Nähen .... Fachleute oder Laien

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Dass es viele Nähnadeln gab, ist mir schon klar; so weit bin ich mit meinen bisher eher oberflächlichen Recherchen auch schon gekommen. Hat ja jeder Kleidung getragen, muss also viel davon hergestellt worden sein. Der Besitz allein sagt aber nicht unbedingt viel über die Nutzung aus. Vgl. Nähmaschinen im Haushalt heute: viele haben eine, nähen aber kaum je (obwohl die Maschine nicht billig ist!). Wer hat die Nadel tatsächlich benutzt? Eine Grabbeigabe sagt da viel aus. Fand man bei einer von 10 oder bei vielen Frauen Nadeln? Gibt es Quellen, in denen solche Angaben zu finden sind? (Ich habe keine Scheu vor teuren Büchern, aber sie sollten ihr Geld wert sein = solide Auskunft geben!) Meine ganz persönliche Arbeitshypothese ist die einer weitgehenden Arbeitsteilung der mittelalterlichen Gesellschaft mit einem großen Anteil von nachbarschaftlicher Hilfestellung, wie es bis vor gar nicht langer Zeit auf dem Land üblich war: Du bringst mir deine Flickwäsche und ein paar Eier, oder du gräbst ein wenig in meinem Garten um. Für eine Lage Brennholz mach' ich dir auch ein neues Gewand. Da wüßt' ich halt gerne mehr dazu... möglich? Ausgeschlossen? Ist da was überliefert? Kann mir jemand eine sichere Quelle nennen?
 
Quellen zur einfachen Lebensweise wird man für diese Zeit kaum finden, da es eher unüblich war, Tagebuch zu führen bzw. das (uninteressante) Leben der arbeitenden Bevölkerung aufzuschreiben. Überliefert sind eher die Heldentaten der hohen Herrschaften (die diese nicht selten selbst in Auftrag gegeben haben) bzw. Kalender, die den jahreszeitlichen Wechsel der Feldarbeit dokumentieren. Sicherlich könnte es so gewesen sein, dass sich Frauen in Gemeinschaften mit Näharbeit ein Zubrot verdienten, genauso wie es Hebammen, Kräuterfrauen, Bäckerinnen, Weberinnen und sicherlich auch Schäferinnen gab. Ich glaube nicht, dass alle Schafe hatten, diese selbst schoren, die Wolle verarbeiteten, webten und dann selbst schneiderten. Auch in dieser Zeit gab es mit Gewißheit Fachleute. Es wird in kleineren Gemeinschaften aber auch Laien gegeben haben, die alles selbst machten. Denkt nur mal an Einsiedeleien. Aber darüber nachzudenken/ zu disskutieren erfordert einen neuen Thread. Wir sind hier immer noch bei der Nähtechnik. Kleiner Tipp für Anfänger: Ich bevorzuge bei normalen Nähten immer noch eine annähernd gleiche Garnfarbe wie beim Stoff. Für Ziernähte benutze ich dann aber auch andere Stiche (z. Bsp. Kettstich) Kontrastfarben sollte man wirklich erst benutzen, wnen man etwas Übung hat. Ich stand letztens vor dem Problem, dass ich einen dunkelblauen Seidenmantel, der innen mit gelber Seide gefüttert war, versäubern musste. Also entweder mit einfachem Stich in dunkelblau, so dass es oben nicht zu sehen ist. Dann sieht man aber ggf. unregelmäßige Stiche in dunkelblau auf dem gelben Innenfutter. Ich habe mich dann für einen gelben Seidenfaden entschieden, der auf dem Futter kaum zu sehen ist. Auf dem blauen Stoff bin ich dann komplett mit einem ganz feinen Kettstich rumgegangen (bei 7 m Stoffumfang und Stiche in 2-mm-Abstand hat das 4 Tage gedauert) Aber daran muss man sich nunmal gewöhnen - entweder schnell und unsauber oder geduldig und ordentlich. Und glaubt mir, ich will immer gerne schnell fertig werden - Geduld wurde mir auch nicht in die Wiege gelegt. Ich nähe von Hand seit ca. 3 Jahren. Aus eigener Erfahrung kann ich sagen - übt einfach, es wird besser!
 
