Schwertklingen des 6. bis 8. Jahrhunderts

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Wenn ich eine Nachbildung einer Schwertklinge aus der Zeit zwischen dem 6. bis 8. Jahrhundert haben möchte, dann brauche ich dazu: Eisenerz (Raseneisenstein als erste Wahl, anderes Erz gab es hier nicht als Ausbiß an der Oberfläche) Holz zur Herstellung von Holzkohle Kohlenmeiler (für die Holzkohle, Schwarztorf gibt’s hier nicht) Rennöfen (mehrere Öfen für Menge und unterschiedliche Eisen-Sorten) Amboß und Hammer (und diverses weiteres Werkzeug) Doppelte Menge (?) an Roheisen für die Klinge Noch mehr Holzkohle für das ständige Erhitzen des Eisens Fachwissen im Umgang mit Material und Werkzeugen Glück das die richtigen Eisensorten im Rennofen entstanden sind Muskelkraft, Hirn und Ausdauer Maschinen, auch Gebläse, dürften von vornherein ausscheiden da sie das Ergebnis verfälschen würden.
 
Naja, anderes Erz gabs schon und wurde auch verhandelt. War esvor Ort verhüttet, ging das Ergebnis je nach Qualität und Nachfrage auch quer durch Europa
 
Moin moin,
* es wurde ein schmiedeverfahren eingesetzt das aktuell unbekannt ist und das dafür sorgt das der verlust an material geringer ist (vermutlich eher unwarscheinlich)
Richtig, eher unwahrscheinlich;) Selbst bei den Japanern, die Ihre Raffinierstahlpakete mit einer Lehmschicht vor Sauerstoff schützen, beträgt der Abbrand ca. 50% bezogen auf das Ausgangsgewicht.
* waren wirklich alle schweißverbundklingen mit phosphorhaltigem stahl geschmiedet? wenn nicht gabs vielleicht höherwertige und den 'billigen' abklatsch mit schlechtem material
Tja, das Problem ist, dass wir bei der historischen Rennofenverhüttung keine metallischen Legierungselemente zulegieren können. Stähle aus dem Rennofen können nur die Stahlschädlinge Phosphor, Schwefel, Arsen und das Element Kohlenstoff enthalten. Der Kohlenstoff alleine ist als Kontrastgeber nahezu auszuschließen, wie ich in Beitrag 13 dargelegt habe. Einen guten Kontrast konnte man durch die Verwendung von Stählen mit stark unterschiedlichen P-Gehalt herstellen. Eine andere Methode ist mir nicht bekannt. Dass das auch so getan wurde, belegen die wenigen (leider) metallurgischen Untersuchungen, die an frühen Waffen durchgeführt wurden. Und ich hab selber schon mehrere Schweißmusterklingen auf genau diese Weise aus selbstverhütteten Stahl hergestellt.
Naja, ob man ein Schwert aus "Monostahl" machte oder aus unterschiedlichen Staählen, war nun mal Wumpe. Der Abbrand von der Rennofenluppe bist zum fertigen Rohling ist ganz grob bei "verunreinigten Stählen" dem reiner Stähle ähnlich.
Ja, der Abbrand bei P-haltigen Stählen ist nicht sonderlich anders als bei "reinen" Stählen. Dafür sind bei der Herstellung von Schweißmusterstahlklingen aber viel mehr Schmiedeschritte nötig und da man diverse kleinere Pakete austreiben muss (mehr Pakete=größere Oberfläche), ist der Abbrand viel größer!
Aus Gründen der Technik, relativ leicheter Hammer und recht leichter Amboß , oft aus Stein, ergibt sich ben, "Mach Stäbe, dreh zusammen , zieh aus"
Das ist so nicht richtig. Auch auf relativ leichten Ambossen lassen sich größere Pakete raffinieren und große Steine mit abgeflachten Oberflächen (wie sich z.B. in der Nähe von Verhüttungsplätzen gefunden wurden) eignen sich ausgezeichnet zum Austreiben größerer Pakete. Auch die Hämmer waren nicht nennenswert Kleiner. Im Gegenteil. Bei der Rekonstruktion von Merowingerzeitlichen Selbstzugöfen wurden Luppen von bis zu 300 Kg geborgen. Bei der Reko eines keltischen Ofens wurde eine 50Kg Luppe geborgen. Die Befunde der Ofenfragmente lassen bei den Originalen ähnlich große Luppen vermuten. Solche Klumpen bekommt man nur mit "schwerem Gerät" von sehr guter Qualität und mit einem großen und gut organisierten Team verarbeiten! Des Weiteren gibt es diverse Funde von deutlich größeren Eisen- bzw. Stahlobjekten. Zu erwähnen wäre z.B. der Ankerfund vom Nydam-Boot (ca. 300 n. Chr.), Anker vom Osebergschiff mit einer Länge von 102cm (ca. 800 n. Chr.). Die liste lässt sich beliebig fortsetzen. Also, wie diese Funde und z.B. auch Schwertfunde aus der gleichen Zeit aus "einem Stück" Raffinierstahl belegen, waren die technischen Möglichkeiten um größere Stahlstücke zu raffinieren durchaus gegeben.
Eisenerz (Raseneisenstein als erste Wahl, anderes Erz gab es hier nicht als Ausbiß an der Oberfläche)
Rasenerze waren definitiv die Erze, welche im Frühmi hauptsächlich abgebaut und verhüttet wurden. Das daraus gewonnene Eisen hat prinzipiell einen hohen P-Gehalt. Es gibt aber durchaus Belege für den Abbau von höherwertigen geologischen (hämatitischen) und vulkanischen (magnetitischen) Erzen im Frühmittelalter. Z.B. im heutigen Sauerland, Siegerland, im Harz, in Luxemburg, in Schweden um Dalarna etc. Diese Erze sind die einzigen, die einen entsprechend niedrigen Gehalt an Stahlschädlingen haben und stellen prinzipiell die Grundlage für hochwertigen Stahl dar!
Glück das die richtigen Eisensorten im Rennofen entstanden sind
Das hat nichts mit Glück zu tun. Hat man ein Erzlager mit einer entsprechenden Qualität, so lässt sich schon nach wenigen Versuchen eine relativ Konstante Qualität erzeugen. Wie gesagt, das bekommen Timm und ich sogar heute hin. Außerdem lässt sich die Stahlqualität eines vorhandenen Stahl auch mit damaligen Mitteln sehr leicht bestimmen! Soweit erstmal Gruß Jannis
 
