du es kannst. Du machst dir Mühe optisch klar in der Zeit zu stehen, willst mit einem passenden Instrument einen zeittypischen Klang und auch hier eine passende Optik bieten. Und dann ein modernes Deutsch? Denk auch daran das du streckenweise akustisch von einem Sprecher überlagert sein könntest. Das ist bei diesen Dokus leider oft so. Den Inhalt des Liedes kann man, sofern erforderlich oder gewünscht mit einer kurzen Moderation bekanntmachen. Auch gibtt es die Möglichkeiten des Fliesstextes oder Übersprechen wie bei Übersetzungen in den Nachrichten üblich. Die letzte Variante halte ich für die unglücklichste. Zur Kleidung schau mal in der Manesse die Tafel zu Heinrich von Meissen gen Frauenlob. Als Minnesänger des Niederdeutschen Raums fällt mir irgendwie immer Witzlav von Rügen ein. Steht u. a. in dem von dir schon erwähnten Jenaer Liederbuch.
 
Danke für die Anregungen - Toll!!! Auf der Seite mit den Links hat es mir besonders auch das schon mal im Forum von Firiel gepostete Video zur Herrenbekleidung um 1350 angetan. :thumbup: Gerne werde ich hier auf dem Laufenden halten, bin aber quasi erst am Anfang der Vorrecherche - die Umsetzung beginnt dann im Oktober. Daher bereite ich mich nun vor, und schaue dass ich dann Stoffe, etc. schon mal am Start habe. Mrs. Thusrfield's Buch werde ich mir anschaffen - ich denke es ist erstmal ganz gut geeignet um überschlagend Grundkenntnisse für die Bekleidung der Zeit in Europa und deren Herstellung zu erwerben... Der Text des Liedes/der Lieder muss aber wahrscheinlich auf Hochdeutsch sein, da er Bestandteil einer Rahmenhandlung ist die dabei zum Ausdruck kommen soll. Das heißt ich werde ihn evtl. selber verfassen/anpassen. ...nur will ich dabei eben keine Klischee-, Pseudominne auffahren, wie es sonst in den einschlägigen Produktionen leider üblich ist. Wird also auch keine "A"-Rekonstruktion, jedoch eine hypothetische Annäherung an die musikalisch-textlich/inhaltliche Ausdrucksform eines Sängers der Zeit. Abschauen bei Wizlav wäre da wahrlich eine gute Option - auch wenn er kein "Fahrender" war. Unberührt von der geforderten Umsetzung bleibt aber danach meine eigene LH-Darstellung - dann darf es gerne in den alten Sprachen erklingen! :rolleyes:
 
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Sachsenspiegel ist auch ein guter Tipp! (auch der Ältere, 1220-1235)) Besonders diese Abbildung, in der ein Spielmann sich für ein Unrecht, das ihm durch einen Adeligen zugefügt wurde, an dessen Schatten rächen darf. (2. Bild von unten, rechts) Eine Tunika in Mi Parti, grün/rot-weiße Karos:
020r.jpg
Q Quelle: digi.ub.uni-heidelberg.de Meine das könnte ein Fahrender auch noch später getragen haben...(?)
 
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ggrrr, das Bild ist natürlich aus dem Heidelberger Sachsenspiegel... Mods! Editierung für 24 Stunden - Bitte!
 
Wat shall mittelniederdeutsch vor ne sprake sijn? Im Niederdeutschen hat es seit dem Übergang aus den sächsischen Dialekten keine Lautverschiebung wie im Hochdeutsch gegeben. Wenn Du niederdeutsch, speziell narsassisch (niederländische Bezeichnung für diese Sprache) singen willst, und mecklenburger Platt verstehst, ich glaube, in der dresdner Liederhandschrift gibts n paar lieder Witzlaf von Rügen heißt der Dichter, glaube ich.
 
