Gewandung Bäuerin o.ä. Darstellung ca. 1200 - 1300

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Alriklassan

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Hallo! Ich bräuchte mal Euer Schwarmwissen bezüglich der Gewandung einer Frau im Hochmittelalter, Zeit der Kreuzzüge, Ende 1200 Anfang 1300 (ungefährer Zeitrahmen). Meine Angetraute möchte eine Bäuerin o.ä. darstellen. Eine Ordensschwester oder Pilgerin ist nicht ihr Ding. Ich habe mich hier schon etwas informiert, folgendes habe ich mal bisher ins Auge gefasst: - Unterkleid aus Leinen, nicht bodenlang da Bäuerinnen ja im Kleid arbeiten, soll ja nicht dreckig werden. Lange oder kurze Arme wissen wir noch nicht bzw. habe dazu nichts gefunden. Naturfarben da man als Bäuerin ja nicht so vermögend war. Nähen ist keine Option, dazu fehlt uns selbst die Qualifikation. Also kaufen und eventuell die Nähte von Hand mit sichtbarem Garn nachhähen und die maschinellen verstecken oder auftrennen. - Überkleid in Farbe, denke braun oder grau (da damals leichter zu färben), grün fällt ja raus da Zutaten zu teuer. Laut meinen Recherchen aus Wolle und Arme etwas kürzer, untenrum auch etwas kürzer - Schuhe habe ich absolut keine Ahnung, Trugen Bäuerinnen auch Wendeschuhe? Oder Holzschuhe? - Kopfbedeckung mag meine Frau absolut nicht, nach meinen Recherchen trugen nur "leichte" Mädchen keine Kopfbedeckung. Oder gibt es auch andere Darstellungen ohne Kopfbedeckung? - Accesoires habe ich mir auch schon Gedanken gemacht. Aber noch nicht konkret. Also etwas was sie mitführen kann am Gürtel oder einer Tasche. Bislang haben wir lediglich ein 0815 Kleid, was mit MIttelalter nicht viel zu tun hat, einen Ledergürtel (was bestimmt auch nicht passt) und Schuhe zum vergessen... Für Tipps oder konkrete links bin ich dankbar. Ich habe bislang nicht besonders viel passendes gefunden. DIe meisten sind aus Baumwolle. Aber das war ja reichen Leuten vorbehalten. Es soll keine A Darstellung werden, aber es sollte schon etwas authentischer sein als das oben genannte Kleid. Vielleicht hat ja jemand was zu verkaufen oder ist mit der Nadel flink und firm. Danke schon mal.
 