jannis, du darfst die Kobolde Nickel und Kobalt nicht vergessen, Mangan kommt auch vor Also so ganz hilflos waren die Kollegen nicht. Wie das Zeug heißt, was da drin ist, wußten die nicht, aber was welcher Stahl wie bei welcher Farbemacht , schon ...
 
Moin
jannis, du darfst die Kobolde Nickel und Kobalt nicht vergessen, Mangan kommt auch vor Also so ganz hilflos waren die Kollegen nicht. Wie das Zeug heißt, was da drin ist, wußten die nicht, aber was welcher Stahl wie bei welcher Farbemacht , schon ...
Oh man, Wilfried, wenn du auch nur ein bisschen Ahnung von der historischen Stahlverhüttung hättest, dann wüsstest du, dass bei der Rennofenverhüttung weder Silizium noch irgendein metallisches Legierungselement in den Stahl gelangen können! Alle frühen Stähle (bis ca. Mitte 13. Hahrhundert) waren völlig frei von diesen Legierungselementen!!! Gruß Jannis
 
Jannis, wie bekommst Du die aus dem Stahl/Erz raus, wenn sie schon drin sind?????
Die muss man gar nicht rausbekommen. Die anderen Metalle sind in oxidischer Form im Erz und sind nicht in einer chemischen Verbindung mit dem Eisenoxid. Meist werden diese Oxide gar nicht reduziert, sollte dass doch der Fall sein, reichen die Temperaturen nicht um sie zu legieren. Diese Metalle gehen bei der Verhüttung vollständig in die Schlacke über. Erst ab der Mitte des 13. Jahrhunderts, als langsam die Entwicklung zum Floßofen begann, wurde Stahl bei der Verhüttung vollständig aufgeschmolzen und konnten somit, in einem gewissen Rahmen, andere Legierungselemente aufnehmen. Und auch nach dem 13. Jahrhunder, bis zum Beginn der Industrialisierung waren fast alle Stähle weitestgehend frei von Silizium und metallischen Legierungselementen. Nachzulesen z.B. hier: Kriete, C.: Geochemische Untersuchungen der Rennfeuerschlacken aus dem Siedlungsgebiet der vorrömischen Eisenzeit und älteren römischen Kaiserzeit von Salzgitter-Fredenberg im Hinblick auf die Herkunft der verwendeten Erze, in: Archäologische Kommission für Niedersachsen ev. (Hg.): Nachrichten aus Niedersachsens Urgeschichte, Band 78, Stuttgart 2009, S. 37-56. Osann, B.: Rennverfahren und Anfänge der Roheisenerzeugung. Zur Metallurgie und Wärmetechnik der alten Eisengewinnung. Verein deutscher Eisenhüttenleute (Fachausschussbericht: 9.001), Düsseldorf 1971. Schürmann, E.: Die Reduktion des Eisens im Rennfeuer, in: Verein deutscher Eisenhüttenleute: Stahl und Eisen. Zeitschrift für das deutsche Eisenhüttenwesen, Heft 19, S. 1297-1308, Berlin 1958. Zimmermann, B.: Mittelalterliche Geschossspitzen: Kulturhistorische, archäologische und archäometallurgische Untersuchungen, Schweizer Beiträge zur Kulturgeschichte und Archäologie des Mittelalters (Band 26), 2003. Gruß Jannis
 
Rasenerze waren definitiv die Erze, welche im Frühmi hauptsächlich abgebaut und verhüttet wurden. Das daraus gewonnene Eisen hat prinzipiell einen hohen P-Gehalt. Es gibt aber durchaus Belege für den Abbau von höherwertigen geologischen (hämatitischen) und vulkanischen (magnetitischen) Erzen im Frühmittelalter. Z.B. im heutigen Sauerland, Siegerland, im Harz, in Luxemburg, in Schweden um Dalarna etc. Diese Erze sind die einzigen, die einen entsprechend niedrigen Gehalt an Stahlschädlingen haben und stellen prinzipiell die Grundlage für hochwertigen Stahl dar!
Darf man daraus schlussfolgern, dass nicht jedem Stahlverarbeiter die gleichen Stahlsorten im selben Ausmaß zur Verfügung standen? Kann es sein, dass die unterschiedliche Verfügbarkeit ein Grund dafür ist, an tradierten Herstellungsmethoden festzuhalten, mit denen man unterschiedliche Stahlqualitäten zu einer Klinge zu vereinigen? Immerhin scheint das Herstellen von Schwertern aus diesen Schweißmusterstählen eine verbreitete Technik zu sein, bei der man wusste, dass man zuverlässig ein brauchbares Ergebnis erhielt. Wenn hochwertige Materialien nur an bestimmten Orten hergestellt werden können, dann entsteht oft Protektionismus - Handelspartner und Verarbeiter werden dann gezielt ausgewählt und es wird nicht jeder versorgt. Selbiges gilt auch für Techniken, die oft nur zurückhaltend geteilt werden. Das kann prinzipiell dazu führen, dass moderne Fertigungsmethoden nicht flächendeckend verfügbar sind und daher ältere, technisch unterlegene Methoden beibehalten werden müssen. Anlaogie zu diesem Protektionismus wäre Messing in der Antike (Zink konnte nicht elemtar dargestellt werden - Kupfer und Zink mussten zeitgleich aus den Erzen erschlossen und im selben Prozess legiert werden). Hier ensteht aus ZnCo3 unter Hitze ein Niederschlag aus ZnO, aus dem in Reaktion mit Kohlenstoff Zn entsteht - das oxidiert aber sofort wieder zu ZnO, außer wenn gerade elementares Cu anwesend ist, das in Folge zu Messing legiert wird. Die Zinkdarstellung funktioniert also nur, wenn zeitgleich Kupfer zugeführt wird. Nur weil man wusste dass es ging und prinzipiell Ahnung hatte, wie es denn gehen sollte, heisst das noch lange nicht, dass das jeder überall konnte. Xerxes: Danke für die ausführlichen und äußerst interessanten Ausführungen!
 