Wat shall mittelniederdeutsch vor ne sprake sijn? Im Niederdeutschen hat es seit dem Übergang aus den sächsischen Dialekten keine Lautverschiebung wie im Hochdeutsch gegeben. Wenn Du niederdeutsch, speziell narsassisch (niederländische Bezeichnung für diese Sprache) singen willst, und mecklenburger Platt verstehst, ich glaube, in der dresdner Liederhandschrift gibts n paar lieder Witzlaf von Rügen heißt der Dichter, glaube ich.
Mal gaaanz grob umschlagend formuliert: https://de.wikipedia.org/wiki/Mittelniederdeutsche_Sprache#Sprachdenkm.C3.A4ler Quelle: de.wikipedia.org Dresdner Liederhandschrift? Da finde ich fast Nichts darüber... Nur zwei Einträge bei books.google... Noch nie davon gehört... Wizlavs Werk ist m.W. ausschließlich in derJenaer Liederhandschrift enthalten - ja, der Mann ist erste Wahl...
 
Naja, Wilfired, Sprache ändert sich im Laufe der Jahrhunderte auch ohne Lautverschiebung ;) Zwischen Alt-, Mittel- und Neuhochdeutsch gibt es ja auch Unterschiede. Ebenso ist es mit dem Niederdeutschen. Als altniederdeutsch (=altsächsisch) wird die Sprache in Norddeutschland bis ins 13. Jahrhundert bezeichnet. Danach ging die Sprache ins Mittelniederdeutsche über, was manchmal auch als Sprache der Hanse bezeichnet wird, da der Schriftverkehr der Hanse in dieser Sprache abgewickelt wurde. Ab dem 16. Jahrhundert spricht man dann von Neuniederdeutsch, was mehr oder weniger dem heutigen Plattdeutsch entspricht und gegenüber dem Mittelniederdeutsch auch vermehrt Einfluss des Hochdeutschen zeigt.
 
Liederbolt bist Du einer der Mitstreiter beim Falkensteiner Minneturnier? Dann sind manche der Tips im musikalischen Bereich hier ja für Dich denke ich wie Eulen nach Athen tragen. Aber für spätere Leser ist es bestimmt trotzdem interessant. Für deine spätere OnTour Darstellung könnte ich mir auch den Wokenstein vorstellen. Der soll ja recht deftig getextet haben. Minnesang und speziel Liedertexte sind leider als Blasmusiker nicht mein Spezialgebiet, aber da ich auch Kirchenmusik mache hat sich hier ein gewisses Grundwissen angesammelt. Daher wage ich mal zu sagen das es schwer wird Liedgut der Fahrenden des hohen Mittelalters zu finden. Gewiss haben die Gebildeten Melodien aufgezeichnet und in der höfischen Sangeskunst oder den Melodiebögen der Kirchenmusik adaptiert. Aber welche sind das??? Vielleicht reflektiert die Carmina Burana ja hier was, vielleicht aber auch reine freie Dichtung die mit der Musik der Fahrenden soviel gemein hat wie die Schäferspiele des Barock mit Schafe hüten. Ein Rechercheansatz sind bestimmt melodiöse und formale Brüche in den überlieferten Tonfolgen im Vergleich mit der Mehrheit des gleich alten musikalischen Kulturguts. Oder vielleicht auch die Reformatoren die am Ende des Mittelalters ja eine wahre Flut an Liedern für den gesungenen Gemeindegottesdienst geschaffen haben. Die Texte basieren ja vielfach auf der Bibel aber woher kamen die Melodien. Besonders die im 3er Takt reizen ja fast schon zum Tanzen. Dem Volke vom Maul abgeschaut wie Luther gesagt haben könnte? Das wären aber schon mehrere Themen für Doktorarbeiten. Zum Sachsenspiegel. Die Bebilderung einiger Anschriften dieses epochalen Gestzeswerkes haben starken sxmbolischen Charakter. So haben Baurn z.B. 2 weisse Streifen obrhalb der Schuhe, Slaven schräg gestreifte Beinkleider etc. Deshalb würde ich Darstellungen aus dem Sachsenspiegel immer gegenprüfen mit anderen Quellen. In diesem Zusammenhang sehe ich auch MiPartie mit Vorsicht. Im allgemeinen geht man wohl davon aus, dass diese Art der Kleidung zuerst als Dienstkleidung in den Farben der Dienstherren auftritt und erst später modisch wurde. Nicht meine Zeitstelung, deshalb so wage formuliert. Zum Imstrument des fahrenden gab es hier vor kurzem eine Diskussion zur Drehleier. Kastendrehleier bereits für das 12. Jhdt. belegt? Für weteres Nachlesen zum Minnesang z.B. hier: WWW.Minnesang.com
 