Wie Mara schon sagt: Die Quellenlage ist eher spärlich. Hinzu kommt, dass Grabbeigaben bei christlichen Bestattungen eher unüblich sind. Daher nimmt mit zunehmender Ausbreitung des Christentums die Möglichkeit der Zuordnung ab. Und an einer Nadel lässt sich nun mal nicht ablesen, ob die primär zum Nähen neuer Kleidung oder hauptsächlich zum Flicken gebrauchter eingesetzt wurde. Was bleibt sind einzelne Schlaglichter:
  • Die Hausbücher im Spätmittelalter z. B., die verschiedene Berufe zeigen und aus denen wir wissen, dass es in dieser Zeit professionelle Schneider gab,
  • Die Zunftordnungen, aus denen man das Gleiche ablesen kann, die aber erst im späten Hochmittelalter aufkamen,
  • Briefe und Kleiderlisten ("hat daundda soundso viele Sachen fertigen lassen),
  • Heiligenlegenden (aus denen man z. B. weiß, dass die Klarissinnen in Assisi die Kutten für die Mönche genäht haben).
  • Erwähnungen in Romanen der Zeit, auch wenn das wieder hauptsächlich die Oberschicht betrifft (aber wenn im Nibelungenlied die Männer vor jeder Fahrt zu den Frauen gehen, um sich neue Gewänder anfertigen zu lassen, kann man daraus rückschließen, dass wenn schon für den Adel keine eigenen Schneider da sind, die "unteren Schichten" erst recht keine haben).
  • vereinzelte Bilder und Miniaturen, wie z. B. dieses: tarvos.imareal.oeaw.ac.at/server/images/7008251.JPG [Quelle: Imareal], auch wenn das wieder Damen der Oberschicht zeigt.
Und noch ein kleiner Mutmacher für Nähanfänger: Auch im Mittelalter sind längst nicht alle Kleidungsstücke sauber genäht. Auf Musterrapporte legte man kaum Wert und die Nähte sind auch bei den Originalen z. T. krumm und schief. Auch damals schon gab es offenbar gute und weniger gute Näher(innen). 8)
 
Quelle für Handarbeitssachen z. Bsp.: "Krone und Schleier, Kunst aus mittelalterlichen Frauenklöstern" Ausstellungskatalog "Die frühen Klöster und Stifte 500- 1200" und "Die Zeit der Orden 1200 - 1500" (Kunst- und Austellungshalle Bonn und Ruhrlandmuseum Essen), Hirmer Verlag GmbH, München 2005, ISBN: 3-7774-2565-6
 
@Mara Danke. Ist bestellt. Hinweise auf solche Werke suche ich! Sicher gibt es da noch Einiges, dass ich einfach noch nicht gefunden habe. @Eilika Hattest Du ein ganz bestimmtes Bild gemeint? Die Datei kenne ich, habe da aber wenig zu meinem Thema finden können.
Nähte sind auch bei den Originalen z. T. krumm und schief
Gibt es Bilder, auf denen Nähte zu erkennen sind? Würde mich über einen Hinweis freuen. Wo ich, bspw. bei Kania, überhaupt Nähte erkennen kann, lassen die auf eine geübte Hand schließen.
 
@ Turmeule Nein, ich habe kein bestimmtes Bild gemeint. Was die Nähte angeht: Schau' Dir mal die Hafenfunde von Haitabu genauer an. Oder die aus der Themse in London. Oder schau' Dich, wenn Du bei Facebook bist, in der Gruppe "Reenactment clothing and textiles" um.
 

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