Heidensohns Großprojekt: Die Bettelorden im 13. Jahrhundert

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Die Fotos von Assisi selbst werde ich unter Reiseberichte verlinken, aber ich war gestern auch mal schnell in der Reliquienkapelle - unter der Woche bei kaltem Wetter in der Nebensaison ==> Kein Wächter weit und breit! Also Foto raus, Blitz an und voilà: Die Fotos der erhaltenen Kutte des Hl. Franziskus
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Erkenntnisse: 1. Es wurde hauptsächlich ein einfacher "Drüber"-Stich (ist das ein Überwendlinstich?) verwendet, bei dem der Wollstoff einwenig überlappt und dann wie beim Versäumen drüber genäht wird. Ausnahme sind die Heftnähte mit denen die Leinenbahnen im Inneren, quasi als partielles Futter angenäht wurden. 2. Es wurde eindeutig eine Kapuze abgetrennt. Am Halsausschnitt existiert keine Naht, Wollstoff und Leinen-"Futter" fransen herum. 3. Es gibt Schulternähte (und sie verlaufen leicht schräg nach vorne). 4. Das Schnittmuster für Vorne stimmt. 5. Der Hauptstoff ist dunkler als der helle naturbraune Wollstoff bei naturtuche, aber heller als der normale naturbraune und scheint eine ganz leichte einfache Köperbindung oder Leinwandbindung (muss nochmal gucken) zu haben. 6. Die Glasplatte läst sich ohne Glaserwerkzeug nicht anheben, also krieg ich die Rückseite (von der Innenseite nicht zu reden) wohl nie zu Gesicht... ;(
 
Ich habe eine sehr nette Bilddatenbank gefunden und werde vielleicht sogar noch den Betreiber kennen lernen. Unter anderem sind darin (ohne zu zahlen leider nur recht kleine) Bilder vom Habit in hängender Form:
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Und für die Damen einmal Cotte und Mantel der Hl. Klara:
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Und für mich am wichtigsten: Der Beleg, dass "handelsübliche" Bruchen unter der Kutte getragen wurden. Zwei Detailbilder von einem Zyklus zu Franziskus Leben aus der Zeit zwischen 1240 und 1270: Auf dem ersten danken Seeleute in einer Prozession, auf dem zweiten büßt Franziskus öffentlich für Fastenbrechen. Beinlinge hat er anscheinend keine. Er hat ja noch nichtmal Nesteln um sie festzumachen an der Bruche (die Seeleute aber schon).
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Eigentlich bin ich nur auf meinem Zimmer, um ein Fotostativ zu holen, aber: Ich bin so aufgeregt! Im Magazin in dem ich gerade Inventur mache ist mir vor zehn Minuten eine kleine Truhe aus den 80ern in die Hände gefallen in der angeblich die Kapuze des Habits und andere Kleidungsbruchstücke vom Hl. Franz sind. Nicht hinter Glas! Zum rausnehmen! Und Fotografieren! Ob nun Original oder nicht, zumindest aus dem späten 13./frühen 14. Jh.! Ähnliche Nahttechnik wie beim großen habit, etwas dunklerer Stoff. Ich bin so aufgeregt!
 