Gute Güte... :) Das passiert eben einfach, wenn man sich der Gedankenauswüchse der Möglich-, Unwahrscheinlich- und Unmöglichkeiten solcher Hinterfragung hingibt - kommt hier dann un wann schon mal vor... ;) Jo, darf da mit musizieren - hoffe es wird schön und dass alle da 'nen genehmen Abend bekommen. Was Sprache und (hypothetische) Aussprache angeht, kann ich hier sicher dazulernen. Versuche mit etwas längerfristigem Vordenken aus der Bekleidungs-Perspektive was zu frickeln, das ist allemal neu für mich. Schön finde ich die Option eines nicht adeligen Fahrenden in der Zeit, sowohl abgetragene Adelskleidung als eben einfaches Ungefärbtes anziehen zu können. Wenn er schon viel herumgekommen ist, wird er einschätzen können, wo er was "auftragen" kann, und wo es ihm Scherereien einbringen könnte... ...und welches Liedgut er wo besser nicht zu laut anstimmt. Ordnungen und Verbote frei Auswahl. ...und schauen, wie sich das dann Alles zu einem gewissen Ergebnis = einer Erkentniss in einem zusammenbraut... ...und dann kann mitunter Alles von einem spontanen Fund wieder ein paar Jahrzehnte zurückdatiert werden. Dann etwas abändern und... ...immer weiter... ...dann noch nach Holz für die Quninternen schauen. ...gut abgelagertes Obstholz? ...oder Ahorn? Also wenn zufällig einer so was abzugeben hätte... Aber wenn die Gedanken fließen. .. Nuit
 
So, nun mal etwas ausgeschlafener... Zur Musik: Musik der Fahrenden wurde als Solche nicht aufgezeichnet, jedoch ist anzunehmen dass z.B. den überlieferten Tänzen mitunter deren Melodien zugrunde liegen. Gerade dann, wenn die Texte religiöse Inhalte haben, die Musik aber tänzerisch und ausgelassen anmutet, mag das zutreffen. Ist ein guter Trick - um "unzüchtiges" Treiben z.B. bei Pilgern einzudämmen, einfach die Musik nehmen die gerade beliebt ist, und mit schicklichen Texten versetzen - könnte z.B. für die Cantigas de Santa Maria zutreffen. Auch des Neitharts Reien mit ihren vielen Wirtshausszenen dürften den allgemeinen Geschmack, nicht nur der höfischen Gesellschaft getroffen haben... ...und die bekannten Tanzformen wie Trotto, Saltarello, ..., waren wohl allgemeine Gebrauchsmusik - daher lassen die erhaltenen Werke auch auf spielmännisches Musizieren schließen. Daher geht es mir auch nicht unbedingt darum, Musik der Fahrenden 1:1 nachzuspielen, sondern mit dem was überliefert ist ein Grundverständnis für das allgemeine Musizieren der Zeit zu erlangen: Tonmaterial, Melodiebildung, Rhythmik, usw. Aus einigen Bildern mit Tanzenden kann man z.B. anhand des Wurfes der Kleidung in der Drehung Rückschlüsse auf die Tempi ziehen. Künstlerisch ausgefeilte, mehrstimmige Gebilde wie aus der Ars Nova oder später der Ars Subtilior hingegen lassen sich weniger in das Repertoire eines Fahrenden einordnen. Aber bleiben wir hier bei der Bekleidung... Mi Parti ist auf jeden Fall bei Spielleuten der Zeit überliefert und sehr beliebt. Das zeigen die vielen Abbildungen quer durch Europa und die Jahrhunderte, wobei Kombis mit Rot, Grün und Braun besonders häufig anzutreffen sind. Die Symbolik aus dem Sachsenspiegel war mir unbekannt - jo, das sollte ich auf jeden Fall berücksichtigen. :thumbup: Es muss nicht mal abgetragene Kleidung sein: In dem Buch "Musikanten Gaukler und Vaganten" von Margit Bachfischer, wird beschrieben wie Spielleute oft auch mit prächtigen Kleidern, Gewändern aus Samt und Seide, Pferden, Gold, Silber,... beschenkt wurden. Wenn ein Fürst gute Laune, oder vielleicht auch einen im "T" hatte, konnte er durchaus spendabel sein. Dabei ging es ihm aber vor Allem darum seinen eigenen Reichtum und seine Macht darzustellen - Großzügigkeit als Statussymbol.
 
