Ärmelweite und Platzierung der Gehren Unterkleid um 1300 (Frau)

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Gerda

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So langsam aber sicher nähere ich mich meinem ersten Nähprojekt: das Leinen für's Unterkleid ist da, einen Schnitt habe ich auch gefunden, aber jetzt bin ich verunsichert. Bei Berwelf -die ja genau meine Zeit und meinen Ort darstellen- habe ich eine Anleitung gefunden, nach der die Gruppenmitglieder Kleidungsstücke anfertigen. Das Kapitel Frauenkleidung ist leider noch ein bisschen dünn, aber das Unterkleid/-hemd wird erwähnt. Mir fallen da zwei Sachen auf: Die Ärmelweite: Bisher ging ich immer davon aus, dass die Ärmel von Kleid und Unterkleid so weit sein sollte, dass frau sie noch umkrempeln kann. Insbesondere als Handwerkerin. Bei den Berwelfen finde ich aber nun sehr enge Ärmel bei beiden Kleidungsstücken, kombiniert mit geknöpften Ärmeln bei der Kotte. Ich bin noch zu neu in der ganzen Materie, um mir darauf einen reim machen zu können. die Platzierung der Gehren In den meisten Schnittmustern, die ich bisher gesehen habe, wurden die Gehren seitlich eingesetzt. Irgendwo (ich sollte mir merken, Quellen gleich zu notieren :ups ) habe ich gelesen, dass Frontgehren in der bewussten Zeit nur vom Adel getragen wurden, einfacherer Darstellungen sollten die Gehren seitlich einsetzen. Wenn das für die Oberbekleidung gilt, dann doch sicher auch für das Unterkleid, oder? Sonst fällt das ja komisch, wenn ich die Gehren in Unter- und Oberkleid unterschiedlich setze. Kann mir jemand aus dem Dilemma helfen oder weiß noch weitere Quellen, an denen ich mich orientieren könnte? Lieben Dank im Voraus Gerda
 
Ich habe bei meinen Kleidern einer Handwerkergattin um 1200 nur seitliche Geren eingesetzt und mich da hauptsächlich an Katrin Kanias Handbuch gehalten. Sie schreibt, dass Frauenkleider wahrscheinlich generell ohne Mittelkeile gefertigt wurden und nur seitlich Geren eingesetzt wurden. Als einen Grund dafür nennt sie auch die optisch schlankere Wirkung eines Kleides ohne Mittelkeil (mein erstes GroMi-Unterkleid habe ich damals übrigens mit Mittelkeilen genäht und muss nun sagen, dass ein Kleid nur mit seitlichen Geren weitaus schöner fällt). Du müsstest also mit Seitenkeilen bei Unter- und Oberkleid auf der sicheren Seite sein. Bei den Ärmeln kann ich dir leider nicht so viel weiter helfen, aber wie du schon geschrieben hast, aus praktischen Gründen würde ich sie nicht allzu eng machen oder gar mit Knöpfen versehen. Ich habe mich z.B. an dieser Illustration (wahrscheinlich 13.Jh.) in einer Handschrift des Jungfrauenspiegels orientiert, und da sind die Ärmel schon eher schmal: http://www.google.de/imgres?imgurl=...TOUpLyGMTNtQbG7IHIDw&ved=0CD0Q9QEwBA&dur=1751
 
Du solltest dich der PN-Konversation von mir und Zauberin anschließen, wir reden gerade über genau das selbe ^^ Guck mal, ich hab ihr dazu ein Schema fürs Nähen von Unterkleid und Oberkleid gemacht: http://www.bilder-upload.eu/show.php?file=ad9118-1389274290.jpg Beim Oberkleid kannst du ruhig auch Frontgeren einsetzen, find ich um die Zeit nicht übertrieben. Beim Unterkleid brauchst du gar keine Geren, wenn du nicht wie ich eine recht füllige Dame bist :) Die Ärmel würd ich so machen, dass du sie bis zum Ellbogen hochschieben kannst, aber auch nicht zu weit. Knöpfe sind eigentlich zu der Zeit noch nicht so üblich, das kommt erst Mitte des 14. Jhdt wirklich in Mode bei Frauen.
 
