Wie dreckig war das Mittelalter?

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Da Seife schon SEHR lange bekannt ist, manche behaupten immer noch "die Germanen" hätten sie erfunden und diese Seifen nun den Kopfläusen gar nicht bekommen (ohne die Butter in den Haaren den Haaren auch nicht und nun Kämme in passenden Größen zum Fundgut gehören ( zumindest in den Gräbern Norddeutschlands gehören so was wie ein Reisenecessaire gefühlt in jedes Grab fürs FrüMi) und "Läusekämme" waren nun auch nicht unbekannt, war man schon gepflegt mit gepflegten Haaren und Händen. Was mit der Körperwäsche war??? Waschlappen und Handtücher sind schlecht zu identifizieren. In den Städten später gabs ja so eine Art Bäderkultur und Baden und Bader sowie Badestube haben wohl den selben Wortstamm. Der Straßen und Wegezustand dürfte so in etwa dem Standard der Straßen und Wege in Sibirien heute bzw in der ukrainischen Steppe entsprochen haben. Also sehr viel schlechtere Feldwege. Auch innerorts in den Dörfern... Was das zusammenleben mit Vieh angeht, die dreckigsten Viecher sind die Hühner und Gänse, die Jauche lief zu mindest im sächsischen Langhaus in einer Rinne nach draußen, der frische Mist wurde regelmäßig entfernt einschließlich der menschlichen Exkremente, da riecht dann nichts unangenehm (ist jetzt Geschmackssache, der Duft des Reichtums, sprich nach Kuh, geht definitiv nicht mit Waschen und Kochwäsche raus) Am saubersten und geruchfreiesten ist noch der Schweinestall der Zuchtsau und ihrer Ferkel, zumindest, wenn man das "Klo" der Tiere regelmäßig reinigt. Also täglich ein , zwei mal. Im Gegensatz zum Menschen sind Schweine nämlich sehr reinliche Tiere, brauchen eigentlich ihr tägliches Bad im Sommer und mögens auch im Winter, gebürstet und gereinigt zu werden. Und spätestens kurz vor Weihnachten ist/sind die Zuchtsauen alleine. Nur der Eber riecht ab Januar/Februar sehr streng. Also die Viecher mußten sich eher an den Geruch der Menschen als umgekehrt gewöhnen. Da man im Winter kaum in durchgeschwitzten Klamotten rum läuft, man kommt nicht in Schweiß , hält sich das aber bei mindest wöchentlichem Wechsel der Leibleinenwäsche auch in Grenzen. Und dann gibts noch den Rauch des Herdfeuers, der zwar auch nicht gesund ist, den aber Bakterien weniger abkönnen als Säugetiere. Alles in allem also eher "ordentlich", und da die Stoffe recht schmutzabweisend sind und recht einfach zu reinigen, ist wohl keiner lange dreckig rum gelaufen. Auch wenn das Hemd ne Woche oder länger getragen wurde. Später Wanzen und Kleiderläuse , naja, Luther war froh, das sein Käthchen für "ordentliche Verhältnisse" sorgte und den "verfaulten Strohsack "ersetzte und die Kammer kalken ließ, also im MA auch nicht das große Thema. Reisende hatten allerdings wohl das Problem , draußen zu frieren oder im Gasthaus zerstochen zu werden. Herbergen gibts aber auch erst im späteren MA.
 
also zur reinlichkeit kann ich auch was kleines beitragen: bei uns Hospis wurde jedes Krankenbett einmal die woche frisch bezogen mit neuen Laken. Das mach ich net so häufig^^
 
Ui! Beeindruckend. Ich mach das auch seltener... Kann man die Hospitaliter zu den Johannitern zählen? Wenn man dort Kontakt zum arabischen Raum und dessen Medizin hatte, war man in dieser Hinsicht sicher vorbildlich.
 