Ok, die Erkenntnisse aus den Fragmenten von drei verschiedenen Kleidungsstücken, die im Reliquiar waren: Alle Teile sind aus mit Leinengarn vernähtem Wollstoff. Alle Stoffe sind trotz unterschiedlicher Stärke und Abnutzungsspuren absolut blickdicht. Alle Teile haben dieselben Nähte. Nähte: Zwei Stoffstücke werden durch die Bank durch Überlappen (1,5 bei dem groben Stücken, sonst 0,8-1,2 cm) und Überwendlichstich an beiden Enden verbunden. Zu beachten ist, dass versucht wird auf der Außenseite des Kleidungsstücks nur eine der so entstehenden Stichreihen sichtbar sein zu lassen (erklärt, dass bei der Tunika unter immer nur eine "weiße Linie" zu sehen ist). Wenn man die Überlappung auf der Innenseite festnäht, nimmt die Nadel vom drunter liegenden Stoff nur ein oder zwei Fäden auf, wodurch die Naht praktisch unsichtbar wird. Der Stichlänge und Abstand variieren zwischen den drei Kleidungsstücken: Beim groben sind es durchschnittlich 3 mm oder etwas mehr, bei den feineren 2 mm oder etwas weniger. Am Saum wird einfach umgeschlagen, mit einem Heftstich(innen lang - schon mal 2 cm, außen relativ kurz - 3-5 mm) fixiert und dann mit Überwendlichstich die Kante befestigt. Beim groben konnte ich keinen klaren Saum identifizieren, bei den feineren ist dieser Saumstich nochmal feiner als der an den anderen Nähten und von Außen kaum zu sehen, Stichabstände von 1-1,5 mm scheinen die Regel zu sein. An einer Stelle sieht man auch wunderbar, dass sich erst die normale Naht bis zum Ende herunterzieht und dann umgeschlagen und Saum genäht wurde. Genäht wird übrigens mit Garn aus zwei Fäden. Ca. 0,6 mm oder wenn gröber ca. 0,9 mm dick. Tja. Ich trenne dann mal den Ärmel, den ich schon genäht habe wieder auf. Stoffe: Das gröbere Kleidungsstück hat einen naturbraunen Stoff, der sehr dunkel ist und entweder ausgebleicht ist, oder generell einen Stich ins Graue hat (was noch durch eingewebte hellere Fäden verstärkt wird). Es gibt ein einzelnes Nachtstück, das lose herumliegt und in Form zu diesem Stück passt, aber weniger grau- und mehr braunstichig ist, weshalb ich von Ausbleichen ausgehe: Das kleine Stück wird einfach nie oben gelegen haben. Die Fäden sind recht grob (stellenweise fast 1 mm) und ziehen viele "Haare", ohne dass der Stoff verfilzt oder zu einer durchgehenden Decke gewalkt ist. Es scheint sich hier um einen der oft beschriebenen "härenen" Stoffe zu handeln. Betrachtet man die Webungen und Stoffe, die sonst erhalten sind, dann ist das schon sehr minderwertiger Stoff. Ich bin mir immer noch nicht sicher, ob es einfach an den groben Fäden liegt, aber es ist entweder Leinwandbindung oder ein einfacher Fischgratköper, bei dem immer nur ein Faden zusätzlich übersprungen wird. Die beiden feineren Stoffe sind in Leinwandbindung haben mit ca. 0,6 mm dünnere Webfäden und sind ebenfalls nicht verfilzt. Ein Kleidungsstück war ein helles naturbraun, das eher ins orange als in Richtung grau oder schwarz ging und im Gegensatz zu den groben Teilen keine helleren oder dunkleren Fäden eingewebt hatte. Das andere feinere Kleidungsstück hat einen ins Gelbliche gehenden sehr einheitlichen Ton. Mein erster Gedanke war "Zwiebelschalen", aber ohne chemischen Test muss ich einschränken, dass es auch eine Wolle ähnlich den Coburger Fuchsschafen sein könnte. Und jetzt ein paar Bilder, die es offiziell nicht gibt, aber wir sind ja im Mitgliederbereich.
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Vergleich "naturhellbrauner Wollvelour" von Naturtuche mit groben Stoff links und feinerem naturbraunen Stoff recht:
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Saumdetails vom feineren naturbraunen Kleidungsfragment:
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Ich wünschte echt ich wäre ein Profifotograf mit gescheiter Ausrüstung...
 
