Schuh aus York, 10. Jh.

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Martino

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So, nach langer, langer Zeit hab ich mich endlich mal wieder an einen Wendeschuh gemacht. Dafür hab ich mir diesmal einen Schuh aus: Mould, Q., Carlisle, I. and Cameron, E. (2003) Leather and Leather-working in Anglo-Scandinavian and Medieval York, The Archaeology of York AY17/16 ausgesucht. Interessant daran ist die Art und Weise wie das einteilige Oberleder and die Sohle angenäht wird, nämlich mit einer Tunnelnaht auf der Sohle (außer an der dreieckigen Fersenverlängerung). Das bewirkt, dass die Naht, bzw. der Rand des Oberleders etwas weiter vom Boden wegkommt. Sieht fast aus wie der Einstechdamm bei modernen Schuhkonstruktionen rahmengenähter Schuhe. Gestern habe ich den Schnitt vorbereitet, das Leder ausgeschnitten und angefangen die Sohle vorzustechen. Heute bin ich mit dem Zusammennähen von Sohle und Oberleder fertig geworden und habe den Schuh gewendet. Jetzt ist erst mal trocknen angesagt, morgen komme ich hoffentlich dazu weiter zu machen. Den Schuh probiere ich in einer relativ stabilen Ausführung - Oberleder (Kalb) mit ca. 3-4mm, die Sohle (Rind) hat ca. 4-5 mm. Hier der momentan dokumentierte Stand: http://sutor.jimdo.com/shoes/medieval-shoes/york-style-4a1/
 
Sehen schon super aus, bin gespannt auf das fertige Werk. Da meine Schuhe bald durch sind, werde ich mich in diesem Jahr auch wieder ans nähen machen. Werde für meine Jorvik Darstellung auch ein Paar aus genanntem Buch machen. Gerade dieser Tunnelstich macht es spannend sie zu nähen. Ist es schwieriger das Leder durch den Tunnel zu vernähen als bei der üblichen Stichtechnik? Die Sohle sieht etwas schmaler aus als die Modelle aus dem AY17/16, bei diesen finde ich die Sohle oft extrem breit und etwas unförmig.
 
Es ist nicht unbedingt schwieriger sie so zu vernähen, aber die Vorbereitung der Sohle ist etwas aufwendiger finde ich. Und ja, ich habe die Sohle etwas schmaler gemacht, meinem Fuß entsprechend. Auch etwas stärker tailliert. Es sind aber nicht alle so überbreit, siehe z.B. die Funde der Seiten 3303 (an den ich mich anlehne), 3309 oder 3315.
 
Schaut sehr gut aus!! Sauber verarbeitet. Ist aber auch eine intressante Methode die Sohle vorher schon einzustechen. Ich stech immer erst ein wenn der Schaft ausgezwickt ist..
 
Hi Lycidas, ist auch eine Möglichkeit :) Aber speziell beim Tunnelstich hat man beim Vorstechen besser die Möglichkeit, das Sohlenleder über eine Kante entgegen der Krümmung des Tunnels zu biegen. Auf diese Weise kann man mit einer kaum gebogenen, ggf. sogar mit einer geraden Ahle die Tunnel zu stechen. (war das jetzt nachvollziehbar?) Mir kommt es auch etwas schneller vor, weil einfach weniger Werkzeugwechsel erforderlich sind.
 
Lehrgeld! Verd.... - jetzt hab ich den blöden Schuh verkehrt herum gebaut. Wer lesen kann .... Interessanterweise wurde diese Art von Schuhen nämlich mit dem Verschluß an der Innenseite hergestellt und nicht, wie man (ich) etwa vermuten könnte an der Außenseite. Hm, hm, hm, blöde Sache das. Da bewahrheitet sich wieder mein alter Spruch, dass das erste Paar eines neuen Schuhtyps immer aus drei Schuhen besteht - nach dem ersten weiß man wies geht :p Naja, jetzt mach ich ihn erst mal fertig, demnächst gibts die Bilder für diejenigen, die's interessiert.
 
Schöne saubere Arbeit, aber das mit dm Verschluß ist schon blöd. Könnte aber von mir sein. ;) Mach ihn wieder ab und tausche die beiden Schäfte.
 
Danke für den Tipp für das Stechen der Tunnel, hätte es vermutlich mit einer gebogenen Nadel versucht. Habe mir vor Jahren den "Klassiker" aus York genäht (noch ohne den Tunnelstich), 1640 (S. 3306) mit zwei Laschen. Aus damaliger Unkenntnis sitzen diese auch außen, und ich muss sagen es ist unbequem sie zu schließen; innen sind sie viel sinnvoller angebracht. Bei meinem aktuellen Sohlenschnitt ist die spitz zulaufende Fersenspitze etwas eingerückt. Vom Verlauf der Sohlnaht her wird die Sohle etwas über die Naht überstehen und diese dadurch schützen. Konnte mich auch nicht so richtig zu den ganz breiten Sohlen durchringen und habe sie etwas taillierter gemacht. Der Schuh auf Seite 33015 ist ja schon aus dem 11-12 Jhd., da werden die Sohlen eleganter.
 
Danke Martino, war sehr verständlich erklärt. Jonst, dafür gibts ja auch gebogene Ahlen ;) Ich werds beim nächsten Wendeschuh mal auf diese Art versuchen ^^ Jetzt stehn aber leider doch erstmal noch einige andere an
 
So, fertig so weit erst mal. Es gibt noch ein paar zusätzliche Fotos für alle interessierten: http://sutor.jimdo.com/shoes/medieval-shoes/york-style-4a1/ Ich hab's jetzt bei dem "falschen" Verschluß (also außen statt innen) belassen, irgendwann .... Interessant war für mich wieder ein bisschen in die Wendeschuhmacherei reinzukommnen. Viel habe ich da ja noch nicht gemacht und es gibt noch einiges an Erfahrung zu sammeln. Ich glaube für den nächsten werde ich entweder den (modernen) Leisten noch etwas umbauen oder aber gleich einen eigenen, neuen machen. Das braucht aber noch etwas Recherche. Der moderne Leisten wie er jetzt ist, ist mir vorne zu voluminös, so viel Zehenwackelfreiheit wie in modernen Schuhen hat es damals einfach nicht gehabt wie mir scheint. Die Sprengung macht keine Probleme, aber das hatte ich nach meinen Erfahrungen bei den römischen Schuhen auch nicht erwartet. Demnächst hoffentlich mal wieder einen Yorker Treter :)
 

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