"Hygiene" ist ja nicht nur (sich) Waschen und Putzen. Dieser begriff beinhaltet ja eigentlich alles, was der Gesundheitspflege dient. Was hygienisch ist, dazüber gibt und gab es zu allen Zeiten unterschiedliche Erkenntnisse, die aus heutiger Sicht teilweise skurril wirken, damals aber durchaus sinnvoll waren. Umgekehrt ist nicht alles, was wir heutzutage als hygienischen Standard ansehen, wirklich gesund und sinnvoll. Die Standards ändern sich auch ständig. War es vor 20 Jahren noch quasi Pflicht, ein kleines Baby täglich zu baden und mit allerlei Pflegemittelchen einzureiben, wird heute das empfohlen, was Mütter schon vor Jahrhunderten machten: Das Baby mit Olivenöl einreiben und ansonsten so wenig wie möglich "einweichen". Zudem kommt es auch sehr darauf an, mit welchen Materialien man sich umgibt, wie oft man saubermachen muss. Möbel aus Massivholz, geölt oder gewachst, ziehen weitaus weniger Staub an als moderne ach so hygienische Kunststoffoberflächen. Man muss sie also nicht so oft abstauben. Gleiches gilt für Wohntextilien oder Wandfarben, -putz oder Tapete. Purer Naturstein, Lehmputz oder Holz (Blockbauweise) schimmelt seltenst, auch wenn nicht ständig gelüftet und durchgeheizt wird. Die Häuser damals waren auch nicht so abgedichtet wie heutzutage, sodass selbst bei geschlossenen Fenstern ein Luft- und Feuchtigkeitsaustausch gewährt war. Studien haben gezeigt, dass sich Bakterien auf Holzbrettern schlechter halten als auf Kunststoffbrettern. Gleiches gilt für Schüsseln - Voraussetzung ist, dass die Gerätschaften mehrere Stunden austrocknen können, bevor man sie wieder benutzt. Speziell in Wolle halten sich Gerüche und selbst Schweißgeruch kaum, wenn man die Textilien, zB über Nacht, ins Freie hängt. Manche modernen Textilien dagegen kommen manchmal schon "müffelnd" aus der Waschmaschine. Die kann man einfach nicht mehrere Tage hintereinander anziehen, ohne dass sich der Schweißgeruch hartnäckig in den Fasern festsetzt. Moderne Textilien haben auch nicht diesen "Klimaeffekt" wie eine Schicht Wolle über leinen, die Flüssigkeit schnell von der Körperoberfläche wegtransportiert, wo sie dann verdunsten kann, ohne mit den Hautbakterien in Kontakt zu kommen. Schweiß an sich riecht ja kaum, erst duch die Hautbakterien fängt er an zu "zwiebeln". Täglich duschen oder baden muss nicht sein, genausowenig wie tägliches Haarewaschen. Die Talg- und auch die Schweißproduktion reguliert sich sehr schnell, insbesondere, wenn man sich nicht mit Duschgel, sondern mit Seife wäscht. Die Zahngesundheit hängt sehr stark von der Ernährung ab. Je kohlehydratreicher die Ernährung, umso schlechter die Zähne, wenn nicht geputzt wird. Es gibt mehrere Untersuchungen, die gezeigt haben, dass Karies erst auftrat, als der Mensch in der Jungsteinzeit anfing, vorwiegend Getreide statt Fleisch und Nüsse, Knollen etc. zu essen. In der Altsteinzeit und auch bei heutigen Jäger- und Sammlerpopulationen gibt es keine Karies, obwohl diese Leute sich auch nicht zwei Mal täglich Zähne putz(t)en. Dazu kam noch das Abschleifen der Zähne durch grobes Brot - dagegen hilft auch kein Putzen. Die Menschen im MA hätten vermutlich bessere Zähne gehabt, wenn sie geputzt hätten. Andererseits sind es auch genetische Faktoren, die beim Zahnverfall eine Rolle spielen. Die Zähne werden (nach einer vorübergehenden Verbesserung Mitte des 20. Jahrhunderts durch Einführung der Fluoridierung) wieder schlechter, obwohl High-End-Produkte zur Zahnpflege zur Verfügung stehen. Evtl. deshalb, weil keiner mehr mit einem schwarzen Höllenkrater als Mund herumlaufen muss, was sicher auch schon im Mittelalter ein k.o.-Kriterium bei der Partnerwahl darstellte. Heute repariert sowas der Zahnarzt und die genetischen Anlagen für schlechte Zähne werden weitergegeben. Dreck allein macht also noch nicht krank. Es ist immer das Zusammenspiel vieler Faktoren und einige davon waren im MA einfach nicht gegeben.
 