Rasenerze waren definitiv die Erze, welche im Frühmi hauptsächlich abgebaut und verhüttet wurden. Das daraus gewonnene Eisen hat prinzipiell einen hohen P-Gehalt. Es gibt aber durchaus Belege für den Abbau von höherwertigen geologischen (hämatitischen) und vulkanischen (magnetitischen) Erzen im Frühmittelalter. Z.B. im heutigen Sauerland, Siegerland, im Harz, in Luxemburg, in Schweden um Dalarna etc. Diese Erze sind die einzigen, die einen entsprechend niedrigen Gehalt an Stahlschädlingen haben und stellen prinzipiell die Grundlage für hochwertigen Stahl dar!
Darf man daraus schlussfolgern, dass nicht jedem Stahlverarbeiter die gleichen Stahlsorten im selben Ausmaß zur Verfügung standen? Kann es sein, dass die unterschiedliche Verfügbarkeit ein Grund dafür ist, an tradierten Herstellungsmethoden festzuhalten, mit denen man unterschiedliche Stahlqualitäten zu einer Klinge zu vereinigen? Immerhin scheint das Herstellen von Schwertern aus diesen Schweißmusterstählen eine verbreitete Technik zu sein, bei der man wusste, dass man zuverlässig ein brauchbares Ergebnis erhielt. [...]
das problem dran ist ja anscheinend, dass man dabei eben kein 'gutes' material einsparen kann, weil man der verluste wegen sogar mehr vom guten zeug braucht, obwohl man das schlechte dazu nimmt. das klingt irgendwie grausig paradox aber wenns die profis sagen glaub ich das erstmal :D
 
Hallo Andi, das ist ein Gedankenfehler. Ob in einer Region evtl. kein sehr reiner Stahl zur Verfügung stand, hat nichts damit zu tun, warum Klingen mit aufwändiger Schweißmusterverzierung hergestellt wurden. Zur Herstellung eines Schweißmusterstahls in einer Schwertklinge muss man zwangsläufig einen höher und einen niedriger P-haltigen Stahl verwenden. Da die versprödenden Eigenschaften mit steigender Konzentration des Phosphors zunehmen, ist der höher P-haltige Stahl immer der sprödere und damit auch minderwertigere. Würde man auf diese "schlechte" Komponente verzichten und die Klinge (bzw. den Kern der Klingen) ausschließlich aus dem höherwertigen der beiden Stähle herstellen, hätte man in jedem Fall eine mechanisch leistungsfähigere Klinge. Das hat nichts damit zu tun, ob dem Schmied kein "sehr" reiner Stahl zur Verfügung stand. Dass dem Schmied auch die nötige Menge des höherwertigeren Stahls zur Verfügung stand, hab ich bereits dargelegt. Wir drehen uns hier im Kreis. Es ist ja nicht so, dass ich mir die bisher von euch gestellten Fragen nicht auch schon alle gestellt habe. Aber nach allem was ich zu dem Thema in Erfahrung bringen konnte, hatte die Herstellung von Schweißmusterstahlklingen ausschließlich einen optischen Hintergrund. Die schlechteren mechanischen Eigenschaften (wobei noch zu klärnen wäre, ob das auch einen wehrtechnischen Nachteile bedeutet) wurden dabei in Kauf genommen. Gruß Jannis
 
das problem dran ist ja anscheinend, dass man dabei eben kein 'gutes' material einsparen kann, weil man der verluste wegen sogar mehr vom guten zeug braucht, obwohl man das schlechte dazu nimmt. das klingt irgendwie grausig paradox aber wenns die profis sagen glaub ich das erstmal :D
Richtig. Aber ich verstehe ehrlich gesagt nicht, warum das paradox sein soll. Klingen mit Schweißmusterverzierung sehen einfach sehr geil aus!!! Für mich erscheint die grandiose Optik durchaus als ein ausreichender Grund für dessen Herstellung! Gruß Jannis
 
ich meinte eher das es paradox klingt das man material für ein schwert nimmt, nochmal soviel an anderem material dazu nimmt und dann trotzdem noch mehr vom ersten braucht das man genug hat für das selbe endprodukt. quasi 2+2=2 :D
 