Hallo, Du bist da schon grob auf der richtigen Fährte, ich präzisiere mal ein bisschen: 1. Unterkleid aus ungefärbtem Leinen passt, dieses unbedingt mit langem Arm. Unter anderem dient das Untergewand ja dazu, die schlechter waschbare Oberbekleidung aus Wolle vor Schweiss und ähnlichen Verschmutzungen zu schützen. Dazu sind Ärmel sinnvoll. Und dafür brauchts zum Selbernähen auch nicht viel Qualifikation, der Schnitt besteht eigentlich nur aus Drei- und Vierecken. So ein Unterkeid ist eigentlich sogar ein ideales "Erstlingswerk" - wenn da noch ein bisschen was schief sein sollte sieht das hinterher eh keiner... :thumbsup: 2. Oberkleid aus Wolle, unbedingt mit langen Ärmeln (bis zum Handgelenk!) und auch durchaus für die einfachen Stände boden- oder besser noch überbodenlang. Letzteres verhindert dass es unten kalt "reinzieht", und wenn man die Röcke grad nicht im Weg haben will dann schoppt man das Kleid halt ein bisschen über den Gürtel und hat mehr Bewegungsfreiheit. Um die langen Ärmel bei der Arbeit vor Verschmutzung oder Nässe zu schützen gibt es die Möglichkeit sog. Schlupfärmel zu haben, d.h. die Ärmel nur im hinteren Bereich am Kleid anzunähen, damit man bei Bedarf kurz aus ihnen herausschlüpfen konnte ohne das Kleid auszuziehen. Die leeren Ärmel kann man dann hinten im Gürtel feststecken oder hinter dem Rücken verknoten, das sieht man häufig in Abbildungen dargestellt. Was die Farbe angeht kann man auf graue oder braune Naturwolltuche zurückgreifen oder auf günstig mit heimischen Farbstoffen erzielbare Farben wie zB waidblau, krapprot, gelb oder grün aus Rainfarn (letzteres nach Weiterentwicklung mit Eisen)...nur vielleicht nicht zu kräftig, eher so 2. oder 3. Zug. 3. Schuhe: Wendeschuhe aus Leder. Für Holzschuhe findet sich (fast) kein Beleg, davon würde ich die Finger lassen. Formen gibt es da viele, vielleicht guckt Ihr mal nach Schuhfunden aus Eurer Region, da findet sich bestimmt was. 4. Accessoires: Unbedingt wichtig wäre ein einfacher Gürtel, am besten mit einer geschmiedeten D-Schnalle aus Eisen, der Gürtel selbst kann aus Leder sein oder gewebt aus Wolle oder Leinen. Aber Leder wäre sicherlich am verbreitetsten. Da dran bitte nicht zu viel Zeug hängen, einfach nur ein Essmesser in einer Lederscheide und evtl. einen kleinen Leder- oder Stoffbeutel. Mehr "Gepäck" besser in einer Umhängetasche oder einem kleinen Korb verstauen. 5. Kopfbedeckung: sorry, die muss leider sein - ohne geht nur für ganz junge, unverheiratete Mädchen. Noch nicht mal für "leichte Mädchen", für die es übrigens entgegen vieler Marktmythen keine einheitlichen Kleiderordnungen gab. Nein, auch nicht das berüchtigte "gelbe Kleid". Sie darf also ruhig gelb tragen wenn sie mag. Aber ich schweife ab. Kopfbedeckung kann ein einfaches Kopftuch sein, eine sog. Beutelhaube (manche sagen auch "Birgittahaube" dazu) oder ein gewickelter Wimpel, letzterer mit oder ohne Schleier drüber. Material ist jeweils ungefärbtes Leinen. Bei Sonne kann auch ein Strohhut gute Dienste leisten, dieser allerdings dann meist über dem Schleier/der Haube etc. Eine gute Zusammenfassung zu diesem Thema findet sich hier: https://www.yumpu.com/de/document/v...acht-im-13-jahrhundert-marca-brandenburgensis Einen guten Artikel zu Kopfbedeckungen findet Ihr hier: https://diehandmaid.wordpress.com/2014/10/28/kopfputz/ So, und nun ganz viel Spaß beim Basteln, falls noch Fragen sind dürft Ihr mich auch gern noch spezieller löchern. :)
 
Hallo! Vielen Dank für die ausführliche Darstellung. So im Groben lag ich dann ja nicht so weit daneben. Außer mit den Holzschuhen. Ich meinte, so etwas gelesen zu haben. 1. Ich würde wirklich gerne selbst etwas nähen. Was fehlt ist meist der Zeitfaktor. Aber durch die Äußerung meiner Frau, in einem "von mir genähten Kartoffelsack" würde sie nicht rum rennen motiviert mich zusätzlich. Ich habe mir mal das Buch "Mittelalterbekleidung selber schneidern" in der Frauenversion gekauft. Denke dort sind auch noch ein paar Hinweise zu finden. Zumindest ein Unterkleid sollte ich tatsächlich hin bekommen. Alleine schon um der Holden das Gegenteil zu beweisen. 2. Das nehme ich mal so mit als Anregung für das Wollkleid. Schlupfärmel klingen praktisch. 3. Schuhe kenne ich mich halt gar nicht aus. Eventuell würde ich hier Modelle posten, ob diese in Frage kommen. Ist auch eine finanzielle Sache... Saarländische Schuhfunde aus dem Mittelalter? Ich glaube da muss ich mal recherchieren ob wir hier schon Schuhe hatten. 4. Unhängetasche aus Leinen? das wäre ja auch ein Anfängerprojekt zum Nähen. Gürtel müsste passen, habe grade kein Bild davon im Kopf. Messer samt Scheide wollen wir uns auch zulegen damit es nicht zuuu leer aussieht. Nur voll aufgerüsteter Gürtel find ich auch seltsam. Letztens wieder gesehen. Fehlte nur ne Handytasche. 5. Das ist ein harter Kampf. Momentan könnte es ein Dreieckstuch werden, das trugen Bäuerinnen doch? Jedenfalls haben das meine Recherchen ergeben. Aber ich bleibe dran. Die Links werde ich mal durchstöbern, danke dafür!
 
