Hexenverfolgung

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Noch einmal eine Anmerkung zur Verhängung der Todesstrafe: Wie kam man eigentlich darauf, daß es , im Sinne Gottes, jemanden mit dem Tode zu strafen ? Martin Delrio schreibt in seinem 5. Buch, Sektion 16, 7. Argument :
"Ist nicht die Obrigkeit das Schwert von Gott zur Rache an den Bösen gegeben worden ? " ( Anm.: Römer 13,1) und "Das wird erstens durch göttliches Recht bewiesen, in Exodus 22, 17: " Die Zauberinnen sollst du nicht am Leben lassen" An welcher Stelle die lateinische Sprache sehr weit offen ist und nicht allein auf Giftmischer zu beschränken ist, wie weder die griechische noch die hebräische."
zitiert aus Petra Nagel, "Die Bedeutung der " Disquisitionum magicarum libri sex" von Martin Delrio für das Verfahren der Hexenprozesse"(Dissertation im Fach Rechtswissenschaft in der Reihe: Europäische Hochschulschriften), Ss. 303/304 Zur Verbrennung:
" Hinsichtlich der Strafe des Feuers: Sie ist auch mit Recht anerkannt worden und von den brandstifterischen Malefikanten her allgemeines Gewohnheitsrecht in Europa, das auf alle Magier, Malefikanten, Weissager und Lamien ausgedehnt worden ist. Weil sie Abtrünnige vom Glauben, Häretiker und gegen die Natur Sündigende sind, ist dies für all diese die legitime Strafe. ....Nichtreuige sind also lebendig zu verbrennen, Reuige vorher zu erdrosseln."
zitiert aus Petra Nagel, "Die Bedeutung der " Disquisitionum magicarum libri sex" von Martin Delrio für das Verfahren der Hexenprozesse"(Dissertation im Fach Rechtswissenschaft in der Reihe: Europäische Hochschulschriften), S. 320 Informationen zur Exkommunikation findet man im Codex Iuris Canonici ( CIC ) im Buch 6, Can. 1364 — § 1- Can. 1369 und zwar im Sinne einer Tatstrafe (excommunicatio latae sententiae)
 
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der erste Hexenprozeß war nun mal 1258 , dann gehts in Südfrankreich weiter.
Tja Wilfried, ich habe leider immer noch nicht den Beleg für Deinen genannten Hexenprozeß von 1258 gefunden. Das würde mich schon einmal interessieren woher diese Jahreszahl stammt, ob die Quelle als seriös zu bezeichnen ist und wo und wem der Prozeß gemacht wurde. :D Richtig ist zumindest, daß die im Jahre 1252 durch Innozenz IV herausgegebene päpstliche Dekretale "Ad Extirpanda" den Beginn der Inquisition begründete. Es hat selbstverständlich auch im 13. Jhd. Prozesse gegeben, aber nicht im Sinne dessen, was wir aus heutiger Sicht als Hexenprozeß bezeichnen, sondern es handelte sich zu dieser Zeit noch um Ketzerprozesse in denen aber durchaus begriffe wie "Zauberer" oder "Hexe" vorkamen. Gerade z.B. die "Waldenserverfolgung" wird als Wiege des Hexenglaubens angesehen. Nach den jüngsten Untersuchungen muß man davon ausgehen, daß der moderne Hexenbegriff erst während des Konzils von Basel , in den Jahren 1431-1437, erfunden und später in die Vergangenheit projiziert worden ist. Allgemein können wir daher ausgehen, daß wir tatsächlich erst ab dem 15.Jhd. in Deutschland von "echten", aktenkundigen Hexenprozessen sprechen können. Und nach der Herausgabe der "Hexenbulle" und des "Malleus" ist es sogar eine unumstößliche Tatsache
 