@Leoma: danke für deine Hinweise und den "Erfahrungsbericht", wie die unterschiedlichen Schnitte fallen. Leider liegen aber zwischen unseren Darstellungen ziemlich genau 100 Jahre, das ist dann doch ein ziemlicher Unterschied :) @Rotschopf: Also Unterkleid ganz ohne Geren (Gehren? wie schreibt man das eigentlich richtig?) fände ich ziemlich eng, glaube ich. Ich falle mit einer gemütlichen 42er Konfektionsgröße vielleicht nur bedingt unter "füllig", aber mit Geh-...Ge-...KEILEN wirds bestimmt angnehmer zu tragen sein. :D Ich habe mir die Fotos von Berwelf noch mal genau angesehen und verschiedene Ärmelvarianten an verschiedenen Darstellerinnen gefunden. Es scheint also in dieser Gruppe beides zu gehen, was sich ja auch mit deinen Aussagen deckt. Ich denke, bei meiner ersten Gewandung bin ich auf der sichereren Seite, wenn ich keine zu knappen Schnitte wähle, sonst sitzt's nachher nicht. Bei den Oberkleidern glaube ich zumindest bei einem der berwelf-Bilder seitliche -und- Frontgehren ausgemacht zu haben. ( Ich weiß nicht genau, ob und wie ich das hier verlinken darf, in der Galerie von '11 "beim backen" das grüne Kleid auf dem dritten Bild). Allerdings in Kombination mit engen Ärmeln mit Knöpfen. Also könnte folgendes (fürs Unterkleid) gehen?: - Keile seitlich - Ärmel nicht zu lose, so, dass ich sie bis zum Ellbogen hochschieben kann? Kurz noch zur Erklärung, warum ich mich so an der Darstellung von berwelf aufhänge: Momentan möchte ich mich zwar noch keiner Gruppe anschließen, aber da die eben genau "meine" Zeit darstellen möchte ich mich ihnen schon möglichst annähern, falls ich doch irgendwann Lust auf "Team" kriege und da mal vorstellig werde ;)
 
Beim Unterkleid brauchst du gar keine Geren, wenn du nicht wie ich eine recht füllige Dame bist :)
Dem stimme ich zu. Macht nur unnötig viel Arbeit, am Ende siehts aber doch keiner. ich arbeite bei Unterkleidern immer mit der Bahnbreite. Als ich noch 20 kg weniger gewogen habe (Gr. 40), kam ich mit 54 cm Breite für die Front- und Rückenbahn aus (inkl. Nahtzugabe). Jetzt brauche ich ca. 10 cm mehr, also 64 cm. Dann noch Geren an die Seite, die ungefähr auf Taillenhöhe anfangen. Somit ist alles locker, nicht zu eng, nicht zu weit und ich kann mich gut bewegen. Wenn Du Geren mit einer unteren Breite einsetzt, die der Breite der Vorder- und Rückenbahn entspricht, sind das bei meinen derzeitigen Maßen gut 2,40 m Saumweite am Ende, nur mit Seitengeren. So große Schritte, dass das nicht reicht, kann ich auch nicht machen. ;)
 