Fazit: Wir wissen wieder mal nichts! Alles was wir hier anstellen in dieser Hinsicht ist Spekulation mit mehr oder weniger gesundem Menschenverstand. Aufgrund des fehlenden fließenden warmem und kaltem Wasser und auch dem Abwasserkanal kann wohl davon ausgegangen werden, dass sich die Mensdchen im MA nicht so gründlich gewaschen haben wie wir heute. Ob die aber den ganzen Tag schmutzverschmierte Gesichter hatten? Icvh glaube eher weniger. Abends hat man sich sicherlich Gesicht und Hände gewaschen. Ich kann mich noch an Zeiten erinnern, da wurde Samstag gebadet, und nur Samstag.
 
Ich kann natürlich nicht sagen, wie es im Mittelalter war, aber ich bin in einem kleinen Dorf aufgewachsen. Der Hof war nicht gepflastert, die Toilette (Plumpsklo) hinterm Schweinestall, kein Bad im Haus, keine Waschmaschine. Trotzdem waren wir sauber und haben nicht gestunken. Festgestampfter Boden im Haus wurde mit Wasser besprengt, damit es beim Fegen nicht so staubt. Die Wäsche nur alle 2 Wochen im Bottich gewaschen. Meine Mutter sagte mir immer, die Unterwäsche der damaligen Zeit war nicht so hauteng wie heute und musste deshalb nicht jeden Tag gewechselt werden. Gebadet wurde nur einmal in der Woche in der Zinkwanne auf dem Hof und sonst wurde sich gewaschen. Wenn der Hof sich mal wieder in ein großes Matschloch verwandelt hat, mussten wir sehr vorsichtig da durch. Dafür standen Holzschuhe in allen Größen an der Eingangstür. Unsere Nachbarn lebten noch mit dem Groß-Vieh unter einem Dach. Sie haben nicht gestunken, aber man roch den Eigengeruch des Viehs. Als Kind fand ich das nicht schlimm. Es roch halt nach Kuh oder Schwein, aber nicht nach Mist. Meine Mutter wusste immer bei welchem Nachbarn ich mich rumgetrieben hatte. :D Was mir auf den Mittelaltermärkten auffällt, dass sich kleine Wunden nicht so schnell entzünden, wie in meiner so klinisch reinen Wohnung. Dafür habe ich bisher noch keine Erklärung. Kleine Risse an den Fingern entzünden sich bei mir Zuhause sehr schnell, auf den Mittelaltermärkten nicht. Ich denke, was wir heute unter Sauberkeit verstehen, ist nicht mit dem Mittelalter zu vergleichen, aber nach meinen Erfahrungen muss man nicht schmutzig sein, nur weil man keine Kanalisation, Waschmaschine und Badezimmer hatte.
 