Um das o.g. noch etwas zu vertiefen: Halten wir also fest: In der Zeit vor dem 15. Jhd. hat es Prozesse gegen "Andersgläubige" gegeben, da der Mensch per se immer eine Urangst vor dem "Fremden und Unbegreiflichen" hatte. Wir kennen hier noch andere Beispiele, wie die Angst vor Aussatz, vor den Heiden und Juden ( Kreuzüge und Judenprogrome ), die Verfolgung von nicht "Glaubenskonformen" Splittergruppen und Sektierern ( Templer, Katharer, Waldenser etc.) Gersde diese Splittergruppen waren bevorzugtes Ziel der Verfolgung, und gerade Ihnen wurden "abnorme" Riten und Dämonen- und Teufelsanbetung angedichtet. Es gab einige päpstliche Dekrete und Bullen die bereits vor 1252 gegen das Ketzertum entsprechende Maßnahmen forderten. Warum es so war, ist auch mit dem Blick auf die Kirchengeschichte verständlich. War doch im fühen Mittelalter die Macht der Kirche noch nicht weit genug gefestigt, erlangte sie aber im Laufe der Jahrhunderte immer mehr Macht und Einfluß auf die weltliche Herrschaft. Mit dem Ende des Investiturstreits, hatte sich diese Macht soweit gefestigt, daß man jetzt von einer päpstlichen Autorität sprechen konnte, die mit ihren Machtbefugnissen tief in die weltliche Lebensweise eingreifen, und diese jetzt auch in gewünschte Richtungen lenken konnte. Die Einrichtung der Inquisition, ist eine dieser Maßnahmen, um die Bewahrung der christlichen Werte zu ermöglichen. Und wie schon gesagt, es gab bereits eineige Prozesse, in denen auch die Begriffe " Zauberer und Hexen" auftauchten, aber sie waren bis zum 15. Jhd. zunächst als Teil einer allgemeinen Ketzerverfolgung anzusehen. Erst Ende des 15. Jhd. kamen alle Vorraussetzungen für die "echte und alleinige" Hexenverfolgung zusammen. Man findet letztendlich 2 große Hauptperioden der Verfolgungen, nämlich zwischen 1480-1520 und zwischen 1580 -1670. Und hier erkennt der Interessierte sofort die beiden entscheidenden Phasen der frühneuzeitlichen Kirchengeschichte wieder, nämlich die Reformation und die Gegenreformation. Diese beiden o.g. Hauptperioden unterscheiden sich sowohl in ihrem Ausmaß als auch in ihrer geographischen Ausbreitung. Während der ersten Periode blieb die Zahl der Opfer relativ gering, die Untersuchungen wurden hauptsächlich von Inquisitionsgerichten durchgeführt. In der zweiten Periode leiteten die Zivilgerichte die Untersuchungen, die ein bis dahin nicht gekanntes Ausmaß annahmen. Der damals noch junge Buchdruck tat sein übriges um eine Ausbreitung der Verfolgungen zu ermöglichen. Wir sehen gerade in der 2. Periode, daß hier die meisten Werke zum Thema Hexentheorie und -Verfolgung entstanden sind, und nun auch Theologen wie auch Juristen etc. jetzt geeignete Leitfäden an die Hand gegeben wurden.
 
Wilfried, würdest du bitte "hexenprozeß" defineren? Und wo hast du 1258 hier? Ich kenne es als entweder 1275 oder 1324 - und selbst das ist definitionsabhängig.
 
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Wilfried, würdest du bitte "hexenprozeß" defineren? Und wo hast du 1258 hier? Ich kenne es als entweder 1275 oder 1324 - und selbst das ist definitionsabhängig.
Genau das wäre auch meine Frage ! :thumbsup: Ich denke nämlich nach wie vor, daß Wilfried hier einiges durcheinander gebracht hat, und ich hoffe das meine obigen Beiträge dies ein wenig klären konnten. Und nach wie vor: nur eine seriöse Quelle ist eine gute Quelle, und da gehören nun einmal beleglose Beispiele aus dem Internet nicht gerade zu... :D
 
Nun, eine Anklage wegen Schadzauber und Ketzerei wäre für mich ein Hexenprozeß. War für meinen Prof vor 30 Jahren auch, das ganze hätte in Tolouse stattgefunden. 1275 dann die erste Verbrennung, auch Südfrankreich Aber definier Du doch mal, aixlibris
 
Nun Wilfried, ich sehe, daß Du meine Beiträge wieder einmal nicht richtig gelesen hast, da dort explicit alles, was dem heutigen Wissensstand entspricht, vorliegt. Finde ich eigentlich sehr schade, da es für mich, und wahrscheinlich auch für andere User, allmählich sehr ermüdend wird alles immer und immer wieder zu wiederholen und durchzukauen. X( Also noch einmal: Die Antwort auf Deine Frage findest Du, genaues und gründliches Lesen vorausgesetzt, weiter oben. :whistling: Und, sorry, aber Erkenntnisse von vor 30 Jahren sind nur dann brauchbar und in historisch-korrekten Diskussionen einsetzbar, wenn es bis dato keine neuere Quellen- und Datenlage gibt, aber auch dazu habe ich mich ja oben schon, mit entsprechenden Werkangaben, geäußert. Ausnahmen davon bilden selbstverständlich die zeitgenössischen Primärquellen ! Aber davon mal ab, schuldest Du zumindest Kauna und mir noch eine Antwort auf die Frage und den geforderten Beleg für das Datum 1258. Also Wilfried, frisch ans Werk und her da mit ! :D
 