Vielen Dank für die tiefgreifenden Einblicke! Ich möchte mal zusammenfassen was ich so denke. Die Schmiede der damaligen Zeit mussten eigentlich nicht Schwertklingen aus unterschiedlichen Materialien fertigen. Das Aussehen der fertigen Klinge mit den entsprechenden Mustern dürfte ein guter Grund gewesen sein sie so zu fertigen wie sie gefertigt worden sind. Ein weiterer Grund dürfte sein das sie es konnten. Ein richtiger Handwerker will immer zeigen was er kann und das er es kann (das ging mir jedenfalls in meinem alten Beruf so und ich habe ein paar alte Hasen kennengelernt die grundsätzlich so drauf waren). Interessant wäre in diesem Zusammenhang ob man gewisse Handschriften an den Klingen ablesen könnte nach denen man verschiedene Klingen einer Schmiede zuordnen könnte (Wahrscheinlich sind die Fundlücken dafür zu groß bzw. der Forschung fehlt der Blick dafür den ein Schmied mit Erfahrung in dieser Technik haben wird). Ohne mich zu weit aus dem Fenster lehnen zu wollen hatte ich von Xerxes den Beitrag 11 ständig im Hinterkopf. Angesprochen wurde die eventuelle kultische Bedeutung der Zeichnungen auf den Klingen. Das unterstütze ich ausdrücklich auch wenn sich das archäologisch nicht nachweisen lässt.
 
Der Schmied der Klinge hat ja nun selten alles selbst gemacht, also das Schwert von der Ofenreise an. Der hat wohl Halbzeug zugekauft/angeliefert bekommen. Also nicht 2+2=1 oder so sondern mehr 1+1=1 Nimmt man den heutigen Abbrand vom Hochofen bis zum Autoteil, sieht diese Bilanz auch nicht sehr viel besser aus.
 