Was mir auf den Mittelaltermärkten auffällt, dass sich kleine Wunden nicht so schnell entzünden, wie in meiner so klinisch reinen Wohnung. Dafür habe ich bisher noch keine Erklärung. Kleine Risse an den Fingern entzünden sich bei mir Zuhause sehr schnell, auf den Mittelaltermärkten nicht.
Das ist relativ leicht erklärt und hat was mit Dreck zu tun. Zum einen holst Du Dir in einer Wald- und Wiesengegend andere Bakterien - und die verdrängen teilweise deine Zivilisationsbakterien (von denen Du Deine Dir bekannte Entzündung geholt hättest). Für ausschlaggebender halte ich aber das basische Milieu, dass durch Rauch und Asche (die allgegenwärtigen Koch- und Arbeitsfeuer!) auf Deiner Haut entsteht. Na ja, die wenigsten Bakterien es halten lange in Basen aus (weshalb Du zB die bösen EHEC erledigst, indem Du Dein Supermarkt-Gemüse in Backpulver-Wasser-Lösung badest). Es ist also Dreck, der Deinen Körper vor Krankheitserregern bewart, bevor der Körper die Erreger mit einer Entzündung bekämpfen muss. Aus dem gleichen Grund riecht man nach einem MA-Wochenende nur nach Rauch und nicht nach Schweiß: Die Stinkebakterien, die den Schweiß erst stinkig machen, sterben im Rauch.
 
Wo aber viele Menschen auf einem engen Platz leben (müssen), da wird es schnell dreckig. Das gilt nicht nur fürs MA, das gilt auch für die Elendsquartiere der Arbeiter im 19. Jahrhundert oder so manche WG ;)
Jepp,und wenn dann -wie es damals war - Menschen aus der ländlichen Region in die noch mit einer Mauer umgebenen und daher räumlich eingeschränkten Stadt kamen,dann gab es Platzprobleme und infolge hyghienische Probleme. Übrigens wurde in Münster/Westfalen u.A. aus diesem Grund die Stadtmauer "geschliffen" und abgetragen ...und zwar im 18.Jahrhundert.
 
also zur reinlichkeit kann ich auch was kleines beitragen: bei uns Hospis wurde jedes Krankenbett einmal die woche frisch bezogen mit neuen Laken.
Und nicht nur das. Im Hospital in Malta (ist ja ein ehemaliges Hospitaliter/ Johanniter-Hospital) habe ich gelesen, dass dort nicht nur jeder Kranke sein eigenes Bett hatte, das Essen wurde auch auf silbernen Tabletts gereicht. Und das nicht, um zu protzen, sondern weil man sich damals schon bewußt war, dass Silber antiseptisch wirkt. Auch heute benutzt man in der Medizin noch silberbeschichtete Wundverbände, wenn die Wunde infiziert ist. Ansonsten waren auch Hygieneregeln schon damals bekannt und zumindest in der klösterlichen Einsamkeit verbreitet. Templerregel Nr. 28 besagt z. Bsp.:
Alle Ordensbrüder sollen grundsätzlich die Haare so geschnitten haben, daß sie von vorn und von hinten regelrecht und ordentlich anzuschauen sind. Auch beim Voll- und Backenbart soll diese Regel unabänderlich beobachtet werden, damit kein Wildwuchs oder Mangel an Anmut dort bemerkt werde. Denen, die dem höchsten Schöpfer dienen, ist die innere wie äußerliche Reinheit sehr nötig nach dem Zeugnis dessen selbst, der sagt: "Seid rein" (Jes 1,16), weil "ich rein bin" (Hiob 33,9).
Quelle: http://home.arcor.de/glanlaender/ritterorden/templerorden/templregeln.htm#28 Die Zisterzienser hielten es im 12. Jh. folgendermaßen:
Den ganzen Körper wäscht man nur am Samstagabend, um sich würdig für den Sonntag vorzubereiten; dann werden auch die Kleider gewechselt. Das Bad wird nach Möglichkeit vermieden. In einer Klosterordnung der Zisterzienser heißt es: "Sonst pflegen sich die Menschen, wenn sie rasiert sind, zu baden. Die Mönche aber sollen es nur zweimal jährlich tun, zu Weihnachten und zu Ostern. Da kann jeder baden, der will. Sonst darf es nur mit Erlaubnis des Abtes geschehen, wenn es die Gesundheit erfordert." Die Fußwaschung war eine religiöse Übung der Demut und kann nicht zu den hygienischen Maßnahmen gezählt werden.
Quelle: http://www.amuseum.de/medizin/CibaZeitung/jun37.htm Dies ist übrigends ein recht interessanter Artikel zur weiterführenden Hygiene im Mittelalter! Gerd Zimmermann schreibt recht ausführlich über die Hygiene bei mittelalterlichen Mönchen.
Die wuschen sich durchaus öfters im Jahr, man darf "baden" nicht mit "waschen" gleichsetzen. Beispielsweise wurde nach dem Aufstehen die Hände und das Gesicht gewaschen, vor dem Essen und nach dem Austreten die Hände. Andere Orden als der Zisterzienserorden hatten teils noch mehr Waschungen, z.b. vor Gebeten etc.
Quelle. G. Zimmermann, "Ordensleben und Lebensstandard", Die cura corporis in den Ordensvorschriften den abendländischen Hochmittelalters, Münster-Westfalen, 1973 Insofern unterscheidet sich das Leben im Mittelalter hinter Klostermauern anscheinend nicht so sehr vom heutigen im Pflegeheim. Auch dort wird gemäß der Versorgungsverträge/ Vergütungsvereinbarungen nur von 1 x/ Woche Duschen oder Baden ausgegangen... :whistling:
 