@Esnabur: ist lieb von Dir gemeint, aber für eine historisch - korrekte Diskussion zählen nur seriöse Quellen und da gehören Foren nun einmal nicht dazu. Man kann diese Erkenntnisse lediglich auf ihre Glaubwürdigkeit überprüfen, weil einiges ist ja durchaus historisch korrekt. Aber zitierfähig sind solche Quellen aus akademischer Sicht in dieser Form leider nicht. ( Ich orientiere mich zwar manchmal durchaus über ein Thema anhand solcher Forenbeiträge, überprüfe sie dann aber anhand von aussagefähigen Primär- und Sekundärquellen.) Die andere Quelle mit den päpstlichen Erlassen ist zwar ganz hilfreich für eine chronologische Auflistung von Schriften zum Thema, aber auch hier gilt, daß es sich vor dem 15. Jhd. lediglich um Ketzererlasse und die Legitimation und Befugnisreglementation der Inquisition handelt. P.S.: das "Italienisch" ist übrigens "Lateinisch", :whistling: also die " Amtssprache" des " Heiligen Stuhls".
 
ach entschuldige wegen der Sprache. hatte da nicht wirklich drauf geachtet. Hätte ich ja auch selber drauf kommen können. Und wegen der Quelle, da geb ich dir wohl recht.
 
Kein Problem :D ist doch auch ein spannendes Thema. Das Entscheidende ist letztendlich ob uns Wilfried die Quelle für seine Thesen nennen kann, denn auch ich lerne immer gerne noch dazu.
 
Hier noch mal eine These zur theologische Bedeutung der Strafe des Verbrennens:
In der Pariser Scholastik bildet sich daraus ein « dritter Ort » zwischen Himmel und Hölle, wo nicht ewige, sondern zeitliche Reinigungsstrafen im Jenseits abgegolten werden: das Fegefeuer. In Dantes « göttlicher Komödie » wird das Purgatorium zu Beginn des 14. Jahrhunderts zu einer festen Grösse, auf der die Ablassprediger des Spätmittelalters aufbauen werden, denn die Bindegewalt über diese Strafen wird direkt dem Papst zugeschrieben. Mit der Entscheidung über die Verweildauer einer Seele im Fegefeuer wird auch die göttliche Strafe quantifizierbar und proportionierbar, was nicht ohne Auswirkungen auf die Strafzumessung im irdischen Strafverfahren bleiben wird.
Zitiert aus Maihold, Harald: « Got is selve recht »:Vom strafenden Gott zur göttlichen Strafe – Straftheologien im Mittelalter und in der frühen Neuzeit, aus: In medias res, ius.full 5/11, S.104
 
Ok, Wilfried, ich sehe das problem. Schadenszauber und Häresie - Hmm, haarscharf vorbei, wahrscheinlich auch in '82. Das was die Hexenverfolgung möchlich (nicht prozesse wegen Schadenszauber - das gab's schon immer. Aber bevor die Hexenverfolgungszeit war das ganz normale prozesse - es war in prinzip egal ob du jemand tötete mit Waffe, Gift oder Zauber - du würdest wegen tötung verurteilt und der methode war, grob vereinfacht, nebensächlich) machte war der erfindung der sogenannte Teufelspakt - die idee, das alle hexen mit der Teufel im bunde stand UND deswegen verräter und feinde der Christenheit waren UND deswegen bestraft werden sollte auch wenn keine konkrete verbrechen vorlag - weil auf der Teufelspakt an sich bereits die schwerste strafe des Gesetzes stand. Aber - diese idee (die sogenannte "neue Häresie, in gegensatz zu die "alte Häresie", also christliche Sekten) dringt erst anfang 15.jhd. durch (übrigens zirka gleichzeitig mit das wort "Hexe"...) - zu das zeitpunkt der du zuerst genannt hat ( also 1258 ) kam stattessen eine päpstliche brief von Alexander IV an die Inkvisitoren das die sich nicht um zauberei kümmern sollte, sondern nur um ("alte") Häresie - Zauberei gehört ins weltliche Gericht.... Also, grob vereinfacht: Schadenszauber + "alte" Häresie = kein Hexenprozess (in dieser sinne), "neue" Häresie, mit oder ohne Schadenzauber = Hexenprozess. Sonst: der 1275-Verbrennung in Toulouse (Angele de la Barthe) ist höchst umstritten - es gibt keine spuren davon in zeitgenössischen akten oder andere aufzeichungen. Der erste dokumentierte prozess ist Irland 1324 (Alice Kyteler) - und diese (mit ein paar andere verstreute) bleibt ausnahmefälle bis das 15.jhd.
 