Schön dass Dich der Ehrgeiz gepackt hat in puncto selber nähen! Solltest Du Dich an ein Wollkleid nicht selbst heranwagen wollen dann kann man sowas tatsächlich auch kaufen, obwohl es wirklich nur sehr wenige Angebote gibt die Brauchbares beinhalten. Schau zB mal beim "Mittelalterkrämer", der hat eine halbwegs passende Damencotte im Angebot: https://www.mittelalterkraemer.de/?product=hochmittelalter-damenkotta-aus-wolle Von dem Buch dass Du genannt hast bin ich jetzt nicht sooo angetan gewesen beim Durchblättern, da sind doch ein paar kleine Fehlerlein drin, aber für den Anfang wenns noch nicht museal korrekt sein muss mags gehen. Zum Thema Schuhe: ja, die gehören leider zu den etwas größeren Kostenfaktoren für die Ausrüstung, aber gerade an denen scheidet sich auch die Spreu vom Weizen. Ganz akzeptable Angebote finden sich aber auch hier, zB sind die hier völlig OK und für Wendeschuhe sehr günstig: https://vehi-mercatus.de/wendegenae...eschnuert-aus-pflanzlich-gegerbtem-Rindsleder Und ja, ich denke auch im Saarland wird es im 13. Jhdt Schuhe gegeben haben :D - da kannst Du in der Recherche aber zB auch nach französischen Quellen schauen, und da springt einem ja die Kreuzfahrerbibel förmlich ins Gesicht... ;) Zur Kopfbedeckung: das scheint bei Frauen tatsächlich das größte gedankliche Hindernis zu sein - bei Männern ist es übrigens meist die Bruche ^^ . Aus meiner Erfahrung wird sie meist eher dann auffallen wenn sie keine Kopfbedeckung trägt als wenn sie eine trägt. Ist einfach eine Gewöhnungssache, ich mag mittlerweile nicht mehr ohne losgehen - auch aus der praktischen Erwägung dass so ein Kopftuch gut gegen knallige Sonne schützt, insbesondere wenn man dunkle Haare hat. Ihr werdet das schon hinkriegen, und wenn alles fertig ist freuen wir uns sicher über ein schickes Foto!
 
Schleier und Wimpel sind unglaublich praktisch! Um Frisur braucht Frau sich damit keine Gedanken zu machen (sieht kein Mensch), bei Hitze kühlt das Leinen und schützt - mit Ausnahme des Gesichts, aber dafür gibt's einen Strohhut - vor Sonnenbrand ... und bei Wind hält die gleiche Austtattung (wahlweise auch aus Wollmousselin) den Luftzug fern und wärmt. Das genialste aber ist ein garantierter Schutz vor Stechmücken und lästigen Fliegen! :D Für die Mittelalter-Ausstattung daher als Frau immer mit Kopfbedeckung :thumbsup: Eine Abneigung gegen ein Kleidungsstück oder Zubehör gibt es immer... Ich mag die "Truthahn"-Krause :evil: :whistling: nicht und trage lieber schlichte Stoffstreifen als Gebende.
 
Beschlossen ist, das Unterkleid wird genäht. Schwiegermutter macht es. Habt ihr nen Tipp für den Stoff? Hab gelesen, 220g wäre gut dafür, kann man das unterschreiben? Schnittmuster habe ich auch schon eins rausgesucht. Vierecke und Dreiecke mit einem Schlitz am Ausschnitt um das Dingen übern Kopp zu bekommen. Und passenden Garn hab ich nun noch nicht gefunden. Frau meint, Überkleid in Wolle wäre zu warm. Das entsprechende Kleid in Leinen ginge doch auch oder? Das wäre dann die etwas mittellosere Variante. Farbe wohl braun. Schuhe sehen gut aus, müssten wir anprobieren. Mal schauen was der Kayserstuhl hat, der ist nicht so weit weg von uns. Kopfbedeckung ist so ein DIng bislang, aber muss ja sein... ich arbeite daran. Also an der Akzeptanz, nicht an der Bedeckung
 
Leinen für das Unterkleid würde ich nicht zu dünn nehmen, sonst schleisst es zu leicht. Das wird ja doch öfter gewaschen. Wenn Ihr online bestellt vielleicht wirklich vorher Stoffproben schicken lassen und selbst mal fühlen. Mach ich immer, das hilft ungemein. Passendes Leinengarn findet sich sicher im Netz, ich such nachher mal. Tip dazu: Leinenfaden durch ein Stück Wachs ziehen vor dem Nähen, dann gleitet er besser durch den Stoff und reisst nicht so schnell. Und nein, Oberkleid aus Leinen geht überhaupt nicht! Das wäre dann auch nicht die mittellose, sondern die Luxusvariante, wenn man es denn hätte färben können. Leinen lässt sich mit Pflanzenfarben fast nicht färben und war im 13. Jhdt. auch teurer als Wolle. Schafe gabs überall, Lein wächst leider nur auf bestimmten Böden und ist auch in der Aufbereitung hin zum Garn wesentlich aufwändiger. Es gibt Quellen aus den Regeln von Nonnenklöstern die den Nonnen geboten, als Zeichen der Demut wollene Unterkleider zu tragen. Nur wenn sie ihr "weibliches Leiden" hatten durften sie zu Leinen greifen, wegen der besseren Waschbarkeit. Und zu warm ist Wolle auch nicht - im Gegenteil, in der Kombination Leinen/Wolle ergibt sich eine wunderbare Klimatisierung, weil das Leinen auf der Haut kühlt und die Wolle Feuchtigkeit sehr schnell und gründlich nach aussen transportiert und sich auch noch trocken anfühlt wenn sie Feuchtigkeit aufgenommen hat. Aus eigener Erfahrung kann ich sagen dass die Kombi perfekter ist als moderne Funktionskleidung, und ich sie letzterer bei jedem Wetter deutlich vorziehe. Und ich hab meine Klamotten wirklich von -10 bis +35 Grad schon bei jedem Wetter getragen und mich drin wohlgefühlt.
 