Hallo Gerda, also wegen mir kanns du auch seitliche Keile in dein Unterkleid machen, ist auf jeden Fall nicht falsch, nur ein bisschen mehr Arbeit und ich persönlich kann auch bestätigen, es ist eine Wohltat, wenn das Unterkleid nicht zu eng ist :) Was ich dir immer als Tipp geben kann: Verlass dich nicht auf die Vorarbeit von anderen Gruppen, ich mag jetzt nicht über die Darstellung von Berwelf meckern, sie haben sicher ihre Quellen und mit Berlin um die Zeit kenn ich mich nicht aus, von meinem Wissensstand her sind ein paar der Sachen schon etwas zu modern für 1300, aber auch ohne meine Meckerei: generell selbst lernen, selbst angucken, selbst lesen wird dich auch im Gruppenverband immer weiter bringen als abgucken ;-) Was die Ärmel angeht, ich denke für eine einfache Darstellung ist es ok, wenn du raufstrickbare Ärmel hast und einfach den Umfang deiner Hand als Maß nimmst, die muss nämlich da durch :) Du musst ja auch arbeiten können damit. Mit den Metallknöpfen, die ich da bei Berwelf sehe, bin ich nicht einverstanden. Zu dieser Zeit tauchen zwar Knöpfe in vielen Regionen auf, aber eher noch in höheren Kreisen. Wenn du ganz super modisch sein möchtest, maximum 3 Knöpfe aber auch aus aus Stoff am Ärmel, mehr fände ich eigentlich schon für eine einfache Darstellung zu viel. Gerne lass ich mich aber belehren, wenn mir jemand Quellen vorlegen, die Metallknöpfe bei einfachen Frauen zu der Zeit belegen können.
 
Gerne lass ich mich aber belehren, wenn mir jemand Quellen vorlegen, die Metallknöpfe bei einfachen Frauen zu der Zeit belegen können.
Damit kann ich leider nicht dienen, habe aber während einer Ausstellung im Halberstädter Dom eine Mariendarstellung gesehen, die Knöpfe vorne am Kleid trug. Datiert auf 1270. Fand ich auch schon recht früh. Aber an den Ärmeln hatte sie auch nichts dergleichen. Und ob das Metall war, konnte man bei einer Holzstatue auch schlecht erahnen. Finde nur leider kein Bild dazu im Netz und fotografieren durfte man damals nicht. Ansonsten hier: http://i797.photobucket.com/albums/yy252/gluckliche-eme/1275-1300 Hairstyles and Headwear/4Q2.jpg auch aus Halberstadt, Jungfrau Maria, datiert auf 1251-1300.
 
Was die Gehren angeht: Wenn Bauch oder Hüften deutlich molliger sind als die Oberweite, würde ich zu Gehren tendieren. Sonst hat man obenrum einfach zu viel Stoff. Bei uns Kelten, wo die Stofffülle einfach mit nem Gürtel reguliert wird, spielt es keine Rolle (wir haben ja auch gar nicht die Möglichkeit dazu). Aber ich wollte unter meiner recht schmal geschnittenen Cotta (mit Gehren im Rockteil) nicht das "Gewurschtel" im Oberteil haben, weil ich ja eben doch um die Hüften etwas mehr mehr Stoff brauch als im Oberteil.
 
@Mara, vielleicht habe ich da auch was falsch verstanden. Unter "Unterkleid ohne Gehren" hätte ich mir jetzt quasi nur Vorder- und Rückenteil ohne irgendeine Art von Keilen vorgestellt. Das fand ich dann doch bissl eng. Mein Plan wäre jetzt: gerade Vorder- und Rückbahn und Keile/Gehren/Geren/wattauchimmer ab Taillenhöhe mit einer unteren Breite entsprechend der Bahnbreite. Ich möchte jetzt gar nicht weiter die Darstellung von berwelf diskutieren, nur der Vollständigkeit halber: bei der Anleitung zu einem Stillkleid http://berwelf.de/artikel/anleitungen/stillkleider.pdf Quelle: www.berwulf.de gibt es eine Anleitung für die Herstellung von Stoffknöpfen und eine Abbildung von Metallknöpfen "aus dem Hochmittelalter".
 
