P
Perchta
Guest
Typisch Markt-Mittelalter I: Der Jäger Dies ist der Versuch, ein paar beliebte Einsteiger-Rollen, über die im Forum schon mehrmals diskutiert wurde, kurz zusammenzufassen. Auch wenn bei Mittelaltermärkten normalerweise die Devise gilt "Erlaubt ist, was gefällt", schadet es doch nichts, über die historischen Hintergründe (oder das völlige Fehlen eines solchen) wenigstens ungefähr Bescheid zu wissen. Zumal auch viele Marktbesucher und Markt-Gruppen Wert auf historische Korrektheit legen möchten. Vielleicht ergibt sich für den einen oder anderen ja eine neue Anregung. Anmerkung: Da ich selber nur oberflächliches Wissen zum Mittelalter und keines zum Lagerleben mitbringe, bin ich für alle Ergänzungen und Korrekturen dankbar. Gerade, was häufige Fehler und verbreitete Klischees angeht. Der Jäger, den man auf Mittelaltermärkten antrifft, erinnert äußerlich oft ein bißchen an Errol Flynns Robin Hood: Gekleidet entweder in grün oder in Leder, mit kniehohen Wildleder-Schnürstiefeln und einem Filzhütchen auf dem Kopf, an dem vielleicht noch eine Feder steckt. Dazu ein Bogen in der Hand, ein Jagdhorn am Gürtel und ein Köcher mit Pfeilen auf dem Rücken, fertig. Eins vorweg: Historisch korrekt ist das nicht. Aber Robin Hood ist ja auch keine historisch nachweisbare Figur, insofern darf der Kerl sich so anziehen. Allgemeines zur Jagd: Die Jagd war seit der Jungsteinzeit für die Ernährung der Bevölkerung mehr oder minder bedeutungslos. Seit der Mensch seine Lebensweise auf Ackerbau umgestellt hatte, lebte er auch vom Ackerbau. Jagd war Sport, und für Sport hatte im allgemeinen nur die Oberschicht genug Zeit und finanzielle Mittel. Im Frühmittelalter, bei den "barbarischen Germanen" der Völkerwanderungszeit und der folgenden paar Jahrhunderte, möchte man vielleicht spontan am ehesten vermuten, daß die Jagd noch größere Bedeutung gehabt haben könnte. Der archäologische Befund spricht aber eine ganz andere Sprache. Die Überreste von Wildtieren, die man in Siedlungen fand, machen im Höchstfall ein paar Prozent, oft sogar nur Zehntelprozente aus. Im Hoch- und Spätmittelalter dagegen kann es berufsmäßige Jäger durchaus gegeben haben. Diese streiften allerdings nicht frei durch die Wälder, sondern standen im Dienst des Adels oder im Spätmittelalter wohlhabender Bürger. Das Jagdrecht zu besitzen war ein großes Privileg. Man ließ sich diesen Sport entsprechend auch einiges kosten. Die Jäger mußten im Alltag eng zusammenarbeiten mit den Hundeführern und -ausbildern und den Aufsehern über die Tiergehege, teilweise vielleicht auch deren Aufgaben mit übernehmen. Leider kann man für diese Zeiten keine allgemeinen Bekleidungstipps geben. Die regionalen und zeitbedingten Unterschiede sind dabei einfach zu groß. Also am besten erst einmal auf eine Zeit und Region festlegen und von da aus weiter nachforschen, was die Leute anhatten. Allgemeines zur Lederkleidung: Leder war als Material für Bekleidung und Rüstung bei weitem nicht so verbreitet, wie Hollywood und Fantasy-Romane uns glauben machen wollen. Es bietet vergleichsweise wenig Schutz und wurde für zu viele andere Dinge benötigt, als daß sich jeder Hinz und Kunz seine Klamotten daraus hätte machen können. Wenn man also gerne "echt" mittelalterlich herumlaufen möchte, sollte man es sich zweimal überlegen, bevor man den ledernen, nietenbesetzten Brustpanzer aus dem Internet-Shop tatsächlich kauft. Ganz egal wie cool er aussieht. ^^ Threads, in denen dieses Thema bereits im Forum diskutiert wurde, als Quer-Referenzen: [*] Gewandung eines Jägers (Früh-MA) [*] Jägergewandung ca.1250 *Edit: Tippfehler verbessert*
Zuletzt bearbeitet: