Altarbild des heiligen Sebastian

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Fridebarth

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Da ja im Bezug auf die sog. „Englischen“ Langbögen immer wieder auf die „Mary Rose“ verwiesen wird, diese aber nun mal nicht „Mittelalter“ ist, habe ich mir bei „Tante-Wiki“ mal das auf 1493-94, Köln (ist zwar Ende Mittelalter, aber immerhin..) datierte Altarbild des hl. Sebastian angesehen und einige (zumindest für mich) neue Aspekte gefunden, bzw. einige „Mary-Rose-Fakten“ auch in diesem rund 50 Jahre älteren und vermutlich nicht aus England stammenden Bild bestätigt gefunden. http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/6/68/Altarpiece_of_St_Sebastian.jpg Das Bild kann man 2 x vergrößern. Es ist dann schon sehr detailreich. Die Tatsache, dass sogar das Cresting der Pfeile, die leichten Wellen im Wuchs und der unterschiedliche Farbwechsel in der Eibe der Bögen, etc. genau zu erkennen sind, lässt mich annehmen, dass auch andere Details mit gleicher Genauigkeit abgebildet wurden. Was mir auffiel: -Alle Schützen schießen über den Daumen (nicht über den Handrücken). -Der oft für das MA in Frage gestellte Armschutz ist hier mehrfach seht genau dargestellt (entspricht fast genau den MR-Funden) und zeigt metallene Zierbeschläge die m.E. für die Lebensdauer der Sehne nicht sehr hilfreich gewesen sein können. -Die Pfeil-Hand hat immer einen Fingerhandschuh (teilweise recht kunstvoll), während die Bogenhand immer ohne Handschuh ist. -Die Haltung der Pfeil-Hand zeigt mehr einen 4-Finger-Pinzetten-Griff (nicht 2-, bzw. 3-Finger um die Nock wie Heute). -Die Federn der Pfeile (Weiss, Rot-Braun, Schwarz) weisen keine Mittelwicklung auf und sind teilweise mit farblichen Streifen versehen. -Die Pfeilnocks sind in der Mehrzahl schwarz (Horn?) -Die Bögen sind im entspannten Zustand (gemessen) alle deutlich länger als die jew. Schützen (teilw. bis zu 2 Köpfe) Was haltet ihr davon? Was fällt euch noch so auf? PS. @Wilfried: Ich weiß, dass Du ELB’s nicht magst … sei trotzdem „Gnädig“ :D
 
WOW! Super Bild! Kannte ich nicht und finds grad höchstinteressant! Danke! Was ich gut finde, das endlich mal abgebildet ist, das mit Handschuhen geschossen wird. Das ist nämlich eine Sache, die im Großen und Ganzen nie nachgewiesen wurde(bezüglich Tabs und ähnlichen). Und meiner Meinung nach ist ein Handschuh wichtiger als ein Armschutz(die übrigens auch gut erkennbar abgebildet sind). Auch die Hornnocken an den Enden der Bögen sind nicht alle spitz! Auch können die Bogner den Bogen gerade mal so umgreifen,...hmmm vielleicht wird deshalb dann über den Daumen geschossen :?: :?: :?: Die Pfeile stehen ein ganzes Stück vor dem Bogen raus. Es ist auch interessant, den Körperbau der Schützen zu sehen, im Grunde ganz normal gebaut. Aber die Dicke der Pfeile und der Bögen sprechen für sich. Das kann jetzt unbeabsichtigt sein, aber das Bild ist so detailreich in der Richtung,... WUNDERBAR!!!! Danke Fridebarth!!!!!! :knuddel
 
:eek:ff1 Der Brillenhelm auf der rechten Bildhälfte ist ja "stark". Den brauche ich für meine Drittdarstellung . Und wehe, es sagt einer Fantasy dazu! :zunge
 