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Um es noch mal auf eine einfache Formel zu bringen: Es gibt 4 Faktoren, die den Hexenprozeß definieren ( dies auch noch einmal speziell für Wilfried :D ): 1. Schadenszauber 2. Teufelspakt 3. Teufelscoitus 4. Hexensabbat Der älteste Bestandteil ist das Element des Schadenszaubers, ein äußerlich fassbares Phänomen. Dieses Verbrechen wurde bis zum 15. Jhd.von der weltlichen Gerichtsbarkeit gerichtet und ist in den gängigen Rechtsbüchern des MA und der frühen Neuzeit erfaßt . ( s.meine Beiträge weiter oben zum Sachsenspiegel etc.) Auch die 3 übrigen o.g. Elemente der Häresie tauchten nach und nach auf, und für sie war die geistliche Gerichtsbarkeit zuständig. Diese Phänomene waren äußerlich nicht faßbar. Das Neue und Außergewöhnliche ist, und daher bezeichnet man das 15. Jhd. als Beginn der echten Hexenprozesse, daß jetzt alle Elemente zu einer Einheit verknüpft wurden. Aus den Einzelverbrechen wurde jetzt ein sog. "crimen mixti fori" , also ein "gemischtes" Verbrechen und das ist letztendlich eine Folge der "Hexenbulle" und des "Malleus" . Die Gerichtsbarkeit trat jetzt auch, je nach Denuntiationsweg ,durchaus selbstständig auf, d.h. es wurden z.B. in den Städten, und auch städtisch bestellt, Hexenkommissariate eingerichtet. Hier konnte lustig denuntiert werden und das Schicksal nahm seinen Lauf. Andersherum konnte aber auch die Geistlichkeit jeglicher Konfession einen Prozeß starten. Die anschließende Blutgerichtsbarkeit war dann aber wieder Sache der Weltlichen Gerichtsbarkeit gemäß der Carolina. Im Prozeß galt es letztendlich alle Elemente, u.a. mit Hilfe der Folter, nachzuweisen, und in uns heutzutage noch vorliegenden Hexentraktaten sind u.a. diesbezügliche Fragen an den Delinquenten aufgelistet. Das "Neue" ist also die Zusammenführung von Weltlicher und Geistlicher Gerichtsbarkeit und der Nachweisder 4 Elemente der Hexerei. Und dies ist eben ein Produkt der frühen Neuzeit und kein Phänomen des MA ! Daher kannn man, aus heutiger Sicht, nicht einfach so bei Prozessen vor dem 15.Jhd. von echten Hexenprozessen sprechen. Und auch wenn Wilfried uns gerne, den bisher noch nicht hier nachgewiesenen Prozeß von 1258 als Hexenprozeß verkaufen möchte, ist dies aber nach moderner wissenschaftlicher Auffassung definitionsgemäß gar keiner. ;)
 
@aixlibris+ Kauna: gut geschrieben, und ich denke auch das damit Wilfried endlich mal überzeugt sein muß. Ich glaube mehr Beweise für diese Theorie gibt es eigentlich nicht. Und auch ich glaube daher nicht mehr an einen Prozess von 1258, zumal der beweis von Wilfried fehlt. Aber ich befürchte da wird wohl von ihm auch nichts mehr kommen nach all diese gute informations. Danke aixlibris, das war sehr interessant zu lesen und ich habe sehr viel dazu gelernt zu dies spannende thema. :thumbsup:
 
Warum ist das denn erst so spät ausgeufert? Hat das mit dem Buchdruck, dem Malleus Maleficarum und der Hexenbulle zu tun? Andererseits hätte der Buchdruck dann aber auch illegal entgegenwirken müssen, oder? Aus meiner Sicht empfinde ich das (zu diesem jetzigen Zeitpunkt) als sehr unlogisch, zumal die Hexenverbrennung teils sogar noch vereinzelt bis fast 1850 betrieben wurde, soweit ich weiß. Wie hat sich das Ganze denn dann eigentlich mehr und mehr gelockert?
 
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