@ Wyrd:
Nein, ich bin überzeugt, dass wir was das Design von Schwertern betrifft uns an die Originale halten sollten, die hatten damals gerade von der Verwendung unerreichbar mehr Ahnung als wir es heute jemals könnten. Statt mit unserer mangelnden Kenntnis herzugehen und zu sagen "der Griff fühlt sich für meine Laienhand nicht gut an, also ist das Design verbesserungswürdig", sollten wir sagen "der Griff fühlt sich für meine Laienhand nicht gut an, ich muss trainieren, bis er es tut".
Hmm, auch hier kann ich sagen, dass ich dir prinzipiell zustimme. Nur weil sich einem die Funktion eines Details nicht auf Anhieb erschließt oder einem sogar unlogisch erscheint, sollte man nicht den Fehler machen, dieses Detail als nicht tauglich abzutun. Man sollte in keinem Fall das Können und die Fähigkeiten früherer Handwerker unterschätzen. Aber, man sollte sie auch nicht überschätzen. Es gibt genügend Belege dafür, dass auch in Europa (nicht nur in Japan :D ) Schwerter minderer Qualität hergestellt wurden. Schwerter, bei denen die Stahlqualität äußerst schlecht war und Details unsauber oder sogar schlampig hergestellt wurden. Ich kann mich vage an ein Schwert erinnern, bei dem das Parier scheinbar aus mehreren Stücken zusammengesetzt war und der Faserverlauf des schlecht raffinierten Stahls an einer Stelle unterbrochen wurde, so dass das Parier scheinbar im Gebrauch abgebrochen ist (ich muss ehrlich sagen, dass ich nicht mehr sicher bin, wo ich das gesehen hatte). Neben diesen Materialtechnischen Erscheinungen bin ich der Meinung, dass sich auch Belege für ein "schlechtes Design" finden lassen. Z.B. findest du bei Schwertern eines Schwerttyps diverse Variationen. So gibt es z.B. im Schloss Gottorf ein Schwert des Typs XII mit einer Klingendicke von 10-11mm am Parier. Ich erinnere mich an ein Schwert im Magazin des Focke-Museums (vermutlich Typ XIIIb) mit einem ca. 10cm langem Heft und einer Klingenlänge von über 110cm. Auch hier ließen sich noch weitere Beispiele nennen. Natürlich ließen sich diese Funde nach deiner Argumentation als "Ausnahmen" bewerten. Dennoch bin ich noch immer der Überzeugung, dass gestalterische Aspekte bei dem Entwurf bzw. der Herstellung eines Schwertes häufig die ausschlaggebenden Kriterien waren. In den meisten Fällen vermutlich ohne, dass dabei die Funktionalität zu sehr leidet (wie du ja auch geschrieben hast). Für mich stellen aber Schwerter an sich schon einen Beleg für diese Theorie dar. Es gibt viele Epochen, in denen die zu jener Zeit typischen Schwerter (zwar an die gegenwärtigen Rüstungs- und Technikentwicklungen der Zeit angepasst) selber gar nicht "mehr" die effektivste Waffe im Krieg und Kampf waren. Trotzdem wurden Schwerter hergestellt und getragen! Weil Schwerter eben mehr waren als nur Waffen. Aber gut, ich fürchte, dass wir hier so nicht weiterkommen. Und wir haben uns mit diesem Diskussionszweig schon sehr weit von der Ausgangsfrage wegbewegt. Vielleicht wäres sinnvoll, diese Diskussion in einem eigenen Thread weiterzuführen? So, nun nochmal zu etwas anderes. Ich habe mich aus gegebenen Anlass nochmal mit einem befreundeten Archäologen kurzgeschlossen. Er schreibt gerade an seiner Dissertation und bearbeitet dort mehrere Kriegergräber und ist mit seinem aktuellen Forschungsgebiet recht nah an gewissen Fragestellungen, die wir uns auch hier gestellt haben. Interessant ist auch, dass er in diesem Zusammenhang sehr eng. mit Prof. Dr. Heinrich Härke zusammenarbeitet, welcher als führender Experte für die Bedeutung von Grabbeigaben und der Inszenierung als Krieger gilt. Wir hatten uns vor einer Weile schonmal über das Thema "Kriegergräber" und "Waffen in Gräbern" unterhalten und, da ich mir auch nicht immer alles merken kann, habe ich Ihn gebeten, mir seine Meinung dazu nochmal zu schreiben. Natürlich habe ich die Erlaubnis seine Meinung hier darzustellen. Dazu möchte ich aber ganz klar sagen, dass ich hier keinen Autoritätsbeweis anstrebe. Ich schreibe das nur als Anregung, die Geschichte mal aus einer etwas anderen Perspektive zu betrachten.
