Panzerreiter
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[font='Tahoma,Helvetica']Das Wetter war schön, der Terminkalender frei und die Gattin halbwegs gut gelaunt, also mehr oder weniger spontan die beiden Ottonenfreunde ins Auto gepackt und nach Bärnau in den Geschichtspark gefahren. 1. Anfahrt Bärnau ist zwar nicht der Arsch der Welt, aber wenn man sich auf die Zehenspitzen stellt, kann man ihn von dort aus sehen. Trotzdem ist der Park von uns aus, vorausgesetzt, man hat mehr Glück als wir mit Staus auf der A73, in knapp 2 Stunden zu erreichen. A6, A93, dann noch etwa 20 Minuten Überland bis fast an die tschechische Grenze. 2. Setting Der Geschichtspark baut um eine Hochmotte aus dem frühen Mittelalter ein Dorf aus der gleichen Zeit auf. Vorhanden sind derzeit: - die hölzerne Hochmotte - ein Grubenhaus - ein Blockhaus - ein Pfostenhaus - ein Reetdachhaus - ein Langhaus im Bau. - ein Vorratshäuschen im Bau Eine Ecke des Parks soll dem Hochmittelalter gewidmet werden, quasi als kleiner Ausblick in die Zukunft. Dort steht derzeit nur ein kleines "Standard"-Haus. Die Gebäude werden teilweise von LivingHistory-Gruppen in Patenschaft errichtet und regelmäßig belebt. Die Pläne für die nächsten Gebäude sind durchaus ambitioniert, u.a. soll ein Gasthaus/Schänke errichtet werden, allerdings nur für die Bewohner des Parks, nicht für die BEsucher (Da macht das Gesundheitsamt nicht mit) 3. fachlicher Eindruck Sehr gut. Die involvierten Gruppen sind durchaus der gehobenen Klasse zuzuordnen, die Gebäude machen einen ordentlichen Eindruck, sowohl vom historischen Standpunkt aus gesehen wie auch vom handwerklichen. Absolute No-Gos fielen mir, soweit ich das beurteilen kann, nicht auf, wenngleich ich bei ein oder zwei, den Besuchern erklärten, Standardklischees grinsen musste. ("Einzig der Hausherr schlief in einem Bett, alle anderen Bewohner mussten auf dem Boden schlafen...")
4. didaktischer Eindruck Brauchbar. Die anwesenden Leute waren gut und durchaus auskunftsfreudig. Das Ensemble, auch wenn gerade erst am Anfang und noch sehr knapp bestückt, macht Lust auf mehr. Durch die Belebung wirkte das Ganze auch nicht museal-steril, sondern eben lebendig. Apropos lebendig: Tiere sind ebenfalls vorhanden, im Augenblick eine kleine Herde noch etwas scheue Schafe und zwei prächtige Wollschweine. Geplant ist aber noch mehr. Aus Sicht dieses einen Besuchs wären etwas mehr Mitmachmöglichkeiten für Besucher wünschenswert gewesen; ich weiß aber nicht, was da sonst so im didaktischen Konzept vorgesehen ist, möglicherweise war das auch nur diesen Sonntag bewusst nicht geplant. Jedenfalls kann man museumspädagogisch/-didaktisch in dieser Umgebung eine Menge machen und der Cheffe sieht aus, als ob er da durchaus offen ist für vieles. 5. Diverses Ich dachte eigentlich, wenn man ein Mittelalterdorf gezielt in einem derart dünn besiedeltem, ländlich strukturiertem Gebiet (ich bilde mir ein, mich weiter oben etwas ungewählter ausgedrückt zu haben) lokalisiert, wäre es problemlos machbar, das Gesamtambiente störende moderne Elemente zu vermeiden. Irgendwie schafft es nun aber das größenmäßig doch eher bescheidene Örtchen Bärnau, den Geschichtspark gut sichtbar zur Hälfte zu umgeben. Und Solardächer, landwirtschaftliche Silos, Stromleitungen oder fünfstöckige Mietshäuser mit Satellitenschüssel an jedem Balkon stören das Gesamtbild des mit Auge für's Detail aufgebauten Ensembles doch schmerzhaft. Da hätte man den Park gleich neben einer Metropole ansiedeln können. Denn da sehe ich für die Zukunft ein Problem: Für Gelegenheitsbesucher wäre der Geschichtspark ein durchaus lohnendes Ziel, ähnlich Bad Windsheim, wenngleich natürlich in viel kleinerem Maßstab. So aber ist man auf Dauer auf gezielt interessierte Besucher angewiesen, die extra den weiten Weg auf sich nehmen und hinfahren. Bis jetzt ist der Park gut besucht, aber das dürften so kurz nach der Eröffnung zu einem nicht unerheblichen Teil die Leute der näheren Umgebung sein, die mal sehen wollen, was es da bei ihnen so Neues gibt. Die könnten in Zukunft wegfallen. So bleibt also zu hoffen, dass der Geschichtspark Bärnau nicht das Schicksal anderer, ähnlicher Projekte teilt und sanft entschläft. Es ist ein vielversprechendes Objekt, das derzeit einen sehr guten Eindruck macht. Ich jedenfalls werde wohl jährlich nachsehen, was sich alles getan hat und was es Neues gibt. Den Besuch kann ich durchaus empfehlen.[/font]