Ich wünschte echt ich wäre ein Profifotograf mit gescheiter Ausrüstung...
also ich find die bilder super - man kann doch soweit alles erkennen auf was es ankommt. die nähte sind super zu sehen! sogar die heidnischen symbole auf dem seltsamen faltbaren holzteil sind gut zu erkennen :whistling: ! aber ist trotzdem schon wahnsinn wie lange sowas aufbewahrt wurde und wie es die stoffstücke durch die wirren der epochen geschafft haben!
 
Mal der aktuelle Stand: Ärmel sind zugenäht, Schulternähte geschlossen, die ersten Geren werden zusammengenäht, ich habe einen ersten Gürtelstrickversuch gebunden. Es bleibt bei der Feststellung "Scheiße wird das weit!" 8| Aber es sind und bleiben die Originalproportionen der erhaltenen Tunika in San Francesco, nur auf meine Länge umgerechnet.
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so ne Stofffülle zum Thema Armut ^^ das sieht ja wirklich riesigst aus!! 8| Aber die Trageoptik wird das sicher wert sein!!! Bin gespannt!
 
Hui spannend !!!!! Sag mal könntest Du für mich bitte die Fadenzahl pro cm ermitteln ? Also wie viele Kettfäden pro cm und wie viele Schußfäden ? Ich würde gerne mal einen ähnlichen Stoff nachweben.(bzw,tue es gerade,aber vermutlich viel gröber) Könnte es ein 2/1er Köper sein ? Da sieht man auf der einen Seite mehr die Schußfäden und auf der andern die Kettfäden,ich würde sagen ja. Und mit den Bildern hast Du mich gerade sehr glücklich gemacht,die sehen zu dürfen. :love: Danke fürs zeigen und teilhaben lassen.
 
So. Ich bin ungeduldig geworden. Die Handnaht geht momentan einfach nicht vorwärts, aber ich wollte zur Nacht der Spielleut' gerne eine erste Minderbruder-Habit-Version präsentieren. Also habe ich nochmal Stoff bestellt und mir heute Nacht auf die Schnelle mit der Nähmaschine einen OFM-Habit nach meinem Schnittmuster gemacht. Trägt sich trotz (oder gerade wegen) der Weite sehr angenehm. Jetzt muss ich nur noch Leinengarn nachkaufen, um den unteren Saum, wie alle anderen Säume, fertig von Hand zu sichern.
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Jetzt aber ab ins Bett... :sleeping:
 
Gefällt mir richtig gut - besonders das Bild mit Teller und Fotoknips. ;)
 
Wieder was Neues: Ordo Predicatorum - Die Dominikaner Da ich mir noch nicht genug naturschwarzen Bergschafloden leisten kann, um eine historisch korrekte Cappa zu nähen und ich mir mit der Schnittumsetzung noch unsicher bin, habe ich mal mit der Maschine einen Cappa-Prototyp aus günstiger schwarzer Wolle gemacht. Mit dem Übergang von Mantel zu Kapuze bin ich noch nicht zufrieden und die Kapuze hätte ich nach hinten länger machen müssen. Aber das generelle Prinzip funktioniert.
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(Und wenn ich irgendwann eine richtige Cappa gemacht habe, dann nähe ich auf den Prototyp ein Rotes Pfeil-Augenkreuz und spiele eine Bannkreuzer. Der Eyne weilet unter uns!)
 
Das sieht gut aus. Beim Stoffpreis war ich jetzt erst mal geschockt. Qualität hat seinen Preis. In diesem Winter wollte ich mich an Mantelstoffen versuchen, soll ich Dir Bilder schicken wenn ich so weit bin ?
 
Sieht gut aus, aber was hast Du da in der Hand? Ein Handy? :huh: Eine Reliquie? :angel1 Oder gar die heilige Handgranate? :D
 
@Heidensohn das war endlich das Stichwort, wo ich doch ständig überlegt habe wo ich dich hinpacken muss,.... und jetzt hat das Gegrübel ein Ende! ....zu allen Zeiten!
 

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