Waffen sind selbstredend kein sicherer Indikator für Kriegergräber, sonst wären keine z.T. noch infantilen Toten damit bestattet worden (wie z.B. Birka oder das Knabengrab im Kölner Dom). Waffen sind im Bestattungskontext wie alle anderen Beigaben auch zuallererst einmal Symbole, die dem Toten aus bestimmten Gründen mitgegeben wurden. Und diese Gründe sind so zahlreich, dass wir sie nicht alle erfassen können. Die relevanteste Funktion von Waffen im Grab ist allerdings sicherlich eine Machtmetapher, durch die Waffen wird der Tote bspw. als einflussreich oder sozial hochstehend inszeniert, möglicherweise auch nur als freier Mann, der Waffen tragen durfte. Die Beigabe von Waffen sagt also ersteinmal nahezu nichts über die tatsächliche Nutzung dieser Waffen zu Lebzeiten aus, sondern nur, wie der Bestattete von den Angehörigen/der Gesellschaft gesehen werden sollten. Die einzige halbwegs tragbare Möglichkeit faktische Krieger zu identifizieren geht über das Knochenmaterial. Zum einen weisen antemortale, also verheilte, Traumata oder Frakturen auf frühere Kämpfe hin (und auch diese Befunde sind meistens nicht eindeutig, eine typische kampfbezogene Abwehrverletzung am Unterarm weist das selbe Muster auf, wie ein Sturz in der Kindheit) zum anderen kann die Ausbildung der Muskelansätze an den Langknochen Hinweise auf die körperliche Physis des Toten geben. Wobei auch hier gilt, ein kräftiger, durchtrainierter Mann muss nicht zwangsläufig ein Kämpfer gewesen sein, er kann auch schlicht hart gearbeitet haben. Gleichzeitig - und vor dem Fall scheine ich im Moment zu sitzen - kann es auch sein, dass eine ganze Schiffsmannschaft von jungen Kriegern direkt bei ihrer ersten körperlichen Auseinandersetzung gefangen genommen und hingerichtet wird. Dann gibt es nahezu keine Chancen, den Nachweis dafür über das Knochenmaterial zu erbringen. Im Endeffekt ist die Kombination der Befunde, bzw. der Gesamtkomplex des Grabes ausschlagend für die (meist alles andere als eindeutige) Interpretation. Ein Toter mit einer Waffe im Grab muss nicht zwangsläufig ein Krieger gewesen sein, wohingegen - den Fall habe ich während des Studiums in Köln untersucht - ein spätadulter, groß gewachsener und physischer stark ausgeprägter Mann mit mehreren verheilten Frakturen und Traumata sowie enormem Knorpelabrieb am Oberschenkelgelenk (was auf exzessives Reiten hindeutete), der mit einer kompletten Waffengarnitur (Spatha, Lanze, Schildbuckel) und Reitzubehör bestattet wurde, mit ziemlicher Sicherheit ein aktiv kämpfender Reiterkrieger gewesen ist.
Dass Damastklingen tatsächlich von minderer Qualität sind als "durchgeschmiedete" Klingen ist der Archäologie inzwischen auch schon aufgegangen. Ich denke aber, dass Damastklingen ob ihres Aussehens einen besonderen Wert als Prestigeobjekt hatten und damit kaum aktiv gekämpft wurde. Wir kennen einige Schilderungen aus der altnordischen Sagaliteratur, in denen sog. 'Wurm'-Klingen, die als Damastschwerter interpretiert werden, als besonders wertvoll dargestellt werden. Im Endeffekt ist meine Meinung eh weiterhin, dass schlichte Schwerter als Arbeitswaffen tatsächlich für den Kampf genutzt wurden, wohingegen diese ganzen, von Gold- und Silbereinlagen strotzende Prunkdinger der Repräsentation dienten.
Soweit erstmal :bye01 Gruß Jannis
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
@Wilfried Das ist aber vollkommen egal. Ob der Abbrand jetzt beim Schmied entsteht der die Eisen-/Stahlbarren herstellt, oder beim Schwertschmied ist irrelevant. Im ersten Fall müsste der Schwertschmied "höhere Preise" für den Rohstoff zahlen und das Ergebnis (verschwendetes Material) ist das gleiche. Abgesehen davon würde dein Beispiel nicht funktionieren, da in diesem Fall der Schmied für die Monostahlklinge nur noch einen 1 kg Block ausschmieden müsste (kaum Abbrand und in relativ kurzer Zeit zu erledigen. Und für eine Klinge mit Torsionskern etc. müsste er aus vielen kleinen Barren einen Damast schweissen, diesen ausrecken, tordieren und mit einer Schneide aus Raffinierstahl versehen. Die Bilanz würde also ungleich schlechter aussehen. Gruss Jörg
 
