Weil sie eben verbreitet waren.... Das hat schon seinen Grund.
Ich erlaube mir mal, die dahinter stehende Aussage noch mal zu betonen, da ich fürchte, hier missverstanden worden zu sein und vermute, jemand hat da was in den falschen Hals bekommen. Um latentem Groll vorzubeugen daher eine kurze Vertiefung. Es ging um die Unterscheidbarkeit von Pflanzen- und Synthetikfärbungen, nicht um die historisch nachgewiesene Verteilung von Farben in der frühmittelalterlichen Mode. Ich sagte im großen Kontext nicht, dass diese Farben nicht verbreitet gewesen sein mögen, ähnlich wie heute etwa die typische Farbe "Jeansblau" sehr verbreitet ist, sondern dass man diesen Farbton an einer FMA-Darstellung automatisch als "echt pflanzengefärbt" zu erkennen glaubt, selbst wenn er problemlos chemisch herbeizuführen wäre. Also ein klassisches Vorurteil: "DIese Farbe war damals typisch, also muss sie auch echt pflanzengefärbt sein" Das ist keine schlüssige Kausalkette. Es ist das Problem des unzulässigen Umkehrschlusses: 1. Tatsache: "Wenn man eine einfache zeitgenössische Pflanzenfärbung durchzieht, dann kommen dabei zuerst mal ganz typische Farben raus." 2. Umkehrschluss: "Wenn eine MA-Klamotte eine typische Farbe hat, die man auch mit einer einfachen zeitgenössischen Pflanzenfärbung hinbekommen
würde, dann
ist das eine Pflanzenfärbung." Dieser Umkehrschluss ist ebenso falsch wie die Kausalkette: 1. "Alle Schwule sind Männer." 2. Daraus folgt: "Alle Männer sind schwul." Analog dazu die "misslungene Aussage": Es ist sicherlich anzunehmen, dass es einige Farbtöne gegeben haben mag, die verbreiteter gewesen sein mögen als andere, wobei allerdings der konkrete archäologische Nachweis abseits der reinen Vermutung (Einfachheit der Färbung etcetera) nicht leicht sein dürfte. (Da ich in dem Gebiet der Textilarchäologie aber zugegebenermaßen nicht besonders bewandert bin, wäre ich sehr interessiert daran, wenn mir jemand kurz und weitgehend idiotentauglich die historischen Nachweismöglichkeiten konkreter Farbtöne erläutern könnte) Allein, ich bekomme häufig den Eindruck, es hätte im FMA nur 3 richtige (also abgesehen von allen möglichen Brauntönen) Farben gegeben . Ein ganz typisches Rot, ein ganz typisches Gelb und ein ganz typisches Blau. Keine Nuancen, keine Variationen dieser Farben. Es ist exakt der gleiche Ton. 10 Leute, 3 Farben, selbst wenn es nicht die Mitglieder einer Gruppe sind, bei denen ich anzunehmen geneigt bin, dass die Stoffe auch tatsächlich aus ein und derselben Färbung stammen könnten. Mehr als einmal erlebt. (In diesen Situationen finde ich den Ausspruch sehr treffend) Wenn man davon abweicht, kommt ziemlich schnell mit auffällig vorwurfsvollem Unterton die Frage, wie denn das gefärbt sei. (Wohlgemerkt: nicht etwa neugierig interessiert, sondern latent vorwurfsvoll. Vielleicht haben mich da auch nur schlechte Erfahrungen geprägt, dass ich da etwas empfindlich geworden bin) Unbestritten ist, dass mit FMA-Färbemethoden Dutzende, wenn nicht Hunderte von verschiedenen Farbnuancen kreiert werden können. Vermutliche historische Verbreitung hin oder her, warum sehe ich gar so oft das
eine Rot, das
eine Gelb, das
eine Blau? (Ich beziehe mich immer noch auf FMA-Darstellung, nicht auf späteren Zeiten) Liegt es vielleicht daran, dass es klassische Grundfärbungen sind, die auch ein Hobbyist in größeren Mengen ohne großen Aufwand verlässlich hinbekommt? Und dass man in der Folge - sicherlich nicht ganz zu Unrecht - vermutet, aus schlicht eben diesem Grunde wären diese Farben auch in der Masse des Volkes sehr verbreitet gewesen? Falls ja: Warum sehe ich genau diese Farben dann genauso übermächtig auch bei Darstellungen, die definitiv nicht einfaches Volk abbilden? Wie dem auch sei, das ist ein anderes Thema. Auch hier vermeine ich oben beschriebenes Denkmuster zu erkennen: "typische Farbe = authentisch, Abweichung davon = Chemie" Auch wenn es so klingen und der ein oder andere Leser sich vielleicht betroffen fühlen mag, ich möchte in diesem Kontext nicht zu einer Grundsatzdiksussion um die Attitüden von Teilen der Szene ansetzen, es geht mir immer noch um die Unterscheidung von Färbungen: Manche Farbtöne haben einfach per se den Ruf der Authentizität nebst der ebensolchen Färbung. Eben diese Farben treten auch auffallend gehäuft in FMA-Darstellungen auf. Das finde ich bisweilen zwar ausgesprochen amüsant, geht grundsätzlich aber in Ordnung. Nur sehe ich allerdings die Gefahr, dass aufgrund dieser Verbreitung ein sich selbst verstärkender Kreisläufer entsteht. Samt Vorurteil bezüglich historisch korrekter (pflanzlicher) Färbungen. Und dass in der Folge davon diese ganz bestimmten Farben womöglich gerade eben nicht wegen ihrer potentiellen Verbreitung in der Modewelt des frühen Mittelalters so übermäßig beliebt sein könnten, sondern dass sie aus anderen Gründen eine Art Kultstatus erlangt haben: "Nimm diese Farbe, dann sieht jeder sofort, dass es pflanzengefärbt ist." Womit der Kreis geschlossen ist, weshalb ich in Bezug auf die Unterscheidbarkeit von Pflanzen- und Synthetikfärbungen auf das Phänomen der "Klonkrieger" gekommen bin. Ich möchte empfehlen, nun nicht wieder dem Fehler des unzulässigen Umkehrschlusses zu verfallen und meine Aussage dahingehend zu interpretieren: 1. Manche geben sich womöglich einen authentischen Anstrich, indem sie die typischen Farben verwenden 2. ( unzulässiger Umkehrschluss) Jeder, der typische Farben verwendet, hat ein Authentikproblem.