Saarländische Schuhfunde aus dem Mittelalter? Ich glaube da muss ich mal recherchieren ob wir hier schon Schuhe hatten.
Habt ihr die denn heute schon? Oder gabs im Saarland nicht noch Strohbündel am Fuß??? :D :eek:ff2 Aber die Diskussion um Wolle oder Leinen als Kleid habe ich zu Hause auch... Am Ende geht es bei uns vor allem drum das Wolle kratzt was dann wieder das Argument für ein Unterkleid war :D Als Kopfbedeckung hat meine Frau ne simple Haube. (Brigittahaube)
 
Am Ende geht es bei uns vor allem drum das Wolle kratzt
Dann lass Deine Holde mal ein kuschliges Merinowollstöffchen streicheln.... oder ein feines edles Kammgarn. Da kratzt garantiert nix! :hammel <3 :saint:
 
Am Ende geht es bei uns vor allem drum das Wolle kratzt
Dann lass Deine Holde mal ein kuschliges Merinowollstöffchen streicheln.... oder ein feines edles Kammgarn. Da kratzt garantiert nix! :hammel quote]Oh doch... das kratzt-zumindest bei ihr- Das ist aber mehr so ne Kopfsache als wirklich so.
 
Ist Deine Frau in Worms? Dann darf sie gern meinen Surcot aus feinem Kammgarn streicheln, wenn ich die Veranstaltung besuche. (vorausgesetzt sie reisst ihn mir nicht vom Leib! :D ) Ich gebe allerdings zu, dass es ein moderner Stoff ist, der evtl. einem musealen Standard aus der Nähe betrachtet nicht Stand hält. Ist mir aber wurscht. Er ist richtig kuschelig.
 
Ist Deine Frau in Worms? Dann darf sie gern meinen Surcot aus feinem Kammgarn streicheln, wenn ich die Veranstaltung besuche. (vorausgesetzt sie reisst ihn mir nicht vom Leib! :D ) Ich gebe allerdings zu, dass es ein moderner Stoff ist, der evtl. einem musealen Standard aus der Nähe betrachtet nicht Stand hält. Ist mir aber wurscht. Er ist richtig kuschelig.
Ohhh, ich spinne gerade Islandwolle... wo das Deckhaar schon raussortiert ist... dagegen ist jede Merinowolle grob. Da ist weit mehr möglich, als man manchmal denkt, aber ob eine Bäuerin (wie hier gewünscht) das Geld für so aufwändig gearbeiteten Stoff hatte, ist die Frage. Aber es ist immer eine bessere Alternative, als Leinen zu nehmen.
 
Neuigkeiten Neuigkeiten.... haben das oben verlinkte Kleid bestellt. Dauert aber bis 8 Wochen ungefähr bis es kommt. In der Zwischenzeit muss die Schwiegermutter das Unterkleid nähen. Das Häubchen werde ich mal weiterleiten. Also wir laufen hier im Saarland immer noch barfuß rum :D
 
Ich habe mal gelernt, Holzschuhe sind ab 1100 nachweisbar. Quelle habe ich aber nicht. Auf jeden Fall sind sie praktisch und unbedingt zu empfehlen. Sie schützen gegen Nässe und Kälte.
 
Trippen wären übrigens so ab Mitte 13. Jhdt. nachweisbar. Es gibt soweit ich weiss auch ein oder zwei Holzschuhfunde aus dem 13. Jhdt. in Holland, von denen aber auch nicht klar ist ob es sich nicht vielleicht doch um Trippen, also Überschuhe, handelt.
 
Ich meine nicht Trippen, die kommen im städtischen Kontext vor, kaum im dörflichen. Nein, kauf Dir Holzpantinen, die gibt es ab 20 Euro und die sind superpraktisch.
 

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