Richtig, wenn der Schmied einen 1 kg + Block in seiner Werkstatt ausschnmieden kann .. Naja, und wenn er diesen dann auch entsprechend selektiv härten kann. Beim Messer ist das relativ einfach, beim Schwert, das ja immernoch innen weich und außen hart sein soll, klappt das nicht sooo leicht
 
@Wilfried Keine Ahnung worauf du hinaus willst. Willst du die Existenz von Schwertern etc. die nicht aus zusammengesetzten Klingen bestehen abstreiten? Da wird das Eis allmählich sehr dünn. Wenn es nur um meine etwas ungenaue Bezeichnung "Block" geht, tut mir das leid. Aber es ist schwierig nachzuvollziehen warum es schwieriger sein sollte einen Langbarren (bis 1,5kg) auszuschmieden als eine komplexe Klinge zu konstruieren und auszuschmieden. Gruss Jörg.
 
Nun ja, es gaeht da um bearbeitbare Stückgewichte und ähnliches. Jetzt hier auf selektives Härten etc einzugehen, führt zu weit. Nur so viel, wenn Du mit nem 2 kg Hammer auf einen 1 kg Block haust, der auf einem 40 k Amboß liegt, passiert in der Mitte Deines Blocks garnichts. Wenn du den "Kehlenbereich" beim Härten warm halten willst, brauchst Du einen entsprechend großen Wärmespeicher , der hinterher entfernt wird. Und ein entsprechend großes Härtebad, das auch noch entsprechend bewegt wird, sonst ist die Abkühlung zu ungleichmäßig etc. Da schweiß ich doch lieber härtbaren Stahl auf nicht/schlecht härtbaren....
 
:eek:ff1 Nur so wegen der geilen Optik und scheiß-auf-wehrtechnischen-Nachteil: Leopardine (Quelle: www.doppeladler.com) Das Ding ist aber nicht im Truppeneinsatz und es wird voraussichtlich auch niemand damit beerdigt werden. :back
 

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