Also wie gesagt, du wärst schon eine unfassbar stylische Magd, wenn du Knöpfe hättest, aber als völlig unmöglich würd ich es nicht betiteln. Stoff aber auf jeden Fall. Und mehhhhh, ich bin eine Meckerin, ich weiß, aber für diese Art von Stoffknopf gibt es keine Belege und die werden auch nicht so gut halten wie Knöpfe nach Machart der Londonfunde: http://wh1350.at/handwerk/wollverarbeitung/stoffknopfe-nahen-eine-anleitung/ (Anleitung von unserer Vereinsseite) Da werden sie mit sich selbst gefüllt, die haltbarste und praktischste Art, die ich bis jetzt gesehn hab, Knöpfe zu machen. Und wie gesagt. Belegt. :) Wegen der Metallknöpfe würd ich noch mal nachschaun, aus welchem Fund die sind. Und die Knopflöcher würd ich auch in einem anderen Stich machen (dem Nestellochstich): http://blog.mittelalter-manufaktur.de/?p=971 Du siehst, auf Dauer ist hinterfragen der Weg zum großen bösen A, aber es lohnt sich!
 
Och Du, gegen viel hinterfragen hab ich nix. ;-) Aber ich habe mich ja eh schon gegen Knöpfe entschieden. (weil die UK-Ärmel weiter werden sollen und somit knackenge geknöpfte Ärmel nicht dazu passen würden) Aber darüber mache ich mir noch mal detaillierter Gedanken, wenn ich beim Oberkleid bin ;-) Jetzt habe ich erst mal nen Plan für das Unterkleid. Fehlt nur noch das passende Garn. Kettfäden rauszuziehen hat nicht funktioniert.
 
danke für den Tipp! Normale Handarbeits-/Kurzwarenläden haben so was nicht auf Lager, oder?
 
Sollten sie eigentlich schon. Frag nach Sternchengarn, manchmal haben sie das sogar in naturleinenfarbe. Meistens aber weiß.
 
@Mara, vielleicht habe ich da auch was falsch verstanden. Unter "Unterkleid ohne Gehren" hätte ich mir jetzt quasi nur Vorder- und Rückenteil ohne irgendeine Art von Keilen vorgestellt.
Das kommt davon, wenn man zu schnell liest. Da Rotschopf vorher von Oberkleidern und Mittelgeren sprach, hatte ich es so verstanden, dass nur die Mittelgeren beim Unterkleid weg gelassen werden. Ich revidiere, Unterkleid ohne Geren wäre recht eng, es sei denn, Du nimmst von vorneherein eine breitere Bahnbreite. Düppel arbeitet bei den einfachen Leinenkleidern mit einer 70er Breite, da könnte man Geren weglassen. Ist dann zwar nicht so schön auf Taille geschnitten ( ;) ), kommt aber sicherlich dem am Nächsten, was eine einfache Bäuerin um 1250 getragen hat. Alleine das Versäubern von Geren macht unheimlich viel Arbeit. Ärmel und Halsauschnitt und kriege ich oft an einem Abend hin, für normale Seitengeren brauche ich dann noch einmal mind. 4 Abende. Einfach gerade runternähen würde man in 1-2 Abenden schaffen. Hierbei würde sich dann auch eine Webbreite von 70 cm anbieten, dann muss man noch weniger versäubern... :whistling: Und damals hatten die auch nicht unendlich Zeit, dann schon eher breitere Bahn und man spart sich locker 4-5 m Handnaht.
 
Sollten sie eigentlich schon. Frag nach Sternchengarn, manchmal haben sie das sogar in naturleinenfarbe. Meistens aber weiß.
Sterngarn ist doch so Zwirn, oder? Ist das nicht bisschen arg dick/bockig als Nähgarn?
 
nein, das funktioniert perfekt und ist schön haltbar. Vor allem muss man es nicht mehr wachsen.
 
Ich hab gestern in einem Klöppelladen prima weißes Leinengarn erstanden. Dummerweise hatte ich nichts eiligeres zu tun, als mir abends den Finger zu brechen. Nu ist also erstmal nix mehr mit nähen :heul Aber ich habe vorher immerhin den Beleg hinter den Ausschnitt-Schlitz nähen können :rolleyes:
 

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