Wow, das ist ein interessanter Artikel (www.amuseum...)! Ein paar Zitate:
Es darf nicht übersehen werden, daß damals in einem Haus viel mehr Abfälle zusammenkamen als heute.
(Wegen mehr Bewohnern, vermute ich. Andererseits haben wir doch auch deutlich mehr Verpackungsmüll!?)
Was aber außer der Menge der Abfälle vor allem noch zur Verunreinigung der Straße beitrug, war, daß die Bürger es nicht aufgeben wollten, in grosser Zahl Tiere zu halten, wie Gänse, Enten und Schweine. Die Schweine waren im Mittelalter eine wahre Stadtplage und nicht selten die Ursache von Verkehrsunfällen.
Für die Reinlichkeit des Marktes wurde so gut als möglich gesorgt, da man erkannt hatte, daß dort, wo Lebensmittel verkauft werden, leicht gefährliche Krankheitsherde entstehen können. Deshalb galt auch die besondere Fürsorge der städtischen Gesetzgebung dem Markte. ln Florenz z.B. wird bestimmt: An jedem Abend sind der Neue und der Alte Markt von Knochen und Abfällen rein zu fegen.
Wie sehr aber das Bedürfnis nach dem Reinigungsbad auch unter den niedrigen Ständen ausgeprägt war, zeigt die Sitte, daß für kleine Dienste und Hilfeleistungen oft ein sogenanntes Badegeld verabreicht wurde. Aus allen mittelalterlichen und späteren Vorschriften und Beschreibungen gewinnt man den Eindruck, daß der mittelalterliche Mensch mehr auf Sauberkeit und Körperpflege gab als die Menschen des 16. und 17. Jahrhunderts.
Auf die Pflege der Zähne legte man offensichtlich besonderen Wert. Um Mund und Zähne gesund zu halten und den Atem wohlriechend zu machen, kaute man wohlriechende Blätter, machte Spülungen mit Wein, in dem Wurzeln aufgekocht wurden und behandelte die Zähne mit verschiedenen Pulvern, deren Hauptbestandteile gebranntes Hirschhorn, gestoßener Marmor und verschiedene Wurzeln waren. Diese Pulver wurden in kleine Säckchen aus porösem Leinen getan und mit ihnen die Zähne abgerieben.
(Aus einem Lehrgedicht des 12.Jhd.?) Auch die Sache mit den Ordensregeln finde ich spannend. Solche Texte bringen uns voran...
 