Auf dem Mittelaltermarkt in Lügde gab ein Barde sein Liedgut auf einer Harfe zum Besten wobei er momentan in den Charts stehende Musik auf der Harfe spielte und mit eigenen, teils sehr blutrünstigen Liedtexen stimmlich zum besten gab. Auch alte Stücke kamen zum Vortrag. Es wird so in alten Tagen nicht anders gewesen sein. Den Ansatz es nicht 1:1 nachspielen zu wollen halte ich für richtig.
 
Auf dem Mittelaltermarkt in Lügde gab ein Barde sein Liedgut auf einer Harfe zum Besten wobei er momentan in den Charts stehende Musik auf der Harfe spielte und mit eigenen, teils sehr blutrünstigen Liedtexen stimmlich zum besten gab.
Das klingt nach einem einschlägig Verdächtigen... ;)
 
:whistling: :whistling: :whistling: :zunge :bye01 ... Was die Musik und ihre Verbreitung betrifft, ein realistisches Beispiel (ist zwar etwas später als MA, aber es geht ums Prinzip): An Alarc'h, Bretonisches Lied über den Herrn Yann, der wiederkommen wird und die Franzosen aus dem Land prügeln wird...(17.Jhd) Twa Corbies, Schotten hören das Lied, nehmen es mit und machen ein Anti-englisches Lied daraus. Melodie/Harmonieveränderung im B-teil Deutsche MA-romantiker übertragen Twa Corbies ins deutsche, voilà, die Rabenballade! (und einige kennen von mir und Lotte die Liebesliedversion Mir wird so warm in Deinem Arm, wobei ich wieder darauf hinweise die ist nicht von mir) Genauso war es immer: Ein Lied wird gehört, für Gut befunden und übernommen, Teile leicht verändert, entweder weil nicht genau erinnert oder weil so für denjenigen nicht nachspielbar. Selbiges höre ich oft auf den Märkten von Sackpfeifern, die alte Standarts spielen, meist zu schnell. Oder sie sind technisch überfordert. Oder zu faul zum üben... Egal, auf diese Weise haben sich viele Lieder in Europa verbreitet, der Tourdion z.B. (Zitat tschechischer Schaukämpfer, nachdem er das Lied auf tschechisch singend meinen Weg kreuzte: Wir auch dreissigjährige Krieg! ;) ) UND IMMER GALT DIE KÜNSTLERISCHE FREIHEIT! Also, nur Mut Herr Kollege, mach eigene Versionen, dann klappt's auch ohne GEMA :D Grüße
 

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