Black Jack, der Urvater aller Bierkrüge

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LotlBotl

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Das Probelager am Samstag habe ich mal dazu genutzt unter Marktbedingungen zu handwerken. Ich habe zwar weder Tisch noch Stuhl und sitze auf einem kleinen Teppich den ich auf dem Boden ausgebreitet habe und mit einem Brett auf dem Schoß um mir die Ahle nicht selbst ins Bein zu rammen, funktionieren tut es aber einwandfrei soweit. Keinen Stuhl haben ist bestimmt "A". Rausgekommen ist nun das hier: http://fs2.directupload.net/images/150804/khyuheht.jpg Ein sogenannter Black Jack, ein lederner Bierkrug. Man geht davon aus, dass das die Urform aller Bierkrüge ist. Manche WIssenschaftler vermuten bei dem typischen hochmittelalterlichen Becher mit Bauch und langem Hals sogar eine keramische Imitation davon, da auf Einzelstücken sogar die Naht nachgeahmt sein soll, Tatsache ist aber, dass genau diese Form in England universell vom Frühmittelalter bis etwa 1850 in allen Ständen nachweisbar ist, während andere Formen zeitlich begrenzter waren. Lederne Bierkrüge gab es im Mittelalter vermutlich wirklich nur in England, da englische Keramik einfach nichts getaugt hat. Einzelstücke finden sich noch in französischen Museen, sind aber entweder Importware oder Versuche diese 1:1 nachzubauen und von deutlich schlechterer Qualität. Wer sich auf dem Festland keine Keramik leisten konnte, schnitzte sich seine Becher und Schalen aus Holz. Abgedichtet ist der Krug mit Fasspech und fasst über ein volles Pint. Es ist verbrieft dass Wirte, die mehr Fasspech als nötig in ihre Krüge gefüllt haben, um den Füllstand zu manipulieren, an den Pranger gestellt wurden, darum bin ich ganz zufrieden dass es etwas mehr ist, dann ist auch Platz für Schaum da. So sieht das von innen aus, man beachte wie glatt die Oberfläche ist und wie schön Wasser abperlt: http://fs2.directupload.net/images/150804/2u44sjor.jpg Damit der Black Jack auch wirklich schwarz ist, habe ich ihn mit Ruß eingefärbt, das zieht gut ein und das Leder muss zum formen sowieso gewässert werden. Besonders feinen und gleichmäßigen Ruß bekommt man als Tuschesteine für Kalligraphie, so einen habe ich auch benutzt. Danach wurde der Krug ordentlich mit flüssigem Wachs eingestrichen das im Ofen bei 70 Grad einziehen durfte, der Rest wurde sorgfältig auspoliert. Leider hat der Krug beim Pech einfüllen wie meine erste Flasche einen Hitzeschaden abbekommen, ich war mir sicher der wäre vollkommen trocken, da habe ich mich wohl geirrt. Glücklicherweise ist das aber unter dem Standfuß, da sieht man es wenigstens nicht: http://fs1.directupload.net/images/150804/o5hu7h2e.jpg Jetzt wo ich langsam das richtige Gerät dazu habe, ist die Herstellung schon deutlich einfacher, an der Übung liegts vielleicht auch ein wenig. Ich könnte mir jedenfalls durchaus vorstellen ein paar davon für den Verkauf herzustellen. Ich überlege jedenfalls gerade eine ganze 3mm Blanklederhaut zu kaufen. Was meint ihr, verkauft sich sowas oder muss ich am Ende eine Kneipe aufmachen?
 
Versuchs doch erst mal mit Tausch unter Freunden. Dann siehst Du wie der Absatz ist. Leder ist nicht meine Baustelle, aber macht es Sinn eine ganze Haut zu verarbeiten ? Die ist doch unterschiedlich dick.
 
Leder wird auf die richtige Dicke gespalten und geschliffen, der Rest wird dann als Spaltleder verkauft, Schleifstaub wird zu "Echtledergürteln" gepresst. Die Abweichung in der Dicke ist also recht gering, das macht bei solchen Arbeiten keinen Unterschied. Eine ganze Haut ist allerdings ca anderthalb Quadratmeter groß, zwar günstiger als Zuschnitte, aber eben eine ordentliche Investition. Und da ich nicht aus so vielen Bechern trinken kann wie ich gerne basteln würde, frage ich mich eben, ob sich sowas verkaufen würde. Tauschen finde ich gut, allerdings kenne ich keine Handwerker persönlich.
 
Ein sehr interessantes Thema! :thumbup:
Ein sogenannter Black Jack, ein lederner Bierkrug. Man geht davon aus, dass das die Urform aller Bierkrüge ist. Manche WIssenschaftler vermuten bei dem typischen hochmittelalterlichen Becher mit Bauch und langem Hals sogar eine keramische Imitation davon, da auf Einzelstücken sogar die Naht nachgeahmt sein soll, Tatsache ist aber, dass genau diese Form in England universell vom Frühmittelalter bis etwa 1850 in allen Ständen nachweisbar ist, während andere Formen zeitlich begrenzter waren. Lederne Bierkrüge gab es im Mittelalter vermutlich wirklich nur in England, da englische Keramik einfach nichts getaugt hat. Einzelstücke finden sich noch in französischen Museen, sind aber entweder Importware oder Versuche diese 1:1 nachzubauen und von deutlich schlechterer Qualität. Wer sich auf dem Festland keine Keramik leisten konnte, schnitzte sich seine Becher und Schalen aus Holz.
Ich möchte dich erneut darum bitten - zur Erhöhung der Fachlichkeit im Forum und der zudem deutlich verbesserten möglichen Eigenrecherche für "tiefgründiger Interessierte" - deine Beiträge mit Quellen zu versehen. Du wirkst gut informiert, jedoch ist es für einen Leser - der in dem Thema nicht bewandert ist - so nicht möglich zu erkennen ob das geschriebene auf historischen Tatsachen beruht, oder frei erfunden wurde. Danke für dein Verständnis! :trink02 Ich wünsche dir weiterhin viel Schaffenskraft für deine interessanten Bauprojekte! :thumbup:
 