@ Toke: Den (weissen) Handschuh kann man auch beim Schützen rechts (gelbe Weste) noch teilweise erkennen und auch den nach innen gehenden Daumen (Pinzettengriff). Wie man so allerdings die aufgrund der Bögen anzunehmenden Zuggewichte halten soll??? Ich kann das nicht, aber wenn ich im Vergleich so an die diesbezüglichen Fähigkeiten einiger, heutiger Freeclimber denke... ..ich sag' nur "Schraubstockgriff".. Auch wenn das Bild natürlich kein Foto ist, so kann man doch sehen, dass der Künstler selbst auf die richtigen Hautfalten bei der jeweiligen Handhaltung geachtet hat (also es wohl offenbar recht genau nahm). So ist die Bogenhand jeweils in "natürlicher Körperhaltung" dargestellt und nicht leicht "übersteckt" wie es heute oft trainiert/gezeigt wird. Auch interessant, wenn auch nur schlecht zu erkennen: ein brauner Köcher rechts am "Sockel". (den sollte man sich ggf. noch mal im Museum in Köln am Original ansehen.) Nochwas: Alle Schützen ziehen/ankern etwa auf Höhe des Schlüsselbeines (nicht Wangenknochen, nicht Ohr, etc. ) @ Gryphan: ...aber auch der rechts daneben mit dem "Hundestachelhalsband" um die Stirn ist doch nicht ganz ohne..... oder?
 
Wegen der Zugstärke war ne Vermutung, weil ja ELBs eigentlich kein steifes Griffstück haben. Und wenn ich an die Eibenbogen mit hohen Zuggewicht denke, die ich in der Hand hatte, die waren alle leicht zu umfassen. Wie gesagt, eine Vermutung. Die Bogenschützen damals zogen wohl wie die olympischen Recurveschützen alle ans Schlüßelbein, nicht Finger/Mundwinkel. Aber das kann ich nicht belegen. Beste Grüße, Toke :bye01
 
Die zwei Bogenschützen links tragen den Armschutz nach außen. ?(
 
Die zwei Bogenschützen links tragen den Armschutz nach außen. ?(
Ich würde sagen "oben". Genau das hatte ich mich auch schon gefragt und es vorhin auf dem Feld hinterm Haus einfach mal ausprobiert. Wenn man den Pfeil über den Daumen, auf Höhe des Schlüsselbeins mit dem Pinzettengriff(!) zieht, legt man den Bogen automatisch etwas mehr "in die Bogenhand" (kann's nicht anders beschreiben), so dass die Sehne ggf. eher mehr schräg, also etwas von oben als von der Seite auf den Unterarm schlägt. Wenn man das bewußt zu vermeiden versucht, fällt i.d.R. einfach beim Spannen der Pfeil runter. :( Vernünftig Ziehen kann ich mit dem Griff aber noch nicht (Resultat: halbe Reichweite), aber das macht ja vielleicht die Übung...
 
Auf jeden Fall interessant, aber können die Haltung, der "Pinzettengriff" und das Auflegen auf dem Daumen nicht Interpretation des Künstlers sein? Ich meine, es ist ja kein Foto, der Macher saß mit seinen Lehrlingen in der Kammer und ließ sie Posen einnehmen, die er malte. Wenn er sich nicht großartig mit dem Bogenschießen befasst hat, sondern nur im Auftrag der Kirche dieses Altarbild geschaffen hat... . Ihr wisst, worauf ich hinaus will? Die Details sind sehr aufwändig ausgearbeitet, aber die angesprochenen Helme sind ja auch eher als "künstlerische Freiheit" zu bezeichnen ( korrigiert mich bitte, falls es dafür Belege geben sollte). Ich möchte niemandem etwas madig reden, nur ein kleiner Denkanstoß meinerseits. Aber die Verwendung von Handschuh und Armschutz ist wirklich spannend. Grade noch gesehen: Hat der Kollege in rot die Leitfeder innen? Slàinte, Dave
 
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Grade noch gesehen: Hat der Kollege in rot die Leitfeder innen?
@Dave: Wenn Du Dir die Bogenschützen anschaust, haben die alle die Leitfeder innen. Deswegen meinte ich ja auch schon ob die nicht alle Ihren Pfeil am Bogen auf der falschen Seite haben. Grüße TvH
 
Was mir auch gerade noch aufgefallen ist: Sind die Bögen hier aus zweierlei Hölzern ? Dunkel Seite hinten, hellere vorne ? Sieht fast so aus als hier auch schon zwei Hölzer laminiert wurden. Ich hatte das schon mal irgendwo gelesen, dass damals auch schon Eibe hinten und Hickory vorne miteinander verarbeitet wurde. Auch einer meiner Eibebögen hat diese Konstellation. Grüße TvH
 
Mein Tip, seit vorsichtig, gerade aus Heiligenbildern, Interpretationen von Technik oder Ausrüstung abzuleiten. Wie mein Vorredner schon so schön sagte, war der Künstler sicherlich ein begnadeter Maler, aber wohl kein Bogenschütze. Pfeile liegen auf der falschen Seite usw. Schießhandschuhe sind meines Wissens als Fund nicht nachgewiesen und ich meine die einzige Abbildung eines Schießhandschuhs ist der auf der Black Zamora Tapestry . Spätes 15 Jhd. Asham schreibt dazu, das einige "some" Handschuhe oder ähnliches benutzen. Wie weit verbreitet das war, werden wir wohl nie erfahren. Das Holz ist Meiner meinung nach einfach eine schöne Eibe. Hickory fällt eher aus, da dieser Baum in Europa nicht heimisch ist. Beim Armschutz wird es leichter, da gibt es sogar Funde aus dem 14 Jhd. z.B in den Lederfunden aus York
 
@Thomas: ja ich hatte den Pfeil rechts aufgelegt (geht ja beim Schuss über den Daumen auch garnicht anders - wenn die linke Hand die Bogenhand ist) und (!) ich hatte die Leitfeder auch innen. Das aber mehr "instinktiv", bzw. aus Gewohnheit (Leitfeder zum Schützen) Ist mir dann erst beim dritten Pfeil aufgefallen und ich hielt es für einen Fehler (obwohl es gut funktionierte - Grund: Bogenschützenparadoxon?). Auf dem Bild war mir das noch garnicht aufgefallen. Aber es ist richtig: Wenn man genau hin schaut kann man feststellen das alle Schützen (soweit sichtbar) die Leitfeder zum Bogen schiessen. Die Abgrenzung der Holzschichten erinnert wirklich an laminierte Bögen. Allerdings müsste dann der Bogen des "gelben" Schützen (rechts) ein Tri-Laminat sein (3 Farben sichtbar) und es sind bewußt gemalte Wuchsunebenheiten zu erkennen, wie sie eher für einen Eibe-Selfbow typisch sind. @ Dave: Das Bild ist sicher kein "Foto" und die künstlerische Freiheit muß immer bedacht werden, aber genau deshalb habe ich den gestrigen Versuch ja gemacht. Bei rechts aufgelegtem Pfeil und Pfeilhand rechts fällt Dir der Pfeil praktisch jedes Mal nach rechts runter, da die Pfeilhad eine leichte Drehbewegung macht, die bei unserer "normalen" Pfeilauflage links vom Bogen nicht zu Tragen kommt, da der Pfeil nur gegen den Bogen gedrückt wird, hier aber zum Mitdrehen des Pfeils vom Bogen weg führt. Beim Pinzettengriff dagegen drücke ich den Pfeil mit 3 Fingern fest gegen den Bogen, da ich nur so die Kraft aufbringen kann den Pfeil überhaupt zu ziehen. Der entscheidende Unterschied beim Pinzettengriff ist eben, dass ich den Pfeil halte, nicht die Sehne. Das erklärt m.E. auch warum die Sehnen ohne Mittelwicklung auskamen. Die (Horn-)Nock mußte nicht nicht auf der Sehne "einnocken", da der Pfeil durch die Finger in Position gehalten wurde und die Finger berührten nicht die Sehne. (So konnten dann auch reine Hanfsehnen vermutlich akzeptabel lange halten.) Wenn man sich jetzt noch die Hornnock nicht als Schlitz, sondern als V-Form vorstellt, erklärt das auch die oft beschriebenen, hohen Schussfrequenzen. Helme: Denkst Du, dass man sich solche Helme "ausdenkt". Vielmehr wirken sie m.E. einfach nur für unser heutiges, durch "Middeelaldermärgdeeinheitsgewandungen von Hersteller A, B, oder C" trainiertes Auge ungewöhnlich. @ Turtle. Dieses Bild ist doch auch "spätes 15. Jh.".... --- Ich denke, ich werde mal in den nächsten Monaten an der Schusstechnik noch etwas "feilen". Mal schauen, ob es mit den richtigen Nocks und etwas mehr Übung wirklich gut funktioniert, oder vielleicht sogar irgendwelche Vorteile bringt.
 
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naja, secondrelease ist keine schwarze Kunst, nur Übungssache. Und ja, auch über den Daumen schießen war wohl auch in der Renaissance normal. Wie überhaupt auf vielen Miniaturen gezeigt. Die Bögen sind alle vom Bild her Strongbows aus Eibe, gut getroffen. Bei der detaillierten Darstellung hat der Maler sich wohl keine künstlerische Freiheit genommen, es hätte dann damals Kritik vom Auftraggeber gehagelt. Man kann auch so einen Pfeil halten und ziehen
 
Der Schießhandschuh bezieht sich nicht wie hier, auf einen Feld, Wald Wiesen Handschuh, sondern auf das Model was wir heute auch benutzen.
 
Die Details sind sehr aufwändig ausgearbeitet, aber die angesprochenen Helme sind ja auch eher als "künstlerische Freiheit" zu bezeichnen ( korrigiert mich bitte, falls es dafür Belege geben sollte).
Der Helm des linken Bogenschützen im Vordergrund (rote Kleidung) findet sich in fast gleicher Abbildung auch auf diesem Bild, dass über 100 Jahre früher entstand. (rechts unten im Vordergrund, zweiter Armbrustschütze) http://www.currentmiddleages.org/tents/duras.htm Offenbar doch keine "künstlerische Freiheit" :nein , auch wenn für unser heutiges Auge ungewohnt.
 
Sind die Bögen hier aus zweierlei Hölzern ? Dunkel Seite hinten, hellere vorne ?
Die Bögen sind offenbar aus Eibe. Das Splintholz ist heller als das Kernholz. Der Aufbau entspricht damit genau der unterschiedlichen Zug- und Druckbelastbarkeit von Eibensplint und Kern.
 
Pfeile liegen auf der falschen Seite usw. Schießhandschuhe sind meines Wissens als Fund nicht nachgewiesen und ich meine die einzige Abbildung eines Schießhandschuhs ist der auf der Black Zamora Tapestry . Spätes 15 Jhd.
Du meinst einen speziellen Schiesshandschuh wie auf diesem Bild von 1504? ‘’Schifffahrt der Hl. Ursula“ von Hans Burgkmair dem Älteren http://tarvos.imareal.oeaw.ac.at/server/images/7016970.JPG
 
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Zitat von »Dave« Die Details sind sehr aufwändig ausgearbeitet, aber die angesprochenen Helme sind ja auch eher als "künstlerische Freiheit" zu bezeichnen ( korrigiert mich bitte, falls es dafür Belege geben sollte).
Ich denke Dave meint diese Helme: XXXXXXXXXXXXXXXXXXXX Pic wurde wegen Verletzung der Copyrights gelöscht . Grüße . petrus (Quelle:http://upload.wikimedia.org/wikipedia/co…t_Sebastian.jpg) Der Helm links sieht schon mal sehr lustig aus :D (erinnert mich ein wenig an die Elbenhelme aus Herr der Ringe) Den Sinn des Helms rechts (Stachelkranz versteh ich nicht so richtig, würde ihn aber eher als unpraktisch einordnen. 8| Täusche ich mich, oder sind die Federn das Pfeils "spiralig" angeordnet?
 

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