Der einzige Punkt der mich stutzig macht ist der mit dem Müll. Das glaub ich irgendwie nie und nimmer ... mehr Müll zu einer Zeit in der alles verwertet und repariert wurde im Vergleich zu einer Zeit in der man einen Socken weg wirft weil die Kleine Zehe durch guckt? ....
 
Also ich könnte mir vorstellen, dass mit "Müll" hier auch altes Stroh aus den Matratzen, Binsen und die Ausscheidungen der im Haus gehaltenen Tiere gemeint sein könnten.
 
Zugegeben. Aber ich bin mir nicht sicher ob das ob der Tatsache, dass man auf den Boden wahrscheinlich gar kein Stroh verteilt hat und man die Strohmatratze sogar im 20. Jh. nicht alle Woche neu gemacht hat allerorts den Fakt, dass das soviel mehr Müll macht als drei Aldi-Tüten pro Woche PLUS die ganzen Verpackungen PKUS alles andere was man nicht mehr reparieren mag und lieber durch Neuware ersetzt ein wenig sehr gewagt.
 
Nun, dass man den Müll einfach auf die Straße gekippt wurde mag ja sein. Aaaaaaaaaber dieser wurde in der Nacht dann auch von der Berufsgruppe der Kloakenreiniger entsorgt. Belege hierzu gibt es zb. in Form von Stadtrechnungen aus der Zeit von 1370-1380. Quelle: Publikationen der Gesellschaft für Rheinische Geschichtskunde Nr. 15, 1897-1898. Titel: Die Kölner Stadtrechnungen des Mittelalters, mit einer Darstellung der Finanzverwaltung, 2. Bd.: Die Ausgaben Autor: Richard Knipping Die Meinung, der ständig mit Mist und Müll verdreckter Straßen, wird vermutlich daher kommen, weil es div. Urteile und Protokolle gibt, wo Kloakenreiniger ihrer Arbeit nicht zufriedenstellend nachgekommen sind. Zb. (frei übersetzt) Hauswirt klagt beim Rat der Stadt, dass der Kloakenreiniger (Goltgrever) den Unrat nur alle 2 Tage entsorge uva. Falls noch von Interesse: Im späten 15 Jhd. wurde diese Berufsgruppe als „unehrlich“ angesehen und waren meist dem Scharfrichter unterstellt. Er war also auch der Chef der städtischen Müllabfuhr. :D
 
Abfälle? Gibts bei Haltung von Hunden und Schweinen und einem Garten eher keinen. Was nicht verfüttert werden kann, wird verbrannt, die Asche kommt auf die Miste und der Mist unter die Gurken. Was am Ende überbleibt sind ein paar große Knochen, Lederreste, aus denen man noch nicht mal mehr Schnüre machen kann und zerbrochene Tonwaren. Und eventuell das eine oder andere Stück Schrott aus der Asche (Nagel o.ä.)
 