Leder wird auf die richtige Dicke gespalten und geschliffen, der Rest wird dann als Spaltleder verkauft, Schleifstaub wird zu "Echtledergürteln" gepresst. Die Abweichung in der Dicke ist also recht gering, das macht bei solchen Arbeiten keinen Unterschied. Eine ganze Haut ist allerdings ca anderthalb Quadratmeter groß, zwar günstiger als Zuschnitte, aber eben eine ordentliche Investition. Und da ich nicht aus so vielen Bechern trinken kann wie ich gerne basteln würde, frage ich mich eben, ob sich sowas verkaufen würde. Tauschen finde ich gut, allerdings kenne ich keine Handwerker persönlich.
Auch bei vegetabilen Leder ? Oder hast Du mit modernem Leder gearbeitet ? Bevor Du in die Groß Produktion ein steigst, solltest Du recherchieren, was die Konkurrenz macht, was es bei denen kostet (Blick nach Osteuropa) und ob Du dafür arbeiten magst/kannst. Man kann natürlich schlecht mit den Krügen als Zahlungsmittel auf eine Messe gehen und shoppen, aber so wie Du Krüge machst, machen andere Darsteller auch Ausrüstung selbst, und da fängt der Tausch an - Krug gegen handgenähte Tasche zB.
 
Möchte mich da mal Ritter Erasco anschließen, eine Bild-/ Quellenangabe wäre nicht verkehrt... Denn, um mal ganz ehrliche Kritik zu üben...: So für sich gesehen, sieht der Becher / Humpen / Pint / Pott nämlich "potthäßlich" aus... Aaaber möglicherweise ist es ja gerade das, was zu der Authenzität beitragen könnte... Nicht nur für den Becher an sich, sondern auch für die Enstehung des Begriffes "potthäßlich"... (die noch fehlende Bild-/ Quellenangabe würde dabei ungem. helfen) Also würde er von daher schon wieder richtig gut aussehen, vor allem dann, wenn Du diese Teile mit einer solchen dazugehörigen Erklärung + einem kleinen Augenzwinkern zum Tausch / Verkauf anbieten würdest... ;) ^^ Was mir persönlich noch ein bißchen mißfällt, ist der etwas unsauber ausgeschnittene Henkel und die Schräge vom Becherrand, aber unter der Prämisse, daß Du den unter Lagerbedingungen ohne Tisch und Stuhl gebaut / zugeschnitten und vernäht hast, wohl ok... :) LG Halfdan Horntrinker P.S.: Quellenangabe dazu, und ich tät wohl einen od. zwei eintauschen wollen...
 
Das Standardwerk zu diesem Thema ist wohl "Black Jacks and Leather Bottells" von Oliver Baker aus dem Jahr 1925, herausgegeben in einer Auflage von 250 handsignierten Exemplaren. Neuere Ausarbeitungen gibt es nicht wirlich, zumindest nichts bekanntes, da mag das Interesse nicht so groß sein, also bleibt dieses alte Werk weiterhin gültig. Viele Englische Museen haben umfangreiche Sammlungen, aber auch Universitäten und Krankenhäuser, die diese früher selbst benutzt haben. Bei scribd.com gibts das Buch (bis auf ein Eselsohr) vollständig lesbar: http://de.scribd.com/doc/17757966/Baker-Oliver-Black-Jacks-and-Leather-Bottells#scribd Das mit dem Oberen Rand ist tatsächlich so beabsichtigt, das entsteht indem man den unteren Rand für den Boden rund zuschneidet, den oberen Rand aber gerade lässt. Das sieht man bei vielen Originalen dieser Bauart auch, besonders natürlich bei denen die mehrere Liter fassen wo der Rand noch extra feucht zu einem Schnabel geformt wurde, aber auch bei Pints, die ja nicht als Schankkrüge gedacht sind. Der einzige mir bekannte kommerzielle Anbieter solcher Krüge in heutiger Zeit, Hide Bound Ltd., hat diese Randform auch übernommen, vermutlich aus den gleichen Gründen wie bei mir, weil die nochmal besonders urig aussieht, wobei ich schade finde dass die den Boden nur einfach vernähen und ihre Krüge nicht ausbeulen, was bei den Originalen ja doch charakteristisch ist. Ich glaube die machen auch die Lederkrüge die man im Mary Rose Museum kaufen kann. http://www.hidebound.co.uk/multiperiod.htm Ich hab vegetabiles Leder im Zuschnitt aus einer Frankfurter Lederfabrik benutzt, das war zumindest sehr gleichmäßig, also gehe ich davon aus dass das wie andere Leder verarbeitet wird und dann auch eine ganze Haut ähnliche Qualität haben sollte. Ich denke ich bestell einfach nochmal was davon, ist allerdings gerade wieder teurer geworden, da bleib ich erstmal bei Zuschnitten. Großproduktion solls ja eh nicht werden nur ein paar mehr um besser zu werden, aber wäre ja schade wenn die dann bei mir zuhause verstauben. Schaun wir mal was ich auf den nächsten Märkten so zusammenbastel, vielleicht ist da dann ja was für Halfdan dabei. Ich geb mir auch besondere Mühe beim Henkel.
 

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