Ich bin irgendwie von Anfang an davon ausgegangen, dass Gambi ungleich Gambi ist. Ich meine: in den paar hundert Jahren zwischen Kreuzzügen und 100jährigem Krieg wird man wohl verschiedene Typen entwickelt haben, die für verschiedene Nutzungen verschieden geeignet waren, oder nicht? Dass eine gesteppte Textilrüstung um 1100 in Dänemark mit Werg und Walroßborsten gestopft, um 1300 unter dem Reiterkettenhemd mehrere Lagen Leinen und Wollfilz, zur selben Zeit beim Fußsoldat ohne Kettenhemd einfach x Lagen Leinen und 1450 nur noch drei Lagen Leinen mit Schulterpolsterung aus Roßhaar - all das schließt sich doch nicht gegenseitig aus. Die weiche Polsterung unter dem Kettenhemd alleine zu tragen macht weniger Sinn, als eine tendenziell gleich aussehende Rüstung deren 10 Lagen festes Leinen auch ohne Verkleben schon ordentlichen Schutz bieten. Und natürlich kann man auch Polstergambeson+Kettenhemd+Rüstgambeson tragen. Denn die perfekte Rüstung gibt es sowieso nicht. Rüsten ist doch immer ein Kompromiss aus Schutz, Beweglichkeit und Kosten, der je nach Lage anders ausfallen kann. Ein 10-Lagen-Leinen-Panzer schützt vielleicht nicht gegen Pfeilbeschuss aus 10 Metern oder der Reiterlanze aus dem vollen Galopp, aber vor vom Helm abprallenden Schlägen, verirrten Pfeilen, schnellen Rückhandschlägen und er ist dabei billig und leicht. Ich gebe zu: Von Ballistik und Physik allgemein habe ich keine Ahnung. aber es geht nicht um absoluten physikalischen Schutz, sondern um relativen. Sich dank Schild/Kampfkunst nicht direkt treffen lassen ist immer noch die beste Wahl. Erst dann kommt die Rüstung. Zu C45H:
Quelle ist laut eines Bekannten "The Morgan Picture Bible" der "The Morgan Library & Museum" (New York)
Klassischer Zirkelschluss! " The Morgan Picture Bible" ist nur ein anderer Name für die Kreuzfahrerbibel (auch
Maciejowski-Bibel oder gleich Ms M. 638 der Piermont Morgan Library, New York genannt) und aus der sind alle oben geposteten Bilder inklusive dem Threadaufhänger. Da kämpft ach kein Engländer gegen Engländer: Alles altes Testament. Dein Beispiel hört sich eher wie eine klassische Kriegslistgeschichte aus einer Rosenkriegschronik an, die man im Morgan Museum mit den hier besprochenen Abbildungen verknüpft hat und damit Informationen über die 2. Hälfte des 15. Jahrhunderts mit Bildern aus der 2. Hälfte des 13. Jahrhunderts belegt hat. Dasselbe Vorgehen, dass uns schon in dieser Diskussion nicht weiter gebracht hat. Zu Jungraban: Ich liebe WvE und Willehalm gehört dringend verfilmt, aber: Achtung! Von "üblich" zu sprechen, weil ein Romanheld etwas tut (zur Erinnerung: Derselbe wird diese Rüstung während den folgenden Wochen nicht ausziehen, einen Heiden als Knappen aufnehmen, sowie seinen König und dessen Gemahlin übel anpflaumen - war das üblich?) halte ich für gefährlich. Es war vielleicht vorstell-/denkbar, aber vielleicht auch ein Mittel um Exotik, Besonderheit, die große Not zu illustrieren. "Boah, der ist wirklich am Arsch. Erst verliert er alle seine Ritter inklusive seines Lieblingsneffen und jetzt muss er auch noch die Rüstung eines anderen Anziehen, um durch die feindlichen Reihen zu kommen. Und die Frauen müssen die Burg verteidigen... echter Ausnahmezustand, da brennt die Luft!" Ebenso bei dem Seidenhemd: Sobald etwas im mittelhochdeutschen Roman mehr als drei Verse beschrieben wird (was bei dem Hemd wohl der Fall sein wird), bin ich sehr geneigt diesen Gegenstand als herausragend und nicht alltäglich zu betrachten. Seine Einzelteile und Funktionen können auf realen Vorbildern beruhen, oder aus bekannten Geschichten übernommen sein (zum Beispiel über die Hunnen, von denen der gut unterrichtete Adelige wusste, dass sie solches Taten...), das Gesamtobjekt aber dürfte meist ziemlich fiktiv oder zumindest sehr exklusiv sein - so wie die Autos von James Bond. (Überhaupt finde ich, dass die James Bond Filme einen guten Vergleich für mittelhochdeutsche Romane bilden.) Worauf ich hinaus will: Textilrüstung über einem Kettenhemd (mit Textilpolsterung drunter oder nicht) zu tragen war zumindest um 1250 vorstellbar. In bestimmten Situationen wird es auch sinnvoll gewesen sein. Dies negiert andere Trageweisen nicht. Ebenso sind verschiedene auf die jeweilige Nutzung abgestimmte Konstruktionsweisen denkbar und aus den verschiedenen sich scheinbar unterscheidenden Konstruktionsbeschreibungen wahrscheinlich.