Moin, bei mir um die Ecke ist das Museumsdorf Cloppenburg. Dort sind diverse historische Bauernhöfe und Heuerlingsbehausungen zu bestaunen und mit Fakten zu dem Leben in diesen Häusern versehen. Auf einem Bauernhof mag es ja noch einigermaßen sauber gewesen sein, in den Heuerlingshäusern lebten aber oft mehrer Familen auf absoluter Enge. Mann und Frau arbeiten für den Bauern um sich und die Kinder satt zu kriegen. Da war für Bettenmachen, Wäschewaschen usw. keine Zeit. Kleidung zum Wechseln unter der Woche eher auch nicht vorhanden. Diese Menschen erwirtschafteten man gerade ihr Überleben. Im Winter erzeugten die mit im Haus lebenden Kühe, Schweine usw. eine Plusdifferenz von 5 Grad zur Aussentemperatur. Im schlechtesten Fall also Temperaturen deutlich unter dem Gefrierpunkt. Ich würde da mit vollen Klamotten ins Bett ( das es so wie wir es kennen nicht gab) kriechen. Morgens war kein Wasser da ( Eis ). Die sind so aufgestanden, haben sich an der Feuerstelle gewärmt, was gegessen und dann malocht. Nix mit persönlicher Körperpflege, den stand der Altschweissgeruch in den Klamotten. Das war bei den Bauern aber auch nicht wircklich besser. Notiz am Rande: Noch zum Ende des 19. Jahrhunderts gingen die Ärzte aus der Pathologie mit ihren verdreckten Kitteln und ohne sich die Hände zu waschen auf die Mütterstation und brachten den Tod mit. ( Jahrhundert der Ärzte ??, gelesen vor etwa 40 Jahren, Sachbuch ) 500 Jahre früher waren die wohl nicht wircklich schlauer. Im Rahmen meiner Ahnenforschung besorgte ich mir das Bederegister für MeckPom von 1496? ( noch auf Altrechner ). Dort werden die meisten Stadt und Landbewohner als arm bezeichnet und konnten die Steuer nicht zahlen. Zwischen arm heute und arm im Mittelalter klafft mit Sicherheit eine gewaltige Lücke. Die hatten mit sicherheit nichts zu lachen und andere Probleme als Sauberkeit. Leicht polemisch ? Gruß René
 
Materielle Armut trotz Arbeit und Platzmangel (auch aus Armut) sind tatsächlich imho der Hauptgrund für katastrophale hygienische Verhältnisse. Das war im Mittelalter so, im Barock, zur Zeiten der ersten Industrialisierung - und das ist heute noch so. Da braucht man nicht einmal in die Dritte Welt zu gehen, da reicht ein Blick in manche Viertel unserer Großstädte. Vermutlich wird es deshalb auch hier einen Unterschied machen, welche Zeit und welche Gegend (und welchen Stand) im Mittelalter man sich ausguckt, um erbärmliche oder geordnete Verhältnisse vorzufinden. Was aber ähnlich gewesen sein dürfte wie heute in der Dritten Welt: Zu Beginn der Stadtwerdung, als die meisten Leute eben auf dem Land lebten und gar keine Möglichkeit hatten, in die Stadt zu ziehen, dürfte es in den Städten tatsächlich besser zu leben gewesen sein als auf dem Land. Manche Städte wurden ja regelrecht als Städte gegründet (zB Freudenstadt) und geplant, mit schönen Häusern an schnurgraden Straßenzügen, Märkten, Brunnen und die "Drecksgewerbe" wie Gerberei und Abdeckerei, windtechnisch günstig gelegen. Die Handwerker und Kaufleute, die sich dort ansiedeln durften, kauften sich ein, waren gut betucht und hatten es sicherlich komfortabel, warm und sauber. Irgendwann zogen dann immer mehr Menschen in der Hoffnung auf ein Stück vom Kuchen in die Städte - schlecht gebildet, blieben ihnen aber nur Hilfsjobs, es bildeten sich kleine, dann größere Elendsquartiere und trotzdem zogen immer mehr Menschen dazu, gerade, wenn wegen Missernten oder kriegerischen Handlungen das Leben auf dem Land auch nicht mehr erträglich war. Ein bisschen wie heute: Die Möglichkeiten sind schon alle da - nur die, welche es am Nötigsten hätten, profitieren am Wenigsten von ihnen...
 
Moin, bei mir um die Ecke ist das Museumsdorf Cloppenburg. Dort sind diverse historische Bauernhöfe und Heuerlingsbehausungen zu bestaunen und mit Fakten zu dem Leben in diesen Häusern versehen. Gruß René
Hallo Rene, hier in Münster gibt es das Freilichtmuseum "Mühlenhof" - sehr sehenswert- mit Häusern aus der ländlichen Region,die meistens so zwischen der Mitte des 18. und der Mitte des 19.Jahrhunderts erbaut wurden. In den schmalen Betten sass man mehr als dass man lag,weil so die Wärme gehalten werden konnte. Gruss, Pit
 

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